DAZ aktuell

Neue Produktgruppe 30 stiftet Chaos

Hilfsmittel zum Glucose-Management derzeit in vielen Fällen ungeregelt

gg/ral | Die Abgabe von Lanzetten und anderen Hilfsmitteln zur Glucose-Überwachung stellt die Apotheken in Deutschland derzeit vor massive Probleme. Der Grund ist die neue Produktgruppe 30, die für derartige Hilfsmittel neu eingeführt wurde und der Umstand, dass viele Kassen es versäumt haben, ihre Verträge entsprechend anzupassen. Die Abgabe von Hilfsmitteln an Diabetiker ist damit in vielen Fällen ungeregelt.

Seit dem 1. September ist in der Warenwirtschaft die neue Produktgruppe PG 30 hinterlegt. Bereits zum 1. Juni 2023 hat der GKV-Spitzenverband diese neue Produktgruppe in das Hilfs­mittelverzeichnis eingeführt: PG 30 umfasst Hilfsmittel zum Glucose-Management. Darunter fallen auch Hilfsmittel, die zuvor den Produktgruppen 03 (Applikationshilfen) oder 21 (Messgeräte für Körperzustände/-funktionen) zugeordnet waren. Die Umgruppierung bringt einige Schwierigkeiten mit sich.

Foto: Gecko Studio/AdobeStock

Wie abrechnen? Hilfsmittel für Diabetiker bereiten derzeit große Probleme.

Lanzette ist nicht mehr gleich Lanzette

Wie der Apothekerverband Schleswig-Holstein (AVSH) in einem Rundschreiben mitgeteilt hat, habe die ABDATA den Deutschen Apothekerverband darüber informiert, dass zum 1. September insgesamt rund 2900 Pharmazen­tralnummern eine neue Abrechnungsnummer erhalten, da sie jetzt der Produktgruppe 30 zuzuordnen seien. „Das bedeutet beispielsweise für die Versorgung mit Lanzetten zur Insulin-Therapie: Die Lanzetten werden nun je nach Einsatzgebiet unterschieden“, schreibt der AVSH – je nachdem, ob sie für die Überwachung der Blutgerinnung oder für die Insulin-Therapie gedacht sind.

Die Neuordnung hat gravierende Folgen: „Da es sich hierbei – anders als bei bisherigen Umgruppierungen – teilweise um eine Umwidmung und parallel dazu Neuschaffung handelt, ergibt sich daraus das Erfordernis zur Anpassung aller Hilfsmittelverträge“, erläutert der Verband.

Die Betriebskrankenkassen und die Knappschaft haben die neue Produktgruppe bereits in ihre Hilfsmittelverträge aufgenommen, andere Kassen wie DAK, IKK classic, IKK Innovationskasse und die AOK Nordost akzeptieren das Fortgelten der bisherigen Regelungen der PG 03 und 21 auch für die neue PG 30. Die Antworten vieler weiterer Kostenträger stehen allerdings noch aus – darunter Schwergewichte wie die Techniker Krankenkasse, Barmer, KKH und andere. Für diese Krankenkassen sind derzeit offenbar keine Preisberechnungen mehr für z. B. Penkanülen und Lanzetten zur Insulintherapie in der Warenwirtschaft hinterlegt. „Wir empfehlen Ihnen, bis zur Klärung einen Kostenvoranschlag bei der jeweiligen Krankenkasse einzureichen“, rät der AVSH.

Wie gehen Apothekenteams mit der Situation um?

Einige Kolleginnen und Kollegen haben bereits angekündigt, die betroffenen Hilfsmittel von den Patienten selbst zahlen zu lassen und diese zu bitten, sich das Geld von ihrer Kasse zurückzuholen. Andere überlegen, den Ver­sicherten die Kostenvoranschläge zu übergeben, damit sie diese genehmigen lassen. So oder so: Die ungeklärte Situation rund um die neue PG 30 dürfte an den HV-Tischen bundesweit für unangenehme Diskussionen sorgen. |

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