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Therapien im Gespräch
Was brachte 2023 für Migräne-Patienten?
Neue Empfehlungen für die Therapie und für einen OTC-Switch
Nach wie vor bleiben Triptane bei mittelschweren und schweren Migräne-Attacken Mittel der Wahl und kommen laut S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ zum Einsatz, wenn die Patienten an starken Kopfschmerzen leiden und die Migräne-Anfälle nicht auf Schmerzmittel ansprechen wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Metamizol oder Analgetika-Kombinationen mit Coffein (DAZ 3, S. 26).
Lasmiditan und Rimegepant
Die 2022 zugelassenen Wirkstoffe Lasmiditan (Rayvow®) und Rimegepant (Vydura®) folgen in der Therapie-Rangfolge: Ärzte sollen sie erst bei Nichtansprechen oder Unverträglichkeit von Analgetika, nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Triptanen verordnen. Lasmiditan wirkt wie Triptane agonistisch an Serotonin-Rezeptoren, allerdings am 5-HT1F-Rezeptor, wodurch die vasokonstriktorischen Nebenwirkungen der Triptane fehlen, die über die Subtypen 5-HT1B/1D vermittelt werden (DAZ 18, S. 38). Damit könnte Lasmiditan für kardiovaskulär vorerkrankte Migräne-Patienten wertvoll sein, wenn Triptane kontraindiziert sind. Im Herbst dieses Jahres hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bei der Nutzenbewertung von Lasmiditan keine Vorteile zu den bewährten Triptanen und NSAR bei Migräne erkannt (s. DAZ.online-Meldung vom 18. Oktober 2023). Wieder einmal fehlten direkt vergleichende Studien, die dies hätten zeigen können. Lasmiditan sei in indirekten Vergleichen „ähnlich wirksam“ wie Triptane und könne somit eingesetzt werden bei Nichtwirksamkeit von NSAR und Kontraindikationen für Triptane, erklärt der G-BA.
Das Besondere bei Rimegepant ist, dass es sowohl akut wie auch prophylaktisch wirkt. Der Wirkstoff blockiert, wie der zur Prophylaxe zugelassene Antikörper Erenumab (Aimovig®), den Calcitonin-Gene-Related-Peptide(CGRP)-Rezeptor und damit eine Schlüsselstelle in der Pathogenese der Migräne. Noch nicht in der Leitlinie, aber im August dieses Jahres zugelassen, ist Atogepant (Aquipta®) das mittlerweile zweite „Gepant“ in der EU (s. DAZ 35, S. 29). Anders als Rimegepant dürfen Ärzte Atogepant nur Erwachsenen zur Prophylaxe verordnen, die mindestens vier Tage pro Monat an Migräne leiden.
Prophylaxe und nichtmedikamentöse Optionen
Frequenz, Stärke und Dauer der Migräne-Attacken reduzieren – das sollen Prophylaktika leisten: Betablocker, Amitriptylin, Topiramat, Flunarizin und Onabotulinumtoxin (bei chronischer Migräne) und wenn diese klassischen, unspezifischen Substanzen versagen oder sich nicht eignen, die monoklonalen Antikörper gegen CGRP bzw. seinen Rezeptor. Neben Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab wird der Antikörper Eptinezumab (Vyepti®) in der Leitlinie aufgeführt, der alle zwölf Wochen und als einziger i. v. appliziert wird. Neu ist auch die Empfehlung, die Dauer der Prophylaxe von der Dauer und Schwere der Migräne abhängig zu machen und persönliche Lebensumstände der Betroffenen zu berücksichtigen. Eine Evaluation erfolgt in der Regel nach neun bis zwölf Monaten. Ausdauersport hilft ebenso, Migräne-Attacken vorzubeugen.
Die Leitlinie hat sich auch bei nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten von akuten Migräne-Anfällen entwickelt. Neu ist die Erkenntnis, dass „die externe transkutane Stimulation des N. trigeminus im supraorbitalen Bereich (Cefaly®) […] zur Behandlung von akuten Migräneattacken und zur Migräneprophylaxe wirksam“ ist. Bei Cefaly® werden Elektroden auf der Stirn und über den Augenhöhlen aufgeklebt. Der überreizte Trigeminusnerv soll stimuliert und beruhigt und das Schmerzempfinden dadurch gelindert werden.
OTC-Switch für Rizatriptan
Suma-, Nara- und Almotriptan können Migräne-Patienten bereits rezeptfrei in der Apotheke erhalten. 2023 entschied der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht, dass Rizatriptan 5 mg ebenfalls als OTC-Präparat erhältlich sein soll (DAZ 29, S. 29). Noch ist diese nicht bindende Empfehlung nicht umgesetzt. Eine Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgt erst durch Rechtsverordnungen des Bundesgesundheitsministeriums nach Zustimmung des Bundesrates. |
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