DocMorris, Shop Apotheke, Medpex

Die großen EU-Versender verkaufen ab Januar 2019 OTC-Daten

Berlin - 07.11.2018, 17:25 Uhr

Ab dem kommenden Jahr wollen die EU-Versender DocMorris, Medpex und Shop Apotheke in einem Gemeinschaftsunternehmen OTC-Daten aufbereiten und sie weiterverkaufen. (c / Foto: imago)

Ab dem kommenden Jahr wollen die EU-Versender DocMorris, Medpex und Shop Apotheke in einem Gemeinschaftsunternehmen OTC-Daten aufbereiten und sie weiterverkaufen. (c / Foto: imago)


Daten sind im Arzneimittelmarkt Gold wert. Insbesondere die Hersteller wollen wissen, welches Arzneimittel sich wo und an wen gut verkauft, um ihre Marketing-Aktionen und die Produktion dementsprechend anzupassen. Marktforschungsunternehmen wie IQVIA oder Insight Health verkaufen schon heute Abverkaufszahlen an die Industrie. Die großen EU-Versender DocMorris, Shop Apotheke und Medpex wollen daraus nun aber ein eigenes Geschäft machen. Ein Gemeinschaftsunternehmen befindet sich nach Informationen von DAZ.online in Gründung.

Welches OTC-Arzneimittel verkauft sich derzeit gut oder besonders schlecht? Wie hat sich eine Werbe-Aktion für ein bestimmtes Medikament in den Verkaufszahlen niedergeschlagen? Und in welcher Altersgruppe läuft welches Präparat gut? Das sind Fragen, die für die Pharmaunternehmen viel Geld wert sind. Schließlich wollen die Hersteller erfahren, wo ihre Arzneimittel landen. Nur so können sie zukünftige Marketing-Aktionen besser planen, feststellen, ob sich Investitionen lohnen und gegebenenfalls ihre Produktion anpassen.

Bislang gibt es einige private Marktforschungsinstitute wie etwa Insight Health oder IQVIA, die auf mehrere Arten ihre Daten aus dem Markt der Offizin-Apotheken und aus dem Versandhandelsmarkt beziehen, aufbereiten und dann zum Verkauf anbieten. Das Geschäft dahinter ist relativ einfach: Die Unternehmen kaufen den Apothekern beziehungsweise den Versendern die Daten ab und verkaufen sie dann zu einem höheren Preis weiter.

DocMorris, Shop Apotheke und Medpex wollen schneller und genauer sein

Zumindest bei IQVIA war aber bislang unklar, welche Zahlen den Versandhandelsanalysen zugrunde liegen: Sind nur deutsche oder nur die EU-Versender eingeschlossen? Und wenn die deutschen Versender mit dabei sind, wie kann man ihren Datensatz von einer Vor-Ort-Apotheke auseinander halten? Dazu hieß es in IQVIA-Analysen bisher lediglich: „Marktinformationen zum Versandhandel umfassen die Einkäufe der deutschen Verbraucher beim Versandhandel. Dazu bildet ein Versandhandelspanel die Grundlage, die um eine Projektion ergänzt wird.“ Und: „Informationen zum Apothekenversand werden durch eine gesonderte Projektion aus dem IMS Versandhandelspanel ermittelt. Außerdem gehen Verkäufe von öffentlichen Apotheken ein, sofern sie als Versandhandelsverkäufe deklariert werden.“ Welche Versender in diesem Panel wie berücksichtigt werden, ist aber unklar.

Eine Marktlücke, die zumindest die drei großen EU-Versender DocMorris, Shop Apotheke und Medpex nun gemeinsam stopfen wollen. Dem Vernehmen nach soll noch in diesem Jahr ein Unternehmen gegründet werden, das seinen Sitz in Deutschland hat und die Daten der drei großen Versender zusammenführt, um sie für den Verkauf aufzubereiten und an die Industrie abzugeben. Schon im Januar 2019 soll das Geschäft starten. In den vergangenen Wochen standen die drei Versender in Kontakt mit dem Kartellamt. Das deutsche Kartellamt musste gefragt werden, weil der Sitz des zu gründenden Gemeinschaftsunternehmens in Deutschland ist und es sich um Daten aus der deutschen Gesundheitswirtschaft handelt. Dem Vernehmen nach hat die Behörde grundsätzlich eine Zusage erteilt, es wurden allerdings Auflagen gestellt.

Warum nur OTC? Wer kommt noch dazu?

Aus Kreisen des neuen Unternehmens hieß es, dass man eine große Chance sehe, weil allein schon die Abverkaufszahlen genauer und detaillierter aufbereitet werden können als es bislang durch die Marktforschungsunternehmen geschehen ist. Doch bei den reinen Abverkaufszahlen soll es nicht bleiben: So will das Gemeinschaftsunternehmen anhand von Rechenmodellen auch Prognosen über Produkte und Marktsegmente entwickeln und diese den Herstellern anbieten.

Warum aber sollte die Industrie sich solche Datensätze kaufen, wenn sie bei IQVIA und Insight Health alles aus einer Hand bekommt? Aus Kreisen des neuen Unternehmens hieß es dazu, dass der EU-Versandhandel in den vergangenen Monaten durch das schnelle Wachstum im OTC-Bereich immer wichtiger geworden sei. Und technisch sei es nur den Unternehmen selbst möglich, genaue Angaben über die eigenen Verkäufe zu machen. Hinzu komme, dass die bisherigen Anbieter die Daten nicht so aktuell anbieten könnten wie das künftige Gemeinschaftsunternehmen.

Wird der Datenschutz eingehalten?

Natürlich stellt sich die Frage nach dem Datenschutz. Nach der Datenschutzgrundverordnung dürfen Unternehmen personenbezogene Daten und Gesundheitsdaten unter keinen Umständen und schon gar nicht ohne Zustimmung des Patienten selbst für Marketingzwecke verwenden. Erst kürzlich hatte auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dies klargestellt, nachdem die Linksfraktion im Bundestag danach gefragt hatte, ob der Regierung Erkenntnisse dazu vorlägen, inwiefern die Versender die Einkaufsdaten ihrer Kunden nutzen, um ihnen dazu passende, neue Angebote zu machen. Im neuen Gemeinschaftsunternehmen der drei EU-Versender ist man sich aber sicher, dass man hier alle Regeln einhalte, schließlich würden niemals Rohdaten verwendet, sondern stets pseudonymisierte Zahlen. Und: Bei den klassischen Aberverkaufsdaten handele es sich ohnehin nicht um Verbraucherdaten, heißt es.

Auffällig ist, dass die EU-Versender bislang nur OTC-Daten im Visier haben. Warum das Datenunternehmen keine Rx-Daten miteinbezieht, war nicht herauszufinden. Ebenso unklar ist, ob die drei Versandunternehmen in dieser Konstellation alleine bleiben. Denkbar wäre es schließlich, dass sich noch weitere Versender dem Gemeinschaftsunternehmen anschließen. Denn: Wie oben erwähnt, kann das neue Gemeinschaftsunternehmen auch nur einen Teil des Versandmarktes abbilden. Für die Industrie wäre es noch interessanter, Informationen aus dem gesamtem Versandhandel zu bekommen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Handel mit OTC Daten

von Rx-werbeverbot am 07.11.2018 um 21:30 Uhr

Das der Handel mit OTC Daten startet und Rx-Arzneimittel nicht primär berücksichtigt, mag am Heilmittelwerbegesetz liegen, welches Werbung für Arzneimittel in Publikummedien nur bei OTC erlaubt. Rx darf nur in Fachkreisen beworben werden.

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