Arzneimittel und Therapie

Optimale Therapiedauer für Kinder mit Harnwegsinfekt gesucht

Kurze Antibiose ist einen Versuch wert

cel | Kann bei Kindern mit Harnwegsinfektionen eine antimikrobielle Behandlung von nur fünf Tagen ausreichen, um die Symptome ausreichend zu verbessern? Da bisher nur wenige pädiatrische Vergleichsdaten vorliegen, befasste sich eine rando­mi­sierte klinische Studie mit dieser Frage.

Leiden Erwachsene an Harnwegs­infektionen und sollen antibiotisch behandelt werden, ist – zumindest bei unkomplizierter Infektion – eine kurzzeitige Therapie zu bevorzugen, je nach Antibiotikum ein Tag (Fosfo­mycin), drei (Pivmecillinam, Trimethoprim), fünf (Nitrofurantoin retard, Nitroxolin) oder sieben Tage (Nitro­furantoin). Und bei Kindern? Die US-amerikanische Leitlinie rät derzeit für Säuglinge und Kleinkinder zwischen zwei Monaten und zwei Jahren zu einer sieben- bis zehntägigen oralen Antibiose. Die deutsche Leitlinie empfiehlt eine intravenöse antibakterielle Therapie für mindestens drei Tage bei Säuglingen unter drei Monaten, gefolgt von einer oralen Antibiose und einer Gesamttherapiedauer von sieben bis 14 Tagen. Geht das auch kürzer – ohne Effektivitätseinbußen?

Foto: Pixel-Shot/AdobeStock

Bei fiebrigem Harnwegsinfekt kann eine Kurzzeit-Antibiose in Betracht gezogen werden.


In der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Nichtunterlegenheitsstudie ver­glichen Wissenschaftler eine orale Kurzzeit-Antibiose (fünf Tage) mit der Standardtherapie (zehn Tage) bei 693 Kindern im Alter von zwei Monaten bis zehn Jahren, die nach fünf Tagen antimikrobieller Therapie (Amoxi­cillin-Clavulansäure, Cefixim, Cef­dinir (in Deutschland nicht erhältlich), Cephalexin oder Trimethoprim-Sulfamethoxazol) eine klinische Besserung zeigten (keine Symptome einer Harnwegsinfektion, fieberfrei). Die Kinder erhielten sodann entweder für fünf weitere Tage ihr Antibiotikum oder Placebo. Primärer Endpunkt war das Therapieversagen, das heißt das Auftreten einer Harnwegsinfektion zwischen Tag sechs und einer erneuten Vorstellung an Tag elf bis 14.

Insgesamt wurde bei zwei Kindern (0,6%) unter Standard-Antibiose und 14 Kindern (4,2%) unter Kurzzeit-Antibiose eine Harnwegsinfektion zwischen dem sechsten und 14. Studientag diagnostiziert, und es lag ein Therapie­versagen vor (Nichtunterlegenheit verfehlt). Eine fiebrige Harnwegsinfektion traf ein Kind (0,3%) unter Standard-Antibiose und sechs Kinder (1,8%) mit kurzer antibiotischer Therapie. Zudem war das Risiko einer symptomatischen Bakteriurie oder einer positiven Urinkultur um 5,3% (95%-Konfidenzintervall [KI] = 1,7 bis 8,9%) bzw. 10,4% (95%-KI = 6,6 bis 14,2%) für diejenigen Kinder höher, die lediglich eine kurze, fünftägige Antibiose erhalten hatten (sekundäre Endpunkte). Für das Therapieversagen spielte es keine Rolle, ob die Kinder bei Erstdiagnose der Harnwegsinfektion fiebrig waren oder nicht. Das Therapieversagen war zudem unabhängig vom Alter der Kinder, dem eingesetzten Antibiotikum und dem Studienort.

Keine Unterschiede gab es in Bezug auf die Nebenwirkungen. Die Number needed to treat lag bei 28, das heißt: 28 Kinder müssten fünf zusätzliche Tage Antibiotika erhalten, damit ein Therapieversagen verhindert würde. Nach Absetzen der antimikrobiellen Therapie kam es bei neun von 328 Kindern (2,7%) unter Standard-Anti­biose und 14 von 336 Kindern (4,2%) mit fünftägiger Antibiose zu einer Harnwegsinfektion – der Unterschied machte hier nur 1,4% aus (Post-hoc-Analyse), was die Wissenschaftler mit „ähnlichen Raten“ beschreiben.

Kurzzeittherapie statistisch unterlegen, dennoch sinnvoll

Zwar konnte diese Studie nicht belegen, dass eine kurze, fünftägige Antibiotikagabe bei Kindern mit Harnwegsinfektionen einer längeren mit zehn Tagen nicht unterlegen ist. Dennoch könne die Kurzzeittherapie laut den Autoren eine „sinnvolle Option für Kinder“ sein, die nach fünf Tagen antimikrobieller Behandlung eine klinische Verbesserung aufweisen: Ein Behandlungsversagen trat auch in der Kurztherapie-Gruppe nur „selten“ auf, und die Raten einer erneuten Harnwegsinfektion seien neun Tage nach Therapieende bei kurzer und längerer Antibiose „ähnlich“ gewesen, schlussfolgern die Wissenschaftler. |

 

Literatur

Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Interdisziplinäre S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie (Hrsg.) unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-Register-Nr. 043/044, Stand: April 2017 

Mattoo TK, Shaikh N, Nelson CP. Contemporary Management of Urinary Tract Infection in Children. Pediatrics (2021) 147 (2): e2020012138, doi.org/10.1542/peds.2020-012138 ;

Harnwegsinfektionen im Kindesalter – Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. S2k-Leitlinie unter Federführung der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und des Arbeitskreises Kinder- und Jugendurologie in der Deutschen Gesellschaft für Urologie unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften, AWMF-Register-Nr. 166-004, Stand: August 2021 

Zaoutis T et al. Short-Course Therapy for Urinary Tract Infections in Children - The SCOUT Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr 2023;e231979, doi:10.1001/jamapediatrics.2023.1979

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