WDR-Apothekentest

Apotheken schlagen Versender bei Erkältungsmitteln

Stuttgart - 17.01.2018, 11:15 Uhr

Zwölf Vor-Ort-Apotheken und sechs Versandapotheken wurden im WDR-Test untersucht. (Foto: screenshot wdr.de)

Zwölf Vor-Ort-Apotheken und sechs Versandapotheken wurden im WDR-Test untersucht. (Foto: screenshot wdr.de)


Wieder einmal ein Apotheken-Test. Dieses Mal wollte die Sendung „Servicezeit“ des „WDR“ wissen, wie gut Apotheken und Versandapotheken in der Selbstmedikation bei einer Erkältung beraten. Das Ergebnis: Die Tester waren trotz Ausnahmen mit der Leistung der Apotheken zufrieden – und erklärten die Apotheken vor Ort zum Gesamtsieger. Das Problem bei den Versendern: die mangelnde Beratung.

Insgesamt zwölf Vor-Ort- Apotheken aus zwölf unterschiedlichen Städten in Nordrhein-Westfalen wurden vom WDR getestet. Dabei entschied sich der Sender für ein einfaches, in Apotheken übliches Szenario. In jeder Apotheke verlangten die Testkäufer nach den gleichen vier OTC-Arzneimitteln: Aspirin® Complex, Nasivin® Nasenspray, Grippostad® Hartkapseln und Paracetamol (500mg) – alles gängige Arzneimittel für die Selbstmedikation einer Erkältung. Dabei waren im Testszenario die ersten beiden Arzneimittel für den Käufer gedacht, Grippostad® und Paracetamol wurden für eine nahe Verwandte gekauft.

Darauf wiesen die Testkäufer nicht hin, sondern verlangten lediglich kommentarlos nach den vier Präparaten. Der erste Test war also, ob die Apotheke nachfragt, für wen die Arzneimittel bestimmt sind. Schon hier fielen die Apotheken positiv auf. Elf von zwölf erkundigten sich, wer welches Präparat einnehmen möchte.

Die meisten Vor-Ort-Apotheken weisen auf Interaktionen hin

Die Tester überprüften weiterhin, ob die Apotheker auch auf Interaktionen hinweisen, denn die gewünschten Arzneimittel können nicht problemlos zusammen eingenommen werden. Aspirin® Complex enthält den Wirkstoff Pseudoephedrin. Dieser kann mit dem im Nasenspray enthaltenen Oxymetazolin interagieren, die α-sympathomimetische Wirkung verstärken und so zu Blutdrucksteigerungen oder Herzrasen führen. Bei der Einnahme beider Mittel sollte deshalb ein zeitlicher Abstand gewahrt werden. Immerhin acht von zwölf Apotheken machten die Käufer darauf aufmerksam.

Auch die beiden anderen Arzneimittel,Grippostad® und Paracetamol,  sind in Kombination nicht unbedenklich. Grippostad® enthält bereits den Wirkstoff Paracetamol. Eine zusätzliche Einnahme von Paracetamol ist nicht notwendig und wenn doch, sollte unbedingt die maximale Tageshöchsdosis nicht überschritten werden, um Überdosierungen zu vermeiden. Elf Apotheker warnten vor der gleichzeitigen Einnahme. Im Gesamtvergleich gaben die Apotheken vor Ort ein tendenziell positives Bild ab. Lediglich eine Apotheke fiel bei den Testern durch. Die Arzneimittel wurden dort ohne Kommentar oder Beratung verkauft.

„Apotheken vor Ort sind der Gesamtsieger“

Die gleichen vier Arzneimittel wurden bei den sechs Versandapotheken Apo-rot, DocMorris, Europa Apotheek, Medikamente-per-Klick, Medpex sowie Shop Apotheke bestellt. Auch hier wollten die Tester wissen, ob die Versender auf Risiken und Interaktionen hinweisen – und zwar sowohl beim Bestellen als auch in Form von mitgelieferten Warnhinweisen. Das Ergebnis war durchwachsen. Lediglich Medpex warnte schon während des Bestellvorgangs vor einer möglichen Paracetamol-Überdosierung.

Auch bei der Lieferung konnten nur zwei Versender mit ausreichenden Informationen überzeugen. Medikamente-per-Klick rechtfertige sich auf Nachfrage des WDR, dass es sich bei der Bestellung um eine haushaltsübliche Menge handelt und daher kein begründeter Handlungsbedarf bestehe, einen Infozettel beizulegen. In der Gesamtwertung der Versandapotheken erhielten nur Medpex und die Europa Apotheek ein positives Testresultat. Das einzige Kriterium, bei dem die Versender gegenüber den Vor-Ort-Apotheken punkten konnten, war der Preis. Die vier Arzneimittel waren in der günstigsten Vor-Ort-Apotheker immer noch teurer als in als in der teuersten Versandapotheke.

„Apotheken vor Ort sind der Gesamtsieger“

Einen bei Apothekentests üblichen Arzneimittelexperten zog der WDR nicht zu Rate. Am Ende der Sendung bewerteten die beiden Testkäufer ihre Erfahrungen mit den Apotheken. Trotz einiger Schwächen waren sie insgesamt zufrieden mit der Beratung. Dabei hoben beide hervor, dass sie sich in den Apotheken vor Ort am besten beraten gefühlt haben. „Gesamtsieger sind die Apotheken vor Ort“. Da sich eine Apotheke als „schwarzes Schaf“ erwies, appellierte der WDR zum Schluss an die Eigenverantwortung der Kunden und regte sie dazu an, aktiv die Beratung einzufordern.

Beratung häufig in der Kritik

Die Ergebnisse und Rückschlüsse des WDR stehen im Gegensatz zu den üblichen Apothekentests in öffentlichen Medien. Vor allem wenn Fernsehsender und Zeitungen die Beratungsleistung zu Themen wie Reisemedikation oder eben Erkältung untersuchen, kommen die Apotheken häufig nicht gut weg. Oft wird kritisiert, dass Apotheken unnötige Arzneimittel verkaufen und die Kunden somit abzocken. Problematisch ist bei den Tests häufig, dass nur eine Beratung auf Basis wissenschaftlicher Evidenz erwartet wird, während es in der Apothekenpraxis auch oft darum geht, den Wünschen und Erwartungen der Kunden nachzukommen.



Dr. Mathias Schneider, Apotheker, Volontär DAZ
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

WDR APO-Test für Erkältungskrankheiten

von Heiko Barz am 18.01.2018 um 12:27 Uhr

Welch ein Ergebnis!
Erkältungskrankheiten sind ad hoc zu bekämpfen. Wenn nicht die unberechenbare Lieferzeit der "Versender" im Wege stünde, würden Großteile unserer Internetbestellfreaks mit Sicherheit diese Situation preislich für sich nutzen. Dass diese Generation auf Beratung gesondert Wert legt, halte ich für übertrieben. Sprüche wie: "labern Sie mich nicht voll" sind nicht selten!
Wir sollten doch nicht nur bei diesem Themenbereich ausschließlich dem allwissenden Bremer Professor und seinen "ausgewogenen" Gesundheitstipps folgen! Ha, ha!

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WDR Apo Test

von C. Lindinger am 17.01.2018 um 18:18 Uhr

Dass ich das noch erleben darf- über vor-Ort-Apotheken wird positiv berichtet.

Was ich mich dennoch frage, welche vereinzelte Apotheke(nleitung) immer noch nicht kapiert hat, dass kommentarlose (Nicht)Beratung einfach gar nicht mehr geht.
Natürlich NIE ging!

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