Kommunen in bayern

Mit „Digitalen Einkaufsstädten“ gegen die großen Onlinehändler 

Pfaffenhofen / Düsseldorf - 01.09.2017, 17:30 Uhr

Apotheker Georg Schultes (Bildmitte) ist mit seiner Apotheke beim lokalen Online-Portal für Pfaffenhofen dabei. (Foto: Johannis- Apotheke)

Apotheker Georg Schultes (Bildmitte) ist mit seiner Apotheke beim lokalen Online-Portal für Pfaffenhofen dabei. (Foto: Johannis- Apotheke)


Im Kampf gegen die großen Online-Portale gehen Einzelhändler an vielen Orten in Deutschland neue digitale Wege. Die drei bayerischen Gemeinden Coburg, Günzburg und Pfaffenhofen sind Modellkommunen der „Digitalen Einkaufsstadt Bayern“. Apotheker Georg Schultes ist in Pfaffenhofen von Beginn an dabei. 

„‘Digitale Einkaufsstadt‘ – mit dem Begriff konnte ich auch zunächst mal nichts anfangen“, sagt Apotheker Georg Schultes. In der beschaulichen 25.000-Einwohner-Stadt Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern, rund 50 Kilometer nördlich von München, besitzt er die St. Johannis Apotheke. Wie viele Apotheker in Deutschland sieht auch Schultes sich der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet – der großen Versandapotheken – ausgesetzt. Der Apotheker aber will weder aufgeben noch mit einer eigenen Versandapotheke dagegenhalten – vielmehr ist er bislang der einzige Apotheker, der sich in Pfaffenhofen am Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt“  beteiligt.

Aber was verbirgt sich hinter diesem, wie Schultes selber sagt, abstrakten Begriff? „Es geht dabei nicht darum, noch einen Online-Marktplatz aufzubauen. Es gibt ja bereits die großen Online-Händler und auch Online-Apotheken“, erklärt Schultes. Vielmehr gehe es darum, dem lokalen Handel vor Ort in der digitalen Welt des Internets ein Gesicht zu geben, zu zeigen, dass „man da sei“. „Mit dem lokalen Online-Portal für Pfaffenhofen ‚Besser Daheim‘ gibt es sowas wie ein Schaufenster der Geschäfte hier, dass man sich von zu Hause aus ansehen kann“, sagt er. Man benutze das digitale Online-Portal sozusagen als Einstieg in die analoge Innenstadt. 

Online informieren und lokal einkaufen

„In dem Portal können die Menschen sehen, welche Produkte es hier vor Ort gibt, die man auch direkt hier kaufen kann“, sagt Schultes. Von Seiten seiner Apotheke her seien das etwa natürlich rezeptfreie Medikamente, aber auch zum Beispiel besondere Kosmetik und Ähnliches aus der Freiwahl. So könnten sich die Kunden online informieren und dann vor Ort kaufen. Damit bekomme man das Gewünschte unter Umständen sogar schneller, als wenn die Kunden es sich erst vom Online-Händler liefern ließen.

Erst seit Kurzem ist das Portal „Besser daheim“ online und die St. Johannis-Apotheke dabei bislang die einzige dort vertretene, von sieben Apotheken in der Stadt. Als Pionier sieht sich Schultes aber nicht direkt. „Ich engagiere mich auch ansonsten für die Innenstadt, etwa in der Interessengemeinschaft, und so bin ich halt von Anfang an dabei“, sagt er.

„Apotheker müssen den Fuß in der digitalen Welt behalten“

Pfaffenhofen ist dabei eine von drei Modellkommunen in Bayern, die an dem Projekt „Digitale Einkaufsstadt Bayern“ teilnehmen. Auch in Günzburg und Coburg gibt es ähnliche Portale, gefördert und ins Leben gerufen vom Wirtschaftsministerium des Bundeslandes. Aus drei Dutzend Bewerbern setzten sich die drei Kommunen mit ihren Projekten dabei durch. Beraten von Experten sind die Kommunen sozusagen Versuchskaninchen und Forscher in einem, mit dem Ziel, herauszufinden, wie digitaler und stationärer Handel miteinander kombiniert werden können. Dabei sind die beteiligten Einzelhändler mit eigenen „digitalen Visitenkarten“ in dem Portal vertreten und können besondere Angebote und Dienstleistungen präsentieren. Betreiber der Plattformen sind dabei die Kommunen oder städtische Gesellschaften wie in Pfaffenhofen die Wirtschafts- und Servicegesellschaft für die Stadt Pfaffenhofen (WSP).

„Ich glaube, dass wir auch weiter in einer digitalisierten Welt leben werden und dass die Digitalisierung voranschreitet“, sagt Schultes. Dabei müsse es für die Einzelhändler – darunter auch die Apotheker – vor Ort Möglichkeiten geben, den Fuß in der digitalen Welt zu behalten und sich zu zeigen. „Mit 08/15-Webseiten ist es dabei nicht getan. Solche Portale wie ‘Besser Daheim‘ sind dagegen einfach gute Multiplikatoren“, sagt er. Natürlich solle der Kunde dann auch Waren bestellen oder zurücklegen können. „Aber es soll eben nicht zu einer weiteren Online-Handelsplattform werden.“ Die Kunden sollten dann vielmehr zum eigentlichen Einkauf in die Innenstädte gehen.

Apotheken sind bei den lokalen Portalen noch wenig vertreten

„Mit ‘Besser daheim‘ wollen wir natürlich den Geschäften eine bessere Präsenz im Netz ermöglichen. Ein lokaler Marktplatz ist es aber schon“, ergänzt Philipp Schleef, Projektmanager für das Projekt besser daheim bei der WSP. „Wenn wir jemandes Produkte online einsehbar machen, kann der Pfaffenhofener, der in München arbeitet und es nicht zu dessen regulären Öffnungszeiten ins Geschäft schafft, trotzdem bei demjenigen einkaufen, sogar mit taggleicher Lieferung im Stadtgebiet. Diese Funktion ist ein riesiger Vorteil gegenüber allen anderen Lösungen, die es bisher so gibt.“

Auch in anderen Städten in Deutschland wird mit solchen lokalen Online-Plattformen experimentiert. Der Anbieter atalanda.com, bei dem auch Pfaffenhofen sein Portal aufgebaut hat, verwaltet allein elf weitere Städte: mittlere wie Attendorn oder Bedburg in Nordrhein-Westfalen, aber auch Großstädte wie Dortmund, Hamburg und Wuppertal. Auch Günzburg setzt auf den Anbieter. Apotheken stellen dabei aber eher eine Minderheit unter den so online präsenten Vor-Ort-Händlern.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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