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Der niedersächsische Landtag hat heute ein neues
Krankenhausgesetz verabschiedet. Es gehört zu den Neuregelungen, die die
Landesregierung unternommen hat, um nach den Krankenhausmorden des Ex-Pflegers
Niels H. für mehr Patientensicherheit zu sorgen. Unter anderem schreibt das
neue Krankenhausgesetz vor, dass es künftig Stationsapotheker in allen Kliniken
des Landes geben muss. Die Krankenhausapotheker sprechen von einem „Meilenstein für die AMTS im Krankenhaus“.
In wenigen Tagen beginnt der bislang umfangreichste Strafprozess gegen den früheren Pfleger Niels Högel in Oldenburg: Er ist bereits wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden, nun aber wegen rund 100 weiterer Morde an Klinikpatienten angeklagt. Das hat auch die Politik alarmiert: Am heutigen Mittwoch hat Niedersachsens Landtag ein Gesetz verabschiedet, das für Patientensicherheit in Kliniken sorgen soll. Einstimmig beschloss er Änderungen am Niedersächsischen Krankenhausgesetz (NKHG). Selbst Grüne und FDP, die im Ausschuss zunächst für eine Enthaltung plädierten, stimmten letztlich zu. In der Woche zuvor hatte der Gesundheitsausschuss den aus dem Mai stammenden Gesetzentwurf der rot-schwarzen Koalition nochmals nachgebessert – auch im konkreten Punkt des Stationsapothekers.
Zugleich beschloss der Landtag einen kurzfristig von SPD und CDU eingebrachten Entschließungsantrag. Mit diesem wird die Landesregierung gebeten, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die Refinanzierungsmöglichkeiten von Stationsapothekern geprüft und im Sozialgesetzbuch V – oder einer anderen Rechtsvorschrift – verankert wird. Zudem soll sie dafür sorgen, dass im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erörtert wird, ob Stationsapotheker ein Qualitätskriterium für Krankenhäuser sind.
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Es gibt noch Klärungsbedarf beim Stationsapotheker
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Uwe Schwarz, verwies in seiner Rede zunächst auf die schon zuvor in Reaktion auf den „größten Massenmörder unseres Landes“ ergriffenen Maßnahmen: Seit 2016 gibt es flächendeckend einen Patientenfürsprecher in den Kliniken, auch einen Landespatientenbeauftragten habe man eingeführt und das Bestattungsgesetz geändert. Mit der NKHG-Novelle mache man „Niedersachsen zum Vorreiterland beim Patientenschutz“, so Schwarz. Die verpflichtende Einführung von Stationsapothekern in allen niedersächsischen Krankenhäusern werde für eine bessere Überwachung der Medikamentenausgabe sorgen, sodass Auffälligkeiten hier schneller bemerkt werden und entsprechend reagiert werden kann. Dass sie erst ab 1. Januar 2022 wirklich Pflicht sind, liege daran, dass die Ausbildung der Stationsapotheker so lange dauere.
Schwarz ließ nicht unerwähnt, dass es hier auch verfassungsrechtliche Bedenken gebe – doch man betrete hier Neuland – und der Willen zum Stationsapotheker war offenbar groß. Zumal nur noch wenige der niedersächsischen Kliniken mit eigenen Krankenhausapotheken ausgestattet sind. Ein solches Neuland betritt Niedersachsen auch in Sachen Whistleblowing: Künftig gibt es an allen Krankenhäusern Stellen, denen Mitarbeiter anonym Verdachtsmomente für Fehlverhalten oder gar kriminelles Handeln innerhalb des Krankenhauses melden können.
Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion,
Volker Meyer, zeigte sich ebenfalls überzeugt: „Mit der verpflichtenden
Etablierung von Stationsapothekern, der Schaffung einer Arzneimittelkommission
und der Einrichtung eines anonymen Meldesystems professionalisieren wir das
Medikationsmanagement“. Er hat keinen Zweifel, dass die neuen Stationsapotheker
ein Qualitätskriterium für Krankenhäuser sein werden. „Das Risiko von
Medikationsfehlern, ob aus Versehen oder vorsätzlich, kann von ihnen deutlich
gesenkt werden.“
Das Netz der Patientensicherheit wird engmaschiger
Auch für Dr. Frank Dombeck, Pharmazeutischer Geschäftsführer der Apothekerkammer Niedersachsen, sind die Änderungen im Krankenhausgesetz vor allem eine „Novellierung der Patientensicherheit“. Es habe die Kammer beeindruckt, mit welchem Mut und welcher Beharrlichkeit das Gesetz selbst über einen Regierungswechsel hinweg weiterverfolgt wurde, sagte Dombeck gegenüber DAZ.online. Er ist überzeugt, dass das Netz der Patientensicherheit damit deutlich engmaschiger werde – wenngleich er auch einräumt, dass ein hundertprozentiger Schutz wohl niemals möglich ist. Er setzt nun darauf, dass dies erst der Startschuss war und weitere Bundesländer dem Vorbild Niedersachsens folgen werden – oder im Sinne des ebenfalls beschlossenen Entschließungsantrag gar bundesweite Regelungen geschaffen werden.
Dr. Thomas Vorwerk, 1. Vizepräsident des Bundesverbands
Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), sprach von einem „Meilenstein für die Arzneimitteltherapiesicherheit im Krankenhaus“. Er hofft, dass diesem ersten Schritt nun weitere folgen werden. Bedeutend ist für ihn zudem, dass die neuen Regelungen über alle Parteien hinweg im Landtag Zustimmung fanden. Auch die erst vergangene Woche vom Gesundheitsausschuss vorgenommene Klarstellung im Gesetz, dass die
Sicherstellung der Aufgaben der Stationsapotheker im Versorgungsvertrag mit der
krankenhausversorgenden Apotheke geregelt werden soll, soweit es keine eigene Krankenhausapotheke gibt, begrüßt Vorwerk. Diese Lösung hatten Kammer, ADKA und BVKA gemeinsam erarbeitet. Die Kammer hat sie dann gegenüber dem Gesundheitsausschuss angerregt – und hatte damit Erfolg.
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Auch für den Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) ist die verpflichtende Einführung der Stationsapotheker in Niedersachsen eine zukunftsweisende Entwicklung, die zur Verbesserung in der stationären Arzneimittelversorgung beitragen kann. Der stellvertretende BVKA-Vorsitzende Karl-Heinrich Reimert betonte, dass der Verband die Vorschläge aus Niedersachsen von Anfang an unterstützt habe. „Zugleich haben wir jedoch auf der fachlichen Zuordnung der Stationsapotheker zu der Krankenhaus- oder krankenhausversorgenden Apotheke bestanden, um die bundesgesetzlich verankerte pharmazeutische Versorgung aus einer Hand sicherzustellen.“ Daher sei die nun vom Gesundheitsausschuss des niedersächsischen Landtags eingefügte Klarstellung zu begrüßen. So könnten Doppelstrukturen und Schnittstellenprobleme im Krankenhaus vermieden werden. Reimert verwies zudem auf die umfangreichen gesetzlichen Beratungs- und Informationspflichten, die schon heute im Krankenhaus wahrzunehmen seien. An diesen bundesgesetzlich festgeschriebenen Aufgaben der betroffenen Apotheken werde sich durch die landesrechtliche Regelung der Stationsapotheker nichts ändern.
Reimert kündigte an, dass der BVKA eine Mustervereinbarung zwischen dem Krankenhausträger und der krankenhausversorgenden Apotheke vorlegen werde, die den apothekenrechtlichen Vorgaben Rechnung trägt. Darin seien insbesondere die fachliche Zuordnung der Stationsapotheker zur Krankenhaus- oder krankenhausversorgenden Apotheke, die Abgrenzung der Aufgabenbereiche und die umfassende Verantwortung des Apothekenleiters für die pharmazeutische Information und Beratung der Patienten, Ärzte und Mitarbeiter des Krankenhauses zu regeln.
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