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Aus den Ländern
Mutrede der ABDA-Präsidentin
Overwiening beim Apothekerverband Schleswig-Holstein
Overwiening war noch unter dem Eindruck des Protestes am 15. November im Westen und berichtete über die „Super-Presseresonanz“. Dabei sei auch deutlich geworden, dass die Patienten das gut finden. Der Verbandsvorsitzende Hans-Günter Lund dankte den Mitgliedern für die große Geschlossenheit bei allen Protesten im Norden. Lund kritisierte sowohl die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach zu den Apotheken als auch die im politischen Betrieb verbreitete Vorgehensweise, innerhalb kürzester Fristen Stellungnahmen einzufordern. Lund konstatierte: „Die Zeiten werden hart, wir werden weniger.“ Die Aufgabenlast werde immer größer, auch in der Geschäftsstelle. Als Gast nahm Hauke Hansen, Landtagsmitglied und gesundheitspolitischer Sprecher der CDU in Schleswig-Holstein, an der Veranstaltung teil.
Politik als einziger Ansprechpartner
Für Overwiening geht es beim Protest darum, in Resonanz zueinander zu kommen und dann einen gemeinsamen Weg zu gehen. Dabei könne es unterschiedliche Gewichtungen geben. Dies sei ein demokratischer Prozess, und die ABDA sei die richtige Instanz dafür, erklärte die ABDA-Präsidentin. Die Apotheken seien derzeit in aller Munde. Doch bei Politikern vermisse sie oft die nötige Offenheit. Da fehle die „Bereitschaft zum Erkenntnisgewinn“, folgerte Overwiening. Die Apotheken seien so selbstverständlich da, dass dies nicht hinterfragt werde. In der SPD habe man ihr sogar vorgeworfen, die AfD erhalte so gute Umfragewerte, weil die Apotheker die Menschen verunsichern würden. Overwiening zeigte sich entsetzt, dass die SPD so auf einen demokratischen Protest reagiere. Der Grund für die Umfragewerte sei aber, dass die Menschen nicht partizipieren könnten. Die Politik werde zum „closed shop“. Auch die betroffenen Verbände würden nicht gehört. Doch „wenn wir sehen, dass es nicht mehr geht, ist es unsere Pflicht, darauf aufmerksam zu machen“, bekräftigte Overwiening. Denn im Gegensatz beispielsweise zu den Ärzten haben die Apotheker keine jährlichen Verhandlungen über ihr Einkommen. Die Apotheker könnten sich nur an die Politik wenden – dies sei von der Politik so gestaltet worden. Die Apotheken könnten auch nicht einfach aufhören, denn „ohne uns ginge es den Menschen im Land schlechter“. Doch beim Gehalt seien die Apotheken inzwischen das Schlusslicht im Gesundheitswesen. Overwiening ist überzeugt, dass die geringen Gehälter im Gesundheitswesen auch daran liegen, dass „Frauenberufe“ oft als „Zubrot“ betrachtet werden. Das sei respektlos gegenüber den Frauen. Zum Argument, es wäre nicht genug Geld da, erklärte Overwiening, die Leistungserbringer seien nicht die Ursache dafür. Vielmehr fehle der GKV Geld, weil Sozialleistungen über die GKV finanziert werden und der Staat keine ausreichenden Beiträge für die Arbeitslosen zahlt.
„Wir sind keine Bittsteller“
Unter den aktuellen Plänen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach beklagte Overwiening besonders die Idee, den Apotheken mit Einsparungen von jährlich neun Millionen Euro helfen zu wollen. Zudem verwende die Politik die Begriffe Filial- und Zweigapotheken synonym, obwohl beide nichts miteinander zu tun hätten. Erleichterte Ausschreibungen der Behörden für Zweigapotheken könnten durchaus sinnvoll sein, aber Schein-Apotheken seien eine Entwertung der Arzneimittelversorgung. Zum Umgang mit Lauterbach beklagte Overwiening, Ideen der Apotheker würden „immer nur mitgenommen, aber nicht umgesetzt“. „Wort und Tat fallen auseinander“, erklärte Overwiening, aber wie sei dann die tatsächliche Intention zu erkennen? „Wir sind doch wer, wir sind keine Bittsteller“, betonte Overwiening. Die Apotheker seien stark, weil sie vor Ort verankert sind, aber letztlich würden sich die Pläne gegen diese Struktur richten. Denn sie seien die Einführung des Fremdbesitzes „über die kalte Küche“. Doch die Apotheker würden für die notwendige Versorgung vor Ort kämpfen. Overwiening gab sich zuversichtlich und warb um das Vertrauen der Verbandsmitglieder.
Wahlkampf als neue Chance
In der anschließenden Diskussion wies ein Mitglied auf das „Riesen-Wähler-Potenzial“ der Apotheken hin. Die Apothekenteams müssten nur erklären, „wer das verbockt hat“. Mit Blick auf die anstehenden Wahlen bedeute das: „Nächstes Jahr gibt‘s Geld.“ Weitere Vorschläge betrafen mögliche Streiks der Adexa oder die Anpassung der Apothekenhonorierung an die Richtergehälter.
Overwiening ergänzte Gedanken zu Nullretaxationen. Diese sollten eigentlich pauschal ausgeschlossen werden. Da nun aber einzelne Fälle geregelt wurden, würden die Krankenkassen andere Gründe für Retaxationen suchen. Das alles bedeutet für Overwiening: „Wir zahlen viel Geld für Misstrauen.“ Statt ein staatliches Gesundheitswesen zu schaffen, beauftrage der Staat freie Heilberufler, die über eigene Kontrollinstanzen verfügen, aber sie würden dann mit hohem Aufwand bei allen Beteiligten zusätzlich kontrolliert. „Warum denn diese Misstrauenskultur mit diesem Kontrollaufwand?“ fragte Overwiening. Dies sei eine gesellschaftspolitische Frage. Zur weiteren Strategie erklärte Overwiening, es müsse nach dem November eine Pause geben, um politische Gespräche zu ermöglichen. Wenn das nichts bringe, müssten die Apotheken mit anderen Maßnahmen weitermachen. Overwiening appellierte an die Mitglieder: „Bleiben Sie beharrlich, und wir werden es zusammen schaffen – da bin ich sicher.“
Zähe Verbandsarbeit
Der Verbandsvorsitzende Georg Zwenke betonte in seinem Geschäftsbericht die sinkende Apothekenzahl. Bei der langfristigen Entwicklung müsse auch der Zuwachs der Bevölkerung beachtet werden. Außerdem berichtete Zwenke über „zähe“ Vertragsverhandlungen mit der AOK Nordwest, zunehmende Retaxationen bei Hilfsmitteln und Klagen des Verbandes zum seit über zehn Jahren dauernden Streit über die Taxierung der BtM-Gebühr beim Sichtbezug. Beim Entlassmanagement gebe es sogar unterschiedliche Auslegungen durch den AV Schleswig-Holstein und den Deutschen Apothekerverband. |
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