Prisma

Kopf ab!

Vom Geheimnis der Regeneration im Tierreich

Foto: matuty/AdobeStock

Manche Planarienarten, eine Ordnung der Plattwürmer, können ihren Kopf nachwachsen lassen.

mp | Einige Lebewesen wachsen nach, selbst wenn sie einen Großteil ihrer Biomasse verloren haben. Pflanzen gehören dazu. Aber auch manche Wirbellose wie die Planarien, eine Ordnung der Plattwürmer. Sie haben einen Kopf mit Mund, Augen und einem Nervensystem, das sich zu einer Art Gehirn bündelt. Einige Arten der Planarien können in viele Teile zerstückelt werden, und aus jedem wächst ein neuer Wurm mitsamt Kopf. Anderen Planarien-Arten fehlt diese Fähigkeit. Diese Besonderheit bescherte den Würmern die Aufmerksamkeit der Forscher am Max-Planck-Institut in Göttingen. Denn Wirbeltiere, die in der Evolution später entstanden sind, haben die Fähigkeit zu regenerieren weitestgehend verloren. Der Eidechsenschwanz ist eher Ausnahme als Regel. Warum schien es irgendwann von Vorteil zu sein, nicht mehr nachwachsen zu können? Um diese Frage zu beantworten, lautete für 40 verschiedene Planarien-Arten das Urteil „Ab mit dem Kopf!“. Die Forscher machten sie unter standardisierten Bedingungen einen Kopf kürzer und verglichen so ihre Regenerationsfähigkeit. Einige Arten waren gut im Nachwachsen, andere kaum, eine dritte Gruppe konnte Körperteile eingeschränkt ersetzen. Die Forscher fanden heraus, dass sich Arten mit guter Regenerationsfähigkeit ungeschlechtlich vermehren, indem sie sich einfach aufspalten. Arten die kaum regenerierten, setzen auf den geschlechtlichen Weg. Die dritte Gruppe nutzte beide Möglichkeiten. Dabei scheint der sogenannte „Wnt-Signalweg“ entscheidend zu sein. Deaktivierten die Forscher den Signalweg, konnten einige Würmer ihren Kopf regenerieren, obwohl sie zuvor nicht dazu in der Lage waren. Dafür schien aber die geschlechtliche Fortpflanzung behindert zu werden. Die Forscher vermuten nun: Im Laufe der Evolution könnte die geschlechtliche Fortpflanzung über den Wnt-Signalweg in gewisser Konkurrenz zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung, und damit der Regeneration, gestanden haben. Die geschlechtliche Fortpflanzung, die mehr Varianz in den Genpool brachte, schien für viele Arten wichtiger zu sein als der nachwachsende Kopf. |

Literatur

Vila-Farré M et al. Evolutionary dynamics of whole-body regeneration across planarian flatworms. Nat Ecol Evol 2023, https://doi.org/10.1038/s41559-023-02221-7

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