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Ärzte wollen kein Kassen-„Helpdesk“ sein
Reaktion auf Digitalgesetz: Ärzteverbände kritisieren neue Pflicht zur ePA-Befüllung
Herzstück des Digitalgesetzes ist die elektronische Patientenakte (ePA), die die Krankenkassen ihren Versicherten ab Januar 2025 bereitstellen müssen – sofern diese nicht aktiv widersprechen. Es ist also noch etwas Zeit für die Detailarbeit. Los geht es bei der ePA mit dem elektronischen Medikationsplan (eMP), den Ärzte erstellen müssen. Weitgehend soll dies automatisch über die Praxissoftware geschehen. Nur was sich nicht aus den Verordnungsdaten oder Dispensierinformationen ergibt, muss ergänzt werden (z. B. Anwendungshinweise). Auch die Befüllung der ePA mit Daten aus Arztbriefen und Befunden liegt künftig nicht mehr im Ermessen der Leistungserbringer, sondern wird zur Pflicht. Auch Apotheken sind verpflichtet, den eMP zu aktualisieren, sobald die ePA verfügbar ist.
Zudem soll das E-Rezept ab 2024 wirklich verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung werden. Vertragsärzten und -ärztinnen, die nicht bis zu Beginn des zweiten Monats nach Verkündung des Digitalgesetzes nachweisen, dass sie in der Lage sind, E-Rezepte auszustellen und zu übermitteln, wird die Vergütung pauschal um ein Prozent gekürzt.
Die ABDA spricht von zwei „richtungsweisenden“ Gesetzen (siehe AZ 2023, Nr. 51, S. 1). DAV-Chef Hans-Peter Hubmann sieht aber auch „Unzulänglichkeiten“. Er mahnt: Die ePA könne zwar wichtiger Bestandteil der Versorgung werden, dazu müsse sie jedoch „funktionsfähig und patientenfreundlich ausgestaltet werden“. Er stellt aber auch klar: „Es ist unabdingbar, dass auch die Apotheken zur Befüllung ebendieser ePA mit Medikationsdaten einen Beitrag leisten.“
Unvereinbar mit Praxisalltag
Kritischer fallen die Töne in der Ärzteschaft aus. Die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, begrüßt zwar ebenfalls die Ziele der Gesetze. Doch vor allem die kurzfristigen Änderungen zur ePA-Befüllung gefallen ihr nicht: „Bis zum heutigen Tag funktioniert die Technik so schlecht, dass es in der Regel mehrere Minuten dauert, bis die ePA überhaupt eingesehen werden kann – von vernünftig eingespeisten Daten ganz zu schweigen. All dies ist mit unserem dicht getakteten Praxisalltag absolut unvereinbar.“
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen teilt diese Befürchtungen. Präsident Michael Hubmann betonte, dass zwar „jede Form der Digitalisierung, die funktioniert“ unterstützt werde. „Was das neue Digitalgesetz jedoch in Bezug auf die ePA-Befüllung vorsieht, ist ein nicht-praktikabler Vorschlag aus dem Elfenbeinturm der Politik.“ Bevor es Zeitvorgaben gebe, müsse gewährleistet sein, dass die Arbeit mit der ePA reibungslos funktioniert. „Davon sind wir weit entfernt.“
Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes Dirk Heinrich erklärte, die Praxen seien „nicht der Helpdesk für die Versicherten der Krankenkassen“. Es sei vielmehr die Pflicht der Kassen, ihre Versicherten bei der Digitalisierung zu begleiten – und da sei noch „sehr viel Luft nach oben“.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen kritisierte überdies, dass beim E-Rezept mit zweierlei Maß gemessen werde: „Auf der einen Seite bekommen Krankenhäuser einen Freifahrtschein, Niedergelassene werden dagegen vollumfänglich verpflichtet – weiterhin unter Androhung von Sanktionen, versteht sich.“ Tatsächlich sollen Kliniken nun erst ab dem 1. Januar 2025 verpflichtet sein, E-Rezepte auszustellen. |
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