Umweltschutz

Grüne Herstellung für die Pharmaindustrie

Remagen - 26.12.2017, 13:15 Uhr

Umweltfreundliche chemische Verfahren für die Herstellung von Arzneimitteln sollen die Umwelt schützen und die Kosten senken. (Foto: picture alliance/Westend61)

Umweltfreundliche chemische Verfahren für die Herstellung von Arzneimitteln sollen die Umwelt schützen und die Kosten senken. (Foto: picture alliance/Westend61)


Ein von der EU und der Industrie finanziertes Projekt hat neue umweltfreundliche chemische Verfahren für die Herstellung von Arzneimitteln entwickelt. Sie sollen nicht nur den Planeten schützen, sondern auch die Kosten für die Pharmahersteller und damit die Arzneimittelpreise für die Patienten senken.  

Die Prozesse und Chemikalien, die bei der Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden, sind oft aufwendig und verursachen eine Menge Abfall. Gegenwärtig können für die Produktion von einem Kilogramm Wirkstoff hundert Kilogramm an Material erforderlich sein. Dies ist mit enormen Investitionen in die Herstellungseinrichtungen und die Abfallentsorgung verbunden und verlangt lange Vorlaufzeiten. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern extrem teuer und kann sich deswegen auch auf die globale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auswirken. 

26 Millionen Euro für CHEM21

Um diese Situation zu verbessern, hat das von der EU und der Industrie finanzierte fünfjährige Projekt CHEM21 neue Herstellungsverfahren für die Pharmaindustrie entwickelt, mit denen der Einsatz teurer und toxischer Materialien vermindert werden soll. Dazu gehören auch umweltfreundlichere Methoden, die den Abfall reduzieren. CHEM21, ist mit fast 26 Millionen Euro ausgestattet und wurde von der Innovative Medicines Initiative (IMI), einer Gemeinschaftsinitiative der EU und der Pharmaindustrie, finanziert. Acht Länder sind an CHEM21 beteiligt: Großbritannien als Koordinator, Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und die Schweiz. 

Flucytosin sauberer und sicherer hergestellt

Das Projekt sei vielfältig und kompliziert, habe aber zu großen Erfolgen geführt, sagt Nick Turner, der Direktor des britischen Exzellenzzentrums für Biokatalyse, Biotransformation und Biokatalytische Herstellung (CoEBio3). CoEBio3 ist durch seine Verbindung mit der Universität von Manchester an dem Projekt beteiligt, einem Partner von CHEM21. „Unser Flaggschiff-Ergebnis ist die Entwicklung einer neuen, effizienteren und kostengünstigeren Methode zur Herstellung von Flucytosin", berichtet Turner. Durch den Einsatz neuer Fließchemieverfahren würden keine teuren toxischen Chemikalien und weniger Rohmaterialien benötigt, und es gebe weniger Abfall. Dies reduziere die Produktionskosten, und der Prozess werde sauberer und sicherer. „Das Antimykotikum wird zur Behandlung der häufigen und oft tödlichen fungalen Meningitis bei HIV/AIDS-Kranken eingesetzt“, fügt Turner an. „Wenn Flucytosin zu geringen Kosten hergestellt werden kann, wird es für die Menschen in Afrika leichter zugänglich und kann damit zur Verhütung von 500.000 Todesfällen pro Jahr beitragen."

Auch auf andere Arzneimittel übertragbar

Das Projekt hat auch neue, effizientere Screening-Methoden entwickelt, um mehr Enzyme zu finden, die als Biokatalysatoren für chemische Reaktionen verwendet werden können. Die Entdeckung neuer Enzyme könnte die Herstellung von Arzneimitteln ebenfalls effizienter und sicherer machen, da sie Produktionsschritte verzichtbar machen und kostspielige oder toxische Substanzen ersetzen könnten, die derzeit von der Industrie verwendet werden. Die Projektpartner hoffen, die fortentwickelten Technologien in Zukunft auch auf die Herstellung anderer Arzneimittel übertragen zu können. Turner resümiert: „Wir erwarten, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren viele weitere Vorteile realisiert werden."


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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