USA

Schärfere Beschränkungen für Tramadol und Codein 

Stuttgart - 24.04.2017, 15:00 Uhr

Auch in den USA kein Codein mehr für Kinder, in Deutschland ist der Wirkstoff schon länger kontraindiziert. (Foto: detailblick-foto / Fotolia)

Auch in den USA kein Codein mehr für Kinder, in Deutschland ist der Wirkstoff schon länger kontraindiziert. (Foto: detailblick-foto / Fotolia)


Nicht bei Kindern unter zwölf Jahren und nicht bei Müttern, die stillen: Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat die Anwendung von Codein bei Husten und Schmerzen sowie von Tramadol bei Schmerzen weiter eingeschränkt. Das Risiko für schwerwiegende oder sogar tödliche Nebenwirkungen, wie Atembeschwerden, sei bei unter Zwölfjährigen besonders hoch, so die Begründung

Die FDA schränkt die Anwendungsgebiete Codein- und Tramadol-haltiger Arzneimittel weiter ein. Hintergrund sind schwere, teilweise sogar tödliche Nebenwirkungen, die bei der Einnahme dieser Wirkstoffe auftreten können, darunter Atemdepressionen. Das Risiko für solche schweren Zwischenfälle scheint bei Kindern untern zwölf Jahren besonders hoch zu sein. Beide Wirkstoffe sind Prodrugs, die über CYP-Enzyme zu ihren wirksamen Metaboliten verstoffwechselt werden. Bei ultraschnellen Metabolisierern können daher erhöhte Plasmakonzentrationen der aktiven Metaboliten auftreten, wodurch Kinder wegen ihres variableren CYP-Stoffwechsels stärker gefährdet sind. 

So dürfen diese Arzneimittel in Zukunft in dieser Altersgruppe in Zukunft gar nicht mehr eingesetzt werden – nicht bei Schmerzen und Codein auch nicht mehr gegen Husten. Bislang galt diese Einschränkung für Codein nur für Kinder nach einer Polypen- oder Mandel-OP, da nach diesem Eingriff das Risiko für schwere Nebenwirkungen offenbar erhöht ist. Das erklärt auch eine weitere Kontraindikation für Tramadol: Das Opioid darf nach der operativen Entfernung der Mandeln oder von Polypen bei unter 18-jährigen nicht mehr eingesetzt werden. 

Vorsicht auch bei Übergewicht und Schlafapnoe

Darüber hinaus wird es einen zusätzlichen Warnhinweis geben. Dieser rät vom Einsatz von Tramadol- und Codeinhaltigen Arzneimitteln auch in der Altersgruppe von 12 bis 18 Jahren grundsätzlich ab, wenn die Kinder stark übergewichtig sind oder unter Grunderkrankungen leiden, die das Risiko für schwere Atemprobleme erhöhen könnten, beispielsweise Schlafapnoe oder schwere Lungenerkrankungen.

Zusätzlich wird der Warnhinweis, dass Mütter ihre Kinder nicht stillen sollten, wenn sie Tramadol oder Codein einnehmen, verschärft. Denn durch die Aufnahme über die Muttermilch könnten beim gestillten Kind unerwünschte Wirkungen auftreten, befürchtet die FDA. 

Codein für Kinder in Deutschland schon seit 2015 tabu

In Deutschland sind seit 2015 alle Codein-haltigen Antitussiva bei Kindern unter zwölf Jahren kontraindiziert. Diese Einschränkung ist das Ergebnis eines europäischen Nutzen-Risiko-Bewertungsverfahrens. Die Initiative dafür kam aus Deutschland. Die EMA kam dabei ebenso wie die FDA zu dem Schluss, dass bei jungen Patienten das Risiko für schwere Nebenwirkungen besonders groß sei. Durch den aktiven Metaboliten Morphin bedingte unerwünschte Wirkungen wie die gefürchtete Atemdepression träten zwar in allen Altersgruppen auf, bei Kindern unter zwölf sei der Abbau aber besonders schlecht vorhersagbar, hieß es damals. Die Anwendung von Codein gegen Schmerzen war aus diesem Grund zuvor schon massiv eingeschränkt worden. Und auch vom Einsatz bei stillenden Müttern rät die europäische Aufsichtsbehörde generell ab. Einzelne Hersteller haben Aufgrund dieser Altersbeschränkung auf ihre Zulassungen verzichtet.

Tramadol kann laut Packungsbeilage ab einem Alter von einem Jahr eingesetzt werden. In der Stillzeit sollte Tramadol laut Zulassung nicht eingenommen werden. Ist der Einsatz erforderlich, empfehlen die Hersteller das Stillen während einer Behandlung mit Tramadol unterbrochen werden. Bei einmaliger Anwendung von Tramadol hält man eine Unterbrechung des Stillens in der Regel für nicht erforderlich.

Laut Embyrotox in Notfall in der Stillzeit vertretbar

Letzte Auffassung teile auch die Experten von Embryotox. Dort heißt es, Tramadol sei eine Alternative – sollten Paracetamol und Ibuprofen nicht ausreichen – und bei Einzeldosen sehe man keine Notwendigkeit, das Stillen einzuschränken. Bei Tramadol sei der Übergang in die Muttermilch gering, heißt es – 0,1 Prozent sind es. Bei längerer Therapie müsse jedoch eine gute Beobachtung des Säugling gewährleistet sein. Vorsicht sie jedoch bei Kindern mit Apnoeneigung geboten, heißt es. Berichte über Symptome beim gestillten Säugling liegen dort allerdings nicht vor

Auch den kurzzeitigen Einsatz von Codein als Antitussivum halten die Embryotox-Experten bei zwingender Indikation für möglich. Bei Schmerzen sollte Ibuprofen bevorzugt werden, aber eine zwei bis dreitägige Behandlung mit Codein plus Paracetamol sei vertretbar. Doch auch hier gilt die Einschränkung mit der Apnoeneigung.  



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Tramadol im Auslandsurlaub

von J.B. am 08.05.2018 um 12:14 Uhr

Ich bin Schmerzpatientin und auf Tramadol eingestellt. Wenn ich nun die USA reisen möchte, was wird benötigt, damit ich keine Probleme bekomme und mein Medikament mitnehmen kann?

Ist dazu ein bestimmtes Dokument seitens meiner Ärztin notwendig? Bei uns in Deutschland ist Tramadol kein BtM-Medikament, daher die Frage.

Das im Ausland teilweise anders verfahren wird und Tramadol kritischer eingestuft wird, habe ich zuletzt in Sachen Ägypten mitbekommen.

Danke schon einmal für informative Antworten.

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