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Iberogast N
Bayer: „Keine Veranlassung“ für schöllkrautfreie Iberogast-Variante
Bayer hält am Schöllkraut fest
Zu dieser Variante hat Bayer vor wenigen Tagen aktiv Stellung bezogen: Und zwar erklärte Dr. Christoph Theurer, Apotheker und Leiter der Abteilung Medizin Consumer Health, dass Iberogast N seinerzeit entwickelt wurde, weil die Kommission E des BfArMs in den 1980er Jahren einen Richtlinienentwurf entwickelt habe, demzufolge pflanzliche Arzneimittel maximal fünf Extrakte enthalten sollten. Bei Iberogast und Iberogast N zählt Süßholz als Geschmackskorrigenz und nicht als aktiver Bestandteil. Iberogast N hätte den Vorgaben des Richtlinienentwurfs entsprochen. Der Kommission-E-Entwurf trat jedoch nie in Kraft. Mit der „Sicherheitsthematik“ hätte die Entwicklung von Iberogast N nichts zu tun gehabt, da diese seinerzeit noch nicht bestanden hatte, so Theurer.
Um auf die Sicherheitsdiskussion zu reagieren, wäre aus Sicht von Theurer eine Acht-Komponenten Mischung ohne Schöllkraut die richtige Antwort gewesen. Doch auch hierfür sieht Bayer keine Veranlassung
„Bayer hat ein wirksames und bei richtiger Anwendung gut verträgliches Arzneimittel im Markt. Wir stehen unverändert zu dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast® in den zugelassenen Indikationen. Es ergibt sich kein Grund andere Maßnahmen zu ergreifen.“ Ein „positives Nutzen-Risiko-Verhältnis“ sollte bei zugelassenen Arzneimitteln allerdings eine Selbstverständlichkeit sein. Denn alle Medikamente haben Nebenwirkungen. Stehen die Risiken nicht mehr im Verhältnis zum nachgewiesenen Nutzen, besteht für Behörden kein Grund, eine Zulassung zu erteilen beziehungsweise diese aufrecht zu erhalten.
Glaeske: Bayer-Stellungnahme geht am Thema vorbei
Für den Arzneimittelexperten Glaeske gehen die Ausführungen von Bayer am Thema vorbei: „Die Stellungnahme verdeutlicht, dass Bayer kein Verständnis für Patientensicherheit hat. Weiterhin die schöllkrauthaltige Mischung im Markt zu lassen spricht nicht gerade für die Übernahme von Verantwortung seitens des pharmazeutischen Unternehmers.“
Studien: Schöllkraut für klinische Wirkung nicht erforderlich
Welchen Nutzen gibt es eigentlich für Schöllkraut? Für Theurer ist die umstrittene Pflanze eine wertvolle Komponente: „Gleichzeitig haben die Inhaltsstoffe des Schöllkrauts beruhigende und krampflösende Wirkung auf den allgemeinen Verdauungstrakt. Des Weiteren können Auszüge aus Schöllkraut in Iberogast entzündliche Vorgänge reduzieren, indem sie freie Radikale abwehren.“
Doch schaut man in die Studienlage, kommt das Phytopharmakon offenbar auch ohne Schöllkraut aus. Denn bereits in der im Jahre 2002 publizierten Vergleichsstudie mit Doppel-Dummy-Design von Rösch und Kollegen wurde die Wirksamkeit von Iberogast, Iberogast N, Cisaprid und Placebo bei 186 Patienten mit Dyspepsie vom Dysmotilitätstyp getestet. Iberogast und Iberogast N waren beide vergleichbar effektiv, die gastrointestinalen Beschwerden zu lindern. Beide waren signifikant wirksamer als Placebo – und schwächer wirksam als Cisaprid.
Zwei Jahre später veröffentlichten Madisch und Kollegen eine multizentrische Studie mit 208 Patienten mit Reizdarmsyndrom, bei der die Wirksamkeit von Iberogast und Iberogast N einem Schleifenblumen-Extrakt gegen Placebo miteinander verglichen wurden. Beide Iberogast-Varianten linderten die Reizdarmsymptomatik gleichermaßen und signifikant besser als Placebo. Die Effektivität des Schleifenblumenextrakts lag auf Placeboniveau.
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