- DAZ.online
- News
- Recht
- ABDA braucht erst einmal ...
ABDA-Chefjurist zum Rx-Boni-Verfahren
ABDA braucht erst einmal keinen Plan B
ABDA-Chefjurist Lutz Tisch ist zuversichtlich, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigen wird, dass die deutsche Preisbindung für Rx-Arzneimittel auch für ausländische Versender gilt. Die anderslautenden Schlussanträge des Generalanwalts seien nicht überzeugend, sagte Tisch gestern in Stuttgart.
Ein „apodiktisches Plädoyer“ gegen Apotheker
Auf Einladung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg war der ABDA-Geschäftsführer Recht, Lutz Tisch, am gestrigen Dienstag nach Stuttgart gekommen. Dort erläuterte er der Vertreterversammlung die Sicht der ABDA auf das Verfahren zur grenzüberschreitenden Arzneimittel-Preisbindung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dass der Generalanwalt Maciej Szpunar in seinen Schlussanträgen die Auffassung vertritt, das deutsche Arzneimittel-Preisrecht verstoße gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs, hatte Anfang Juni für Aufregung in der Apothekerschaft geführt.
Für diese Aufregung sieht Tisch allerdings wenig Grund, „die Schlussanträge sind noch nicht das Urteil“. Es sei auch nicht sinnvoll, mit dem „statistischen Wert“ zu hantieren, dass das Gericht dem Generalanwalt in 80 Prozent der Fälle folge – entscheidend sei, ob dieser Fall zu den anderen zwanzig Prozent gehört. Und davon sei er überzeugt.
Tisch: Generalanwalt hat schlechte Argumente
Denn der EuGH müsse seine bisherige Rechtsprechung „auf den Kopf stellen“, um der Argumentation Szpunars zu folgen, so Tisch. Vor allem die Einschätzungsprärogative der Mitgliedstaaten, welche Maßnahmen sie für notwendig erachten, um eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung abzuwenden, stehe den Argumenten Szpunars entgegen. Der EuGH habe mehrfach geurteilt, dass diese Gefahrenabwehr auch Beschränkungen auf dem Apothekenmarkt rechtfertige, beispielsweise als er das deutsche Fremdbesitzverbot für rechtmäßig erklärte. Tisch glaubt nicht, dass der EuGH eine Abkehr von dieser bisherigen Rechtsprechung vollziehen wird. Auch dass das Verfahren vor einer kleinen Kammer mit fünf Richtern gelandet ist, ist für ihn ein Indiz dafür, dass wohl keine Rechtsgrundsätze umgeworfen werden.
Außerdem konstatierte Tisch eine bemerkenswerte argumentative Schwäche der Schlussanträge. Diese seien sehr einseitig und folgten auffallend der Argumentation der Europäischen Kommission. Ein Abwägen der verschiedenen Argumente finde kaum statt. Szpunar zeige eine „ganz besondere, eher ordoliberale Sicht“ auf das deutsche Gesundheitssystem. Beispielsweise habe es Szpunar als „bedauerlich“ abgetan, dass der EuGH in mehreren Verfahren das Vorsorgeprinzip auch auf die Apotheken „ausgeweitet“ habe. Tischs Fazit: „Die Schlussanträge erscheinen eher als apodiktisches Plädoyer denn als ausgewogene Prüfung aller vorgetragenen Argumente.“
ABDA braucht erst einmal keinen Plan B
Tisch warnte eindrücklich davor, nun Konzepte zu entwickeln, wie man mit einem – bisher rein hypothetischen – Wegfall der Preisbindung umgehen könnte. Solche Ideen könnten zu leicht ein Eigenleben entwickeln und von der Politik in Deutschland als Vorschläge aus der Apothekerschaft aufgegriffen werden. „Deswegen ist für uns im Moment die Politik eigentlich gefährlicher als der EuGH“, so Tisch. Es sei auch nicht notwendig, sich einen „Plan B“ zu überlegen. „Es ist sinnvoll, sich erst dann aufzuregen, wenn etwas passiert ist“ – und bisher sei noch nichts passiert.
Selbst wenn der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts vollständig folgen sollte, bedeute das nicht, dass am Tag danach alle Arzneimittel in Holland bestellt würden. Bis die Auswirkungen des Urteils wirklich bei den Apotheken ankommen, würden wohl fünf Jahre vergehen, meint Tisch.
Preisbindung hätte auch weiter Bestand
Denn das Verfahren vor dem EuGH ist ein Vorlageverfahren, sein Urteil entscheidet also nicht über die Gültigkeit des nationalen Rechts, sondern legt fest, wie das nationale Gericht – also OLG Düsseldorf – in der vorgelegten Frage das europäische Recht auslegen muss. Vor allem aber beträfe ein Urteil nur den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand, nicht die Regelungen innerhalb Deutschlands. Tisch ist überzeugt, dass innerhalb Deutschlands die Preisbindung selbst bei ungünstigem EuGH-Urteil noch lange gültig wäre und auch durchgesetzt würde. Denn sowohl die Bundesregierung wie auch die Länder, die ja die Aufsicht über die Einhaltung der apothekenrechtlichen Vorschriften ausüben, schätzten den Wert des deutschen Apothekenwesens und würden die Bedeutung der Preisvorschriften kennen.
Als Fazit seiner Ausführungen bezog sich ABDA-Jurist Tisch auf ein britisches Propaganda-Plakat aus dem Zweiten Weltkrieg. Es gelte nun ruhig zu bleiben und weiterzumachen – „Keep calm and carry on“.
13 Kommentare
Vor Gericht..
von Florian Becker am 06.07.2016 um 15:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Plan B für wen?
von Heiko Barz am 30.06.2016 um 14:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
keine Überraschung
von dr.pohl@mwp-apo.de am 30.06.2016 um 7:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
wunschdenken
von frank ebert am 29.06.2016 um 23:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Wenn die ABDA keinen Plan B braucht, ok. Aber die Apothekem brauchen ihn!
von Kerstin Kemmritz am 29.06.2016 um 21:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Likefunktion an:
von Bernd Jas am 30.06.2016 um 9:57 Uhr
Hat .....
von gabriela aures am 29.06.2016 um 20:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Puh, Schwein gehabt .......
von Wolfgang Müller am 29.06.2016 um 19:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
ABDA total verschnarcht
von Karl Friedrich Müller am 29.06.2016 um 17:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Nee...
von gabriela aures am 29.06.2016 um 17:22 Uhr
Männer ohne Nerven
von Bernd Jas am 29.06.2016 um 17:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Jetzt....
von gabriela aures am 29.06.2016 um 16:50 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.