Wahlen an der Apotheker-Spitze

Die ABDA und ihr Problem mit der Frauenquote

Berlin - 19.07.2016, 07:00 Uhr

Last woman standing: Claudia Berger, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, will nicht mehr für die DAV-Spitze kandidieren. Die NachfolgerInnen suche gestaltet sich schwierig. (Foto: ABDA)

Last woman standing: Claudia Berger, Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, will nicht mehr für die DAV-Spitze kandidieren. Die NachfolgerInnen suche gestaltet sich schwierig. (Foto: ABDA)


Obwohl der Frauenanteil im Apothekerberuf bei rund 71 Prozent liegt, sind die Spitzen der Standesorganisationen fast nur mit Männern besetzt. Die Lage spitzt sich nun zu: Die einzige Frau im geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Apothekerverbandes hört auf. Claudia Berger aus dem Saarland will im November nicht mehr auf Bundesebene kandidieren.

Dem geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) gehören zurzeit an: Fritz Becker aus Baden-Württemberg (Vorsitzender), Dr. Rainer Bienfait aus Berlin (stellv. Vorsitzender) sowie die drei Besitzer Dr. Hans-Peter Hubmann aus Bayern, Stefan Fink aus Thüringen und Claudia Berger aus dem Saarland. Das Gremium ist zuständig für alle politischen und organisatorischen Fragen und Entscheidungen im DAV. Die wichtigste Aufgabe laut DAV-Satzung ist die Interessenvertretung der Apotheker gegenüber anderen politischen Spitzenorganisationen auf Bundesebene. Außerdem muss der Vorstand alle bundesweit gültigen, neuen Verträge mit den Krankenkassen beschließen.

Claudia Berger will diese Aufgaben in Zukunft nicht mehr wahrnehmen. Gegenüber DAZ.online erklärte sie, dass sie für eine weitere Legislaturperiode an der DAV-Spitze nicht mehr zur Verfügung stehe. Die 2017 anstehenden Vorstandswahlen im Saarländischen Apothekerverein wolle sie aber nicht auslassen und werde um ein weiteres Mal als Verhandlungsführerin im Saarland kandidieren. Claudia Berger ist seit 2009 Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins. 2013 wählte sie die DAV-Mitgliederversammlung in das höchste Gremium des DAV, den geschäftsführenden Vorstand. Dort ist sie für das Thema „Patienten-Selbsthilfe“ zuständig.

Somit steht fest, dass die Spitze des DAV vor einem Umbruch steht. Denn vor Berger hatte bereits Bienfait bekundet, dass er auf Bundesebene nicht mehr zur Verfügung stehe. Bienfaits wichtiges Themengebiet „Verhandlungen und bundesweite Verträge“ sowie die Stellvertreter-Position müssen neu besetzt werden. Hubmann hingegen hatte angekündigt, nochmals zu kandidieren. Außerdem ist nun auch klar: Auch der dritte Beisitzer Stefan Fink hat noch nicht genug vom DAV. Gegenüber DAZ.online sagte Fink, er werde sich erneut zur Wahl stellen. Fink ist an der DAV-Spitze für die Themen OTC, Großhandel und pharmazeutische Industrie zuständig.

Nur sechs Frauen in 34 Spitzenorganisationen

Mit dem Ausscheiden von Claudia Berger offenbart sich aber noch ein anderes Problem: Aus Sicht vieler Apotheker ist die Frauenquote in den Spitzenorganisationen der Apotheker zu gering. Berger ist derzeit noch die einzige Frau an der DAV-Spitze, in der Bundesapothekerkammer (BAK) ist Gabriele Overwiening aus Westfalen-Lippe die einzige Frau im Geschäftsführenden Vorstand. Im entsprechenden Gremium der ABDA sitzt neben Berger und Overwiening noch Karin Graf aus Baden-Württemberg. Doch auch Graf stellt es zumindest in Frage, ob sie noch eine weitere Legislaturperiode lang regelmäßig nach Berlin reisen will.

Zumindest an der DAV-Spitze dürfte sich die Nachfolger-Suche für Claudia Berger schwierig gestalten. Denn: Nur drei der 17 Landesapothekerverbände werden von einer Frau geleitet. Neben dem Saarland sind das Bremen (Christiane Lutter) und Brandenburg (Dr. Andrea Lorenz). Sollte sich Overwiening aus der BAK-Spitze zurückziehen, bleiben auch bei den Apothekerkammern nicht mehr viele Frauen, die nachrücken könnten. Nur drei der 17 Kammerspitzen sind von Frauen besetzt. Neben Westfalen-Lippe sind dies Hessen (Ursula Funke) und Niedersachsen (Magdalene Linz).

Ende des Jahres finden in allen drei Spitzenorganisationen der Apotheker Wahlen statt. Am 23. November wählt die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer (BAK) einen neuen Geschäftsführenden Vorstand. Der DAV folgt am 30. November. Am 7. Dezember muss sich dann schließlich die ABDA-Spitze um Präsident Friedemann Schmidt zur Wahl stellen.

Die Vertreter der einzelnen Landesapothekerverbände in der DAV-Mitgliederversammlung haben nun bis Mitte Oktober Zeit, der ABDA Vorschläge für den Geschäftsführenden Vorstand zu machen. Am 30. November stimmen die Verbandsvertreter aus ganz Deutschland dann über die fünf neuen DAV-Vorstände ab.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Oooch...

von gabriela aures am 19.07.2016 um 20:16 Uhr

...wie wär' das Leben schön, wenn das das einzige, vorrangige und relevanteste Problem der ABDA wäre....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ist es ein Problem - oder wäre es gern eins?

von Christian Becker am 19.07.2016 um 7:26 Uhr

Nachrichten über "zu wenig Frauen" in Position XY der Branche Z finde ich immer wieder seltsam.
Zu wenig Frauen für was? Ist es ein echtes Problem oder ist es rein "ästhetischer" Natur (sprich: wenn die Mehrheit der Apotheker eigentlich -innen sind, dann müsste doch auch in den Verbänden die Mehrheit von Apothekerinnen gestellt werden)?
Das heißt für mich, nicht die Tatsache, dass es weniger Frauen in diesen Positionen gibt, ist berichtenswert, sondern der Grund dafür.
Wollen Frauen nicht, werden sie abgehalten oder sonstwie gehindert?
Bedenkenswert dabei: Wenn die Mehrheit der Apotheker Frauen sind, dann sollten sie bei Wahlen für solche Positionen eigentlich doch, wenn es ihnen darauf ankäme, Frauen in die entsprechenden Positionen zu bringen, genug Stimmgewicht haben - es kann also nicht daran liegen, dass Männer keine Frauen wählen (was auch nicht stimmt).
Also, worin besteht denn das eigentliche Problem?

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