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Nahrungsergänzungsmittel
Sehen aus wie Arzneimittel, sind aber keine
Nahrungsergänzungsmittel sind ein lukrativer Markt. Dabei profitieren die Anbieter vielfach von der Nähe der Produkte zu den Arzneimitteln. Äußerlich ist der Status für den „nicht Eingeweihten“ oft schlecht zu erkennen. Hierüber regt sich zunehmend Unmut, bei den Verbraucherschützern und auch bei der Konkurrenz im Arzneimittelsektor.
Gesundheitsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen oder auch auf pflanzlicher Basis sind bei den Verbrauchern sehr beliebt. Nach Angaben der Verbraucherzentralen geben die Bundesbürger jährlich mehr als eine Milliarde Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Und das, obwohl der Großteil der Bevölkerung Deutschlands heutzutage mit Nährstoffen ausreichend versorgt sein soll. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bezeichnet den Markt in den letzten Jahren als „sehr innovationsfreudig“. So werden beim BVL jährlich etwa 5.000 Nahrungsergänzungsmittel neu angezeigt.
Nahrungsergänzungsmittel
(NEM, food supplements) sind
Konzentrate von Nährstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen) oder „sonstigen
Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“. Sie werden in
Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten oder auch als Pulver oder Saft in den
Verkehr gebracht, sehen also meistens aus wie Arzneimittel. Das ist wohl auch
beabsichtigt. Neueren Umfragezahlen des Marktforschungsinstituts Forsa zufolge
glauben 47 Prozent der Verbraucher, dass NEM wie Medikamente auf Wirksamkeit
und Sicherheit geprüft seien. Das „hebt“ ihren Status, trifft jedoch keineswegs
zu. Während Arzneimittel ein
aufwändiges Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, reicht bei Nahrungsergänzungsmitteln
eine Anzeige beim BVL. Die Hersteller haben es also mit der Vermarktung
erheblich leichter.
Was darf drin sein?
Welche Vitamine und Mineralstoffe als Zutaten in Nahrungsergänzungen verwendet werden dürfen, ist ziemlich genau vorgeschrieben. Für die „sonstigen Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung“, dazu zählen Kategorien wie Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Ballaststoffe und auch verschiedene Pflanzen und Kräuterextrakte, gilt das leider nicht. Deswegen hat sich hier eine erhebliche Grauzone entwickelt. Ein kritischer Blick auf die Produkte kann allenthalben nicht schaden. Hinzu kommt, dass in Supermärkten oder Drogerien zunehmend Gesundheitsmittel verkauft werden, deren Verwendung als Lebensmittel in Deutschland neu ist, wie etwa Zubereitungen aus exotischen Pflanzen oder Produkten aus dem Bereich der ayurvedischen oder der traditionellen chinesischen Medizin.
Das Korsett der „Health Claims-Verordnung“
Für Gesundheitsmittel wird oft mit besonders „blumigen“ und weitreichenden „Wirkversprechen“ geworben. Dabei sind die zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben EU-weit streng reglementiert, und zwar durch die sogenannte „Health Claims Verordnung“ (HCV). Hiernach sind gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind explizit erlaubt. Nach dem Inkrafttreten der Verordnung wurden die Produkte auf den Märkten der EU-Mitgliedstaaten in einem aufwendigen Verfahren durchforstet. Als Ergebnis dieses Prozesses dürfen viele „angestammte“ positive Wirkaussagen bei Nahrungsergänzungsmitteln seit einigen Jahren nicht mehr verwendet werden. Ein Beispiel hierfür betrifft L-Carnitin: Zur Steigerung der Fettverbrennung, schnellere Regeneration nach sportlicher Betätigung. Eine interaktive Datenbank, die über die Website der EU-Kommission zugänglich ist, gibt Auskunft darüber, was erlaubt und was verboten ist.
Beurteilung der Botanicals in der Warteschleife
Die Überprüfung der gesundheitsbezogenen Aussagen (health claims), die sich auf Pflanzen und Pflanzenzubereitungen („Botanicals“) beziehen, wurde in dem europäischen Aufarbeitungsprozess zunächst zurückgestellt. Sie ruht seither, sehr zum Ärger der Hersteller der entsprechenden pflanzlichen Arzneimittel. Für sie ist aus dieser Verzögerung ein erheblicher Wettbewerbsnachteil entstanden. Während sie ihre Indikationen über das Zulassungsverfahren belegen mussten, dürfen die Anbieter der Nahrungsergänzungen mit „botanicals“ ihre Produkte weiter mit den bisherigen Claims in den Verkehr bringen, bis diese überprüft worden sind. So sehen es die Übergangsbestimmungen vor. Und das kann noch dauern. „Seit 2010 ist die im europäischen Recht vorgesehene Prüfung bei Pflanzen aus nicht nachvollziehbaren Gründen ausgesetzt“, beklagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Herstellt (BAH) Martin Weiser in einer Pressemitteilung. Sein Verband reklamiert eine konsequente Umsetzung der Health-Claims-Verordnung. „Nur so kann der Verbraucher vor Irreführung geschützt werden.“ glaubt Weiser.
Zulassungspflicht gefordert
Auch
den Verbraucherschützern ist der florierende Markt, der die zum Teil falschen
Vorstellungen der Verbraucher bezüglich der Produkte weidlich ausnutzt, ein
Dorn im Auge. Die Verbraucherzentralen
fordern sogar eine „Zulassungspflicht mit einer Sicherheitsprüfung für
Nahrungsergänzungsmittel.“
Verwirrspiel mit Absicht? Viele Gesundheitsmittel sehen aus wie Arzneimittel, sind aber keine
Nähere Infos gibt es auch in dem neuen Online-Informationsportal der Verbraucherzentralen klartext-nahrungsergänzung.de.
3 Kommentare
NEM und Vegetarismus
von Julia am 24.04.2017 um 13:16 Uhr
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innovationsfreudig
von Stefan Rieseberg am 27.01.2017 um 10:34 Uhr
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NEM
von Volker Schmitz am 26.01.2017 um 16:59 Uhr
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