Interview Günther Hanke

„Es kann nicht in allen Gemeinden eine Apotheke geben“

Berlin - 22.02.2017, 11:30 Uhr

Neuer Vorschlag: Weil es in Baden-Württemberg immer mehr Ortschaften ohne Apotheke gibt, schlägt Kammerpräsident Dr. Günther Hanke eine Bedarfsanalyse vor. (Foto: LAK BW)

Neuer Vorschlag: Weil es in Baden-Württemberg immer mehr Ortschaften ohne Apotheke gibt, schlägt Kammerpräsident Dr. Günther Hanke eine Bedarfsanalyse vor. (Foto: LAK BW)


Bedarfsanalyse: ja, Bedarfsplanung: nein

DAZ.online: Als Reaktion auf diese verschlechterte Versorgungslage hatten Sie kürzlich in einem Interview eine Bedarfsanalyse für Landregionen vorgeschlagen. Bei den Worten „Bedarfsanalyse“ und „Bedarfsplanung“ läuten bei vielen Apothekern ja eigentlich die Alarmglocken…

Hanke: Zunächst habe ich in dem Gespräch die Entwicklungen seit der Einführung der Niederlassungsfreiheit 1958 nachgezeichnet. Vorher bestand nämlich eine Bedarfsprüfung, die durch höchst richterliche Entscheidung gekippt wurde. Danach gab es eine Welle von Neugründungen, natürlich sehen auch wir den Trend der Apothekenschließungen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sehen wir uns in der Pflicht darauf zu achten, dass auch die Menschen auf dem Land angemessen versorgt werden. Die bereits angesprochenen Rezeptsammelstellen sind hier ein wichtiges Instrument. Wenn wir zu unseren ärztlichen Kollegen schauen, sehen wir, wie hier die Politik aktiv wird, um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Keine Bedarfsplanung, aber eine Bedarfsanalyse

DAZ.online: …und bei den Medizinern gibt es nun einmal eine Bedarfsplanung, die von den Kassen und Ärzten gemeinsam gestaltet wird. Welche Funktion könnte eine solche Bedarfsanalyse im Apothekenmarkt denn erfüllen?

Hanke: Eine Bedarfsanalyse könnte aufzeigen, wo es zusätzlichen Handlungsbedarf gibt. Derzeit erfahren wir in der Regel erst über die Kollegen vor Ort, dass es Engpässe gibt. Und das insbesondere dann, wenn uns ein Antrag zur Errichtung einer Rezeptsammelstelle erreicht. Damit übernehmen wir als Kammer eine sehr passive Rolle. Ich würde mir aber wünschen, dass wir die Probleme bereits erkennen, bevor sie eintreten. Dabei kann eine Bedarfsanalyse helfen.

DAZ.online: Aber der zweite Schritt nach einer Bedarfsanalyse ist doch in der Regel dann auch die Bedarfsplanung. Sie wollen also eine Analyse ohne anschließende Planung?

Hanke: Eine Bedarfsplanung gab es hierzulande ja bis 1958. Hier können die Uhren nicht einfach zurückgedreht werden. Einer strikten Bedarfsplanung kann ich als Freiberufler auch nicht viel abgewinnen. Was aber erlaubt sein muss, ist der Blick zu unseren ärztlichen Kollegen. Hier lässt sich die Politik viel einfallen und investiert, um Ärzte in den ländlichen Raum zu bringen. Das wäre auch für Apotheken denkbar.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

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von Uwe Hüsgen am 22.02.2017 um 19:29 Uhr

Die bei den (Vertrags-)Ärzten zwecks flächendeckender Sicherstellung der Versorgung in die Wege geleiteten Maßnahmen sind (noch) nicht ohne weiteres auf die Apotheken übertragbar, weil die Organisationsstrukturen (KV versus Verband mit freiwilliger Mitgliedschaft) zu unterschiedlich sind.

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AW: Versorgungs- versus

von Bernd Küsgens am 23.02.2017 um 11:44 Uhr

Herr Hüsgen hat Recht: Solange jeder Bürgermeister, jeder Krankenkassenangestellter und jeder Bundestagsabgeordneter sich zu diesem Thema äußern, bzw. seine persönliche Meinung absondern kann ohne unser System zu kennen, solange haben wir amerikanische Verhältnisse. Ich halte es mit Dieter Nuhr: "Wenn ich keine Ahnung habe, Schnauze halten". Aber das setzt voraus, dass ich erkannt habe, dass ich anerkenne, das ich weiß, das ich nichts weiß.

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