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DAZ.online-Themenwoche Rabattverträge
Pro Generika sieht keinen Grund zum Feiern
Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen gehören heute zum Alltag. Doch auch nach zehn Jahren Erfahrung können sich die im Branchenverband Pro Generika zusammengeschlossenen Unternehmen nicht mit den Verträgen anfreunden. Wo sehen sie die Hauptknackpunkte?
Anlässlich unserer Themenwoche „10 Jahre Rabattverträge“ haben wir bei Pro Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer nachgefragt, wie sein Verband zu dem Jubiläum steht. Pro Generika hatte sich im Jahr 2004 gegründet, nachdem sich größere Generika-Anbieter wie Stada, Ratiopharm und Sandoz nicht mehr ausreichend durch den damals noch existierenden „Deutschen Generikaverband“ vertreten sahen. Letzterer, in dem die kleineren Unternehmen verblieben, löste sich nach einer längeren Phase des Rückzugs im Jahr 2012 offiziell auf – nicht zuletzt aufgrund der Konzentrationsprozesse im Markt infolge der Rabattverträge. Doch auch die im Markt verbliebenen Unternehmen haben offensichtlich keinen Frieden mit den Rabattverträgen geschlossen. Warum?
Bork Bretthauer erklärt dies anhand von „5 Fakten“:
1. Wettbewerb entsteht durch Wettbewerber – nicht durch Rabattverträge
Dinge werden bekanntlich nicht dadurch richtiger, dass man sie ständig wiederholt. Rabattverträge können, anders als manche Krankenkasse noch immer postuliert, nicht für mehr Wettbewerb sorgen, vielmehr kann man sie erst einsetzen, wenn es bereits Wettbewerber gibt. Zahllose Beispiele aus dem patentgeschützten Arzneimittelmarkt zeigen, dass Rabattverträge nur geschlossen werden, wenn eine Wettbewerbssituation vorhanden ist (zum Beispiel durch Reimporteure) oder diese sich abzeichnet (zum Beispiel durch den Markteintritt von Generika / Biosimilars).
2. Die Zahl der Generikaanbieter geht seit Jahren zurück
Rabattverträge setzen das Vorhandensein von Wettbewerb und Wettbewerbern also voraus. Das Berliner IGES Institut untersucht seit Jahren regelmäßig, wie sich der Generikawettbewerb in Deutschland entwickelt. Ergebnis: Seit 2006 geht die Zahl der Anbieter in allen untersuchten Generikamärkten zurück. Das bedeutet nicht, dass der Markt an sich nicht wettbewerbsintensiv ist. Es bedeutet aber, dass immer mehr Generikaunternehmen genau abwägen, ob sie nach einem Patentablauf in den Wettbewerb eintreten. Und dass sich immer mehr dagegen entscheiden.
Konzentration und Marktverengung führen zu Engpässen
3. Die Konzentration nimmt vor allem in den Wirkstoffmärkten immer stärker zu
Zudem finden die eigentlichen versorgungsrelevanten Konzentrationseffekte in den einzelnen Wirkstoffmärkten statt. Wir haben es also nicht allein mit einer Abnahme der Anbieter insgesamt zu tun, sondern vor allem mit der Tatsache, dass bei zahlreichen und gerade auch bei besonders versorgungsrelevanten Wirkstoffen die Verantwortung für die gesamte Versorgung auf nur sehr wenigen Unternehmen ruht.
4. Alles hat
seinen Preis: Kostendruck beschleunigt Marktverengung, die bei Experten als
wesentliche Ursache für das Auftreten von Arzneimittelengpässen gilt
Rabattverträge haben den Prozess – immer weniger Anbieter eines bestimmten Wirkstoffs – stark beschleunigt. Der Kostendruck, der in Deutschland vor allem durch Rabattverträge befeuert wird, zieht sich über die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Wirkstoffhersteller. Dies geht soweit, dass bestimmte Wirkstoffe Deutschland nicht mehr erreichen, weil Wirkstoffhersteller angesichts weltweiter (Ressourcen-)Knappheit andere Länder bevorzugt beliefern. Hinzu kommt, dass durch den immensen Kostendruck auch die Konzentration auf der Ebene der Wirkstoffhersteller voranschreitet. Fällt einer aus, können die verbliebenen den Mehrbedarf nicht decken.
5. Das AMVSG verschärft das Problem: Ausgerechnet lebenswichtige Krebsmedikamente werden jetzt auch dem Rabattvertragssystem unterworfen
Das alles ist im Prinzip mittlerweile bekannt, und unabhängige Experten wie Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig von der AkdÄ oder Fachgesellschaften wie die DGHO verweisen auf den Kostendruck und die schädlichen Folgen für die Versorgung. Umso unverständlicher, dass die große Koalition die Rabattverträge für Impfstoffe mit explizitem Verweis auf Lieferprobleme abschafft, aber im selben Gesetz die Rabattverträge für Zytostatika einführt. Prof. Dr. Gerd Glaeske sagte einmal, benötigten Rabattverträge analog zu Arzneimitteln eine Zulassung, man würde sie heute wegen ihrer negativen Nebenwirkungen nicht mehr „zulassen“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
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