DEPRESSION

Omega-3-Fettsäuren nutzen nur wenig

Berlin - 12.11.2015, 17:36 Uhr

Schöner Schein? Zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren finden sich nur wenige Daten. (Foto: Valerie Potapova / Fotolia)

Schöner Schein? Zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren finden sich nur wenige Daten. (Foto: Valerie Potapova / Fotolia)


Seit Jahren werden Omega-3-Fettsäuren als natürliche Helfer gegen Depressionen beworben. Bisher fehlte aber ein eindeutiger Beleg dafür, dass es diese Wirkung tatsächlich gibt. Forscher des Cochrane Netzwerks haben die Effekte nun analysiert – mit ernüchterndem Ergebnis.

Fast fünf Millionen Menschen in Deutschland erkranken jährlich an einer Depression. Für 2020 schätzt die Weltgesundheitsorganisation, dass Depressionen weltweit die zweithäufigste Volkskrankheit sein werden. Das Interesse an wirksamen Therapien ist hoch – vor allem für die Betroffenen. Viele greifen seit Jahren auf ein Mittel aus der Natur zurück: Omega-3-Fettsäuren, diverse Präparate finden sich auch in Apotheken. Doch schon lange herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Kapseln überhaupt Vorteile haben. Das Wissenschaftsnetzwerk Cochrane hat nun eine systematische Analyse erstellt. Das Ergebnis: Die Wirkung ist verschwindend klein.

Leichte Wirkung, verschwindend gering

Die Autorin Katherine Appleton und ihre Kollegen haben 26 Studien aus den USA, Südamerika, Kanada, Asien, Australien und Europa untersucht, in denen die Wirksamkeit von Omega-3-Präparaten gegen Depressionen an 1478 Probanden getestet wurde. 25 Studien untersuchen den Effekt im Vergleich zu einem Placebo. Eine Studie, an der jedoch nur 40 Menschen teilnahmen, überprüft, ob Omega-3-Fettsäuren sogar wirksamer sind als Antidepressiva.

Appleton und ihre Kollegen kommen zu dem Schluss, dass die Fettsäuren eine leichte Wirkung gegen Depressionen besitzen. Möglicherweise ist sie aber auch verschwindend gering. Der tatsächliche Therapieeffekt lässt sich nur schwer abschätzen, weil die Studienlage lückenhaft ist und zwischen den Ergebnissen große Unterschiede bestehen.

Je nach Untersuchung haben die Forscher ihre Daten unterschiedlich protokolliert und die untersuchten Patienten verschieden klassifiziert. In den meisten Fällen waren die Probandengruppen zu klein, um repräsentative Ergebnisse zu erhalten. Appleton und ihre Kollegen warnen deshalb vor einer Überinterpretation der Daten.

Mechanismus ist unklar

„Einige Forscher, wie wir auch, haben versucht, herauszufinden, warum so starke Unterschiede zwischen den Studien bestehen“, sagt Katharine Appleton. Welcher Mechanismus überhaupt dafür verantwortlich ist, dass Omega-3-Fettsäuren gegen Depressionen helfen, ist bislang unklar. Solange dies nicht verstanden ist, können die Forscher nicht vollständig erklären, warum die Studien so unterschiedlich verlaufen.

Experten vermuten, dass Omega-3-Fettsäuren verschiedene Botenstoffe beeinflussen sowie auf Entzündungen und die Zellkommunikation wirken. „Im Gehirn sind sie stark angereichert“, sagt der  Jenaer Ernährungswissenschaftler Gerhard Jahreis. „Dass die Hirnstruktur intakt ist, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gesunde Psyche. Fehlen die Fettsäuren, funktioniert auch das Gehirn nicht richtig.“

Selbstmedikation kritisch hinterfragen

Solange die klinische Studienlage aber weiterhin keine ausreichende Evidenz für den Einsatz von Omega-3-Fettsäuren liefert, sollte die Selbstmedikation stets kritisch hinterfragt werden. Derzeit fehlt auch eine abschließende Bewertung zur optimalen Dosierung oder einer wirksamen Fettsäuren-Zusammensetzung.

Die Kapseln zu konsumieren, richtet nach jetzigem Kenntnisstand kaum Schäden an. Sie sind gut verträglich und auch klinisch relevante Interaktionen sind nicht bekannt. Ein ärztlich-kontrollierter Therapieversuch zusätzlich zu einer antidepressiven Standardtherapie scheint im Einzelfall akzeptabel, schreibt Dr. André Said in der Deutschen Apotheker Zeitung (46/15).

Omega-3 sollen sich sogar positiv auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken, weil sie die Fließgeschwindigkeit des Blutes verbessern und den Cholesterinspiegel beeinflussen. Doch auch hier ist die Studienlage lückenhaft. Bei Überdosierung kann es zu Übelkeit kommen und durch ihre blutverdünnenden Eigenschaften können sie für Menschen mit einer schlechten Blutgerinnung gefährlich sein.


Saskia Gerhard, Freie Autorin
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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