Neue Landesregierung

Bayern-Koalition verzichtet auf das Rx-Versandverbot

Berlin - 05.11.2018, 07:00 Uhr

Hubert Aiwanger (re., Freie Wähler) und Bayerns Ministerpräsident Markus Soeder (CSU) verzichten auf das Rx-Versandverbot in ihrem Koalitipnsvertrag. (Foto: Imago)

Hubert Aiwanger (re., Freie Wähler) und Bayerns Ministerpräsident Markus Soeder (CSU) verzichten auf das Rx-Versandverbot in ihrem Koalitipnsvertrag. (Foto: Imago)


Im Wahlkampf hatten sowohl die CSU als auch die Freien Wähler noch ein Rx-Versandverbot gefordert. Im nun gemeinsam formulierten Koalitionsvertrag, der DAZ.online vorliegt, ist davon allerdings keine Rede. Die beiden Parteien bekennen sich zwar zum Erhalt der Apotheke vor Ort. Mehr als diese recht vage Aussage zum Apothekenmarkt gibt es aber nicht von der neuen „Bayern-Koalition“.

Die CSU war in den vergangenen zwei Jahren in Sachen Rx-Versandverbot ein wichtiger Unterstützer für die Apotheker: Man denke nur an die Initiative im Bundesrat, die der Freistaat einbrachte und der eine Mehrheit der Länder auch zustimmte. Es folgte ein Bundestagswahlkampf, in dem die CSU offensiv für das Rx-Versandverbot warb. Hörte man sich bei den Apothekern um, hieß es hinter vorgehaltener Hand auch immer wieder, dass man vom Verbot nicht abrücken wolle, weil man die dafür kämpfenden Unionspolitiker nicht enttäuschen könne.

Nun scheint diese Bastion im Kampf um das Verbot wohl auch zu fallen. Schon im Wahlkampf zur Landtagswahl hatte sich abgezeichnet, dass die CSU andere Lieblingsthemen im Gesundheitsbereich gefunden hatte. Im CSU-Wahlprogramm war vom Rx-Versandverbot überraschenderweise jedenfalls keine Spur mehr. Im DAZ.online-Wahlcheck hatten sich allerdings noch sowohl die CSU als auch die Freien Wähler nochmals deutlich dafür ausgesprochen. So hieß es von der CSU:


„Die CSU lehnt den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ab und hat sich in den Koalitionsverhandlungen erfolgreich für das Verbot des Versandhandels eingesetzt, um die wohnortnahe Arzneimittelversorgung rund um die Uhr zu erhalten – auch in Notfällen und mit in der Apotheke angefertigten Rezepturen bei persönlicher Beratung. Dies kann keine Versandapotheke leisten!“

CSU im DAZ.online-Wahlcheck


Und bei den Freien Wählern hieß es ebenso deutlich:


Da Versandapotheken anderer EU-Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuGH nicht an die Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung zur Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gebunden sind, sind die inländischen Apotheken insofern benachteiligt. Gerade für kleinere Apotheken kann sich dies existenzbedrohend auswirken. Die inhabergeführten Apotheken erfüllen als erste Ansprechpartner für alle Gesundheitsfragen eine bedeutende Aufgabe vor Ort und dies zu 24 Stunden am Tag und 365 Tagen im Jahr. Aus diesem Grund unterstützen wir das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“

Freie Wähler im DAZ.online-Wahlcheck


„Die Versorgung durch Apotheken wollen wir erhalten“

Im nun vereinbarten Koalitionsvertrag ist davon aber nichts zu lesen. Zwar heißt es dort: „Die gute Versorgung durch Apotheken vor Ort wollen wir erhalten.“ Und: „Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte, Apotheken, Pflegeeinrichtungen, Heilmittelerbringer und Hebammen müssen weiterhin flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung stehen.“

Wie und mit welchen Maßnahmen das mit Bezug auf die Apotheke geschehen soll, wird jedoch nicht erwähnt. Klar ist: Apothekenpolitische Themen werden auf Bundesebene entschieden – nicht selten schreiben sich Koalitionen auf Landesebene aber Forderungen in ihre Koalitionsverträge, für die sie sich im Bund einsetzen wollen.

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In anderen gesundheitspolitischen Bereichen wird die Bayern-Koalition hingegen deutlicher. Beispielsweise wollen sich CSU und Freie Wähler im Bund dafür einsetzen, dass die ärztliche Bedarfsplanung kleinräumiger organisiert wird, um die Landversorgung zu verbessern. Ebenso wollen sich die Parteien auf Bundesebene dafür plädieren, dass regional tätige Kassen bei der Verteilung der Gelder aus dem Gesundheitsfonds stärker berücksichtigt werden. Für Heilmittelerbringer soll in Bayern das Schulgeld abgeschafft werden. PTA sind im Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich erwähnt. Die CSU hatte das Schulgeld-Projekt allerdings schon angeschoben und dabei erklärt, dass auch Schüler von privaten PTA-Schulen profitieren sollen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

Nicht locker lassen!

von Uwe Hansmann am 06.11.2018 um 9:07 Uhr

. . . . securpharm und damit verbundene Kosten direkt vor Augen, erlaube ich mir, nochmals daran zu erinnern, was im § 78 AMG im ersten Absatz ergänzend zu lesen ist:

„Abweichend von Satz 1 wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Anteil des Festzuschlags, der nicht der Förderung der Sicherstellung des Notdienstes dient, entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen.“

Es ist – mit Verlaub – nach wie vor ein Skandal, dass – bei nahezu perfekter Datenlage seitens der Apothekerschaft via Rechenzentren – seitens der Regierungen dieser unserer Republik in den zurückliegenden Jahren bis hin zum heutigen Datum schlichte Ignoranz unserer wertvollen Arbeit vorzuherrschen scheint.
Anders ist doch das Verharren der Politik auf der Berechnungsbasis 2002 nicht zu beschreiben!

Das mal vorweg . . . Honorarerhöhung muß kommen!

Wenn die ABDA jetzt die - nach wie vor mehr als berechtigte - Forderung nach RX-Versandverbot in Frage stellt, dann gute Nacht!

Jens Spahn hat doch selbst das beste Argument für das Verbot geliefert:

„Auf dem Apothekenmarkt können zurzeit die einen Boni geben, die anderen nicht. Das ist Wildwest und so kann es nicht bleiben“

GENAU!!

Es ist eine Riesen-Sauerei, das die aus dem Ausland agierenden, kapitalgetriebenen Unternehmen - Apotheke ist das wohl nicht zu nennen - das deutsche Gesetz umgehen können, weil der deutsche Gesetzgeber vor Europa einknickt, obwohl die Gesundheitsversorgung nach EU-Vertrag subsidiär geregelt werden kann.

Also nagelt den Minister darauf fest und weicht nicht zurück!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: die Maß ist voll

von Münchner Kindl am 06.11.2018 um 18:00 Uhr

Genau !! Dem ist nichts hinzuzufügen, die Maß ist nicht nur voll sondern randvoll !!!

Wie bei den Indianern

von Ratatosk am 05.11.2018 um 18:20 Uhr

Erst wenn der letzte Indianer (freie Apotheke) verschwunden ist, ..., Hier eben den Interessen des Großkapitals geopfert !
Neu aufbauen, kann man es dann nicht mehr, aber die einen kapieren es nicht, die Günstlinge intersessiert es nicht.
Wie in vielen Bereichen, will man lieber 2 Milliardärsclans schaffen als einen staatstragenden Mittelstand erhalten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

So ist es eben

von Anita Peter am 05.11.2018 um 8:15 Uhr

In der Politik gilt eben immer noch der gute alte Spruch "Was interessiert mich mein Gewäsch von gestern".
Hauptsache die Apotheker haben fleissig gespendet.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Spenden ?

von Dr. Ralf Schabik am 05.11.2018 um 8:49 Uhr

Haben denn die Apotheken überhaupt an Parteien gespendet ?

AW: So ist es eben

von Conny am 05.11.2018 um 9:40 Uhr

Gespendet ?

AW: Berühmte Worte von ehrbaren Politikern

von Dr. Schweikert-Wehner am 05.11.2018 um 10:06 Uhr

"Im Herbst gehen wir es an..."
Das Unerträgliche ist dass die ABDA beginnt den Kakao zu schlürfen durch den wir gezogen werden.

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