DAZ aktuell

Entlassrezepte als Retaxfalle

Wie mit den Rezepten aus Kliniken retaxsicher umzugehen ist

gbg/jr | Fehlerhaft ausgefüllte Entlassrezepte sind Retaxfallen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat nun Tipps veröffentlicht, wann Rezepte noch heilbar sind und unter welchen Gegebenheiten Entlass­rezepte als Privatrezepte behandelt werden dürfen.

Entlassrezepte zu beliefern, duldet zumeist keinen Aufschub: Die Patienten sind frisch aus der Klinik entlassen und benötigen die verschriebenen Arzneimittel sofort. Fehlerhaft ausgestellte Entlassrezepte stellen die Apothekenteams daher vor besondere Herausforderungen: Sie müssen die Menschen schnellstmöglich versorgen, können das aber oft nicht retaxsicher. Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass zwischen Krankenhäusern, Vertragsärzten und Krankenkassen seit Anfang Juli eine neue Vereinbarung gilt, die auch das Ausstellen von Entlassrezepten berührt, sich aber nicht aufseiten der Apotheken spiegelt. Denn eine entsprechende Änderung der Anlage 8 zum Rahmenvertrag hatte der Deutsche Apothekerverband im April abgelehnt – sämtliche Gespräche mit dem Vertragspartner, dem GKV-Spitzenverband, führten seither zu keiner Einigung.

Auf formale Fehler muss geprüft werden

Welche Möglichkeiten bleiben nun dem pharmazeutischen Personal, wenn ein Patient ein fehlerhaft aus­gestelltes Entlassrezept vorlegt? Mit dieser Frage hat sich der DAV intensiv beschäftigt. Dessen rechtliche Einschätzung und Handlungsempfeh­lungen hat der Apothekerverband Schleswig-Holstein (AVSH) in einem Rundschreiben zusammengefasst.

Um die gründliche Prüfung auf for­male Fehler kommt die versorgende Apotheke demnach nicht herum. Denn ist das Entlassrezept korrekt ausgestellt, greift das Sachleistungsprinzip in Verbindung mit dem Kontrahierungszwang, heißt es in dem Rundschreiben. „Wenn die Entlassverordnung ordnungsgemäß ist und alle gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen erfüllt, kann diese nicht als Privatrezept behandelt werden“, so die klare Ansage.

Wann darf ein Entlassrezept als Privatrezept behandelt werden?

Wenn jedoch das Entlassrezept fehlerhaft und gleichzeitig unheilbar ist und eine neue, fehlerfreie Verordnung nicht beschafft werden kann, darf das Entlassrezept als Privatrezept behandelt werden. „Das Sachleistungsprinzip steht diesem Vorgehen dann nicht entgegen.“ Ein Entlassrezept ist demnach als unheilbar fehlerhaft anzusehen, wenn es entweder einen formalen Mangel aufweist, den die Apotheke nicht heilen kann, oder es einen formalen Mangel aufweist, den die Apotheke nur nach Rücksprache mit der verordnenden Person ändern kann und diese Person nicht erreichbar ist. Mindestens ein Kontaktversuch mit der verordnenden Person sei erforderlich.

Heilbare Fehler

Folgende formale Fehler kann die Apotheke dem Schreiben zufolge heilen:

  • Fehlt im Statusfeld das Kennzeichen „4“, darf die Apotheke dieses selbstständig ergänzen.
  • Ist die letzte Ziffer im Statusfeld keine „4“, kann die Apotheke dies nach Rücksprache mit der verordnenden Person ändern.
  • Fehlt die Arztnummer, darf die Apotheke dieses mit der Arztnummer aus dem Stempel oder bei Reha-Einrichtungen auch mit der Pseudo-Arztnummer „4444444“ plus Fachgruppencode „00“ befüllen.
  • Fehlt die Betriebsstättennummer (BSNR), kann die Apotheke diese entsprechend der Nummer in der Codierleiste ergänzen.
  • Stimmt die Betriebsstättennummer im Personalienfeld nicht mit jener in der Codierleiste überein und hat sich die Apotheke bei der verschreibenden Person rückversichert, dass die Betriebsstättennummer in der Codierzeile korrekt ist, darf sie die Nummer im Personalienfeld streichen. In diesem Fall wird mit der Abrechnung nach § 300 SGB V die Betriebsstättennummer aus der Codierleiste übermittelt.
  • Fehlt die Facharztbezeichnung, kann die Apotheke diese nach eigener Vergewisserung ergänzen.

Nimmt die Apotheke eine dieser Änderungen vor, ist diese abzuzeichnen. Zudem rät der Apothekerverband Schleswig-Holstein, gegebenenfalls erforderliche Rücksprachen auf dem Rezept zu vermerken. Auch ein nicht erfolgreicher Rückspracheversuch sollte dokumentiert werden. Wichtig: „Die Apotheke darf nur auf papiergebundenen Verordnungen Korrekturen vornehmen, wenn einzelne Rezept­angaben fehlerhaft oder unvollständig sind“, betont der Verband. Für Entlassverordnungen, die elektronisch aus­gestellt wurden, bestehen demnach die beschriebenen Heilungs- und Korrekturmöglichkeiten nicht.

Damit öffnet der DAV zwar den Apotheken die Tür, ihre Patienten trotz unheilbarer Fehler am Entlassrezept zu versorgen – allerdings zunächst auf Kosten der Versicherten. Der Apothekerverband Schleswig-Holstein verspricht, sich gemeinsam mit dem DAV „für die möglichst ersatzlose Abschaffung jeder Prüfpflicht der Apotheken hinsichtlich der hoch­komplizierten Vorgaben für Entlassverordnungen“ einzusetzen. |

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