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Beratung

Blähungen – wenn Luft zum Problem wird

Wie eine übermäßige Gasbildung im Magen-Darm-Trakt entsteht und was dagegen hilft

Eine übermäßige Gasbildung im Magen-Darm-Trakt löst nicht nur wegen des damit verbundenen Druckgefühls, der Schmerzen, des aufgeblähten Bauchs oder der Darmgeräusche großes Unbehagen aus. Betroffene befürchten außerdem, dass in unpassenden Momenten die Luft durch Aufstoßen entweicht oder Darmgase spontan abgehen. Wenn keine organischen Ursachen vorliegen, die eine ärztliche Abklärung notwendig machen, kann die Beratung in der Apotheke und die Empfehlung lindernder Mittel Abhilfe schaffen. | Dr. Claudia Bruhn

Die Ursachen von Meteorismus und Flatulenz bei Erwachsenen sind vielfältig. Hastig eingenommene Mahlzeiten, schnelles Trinken kohlensäurehaltiger Getränke oder der Verzehr blähender Nahrungsmittel zählen zu den Gründen, die in der Beratung angesprochen werden sollten. Darüber hinaus können Erkrankungen wie das Reizdarmsyndrom oder eine gerade überstandene Gastroenteritis mit Blähungen einhergehen.

Wann zum Arzt?

Blähungen sind in vielen Fällen harmlos. Kolik-artige Schmerzen, ein hartes Abdomen, bereits länger andauernde Beschwerden oder zusätzliche Symptome im Brustraum (Cave: Herzinfarkt) bedürfen jedoch immer der ärztlichen Abklärung. Auch gleichzeitiges Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Fieber oder ein unerklärlicher Gewichtsverlust sind ein Grund, vor der Selbstmedikation den Arzt zu konsultieren.

Nahrungsmittelintoleranzen einfach diagnostizierbar

Unverträglichkeiten von Fructose, Gluten, Histamin oder Lactose können neben anderen Symptomen ebenfalls zu Blähungen führen. Als die Möglichkeiten zu ihrer Diagnostik noch nicht so ausgereift waren wie heute, mussten Betroffene oft einen langen Leidensweg gehen.

  • Bei der Zöliakie handelt es sich um eine Unverträglichkeit von Gluten, die auch erst im Erwachsenenalter, und bei etwa jedem fünften Betroffenen sogar erst jenseits des 60. Lebensjahres, auftreten kann. Gluten ist der Ober­begriff für die Eiweißfraktionen Prolamin und Glutelin, die in Getreidearten wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Hafer, Grünkern und Einkorn vorhanden sind. Durch sie erhält der Teig für Brot und andere Backwerke seine typischen viskoelastischen Eigenschaften, weshalb Gluten auch als Klebereiweiß bezeichnet wird. Als man die Ursachen der Zöliakie noch nicht kannte, war die Sterblichkeit hoch. Dank serologischer und histologischer Untersuchungen ist die Unverträglichkeit heute jedoch recht einfach diagnostizierbar.
  • Bei der Lactoseintoleranz wird der Milchzucker infolge eines Mangels des dafür notwendigen Enzyms Lactase unvollständig oder gar nicht verdaut. Unverdaute Lactose wird dann im Dickdarm von Bakterien, hauptsächlich Laktobazillen und Bifidobakterien, vergoren. Die dabei entstehenden Gase Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan rufen häufig Meteorismus, Flatulenz, Völlegefühl und Bauchschmerzen hervor, seltener sind beispielsweise Obstipation, Kopfschmerzen, Schwindel und chronische Müdigkeit möglich. Goldstandard in der Diagnose der Lactoseintoleranz ist der Wasserstoffatemtest. Er beruht darauf, dass nach Aufnahme von Milchzucker die Wasserstoffkonzentration in der Atemluft bestimmt wird.
  • Bei der Fructosemalabsorption wird Fruchtzucker hauptsächlich wegen der unzureichenden Expression des GLUT5-Transporterproteins im Dünndarm ungenügend resorbiert und deshalb von Darmbakterien vergoren. Schätzungen zufolge verläuft diese Assimilationsstörung bei etwa jedem zweiten Betroffenen asymptomatisch. Bei Verdacht auf eine Fructosemalabsorption ist ein Wasserstoffatemtest nach der Einnahme von 25 Gramm Fructose die Standard-Diagnostikmethode. Zu beachten ist, dass nicht nur Obst, Gemüse und Honig Fructose enthalten. Als preiswertes Süßungsmittel wird sie auch Softdrinks und Fertigprodukten zugesetzt.
  • Leitsymptome der Histaminintoleranz, die auf einem Mangel am Histamin-abbauenden Enzym Diaminoxidase (DAO) in der Dünndarmschleimhaut beruht, sind Magen-Darm-Symptome wie Meteorismus, Bauchschmerzen und krampfartige Diarrhö. Hervorgerufen werden sie durch Stimulation der H1-Rezeptoren im Darm, die zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur führt. Beschwerden treten vor allem nach dem Verzehr von gereiftem Käse, Wein, Bier, geräuchertem Fleisch oder Fisch auf. Betroffene können häufig zusätzlich unter Histamin-vermittelten Symptomen wie Fließschnupfen, Juckreiz und Urtikaria, Kopfschmerzen oder Flush leiden. Zu den diagnostischen Methoden, die bei vermuteter Histaminintoleranz zum Einsatz kommen, zählen vor allem die Bestimmung der DAO-Aktivität, des Methylhistamins im Urin und ein Histamin-spezifischer Pricktest.

Blähungen als Arzneimittel-Nebenwirkung

Zahlreiche Arzneistoffe können unerwünschte Blähungen verursachen. Dazu zählen vor allem Antibiotika, Antidiabetika, Analgetika und Laxanzien wie Lactulose. Deshalb ist im Beratungsgespräch die Abfrage der aktuellen Medikation empfehlenswert. Bei kurzzeitiger Anwendung eines blähenden Arzneistoffs verschwinden die Beschwerden einige Zeit nach dem Behandlungsende. Bei einer Dauermedikation sollte der Arzt konsultiert werden, wenn einfache Mittel der Selbstmedikation (siehe Tabelle) nicht wirken oder nicht vertragen werden.

Selbstmedikation bei Blähungen

Leichte Blähungen ohne weitere verdächtige Symptome können Betroffene mit rezeptfreien Arzneimitteln in Eigenregie behandeln. Die Mittel sind in Form von Tropfen, Tabletten oder Kapseln auf dem Markt und wirken einschäumend, krampflösend und/oder verdauungsfördernd. Einige sind als Kombinationen erhältlich (siehe Tabelle).

Entschäumer sind inerte Substanzen, deren Wirkprinzip auf der Reduktion der Oberflächenspannung von Gasbläschen, die im Speisebrei eingeschlossen sind, beruht. Die Wirk­stoffe gelangen nicht ins Blut und werden deshalb unverändert über den Darm ausgeschieden. Das freigesetzte Gas wird resorbiert oder auf natürlichem Wege ausgeschieden. Pflanzliche Karminativa wie Pfefferminzblätter, Kamillenblüten sowie Anis-, Fenchel- und Kümmelfrüchte werden als Tee oder flüssige Zubereitungen angewendet. Vorsicht ist geboten bei einer Allergie gegen Doldenblütler; Zubereitungen mit Fenchel, Anis und Kümmel sind dann kontraindiziert. Bei Blähungen, die mit krampfartigen Schmerzen verbunden sind, kann kurzzeitig Butylscopolaminiumbromid eingesetzt werden. Vorsicht: Patienten mit Engwinkelglaukom, Herzrhythmusstörungen, Blasenerkrankungen sowie einigen weiteren Erkrankungen dürfen Präparate mit diesem Wirkstoff nicht anwenden. Menschen mit Verdauungsschwäche, die insbesondere nach fettreicheren Mahlzeiten unter Blähungen leiden, kann die Einnahme von Präparaten mit Verdauungsenzymen empfohlen werden. Vorsichtshalber sollte Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden, da diese Mittel bei akuter Pankreatitis kontraindiziert sind.

Prophylaxe von Blähungen

Begleitend zur Abgabe von Karminativa kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein. Dass bestimmte Nahrungsmittel wie praktisch alle Kohlarten, Hülsenfrüchte und Zwiebeln Blähungen hervorrufen können, ist allgemein bekannt. Durch die Zubereitung mit Gewürzen mit ätherischen Ölen wie Kümmel, Anis, Majoran oder Koriander kann deren blähendes Potenzial jedoch verringert werden. Weniger Aufmerksamkeit wird oft den versteckten blähenden Zusatzstoffen wie den Zuckeralkoholen Sorbit, Mannit und Xylit geschenkt, die in Fertigprodukten als Zuckeraustauschstoffe und in Zahnpflegekaugummis enthalten sind. Ein Hinweis auf diese Zusatzstoffe kann daher hilfreich sein. Das Risiko für Blähungen lässt sich ebenfalls durch eine ruhige Einnahme der Mahlzeiten, ausreichendes Kauen der Speisen, das Meiden größerer Mengen kohlensäurehaltiger Getränke oder einen Spaziergang nach dem Essen verringern. |


Literatur

Deutscher Arzneimittel-Codex (DAC) / Neues Rezeptur Formularium (NRF), GOVI-Verlag, 2023

Fach- und Gebrauchsinformationen der genannten Präparate, www.rote-liste.de

Lennecke K, Hagel K: Selbstmedikation für die Kitteltasche. Leitlinien zur pharmazeutischen Betreuung. 7., aktualisierte und erweiterte Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2021

Neubeck M: Evidenzbasierte Selbstmedikation. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage, Deutscher Apotheker Verlag 2021

Smollich M, Vogelreuter A: Nahrungsmittelunverträglichkeiten. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2018

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin. Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

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