Pharmazeutische Dienstleistungen

Becker: Spahn könnte sich Folgeverordnungen in der Apotheke vorstellen

Schladming/Berlin - 25.01.2019, 12:15 Uhr

DAV-Chef Fritz Becker erklärte auf dem Pharmacon in Schladming, dass die ABDA mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch über Folgerezepte aus der Apotheke spricht. (m / Foto: Schelbert)

DAV-Chef Fritz Becker erklärte auf dem Pharmacon in Schladming, dass die ABDA mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch über Folgerezepte aus der Apotheke spricht. (m / Foto: Schelbert)


Mit seiner geplanten Reform des Apothekenmarktes plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter anderem die Einführung neuer, vergüteter pharmazeutischer Dienstleistungen. Noch ist allerdings völlig unklar, welche Leistungen das sein könnten. Auf dem diesjährigen Pharmacon-Kongress deutete DAV-Chef Fritz Becker aber an, dass die Apotheker mit Spahn sogar über Folgeverordnungen in der Apotheke sprechen. Auf ein ähnliches Thema hatten die Ärzte zuvor mit großer Ablehnung reagiert.

240 Millionen Euro sollen die Apotheker pro Jahr zusätzlich verdienen, indem sie ihren Patienten neue pharmazeutische Dienstleistungen anbieten. Das sieht zumindest das Eckpunktepapier von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor – eine Forderung, die die Apotheker seit Jahren vor sich her tragen. Spahns Vorstellungen klingen an dieser Stelle sehr resolut: Die Leistungen sollen im SGB V verankert werden, den Kassen sollen Sanktionen drohen, wenn sie mit den Apothekern keine Verträge darüber abschließen. Zur Finanzierung der Leistungen soll ein Fonds gebildet werden, der mit 32 Cent pro abgegebener Rx-Packung gefüttert wird, die Verteilung der Gelder obliegt den Apothekern. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte diese Maßnahmen zuletzt immer wieder gelobt und gesagt, dass man sich damit unabhängiger mache von den Angriffen „europäischer Institutionen“ auf das Apothekenwesen.

Welche Leistungen die Apotheker abrechnen könnten, ist allerdings noch völlig unklar. Im Spahn-Papier heißt es grob: Medikationsanalyse, AMTS, Prävention, Erfassung definierter Gesundheitsparameter. Laut Schmidt arbeitet die ABDA bereits an der Definition solcher Dienstleistungen, um sie dann mit dem BMG zu besprechen. Über eines ist sich die ABDA aber sicher: Impfen wollen die Apotheker definitiv nicht. Denn als das zuletzt Thema war, brachten die Hausärzte umgehend das Thema ärztliche Dispensation auf die Tagesordnung.

Jetzt wird aber klar, dass die ABDA und Spahn ein Thema verfolgen, dass die Ärzte wohl mit ähnlicher Skepsis betrachten dürften: Folgeverordnungen in der Apotheke. Bei der berufspolitischen Diskussion in Schladming sagte DAV-Chef Fritz Becker: „Wir hatten Herrn Spahn die Folgeverordnungen vorgeschlagen und er war nicht abgeneigt.“ Becker bezeichnete die Dienstleistungen als „ganz, ganz wichtige Aspekte in dem Paket.“ Als weitere Dienstleistungen vorstellen kann sich Becker neben den Folgeverordnungen und Medikationsmanagement- und AMTS-Angeboten insbesondere Angebote in den Bereichen der ambulanten Pflege und der Impfberatung.

Folgeverordnungen in der Apotheke in anderen Ländern schon etabliert

Dass die Ärzteschaft sich durch die Forderungen der Apotheker und das Angebot neuer Dienstleistungen in den Apotheken angegriffen fühlen könnte, bezeichnete BAK-Präsident Kiefer in Schladming als ein lösbares Problem. Gerade in der jüngeren Ärztegeneration setze sich die Sichtweise durch, dass solche Angebote auch eine Entlastung der Hausärzte sein können. Außerdem: „Es wird auch zukünftig im Gesundheitswesen mehr Arbeit als Arbeiter geben.“ Kiefer stellte auf dem Pharmacon klar, dass honorierte Dienstleistungen aber nur zusätzliche Einkommensquellen sein können. Das Packungshonorar bleibe eine wichtige Größe in der Honorierung. Beispielsweise müsse die Logistik auch weiterhin honoriert werden, und das könne man eben am sinnvollsten, wenn man die Vergütung auch an die Stückzahl knüpfe.

Die neuen Dienstleistungen sollen die Arzneimittelabgabe nur ergänzen, nicht etwa ersetzen, sagte der BAK-Präsident. „Eine Apotheke ohne Arzneimittel kann und will ich mir nicht vorstellen“, so Kiefer. Die Apotheke werde immer mehr sein als eine „pharmazeutische Praxis“, in der es nur noch Beratung, aber keine Produkte mehr gibt.

UK, USA, Kanada: Rezepte aus der Apotheke

Dass Apotheker Folgeverordnungen ausstellen, ist in anderen Ländern überhaupt nicht unüblich. In Kanada können die Pharmazeuten in einigen Provinzen Folgeverordnungen ausstellen und unter bestimmten Umständen sogar eine Therapie mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln initiieren. Auch in einigen US-Bundesstaaten ist das schon Realität. In Dänemark diskutiert die Politik derzeit darüber, dass Apotheker in gewissen Situationen Rezepte über kleinere Arzneimittelpackungen selbst ausstellen dürfen. Das Projekt trägt den Namen „Behandlungsapotheker“.

Und nach einer bestimmten Fortbildung dürfen Pharmazeuten in Großbritannien bereits seit 2004 alle Arzneimittel abgeben, über die ein Arzt vorher eine Erstverordnung ausgestellt hatte. Der Gesetzgeber hatte diese Regel damals auch eingeführt, um die überfüllten Arztpraxen zu entlasten.



Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker, DAZ-Chefredakteur
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

Folgerezept

von Kleiner Apotheker am 28.01.2019 um 8:12 Uhr

viel einfacher kann man es einer Versandapotheke nicht mehr machen. Wenn der Kunde einmal erfasst ist, gibt es ein Abo auf die Belieferung.

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Wozu braucht es dafür Apotheker?

von Andreas Grünebaum am 26.01.2019 um 18:23 Uhr

Worin besteht der Mehrwert einer Folgeverordnung durch den Apotheker? Diese könnte einfach durch eine "Stopp-Funktion" auf der eGK realisiert werden: der Arzt verordnet als Dauerverordnung solange, bis er einen "Stopp" anordnet. Dies könnte zum Beispiel erfolgen, sobald der Patient seinen Termin - auch telefonisch - nicht wahrnimmt. Einen (Versand-) Apotheker braucht es dazu bestenfalls, um die eGK in das Terminal zu stecken und das e-Rezept mit seiner Signatur freizugeben. Warum sollte es dafür mehr Geld geben?
Back to the Roots!

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FOLGEN 2

von Dr.Diefenbach am 26.01.2019 um 10:28 Uhr

Die Impfvorgabe des Herrn S. wird als "Gift" dargestellt.Aber ist eine "Folgeverordnung" nicht noch dramatischer ?.Vor allem :WELCHE Voraussetzung muss man denn dann in der Praxis mitbringen ?Für das Impfzertifikat zahlt man zB in der Schweiz über 2ooo Euro,(diese Summe muss sich erst einmal wieder einspielen),für ein "Folgeverordnungsmodell" sind dann wohl noch ganz andere Parameter ausschlaggebend .ALSO dann kommt dazu,dass DIESER Ärger mit den Ärzten unkalkulierbar ist.Ich denke der sicher nett gemeinte Vorschlag vom Kollegen Becker drückt auch in Teilen die Erkenntnis aus,dass man bei vielen anderen Dingen wie RX-versand, grundsätzlichen (!)Honorarfragen etc. hinten runter fällt und nun durch neue Türen glaubt schreiten zu können.Ich halte es da mit dem Kollegen Hansmann: Die Tatsache dass man sich bei den Essentials als 2."Sieger" fühlen muss,stellt einen Punkt dar,der,dies nochmals gesagt,auf eine Änderung der Führung hinauslaufen muss.Stillstand hier,19 Euro und 1 Cent für Hilfskräfte am Flughafen,als STUNDENLOHN in der Perspektive,macht dann über 3ooo Euro pM.Dieser Abschluss beruht auf "Verantwortung" gegenüber Flugreisenden.Die am Boden können ja da auch bleiben.Auch finanziell.

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Folgen

von Reinhard Rodiger am 25.01.2019 um 21:04 Uhr

Vorweg: Vor ALLEN Zusatztätigkeiten sollte die Basistätigkeit
Vorrang haben und nicht als Pfand dienen. Wer kümmert sich um die Basisfinanzierung? Spahn offensichtlich nicht.Und ABDA/DAV folgt.Das ist gefährlich.

Es scheint nicht bewusst zu sein, dass Folgeverordnungen zwar in anderen Ländern von Apothekern ausgestellt werden dürfen, aber gleichzeitig das wichtigste Ertragsmodell des Versands darstellen. Chroniker sind am besten zu ködern.Wenn also Spahn das gut findet, hilft er bewusst
Max Müller. Bedenklich ist dass DAV/ABDA das ZUERST vorschlagen. Ohne anscheinend die Folgen zu bedenken. Es gibt nämlich kein "besseres" Zubrot für den Versand/telemedizinische Vorteilsnahme.

Bekanntlich sind Folgeverordnungen nur quartalsweise möglich.Das Arzthonorar hängt noch daran.Es gibt keine Jahresverordnung. Das ist in der Tat zwar nicht kundenfreundlich, aber sicher mit Widerstand verbunden.Es geht nicht gegen die Ärzte.Sicher wurden sie schon einbezogen??

Irgendwie erscheint es frühreif, über zukünftiges nebulös zu reden und die Gegenwart und ihre Unterfinanzierung zu vergessen.Es folgt die Abwertung.




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AW: Folgen

von Dirk Krüger am 26.01.2019 um 10:11 Uhr

Lieber Herr Rodiger,
besser kann man es nicht auf den Punkt bringen! Die seit Jahren nicht angepasste Vergütung für die nach ApoBetrO zu erbringenden und von uns mit viel Engagement erbrachten Leistungen muss in den Focus!

Bezahlung

von Anita Peter am 25.01.2019 um 13:29 Uhr

Wir wärs, wenn einfach mal alle Dinge, die wir bis jetzt kostenlos anbieten, anständig vergüten?

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AW: Bezahlung 2.0

von Dr Schweikert-Wehner am 25.01.2019 um 19:10 Uhr

Und warum fordern wir nicht wenigstens den Inflationsausgleich, die durchschnittliche Lohnerhöhung von Angestellten im öffentlichen Dienst, die Erstattung der Kosten vom Datenschutzaufwand, vom Aufwand für Securpharm u.s.w. ? Das haben doch alle Anderen bekommen!

jaaaa

von Karl Friedrich Müller am 25.01.2019 um 13:12 Uhr

...könnte vielleicht irgendwann eventuell, wenn Ostern und Weihnachten zusammenfallen... sich vorstellen (!)
wozu hört man Spahn noch zu
Spahn mag einiges bewegen wollen im Gesundheitswesen, aber nicht für uns.

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