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Opioid-Missbrauch in den USA
Tödliche Fentanyl-Beimengungen in Drogen
US-amerikanische Drogenfahnder sind in jüngster Zeit einem Phänomen auf die Spur gekommen, das die Opioid-Krise in den USA nicht nur befeuert, sondern ihr eine noch unkalkulierbarere Dimension verleiht. Immer häufiger werden illegale Opioid-Betäubungsmittel verfälscht und zwar mit Fentanyl, das schon in extrem geringen Dosen tödlich ist.
Das in Paris ansässige Internationale Forschungsinstitut zu Arzneimittelfälschungen (IRACM) warnt eindringlich vor den Folgen, die durch den unkontrollierten Einsatz von illegalem Fentanyl ausgelöst werden können. In den 1970er Jahren habe das Opioid-Schmerzmittel zunächst in Form von „Fentanyl-Heroin-Cocktails“ Eingang in den Drogenhandel jenseits des Atlantiks gefunden, schreibt das IRACM. Seine Popularität sei in den Vereinigten Staaten rasch gewachsen. Heute hat sich das Ganze offenbar zu einem Riesen-Problem ausgewachsen.
Tote durch Fentanyl-Überdosis in 43 US-Bundesstaaten
Nach einem aktuellen Bericht, den das Partnership for Safe Medicines (PSM) jetzt bekannt gemacht hat, sollen zuletzt im März 2018 in 43 US-Bundesstaaten Fälschungen mit Fentanyl oder dessen Analoga gefunden worden sein. In 22 Staaten ist es nachgewiesenermaßen zu Todesfällen durch Fentanyl gekommen. Im September hatte PSM noch 40 bzw. 16 Staaten gezählt. „Der aktualisierte Bericht zeigt, dass das Problem illegal importierten Fentanyls von Tag zu Tag schlimmer wird”, sagt der Vorstandsvorsitzende von PSM Marvin Shepherd. „Eine weltweite Drogenkrise hat in unseren Hinterhöfen Fuß gefasst. Nie war der Druck zu handeln größer als jetzt.” Fünfzig Mal so stark wie Heroin und hundert Mal so potent wir Morphin ist Fentanyl schon in extrem geringen Dosen tödlich.
Nicht das drin, was draufsteht
Als besonders fatale Entwicklung heben die Experten hervor, dass das hochwirksame Schmerzmittel immer häufiger in Arzneimittelfälschungen enthalten ist, die als etwas anderes verkauft werden. In einem Bericht der US-amerikanischen Anti-Drogen-Behörde (US Drug Enforcement Administration, DEA, der im Oktober 2017 veröffentlicht wurde, ist zu lesen: „Die Fälscher verwenden Fentanyl-Pulver und pressen damit Tabletten, die als die beliebten Opioiden wie Oxycodon und Hydrocodon daher kommen. In vielen Fällen sind sie authentischen verschreibungspflichtigen Medikamenten sehr ähnlich.“ Die Pillen würden in den USA auf dem schwarzen Markt verkauft, und die Nutzer seien sich in der Regel nicht bewusst, dass sie Fentanyl enthalten. Todesfälle, die anderen Opioiden „zur Last” gelegt werden, sind damit immer häufiger auf Beimengungen von Fentanyl zurückzuführen, so die Vermutung. Die Dunkelziffer der Fentanyl-Toten dürfte damit noch um einiges höher sein als die offiziellen Zahlen.
Mexiko und China als Hauptquellen und Drehscheibe
Der Großteil des Fentanyls, dass auf der Straße zum Verkauf angeboten werde, sei illegal produziert, und zwar hauptsächlich in Mexiko, teilt IRACAM weiter mit. Von dort werde es per Post in die USA geschmuggelt. Getrieben durch die steigende Nachfrage hätten mexikanische Kartelle die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und damit begonnen, ihre eigenen Labore für die Herstellung von Fentanyl einzurichten. Heute sollen sie laut IRACM praktisch die gesamte Produktion von Heroin und synthetischen Drogen kontrollieren, die nördlich der Grenze konsumiert werden. „Keine andere Gruppe ist in der Lage, mit ihnen zu konkurrieren“, fügt die DEA hinzu.
Als weiterer bedeutender Lieferant von illegalem Fentanyl wird China genannt. Hierher importierten die Fälscher häufig den Wirkstoff und Tablettenpressen, um damit die gefälschten Pillen herzustellen. Importkontrolleure würden mit gefälschten Beförderungspapieren hinters Licht geführt.
Eine Untersuchung des US-Senats hat ergeben, dass chinesische Fälscher weitgehend von der Anonymität im Internet profitieren. In zwei Jahren hätten so Fentanyl-Pillen im Wert von fast 800 Millionen US-Dollar über illegale Websites und den U.S. Postal Service ihren Weg in die USA gefunden.
Apotheker decken auf: 40 von 100 illegalen Internet-Seiten verkauften Fentanyl
In eine ähnliche Richtung gehen die Ergebnisse einer in der zweiten Jahreshälfte 2017 durchgeführten Untersuchung der amerikanischen Nationalen Vereinigung der Apothekervorstände NABP. Die Ergebnisse wurden im Januar 2018 veröffentlicht.
Zunächst wurde festgestellt, dass keine einzige der unter die Lupe genommenen einhundert Webseiten, die Arzneimittel an Kunden in den USA verkaufen, den geforderten rechtlichen Vorgaben und Standards entsprach. 98 Prozent forderten kein gültiges Rezept. Auf 76 Prozent der Seiten wurden Medikamente aus dem Ausland angeboten oder solche, die nicht von der FDA zugelassen sind. Mehr als jede zweite (54 Prozent) bot Betäubungsmittel (controlled substances) an, laut NABP eine Steigerung um 13 Prozent in den vergangenen neun Jahren. 40 Prozent der Internet-Seiten verkauften Fentanyl und vier andere Präparate mit kontrollierten Substanzen, die vielfach mit Fentanyl verfälscht werden: Norco (Paracetamol plus Hydrocodon), Percocet (Paracetamol plus Oxycodon), Oxycodon sowie der derzeitige „Renner“ unter den Angstlösern in den USA Xanax (Alprazolam).
Drei Viertel der Internet-Seiten ohne Adresse
91 Webseiten gaben keine Adresse für eine abgebende Apotheke an und drei Viertel überhaupt keine geographische Adresse. Unter denjenigen mit einer Adressenangabe befanden sich elf in den USA und 14 außerhalb der USA, darunter sechs in Kanada, drei in Belize und jeweils eine in Indien, Australien, Großbritannien, der Tschechischen Republik und in Ungarn.
„Wo man Fentanyl ohne Rezept kaufen kann“
Wegen der weltweiten Gefahren hat auch Interpols Operation Pangea das Problem bereits „auf dem Schirm”. So lag der Fokus der letztjährigen Aktion unter anderem auf dem illegalen Handel mit Opioid-Schmerzmitteln, speziell mit Fentanyl. In einigen Ländern seien Fentanyl-haltige Mittel aus illegalen Online-Apotheken beschlagnahmt worden, teilte Interpol Ende September 2017 mit. Außerdem seien zahlreiche Webseiten geschlossen, über die ausschließlich Fentanyl vertrieben wurde, darunter eine mit dem Slogan: „Wo man Fentanyl ohne Rezept kaufen kann“.
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