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Arzneimittel im Abwasser
Grüne und Wasserwirtschaft: Pharmaindustrie soll Umweltabgaben zahlen
Um Arzneimittelreste aus dem Abwasser zu entfernen, bräuchten Kläranlagen eine zusätzliche Reinigungsstufe. Diese würde die Abwasserwirtschaft zusätzlich 1,2 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Aus Sicht des Wasserwirtschaft-Verbandes BDEW und der Grünen-Bundestagsabgeordneten Dr. Bettina Hoffmann sollen sich die Arzneimittelhersteller an den Kosten beteiligen.
Arzneimittelreste aus Klinik- und Industrieabwässern können die Gesundheit gefährden. So fördern beispielsweise Antibiotikaverunreinigungen das Wachstum multiresistenter Keime. Um Arzneimittelrückstände wirksam zu entfernen, wäre eine neue Reinigungsstufe in den Kläranlagen erforderlich: Konkret handelt es sich Experten, wie dem Mikrobiologen Thomas Schwartz, zufolge um eine Kombination aus feinen Filtern, Aktivkohle und Ozon, die in der Abwasserbranche auch als vierte Reinigungsstufe bezeichnet wird.
Gutachten: Zwei Euro pro Packung
Einem Bericht der FAZ zufolge schätzt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass diese Zusatzmaßnahmen 1,2 Milliarden Euro im Jahr kosten würden. Doch wer soll für die zusätzlichen Kosten aufkommen? Der BDEW hat zu dieser Fragestellung ein Gutachten erstellen lassen.
Laut FAZ haben sich die Gutachter bei ihren Ausführungen am Verursacherprinzip orientiert und empfehlen, die vierte Reinigungsstufe über eine Umweltabgabe auf Arzneimittel zu finanzieren. Diese haben die Gutachter mit 2,5 Cent pro Tagesdosis beziehungsweise 2 Euro pro Arzneimittelpackung berechnet.
Grüne für „Fondslösung“
Die Kosten könnten entweder auf die gesamte Arzneimittelvertriebskette umgelegt werden. Dann würden sie allerdings von den Krankenkassen und Beitragszahlern mitgetragen werden. Oder es könne alternativ ein Fonds eingerichtet werden, der von der Pharmaindustrie zu füllen sei.
Die Bundestagsabgeordnete und umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Dr. Bettina Hoffmann, begrüßt das zweite Szenario und erklärt gegenüber DAZ.online: „Es darf nicht sein, dass die Kosten für die Wasserwiederaufbereitung allein bei den Wasserbetrieben hängen bleiben oder auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt werden. Der Zugang zu Wasser darf keine Frage des Geldbeutels werden. Ein Verursacher-Fonds kann hierzu ein guter Weg sein."
Abwasserbelastung an der Quelle reduzieren
Hoffmann ist Hauptantragstellerin für die Grünen-Initiative „Unser Wasser vor multiresistenten Keimen schützen“, in der unter anderem ein Finanzierungskonzept für die Einrichtung einer zusätzlichen Klärstufe gefordert wurde. Zu dem Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion fand im Juni eine Experten-Anhörung im Umweltausschuss statt.
Bei dieser Expertendiskussion kam zudem klar heraus, dass es nicht der einzige Weg sei, die Reinigungsmaßnahmen zu verstärken. Denn auch eine vierte Reinigungsstufe entferne nicht alle unerwünschten Substanzen aus dem Abwasser. Deshalb müsse auch der Eintrag der Arzneimittelbelastung reduziert werden.
Eine Möglichkeit sei, bei der Zulassung von neuen Arzneimitteln die Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen, um die Entwicklung biologisch abbaubarer Arzneimittel voranzutreiben. „Die Bundesregierung muss endlich das Vorsorgeprinzip ernstnehmen und Gewässerverunreinigungen mit Spurenstoffen schon an der Quelle unterbinden“, betont Hoffmann.
Pharmaindustrie wehrt sich
Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) ist mit den Plänen der Wasserwirtschaft und den Grünen nicht einverstanden. Die medizinische Versorgung sei „ein Grundbedürfnis der Bevölkerung“, sagte vfa-Geschäftsführer Forschung, Siegfried Throm, dem Tagesspiegel. „Die Beseitigung der bei ihrer Anwendung unvermeidlichen Arzneistoffspuren im Abwasser ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie sollte auch gesamtgesellschaftlich finanziert werden.“
1 Kommentar
Verursacherprinzip!? Gerne!
von Axel Schmidt am 23.10.2018 um 18:50 Uhr
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