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Der Charme der Roten Westen
Apotheker protestieren mit roten Westen in Schladming
Am gestrigen Sonntag eröffnete BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer mit dem Pharmacon in Schladming die 49. Internationale Pharmazeutische Fortbildungswoche der Bundesapothekerkammer (BAK). Viele Teilnehmer waren dem Aufruf von Apotheker Gregor Nelles aus Montabaur gefolgt und setzten mit dem Tragen roter Warnwesten ein deutliches Zeichen dafür, dass sie nicht von der Forderung nach einem Rx-Versandverbot abweichen wollen. Kiefer vertraut jedoch auf die Überzeugungskraft des in der vergangenen Woche verabschiedeten ABDA-Eckpunktepapiers.
Am 17. Januar 2019 hatten die ABDA-Mitgliedsorganisationen einstimmig ein Eckpunktepapier zur Reform des Apothekenmarktes verabschiedet, das zur großen Erleichterung vieler, in aller Deutlichkeit, dem Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Rx-Boni in gedeckelter Form zu erlauben, eine klare Absage erteilt. Stattdessen wird ein striktes Rx-Boni-Verbot sowohl für die Versicherten der Krankenkassen als auch der Privaten Krankenversicherungen gefordert. Die Pläne Spahns zur Honorierung von Dienstleistungen wurden dagegen begrüßt und finden sich auch in dem ABDA-Eckpunktepapier wieder. Mit dem Eckpunktepapier weicht die ABDA-Mitgliederversammlung erstmals offiziell von ihrer alten Forderung nach einem Rx-Versandverbot ab, das lange Zeit als der Königsweg zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit im Wettbewerb zwischen ausländischen Versandapotheken und Präsenzapotheken gesehen wurde.
Im Schatten der politischen Großwetterlage
Kiefer versuchte anhand der Großwetterlage die Entscheidung der ABDA-Mitgliederversammlung zu erklären: So wie durch eine neue Wetterlage eine sorgfältig geplante Wanderung auf den Prüfstand müsse, weil etwa Pistensperrungen zu Entscheidungen zwingen würden, ob die Wanderung trotz Lawinengefahr fortgesetzt werden kann oder abgebrochen werden muss, so habe sich die ABDA-Mitgliederversammlung angesichts der politischen Großwetterlage gezwungen gesehen, nach neuen Wegen zur Erzielung der Gleichpreisigkeit und der Sicherung der flächendeckenden Versorgung zu suchen.
Kongress
Pharmacon Schladming
Mit dem einstimmig verabschiedeten Eckpunktepapier sei nun die Politik gefordert, Rx-Boni rechtssicher zu verbieten und dafür Sorge zu tragen, dass auch ausländische Versandapotheken zur Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung verpflichtet werden. Gleichzeit solle der Weg zur Honorierung von pharmazeutischen Dienstleistungen wie beispielsweise von Medikationsanalysen geebnet werden. Geplant ist im Spahn-Paket, dass Apotheker und Krankenkassen diese zusätzlichen Dienstleistungen vereinbaren. Bezahlt werden sollen sie aus einem Fonds, der wie der Notdienstfonds durch die Apothekerschaft verwaltet wird.
Kiefer: Regelwerk für neue pharmazeutische Dienstleistungen
Kiefer betonte, dass dafür selbstverständlich ein Regelwerk geschaffen werden müsse, selbstverständlich dürften nur dokumentierte Dienstleistungen eine Vergütung auslösen. Aber die Apotheker seien dafür gerüstet. Kiefer räumte ein, dass das ein riskanter Weg sei. Viele Fragen würden im Raum stehen, so zum Beispiel, ob kleine Apotheken das alles leisten können oder ob solche Dienstleistungen nicht auch ohne Apotheke erbracht werden können. Für Kiefer sind dies berechtigte Fragen und Ängste, die sich aber, davon ist er überzeugt, am Ende des Tages auflösen werden – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Apotheker sich mit ihren Vorschlägen in der Politik durchsetzen können. Sollte das nicht gelingen, so Kiefer, stehe wieder die Forderung nach dem Rx-Versandverbot im Raum.
Apotheker Nelles fordert einen Streik
Eine Forderung, der Apotheker Gregor Nelles aus Montabaur mit seiner Rote-Warnwesten-Aktion im Rahmen des Pharmacon Schladming Nachdruck verleihen wollte. Um das deutsche Apothekenwesen zu retten, sieht Nelles nur eine Möglichkeit: den Apotheken-Streik! Dazu hat er ein eskalierendes Stufenkonzept entwickelt. Ein Konzept, das wie Kiefer betonte, von der Mitgliederversammlung der ABDA abgelehnt werde. Trotzdem hat die Rote-Westen-Aktion für Kiefer den Charme, dass damit dokumentiert wird: „Wir passen auf, dass die Politik uns im Gesetzgebungsverfahren nicht verarscht!“
Kiefer interpretierte die Reaktionen auf das ABDA-Eckpunktepapier dahingehend, dass der Beschluss von vielen Politikern unterstützt werde und registriert worden sei, dass die Apotheker Bewegung gezeigt haben. Der Beschluss würde als richtungsweisend aufgenommen, die Politik würde den Apothekern die Ernsthaftigkeit abnehmen. Daraus leitet Kiefer die Forderung ab, dass die, die Wirtschaftspolitik machen wollen, sich dem Mandat der Gesundheitspolitik unterordnen müssen. Sollte das nicht geschehen, dann dürfe man sich zu Recht „verarscht“ fühlen, dann dürfe man dem auch ganz im Sinne der Roten-Westen-Aktion Ausdruck verleihen und deutlich machen, dass die Mittel des reinen Dialogs erschöpft seien.
1 Kommentar
Kleiner Hinweis zur Farbe des A(potheken) ...
von Christian Timme am 21.01.2019 um 13:57 Uhr
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