Neu bei DAZ.online: Retax-Quickie

Wann muss die Apotheke den Hersteller-Rabatt beachten?

Stuttgart - 28.09.2017, 07:00 Uhr

Herstellerrabatt und Preisanker bei Original- und Import-Arzneimitteln: Wie geben Apotheker retaxsicher ab? (Foto: waldemarus / stock.adobe.com)

Herstellerrabatt und Preisanker bei Original- und Import-Arzneimitteln: Wie geben Apotheker retaxsicher ab? (Foto: waldemarus / stock.adobe.com)


Leider kann man sich in der Apotheke nicht nur der Beratung widmen, sondern muss sich auch mit allerlei Formalien herumschlagen, die mal mehr und mal weniger nachvollziehbar sind. Im „Retax-Quickie“, der in Zukunft im Wechsel mit dem „Beratungs-Quickie“ erscheinen wird, stellen wir Ihnen Fallstricke, Besonderheiten und Absurditäten vor. Diese Woche geht es darum, wann die Apotheke den Hersteller-Rabatt beachten muss.

Herstellerrabatte sind in § 130 a des SGB V geregelt. Es gibt sie sowohl für patentgeschützte als auch für generische Arzneimittel. Sie sind eine Vereinbarung zwischen den Kassen und den Herstellern. Zwischen diesen beiden werden sie auch abgerechnet.

Bei der Abgabe kommt die Apotheke meist nicht merklich damit in Berührung. Sie hat lediglich die Funktion einer Art Inkassostelle. Der Rabatt wird als durchlaufender Posten von den Apotheken unter Zuhilfenahme der Abrechnungszentren an die Krankenkassen weitergeleitet. Die Hersteller erstatten ihn dann zurück.

In einer Situation muss sich die Apotheke allerdings aktiv damit befassen, welchen Rabatt der Hersteller der Kasse geben muss. Nämlich beim Preisvergleich zwischen Original und Import und wenn es um die Auswahl des preisgünstigsten Imports geht. In diesen Fällen ist nicht der Apothekenverkaufspreis (AVP) maßgeblich, sondern der Netto-Verkaufspreis. Das ist der um den Herstellerrabatt bereinigte AVP. Legt man diesen zugrunde kann unter Umständen das Original auch günstiger sein als manche Importe, obwohl das dem AVP nach, nicht der Fall war. In der Software kann man sich den Netto-VK in einer zusätzlichen Spalte anzeigen lassen.

Achtung: Preisanker bei Original- und Import-Arzneimitteln

Was bedeutet das für die Praxis? Erst einmal gilt die übliche Regel: Rabattverträge stechen alles. Ist es möglich, ein rabattiertes Arzneimittel abzugeben, spielt der Herstellerrabatt für die Abgabe keine Rolle. Retaxiert die Kasse diesen bei Abgabe des Rabattartikels, was laut dem DeutschenApothekenPortal immer wieder vorkommt, ist das nicht rechtens.

Anders ist die Lage, wenn kein rabattiertes Präparat abgegeben werden kann – sei es, weil kein Vertrag existiert oder ein rabattierter Import oder das Original nicht verfügbar sind. Grundsätzlich darf das abgegebene Arzneimittel dann nicht teurer sein als das verordnete – der sogenannte Preisanker. Konkret heißt das:

  • Original verordnet: Original oder Import, der nicht teurer ist, können abgegeben werden;
  • Import eines bestimmten Importeurs verordnet: Original oder Importe können abgegeben werden, sofern diese bezogen auf den Netto-VK nicht teurer sind

Ist ein Import ohne Angabe eines bestimmten Importeurs verordnet (also Handelsname plus Vermerk Import), wird die Preisgrenze in der Regel durch den teuersten Import festgelegt. Dann hat man freie Auswahl unter den Importen. Ist das Original günstiger als der teuerste Import kann auch das abgegeben werden. Allerdings können manche Regionalverträge hier abweichende Regeln haben.

Import-Arzneimittel nicht lieferbar?

Was aber tut man, wenn nur teurere Importe oder das teurere Original lieferbar sind? Im Arzneiversorgunsgvertrag der Ersatzkassen ist das geregelt. Nach Rücksprache mit dem Arzt kann dann auch ein nach Netto-VK teureres Präparat abgegeben werden. Die Apotheke muss dies auf dem Rezept dokumentieren, und zwar mit Unterschrift, Datum und dem Aufdruck der Sonder-PZN mit dem Faktor 3, „preisgünstiger Import nicht lieferbar“. Zudem empfiehlt das DAP die Nichtlieferbarkeit in der Apotheke zu dokumentieren und zu archivieren. Eventuell bestehende Regelungen in den Regionalverträgen gilt es zu prüfen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Zusatzstudium- Verwaltungsrecht?

von Heiko Barz am 28.09.2017 um 11:38 Uhr

Wann wird endlich ein pharmazeutisch unterlegtes Jurastudium mit Richtung Verwaltungsrecht dem Pharmaziestudium beigefügt?
Für wieviele Leistungen werden die Apotheker noch im Rahmen der Beratungsgebühr zum finanziellen Wohl der KKassen unbezahlt herangezogen?
Wie verhält sich diese, wie oben beschriebene Arbeitsbelastung, zum Pflichtrabatt (1.77€ ) ?
Unsere Verbände müssen den Kassenfunktionären eine massive Gegenrechnung aufmachen, die zum Ablass dieses Zwangsrabattes führt.
Wir brauchen einen Pharmazie - Luther!
Es ist schon bitter, und ich kenne keinen Vergleich aus der Wirtschaft, dass eine ideelle Beratungsleistung "rabattiert" werden kann.
Die, in der Verhandlung mit den KKassen, aufgezwungene Rabattierung auf unsere Beratungsgebühr ist nun eine ganz besondere und auszeichnungswürdige Leistung der Apothekenverhandler.
Natürlich muß bedacht werden, dass zum Zeitpunkt dieser Verhandlungen das Gespenst des Fremd-und Mehrbesitzes massive Depressionen bei den Apothekenverhandlern hervorriefen, dass sie froh waren, diesen Rabattvorgang so erledigt zu haben.
Niemanden interessiert heute noch diese Opferbereitschaft der Deutschen Apotheker, denn, wie wir sehen, stehen wir heute genau vor dem gleichen Kasus mit weitaus geringeren Angleichmöglichkeiten.

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