Eckpunkte zum Pharma-Gesetz

BMG will Preismoratorium bis 2022 verlängern

Berlin - 11.07.2016, 14:00 Uhr

Pharma-Pläne aus dem Hause Gröhe: Das Bundesgesundheitsministerium will das Preismoratorium für Arzneimittel vorzeitig bis 2022 verlängern, allerdings einen Inflationsausgleich einführen. (Foto: Sket)

Pharma-Pläne aus dem Hause Gröhe: Das Bundesgesundheitsministerium will das Preismoratorium für Arzneimittel vorzeitig bis 2022 verlängern, allerdings einen Inflationsausgleich einführen. (Foto: Sket)


Die Eckpunkte zum Pharma-Gesetz enthalten neben der Apothekervergütung auch wichtige Punkte zur Arzneimittelpreisbildung. Das Ministerium will das bis 2017 laufende Preismoratorium für Medikamente vorzeitig bis 2022 verlängern. Den Schwellenwert, ab dem Originalpräparate im ersten Jahr nach Zulassung rabattiert werden, will das BMG allerdings nicht allein festlegen.

Das Preismoratorium war erstmals im August 2010 als Sparinstrument etabliert worden. Die Regelung gilt für alle erstattungsfähigen Arzneimittel. Die einzigen denkbaren Preiserhöhungen sind seit 2010 solche bis zur Festbetragsgrenze. Alle Kosten über der Festbetragsgrenze trägt die Gesetzliche Krankenversicherung nicht. Schon zweimal hat der Gesetzgeber das Moratorium verlängert, erst bis März 2014, später bis Ende 2017.

Nun will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Preismoratorium gleich für mehrere Jahre, nämlich bis Ende 2022, festschreiben. Neu ist allerdings, dass ab 2018 ein Inflationsausgleich gelten soll. Damit würde das BMG einer jahrelangen Forderung der Pharmaindustrie nachkommen. Die Hersteller hatten argumentiert, dass die Kosten für Energie, Personal und Rohstoffe stetig anstiegen und man diese Entwicklung in das Moratorium mit einrechnen müsse. Laut Eckpunkte-Papier rechnet das Ministerium durch die Verlängerung des Moratoriums mit jährlichen Einsparungen zwischen 1,5 und 2 Milliarden Euro.

Wie soll die Vertraulichkeit funktionieren?

Ansonsten enthält das Eckpunktepapier mehrere im Pharmadialog aufgegriffene Maßnahmen. Für Hersteller soll es attraktiver werden, Antibiotika zu erforschen und zu vermarkten. So soll es künftig möglich sein, den Aspekt der Resistenzbildung bei der Festbetragsbildung zu berücksichtigen. Antibiotika, die für die Versorgung von Bedeutung sind, soll der Gemeinsame Bundesausschuss von der Gruppenbildung freistellen können. Auch der Zusatznutzen neuer Antibiotika soll stärker davon abhängig gemacht werden, ob das jeweilige Medikament Bakterien bekämpft, die besonders resistent sind. Um die Arzneimittelversorgung für Kinder zu verbessern, soll Arzneimitteln künftig auch ein Zusatznutzen für eine bestimmte Patientengruppe zuerkannt werden können, wenn diese Gruppe in den Studienpopulationen nicht enthalten war.

Das BMG bleibt zudem bei einer der umstrittensten Regelungen des Pharmadialogs: Der zwischen Herstellern und den Krankenkassen ausgehandelte Erstattungsbetrag soll nicht mehr öffentlich einsehbar sein. Der wahre Arzneimittelpreis soll nur noch „Stellen“ zur Verfügung gestellt werden, die ihn zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben benötigen. Wie die Geheimhaltung des Preises genau funktionieren soll, ist nicht konkret genannt.

Keine Rede von Margendeckel, Reimporten, Exklusivverträgen

Ebenso vage ist die in den Eckpunkten enthaltene Formulierung zu dem geplanten Schwellenwert. Hersteller und BMG haben sich darauf geeinigt, dass die Preise neuer Arzneimittel während des ersten Jahres automatisch rabattiert werden, wenn sie eine gewisse Umsatzschwelle überschreiten. Über die Höhe dieser Umsatzschwelle gab es in den vergangenen Monaten die verschiedensten Forderungen Das BMG schreibt dazu lediglich: „Der Vorschlag lässt die Höhe des Schwellenwertes noch offen.“

Die Krankenkassen hatten nach dem Pharmadialog heftig gegen die Pläne zu einem Arzneimittel-Informationssystem für Kassenärzte protestiert. Hintergrund: Seit Monaten fordern die Kassen, dass die Informationen aus der Nutzenbewertung schneller und besser bei den verschreibenden Medizinern ankommen. Hersteller und Bundesregierung hatten sich daher darauf geeinigt, dass die Ärzte diese Informationen direkt in die Praxissoftware-Systeme bekommen müssten. An der Ausarbeitung dieser Systeme sollen die Hersteller sich beteiligen können. Die Kassen befürchten nun, dass die Informationen interessengeleitet aufbereitet sein könnten. Doch das BMG bleibt dabei. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll die Zusatznutzen-Infos an die Software-Systeme weiterleiten. Und: „Bei der weiteren Konkretisierung wird die Einbindung der Dialogpartner sichergestellt.“

Was die Rabattverträge betrifft, bleibt das BMG in den Eckpunkten bei den Ergebnissen des Pharmadialogs: Künftig soll es vor Belieferungsbeginn eine sechsmonatige Frist geben, damit sich die Hersteller besser auf die Produktion einstellen können und Lieferengpässe vermieden werden.

Das BMG spart viele Punkte aus

Neben den im Eckpunktepapier enthaltenen Punkten sind es insbesondere die nicht erwähnten Maßnahmen, die interessant sind. Für die Apotheker dürfte es wichtig sein, dass die von den Regierungskoalitionen geplante Deckelung der 3-Prozent-Marge vorerst nicht vorkommt. Natürlich können Union und SPD diese im Gesetzgebungsprozess noch einbringen. Dem Vernehmen nach will man aber zunächst das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums zum Apothekenhonorar abwarten.

Ebenfalls nicht enthalten sind Regelungen zur Exklusivität von Rabattverträgen. Im Ergebnispapier des Pharmadialogs war davon zumindest noch andeutungsweise die Rede. Bei Ausschreibungen für die Impfstoffversorgung war der Pharmadialog sogar noch deutlicher. Diese hätten sich nicht bewährt und sollten wieder gestrichen werden. Im nun bekannt gewordenen Eckpunktepapier ist davon allerdings keine Rede mehr. Die Regierungsfraktionen hatten sich für das Pharma-Gesetz außerdem noch eine Änderung der Reimportquote gewünscht. Die Apotheker und einige Krankenkassen fordern sogar die komplette Abschaffung der Quote. Auch diese Maßnahmen lässt das BMG bislang allerdings aus.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Weiter in die Planwirtschaft

von Bernd Küsgens am 11.07.2016 um 18:27 Uhr

Es fehlen noch viele Schritte, um endlich die Planwirtschaft im Gesundheitswesen zu verwirklichen. Aber wir arbeiten daran.
Interessant ist allerdings, dass der Begriff "Inflationsausgleich"
auftaucht. Kann das die Apothekerschaft hoffen lassen?

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