- DAZ.online
- News
- Politik
- Rein rechnerisch, auf dem...
Zusatzbeiträge steigen
Rein rechnerisch, auf dem Papier, nach Finanzlage
2016 werden die gesetzlichen Krankenkassen wieder kräftig in die roten Zahlen rutschen. Der Schätzerkreis hat mit seiner Prognose prompt eine hektische Diskussion über flächendeckende Beitragssteigerungen ausgelöst. Dabei ist die Lage sehr viel differenzierter.
So viel schon einmal vorab: Die Kassen wie der Gesundheitsfonds sitzen nach wie vor auf einem milliardenschweren Finanzpolster. Doch seit längerem hatten die Krankenkassen gewarnt, dass die schönen Überschuss-Zeiten schnell vorbei sein könnten. Denn die Reformen von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kosten Geld – schätzungsweise vier Milliarden Euro pro Jahr. Außerdem steigen im Gesundheitswesen die Preise schneller als im Rest der Wirtschaft.
14 Milliarden Defizit
Nun hat der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt mit seiner Prognose für 2016 diese Warnung bestätigt: Für das Jahr 2016 werden Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 206,2 Milliarden Euro erwartet. Die voraussichtlichen Ausgaben betragen 220,6 Milliarden Euro. Das Defizit wird also rund 14 Milliarden Euro ausmachen. Rein rechnerisch ergibt sich daraus ein Anstieg des Zusatzbeitrages um 0,2 Prozentpunkte. Das führt dann zu einem Durchschnitts-Beitragssatz von 15,7 Prozent.
Der Durchschnittsbeitrag steht aber nur auf dem Papier. Das BMG wird zwar noch diesen Monat einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für 2016 veröffentlichen, doch die einzelnen Krankenkassen legen ihren Zusatzbeitrag selbst fest, unter Berücksichtung ihrer Finanzlage. Und die ist von Kasse zu Kasse sehr unterschiedlich.
Nach Angaben des BMG ergab sich im 1. Halbjahr 2015 folgendes Bild:
- Die AOKen verbuchten einen gemessen an ihren Ende 2014 vorhandenen Finanz-Reserven von rund 6,4 Milliarden Euro leichten Ausgabenüberhang von rund 112 Millionen Euro.
- Bei den Ersatzkassen überstiegen bei Ende 2014 vorhandenen Finanz-Reserven von rund 4,9 Milliarden Euro die Ausgaben die Einnahmen um rund 191 Millionen Euro, bei den Betriebskrankenkassen (Finanz-Reserven 2,4 Milliarden Euro) um 127 Millionen Euro und bei den Innungskrankenkassen (Finanzreserven 1,4 Milliarden Euro) um rund 118 Millionen Euro.
- Die Knappschaft-Bahn-See und die Landwirtschaftliche Krankenversicherung erzielten Überschüsse von rund 48 beziehungsweise neun Millionen Euro.
Es wird 2016 daher einen Wettbewerb um die niedrigsten Zusatzbeiträge geben, weil die Kassen sonst erhebliche Abwanderungen von versicherten befürchten.
Außerdem: Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds verfügte Ende Juni über einen Betrag in Höhe von rund 8,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag war damit rund doppelt so hoch wie die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve in Höhe von derzeit 4,3 Milliarden Euro.
Kassen-Wettbewerb entscheidet
Die Krankenkassen haben in den letzten guten Jahren ein Polster von 15,5 Milliarden Euro angespart. Gesundheitsfonds und Krankenkassen verfügten damit zum Ende des ersten Halbjahres 2015 über Finanz-Reserven in Höhe von 23,8 Milliarden Euro. Also wird der Kassen-Wettbewerb über das tatsächliche Ausmaß der Anhebung der Zusatzbeiträge entscheiden. Es wird voraussichtlich nicht zu einer flächendeckenden und einheitlichen Entwicklung kommen.
Das Niveau der Zusatzbeiträge ist bereits heute sehr differenziert. „Die Zusatzbeiträge werden sich auch in Zukunft, je nach Situation der Kassen, sehr individuell darstellen, da nach wie vor sehr differenzierte Finanzreserven der Kassen zu verzeichnen sind“, sagte Maria Michalk, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU Bundestagsfraktion.
Mitglieder informieren
Von dem in diesem Jahr vorgegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent liegt die Spreizung der individuellen Zusatzbeiträge zwischen Null und 1,3 Prozent. „Wichtig für den Versicherten ist immer, das Preis-Leistungsverhältnis seiner Kasse zu vergleichen und nicht ausschließlich auf den Zusatzbeitrag zu sehen.“ Darüber findet ja der Wettbewerb der Krankenkassen untereinander statt.
Die Kassen sind verpflichtet, ihre Mitglieder über eine Änderung des Zusatzbeitrags zu informieren und darüber hinaus auch deutlich zu machen, dass mit einer Änderung des Zusatzbeitrags ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht.“
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.