Arzneimittel-Lagerung

Wie gehen die Großhändler mit Kühl-Retouren um?

Berlin - 23.11.2017, 07:00 Uhr

Stimmt die Temperatur? Dokumentiert werden muss ohnehin, aber will der Großhändler das im Retourenfall auch sehen? (Foto: Schelbert / DAZ)

Stimmt die Temperatur? Dokumentiert werden muss ohnehin, aber will der Großhändler das im Retourenfall auch sehen? (Foto: Schelbert / DAZ)


Immer wieder mal muss in der Apotheke auch Kühlware retourniert werden. Für Apotheker und Großhändler kein leichtes Unterfangen, weil seit der neuen GDP-Richtlinie sehr genaue Vorgaben dafür bestehen. Eine DAZ.online-Recherche zeigt aber: Die Grossisten interpretieren diese Richtlinie unterschiedlich. Die Gehe verlangt vereinzelt sogar genaue Temperaturnachweise von den Apothekern. Wie machen es die anderen Großhändler?

Die sogenannte GDP-Richtlinie (übersetzt: „gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln“) hat die Arzneimittel-Lieferkette und insbesondere den Großhandel in Europa noch stärker reglementiert. Seit März 2013 gilt die Richtlinie, die genau vorschreibt, unter welchen Bedingungen Arzneimittel wie ausgeliefert und bewegt werden dürfen.

Ein besonderer Abschnitt in der GDP-Richtlinie ist auch den gekühlten Arzneimitteln gewidmet – und auch den sogenannten Kühl-Retouren, also Arzneimittel, die aus der Apotheke wieder an den Großhandel zurückgehen. Zu solchen Kühl-Retouren heißt es in der Richtlinie von 2013: „Arzneimittel, die eine Lagerung bei besonderen Temperaturen erfordern, dürfen darüber hinaus nur dann in den verkaufsfähigen Bestand zurückgeführt werden, wenn dokumentierte Nachweise vorliegen, dass das Produkt während des gesamten Zeitraums unter den genehmigten Lagerbedingungen gelagert wurde.“

Gehe fordert vereinzelt lückenlosen Nachweis

Eine genaue Vorgabe, wie die Großhändler überprüfen müssen, dass das Arzneimittel gekühlt die Apotheke verlässt, gibt es aber nicht. Und so interpretieren die Großhändler die Richtlinie auch unterschiedlich streng. Die Gehe schrieb in der Vergangenheit vereinzelt Apotheker an, dass man gekühlte Arzneimittel nur noch zurücknehme, wenn der Pharmazeut einen lückenlosen Nachweis der Temperaturführung seines Kühllagers vorlege. Für die Apotheker ist das ein großer Mehraufwand: Für eine Retoure müssten die Temperaturen des Kühlschrankes der letzten Stunden und Tage vorgelegt werden.

Wörtlich heißt es in dem Gehe-Schreiben: „Im gemeinsamen Interesse der Arzneimittelsicherheit ist die Gehe regulatorisch verpflichtet, die Temperaturführung bei retournierten Arzneimitteln zu überprüfen. Die Gehe unterliegt aufgrund ihrer Erlaubnis zum Großhandel einer ständigen behördlichen Überwachung.“ Anschließend erklärt der Großhändler die GDP-Richtlinie und erklärt dann weiter: „Daher ist es für eine Retoure notwendig, dass wir die Temperaturaufzeichnung Ihres Kühllagers für den Zeitraum, in dem der Artikel bei Ihnen gelagert wurde, erhalten.“

Müssen alle Apotheken die gesamte Doku vorlegen?

Auf Nachfrage von DAZ.online bei der Gehe, ob diese Nachweispflicht für alle Apotheke und alle Retouren bestehe, erklärte eine Sprecherin: „Die Anforderungen der GDP-Leitlinie wurden seit Inkrafttreten im September 2013 in unser tägliches Handeln mit aufgenommen. Seitdem werden diese Anforderungen auch verbindlich in unseren GDP-konformen Retourenprozessen umgesetzt.“ Der Nachweis zur konformen Lagerung gehöre „zur standardmäßigen Dokumentation“. Und weiter: „Das von Ihnen erwähnte Schreiben ist kein Standardschreiben, und wir setzen es nur bei unangekündigten Kühl-Rücksendungen ohne Bestätigungsvermerk einer ordnungsgemäßen Lagerung in Einzelfällen ein. Aus Gründen der pharmazeutischen Qualitätssicherung möchten wir unsere Kunden durch dieses Schreiben auf dieses Thema aufmerksam machen.“

Sind andere ähnlich streng?

Ist das Vorgehen der anderen Großhändler ähnlich strikt? DAZ.online hat nachgefragt. Ein Phoenix-Sprecher erklärte, dass es ein „ein validiertes Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung gesetzlich vorgegebener Temperaturfenster zum Einsatz“ komme, zusätzlich gebe es eigene Temperaturüberprüfungen. Genauer erklärte der Phoenix-Mitarbeiter dies aber nicht. Zum Rückgabeprozess erklärte der Sprecher:  „Im Falle der Retournierung von Arzneimitteln, die gekühlt werden müssen, avisiert die zurückgebende Apotheke gegenüber Phoenix die Rückgabe der Kühlware. Daraufhin erhält die Apotheke für die Rücksendung eine spezielle Kühl-Wanne mit Kälte-Akkus. Dort hinein legt der Apotheker die Kühlware und gibt sie dem wartenden Fahrer mit. Bei Rückgabe von Kühlwaren bestätigt der zurückgebende Apotheker, dass er die betreffende Ware ordnungsgemäß gelagert und insbesondere, diese seinen Verantwortungsbereich nicht verlassen hat. Er bestätigt dies als Angehöriger der Fachkreise Apotheker/Pharmazeuten mit seiner Unterschrift auf dem Rückgabedokument. Bei Nichterfüllung auch nur eines der oben angeführten Kriterien wird die Rückgabe der Ware bzw. Kühlware konsequent abgelehnt.“ Also: Strikte Anweisungen, aber die Unterschrift des Apothekers genügt.

Das fordern Alliance, Noweda, Sanacorp und AEP 

Und auch bei Alliance Healthcare läuft es ähnlich, allerdings gibt es wohl ein Extra-Formular für die Apotheker. Eine Sprecherin dazu: „Bei allen Arzneimittelretouren muss der Kunde die Verkehrsfähigkeit bestätigen. Bei Kühlretouren gibt es zusätzlich ein separates Formularwesen. Zunächst muss der Kunde die Rücknahme mit einem Formular schriftlich anfragen. Es wird bei uns geprüft und dem Kunden eine vorbereitete Kühlbox geliefert. In der ‚Retourenkühlbox‘ ist dann mit einem weiteren ausgefüllten Formular die Bestätigung der Verkehrsfähigkeit und der Verlauf während des Retourenvorganges mit Datum und Uhrzeiten dokumentiert.“

Die Sanacorp verhält sich folgendermaßen: „In diesem Falle meldet unser Kunde diese Retoure bei seiner Niederlassung an. Dementsprechend wird eine entsprechende Kühlbox vorbereitet, die der Fahrer bei der nächsten Tour zur Abholung des Arzneimittels mitnimmt. Mit der Rückgabe der Ware muss vom Apotheker auch eine von ihm unterzeichnete Verkehrsfähigkeitserklärung abgegeben werden, die unter anderem auch die richtige Lagerung beinhaltet. Beim Eintreffen der Ware in der Sanacorp-Niederlassung wird die Temperatur zusätzlich geprüft und auch dokumentiert.“

Auch bei der Noweda reicht Bestätigung des Apothekers

Und die Noweda verlässt sich ebenfalls auf die Aussage des Apothekers. Eine Sprecherin der Noweda gegenüber DAZ.online: „Auf jedem Retourenschein befindet sich folgende Selbsterklärung, die in der Apotheke unterschrieben werden muss: „Ich bestätige, dass die hier aufgeführten und anliegend zurückgegebenen Waren verkehrsfähig im Sinne des Arzneimittelgesetzes bzw. des Lebensmittelgesetzes sind, vom Arzneimittelgroßhandel bezogen und seit der Lieferung ordnungsgemäß gelagert und gehandhabt wurden, insbesondere meinen Verantwortungsbereich nicht verlassen haben." Die Sprecherin erklärte zudem: "Der Retourenprozess ist bei Noweda ins QM-System eingebunden und die Rückgabe von kühlpflichtigen Artikeln muss von der Apotheke angemeldet werden. Zusätzlich werden Annahmezeitpunkt und Eingangstemperatur jeder Kühlretoure dokumentiert.“

Ein AEP-Sprecher antwortete knapp: „Der Apotheker muss schriftlich bestätigen, dass die Ware die gesamte Zeit ununterbrochen in der Kühlkette war.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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