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„Apothekenleiter ist keine selbstgewählte Strafe“

BAK-Präsident Thomas Benkert zu Problemen und Chancen des Berufsstandes

jb | Der Pharmacon ist zurück in Schladming! Nach zwei Jahren Pandemiepause treffen sich die fortbildungswilligen Apothekerinnen und Apotheker wieder zur Winterfortbildungswoche der Bundes­apothekerkammer (BAK). In seiner Eröffnungsrede sprach BAK-Präsident Thomas Benkert die aktuellen Probleme des Berufsstandes an, aber auch die Chancen, die die pharmazeutischen Dienstleistungen bieten, unter anderen den Nachwuchs für die Arbeit in der Apo­theke zu begeistern.

„Yes we can“– dieser Satz, dem der ehemalige US-Präsident Barack Obama zu großer Popularität verholfen hat, zog sich wie ein roter Faden durch Benkerts Eröffnungsrede. In seinen Augen trifft das auf das Management der Lieferengpässe zu, für das die Politik allerdings dringend, wie bereits im Koalitionsvertrag versprochen, Lösungen finden muss.

Foto: DAZ/ck

„Yes we can“: Unter dieses Motto stellte BAK-Präsident Thomas Benkert seine Eröffnungsrede beim diesjährigen Pharmacon Schladming.

Inakzeptable Vergütung

So begrüßte Benkert zwar die Aussetzung der Festbeträge für 180 Kinderarzneimittel. Aber ob dies als Maßnahme zu einer deutlichen Verbes­serung der Situation führen wird, sei angesichts der Vorläufe für die Produktion der Arzneimittel dahin­gestellt, so Benkert. Ebenso sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die Apo­theken für ihren Aufwand im Zusammenhang mit den Engpässen eine Vergütung erhalten sollen. Allerdings seien die vorgeschlagenen Rahmen­bedingungen für diese Aufwands­pauschale nicht akzeptabel. Ganz zu schweigen von der vorgesehenen Vergütung in Höhe von 50 Cent, die nicht einmal die Kosten für das Telefonat mit dem Arzt abdeckten.

Klagen auf Dauer nicht hilfreich

Und damit sei es ja bekanntermaßen nicht getan. Auch die Erhöhung des Kassenabschlags, die gestiegenen Kosten, die Apotheken nicht weitergeben können und dass sie seit Jahren von der allgemeinen Preisentwicklung abgeschnitten sind, sprach Benkert an und bemühte dabei mehrfach das viel zitierte Bild von der ausgepressten Zitrone. „Doch auch wenn der Alltag in unseren Apotheken derzeit sicher schwierig ist,“ leitete Benkert zu den in seinen Augen positiven Entwicklungen über. „Klagen ist zwar ein ab und an hilfreiches Ventil, um seinem Unmut Luft zu machen. Als ‚Dauertherapie‘ ist es in vielfältiger Hinsicht ungeeignet.“ Die Apothekerschaft habe in den vergangenen drei Jahren in besonderem Maße gezeigt, warum sie für eine gute Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar ist. Man habe die Ärmel hochgekrempelt und einfach gemacht ohne lange Vorlaufzeiten – „yes, we can! Darauf können wir stolz und selbstbewusst blicken. Und genau so sollten wir es auch weiterhin machen. Jetzt stehen wir wieder vor einer neuen Herausforderung. Und diese ist für mich eine schöne Herausforderung, geht es doch um unsere ureigensten Kompetenzen“.

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Blumen zum Abschied (v. l.): Prof. Dr. Rolf Daniels, Dr. Birgid Merk, Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe und Ulrike Teerling (krankheitsbedingt nicht auf dem Bild) scheiden aus dem wissenschaftlichen Beirat der BAK aus. Thomas Benkert bedankte sich beim Pharmacon für ihr langjähriges Engagement.

Dienstleistungen als Schritt in die richtige Richtung

Damit meinte der BAK-Präsident die pharmazeutischen Dienstleistungen. „Mit denen haben wir einen großen Schritt in Richtung einer neuen Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten gemacht. Wir können eigenverantwortlich bestimmte Leistungen anbieten, die die Arznei­mitteltherapie besser und sicherer machen.“ Benkert ist der Auffassung, dass jede Apotheke diese anbieten kann – ein bisschen Planung vorausgesetzt. Daher sein Appell: „Packen wir es an und bieten unseren Patientinnen und Patienten diese pharmazeutischen Dienstleistungen an. Yes we can. Ich bin überzeugt davon, dass diese den Mehrwert ‚ihrer‘ Apotheke zu schätzen wissen.“

Den Nachwuchs damit begeistern

Doch nicht nur die Patienten, erklärte der BAK-Chef weiter: „Auch wir wissen den Mehrwert zu schätzen. Wir bieten einen pharmazeutischen Mehrwert an, den wir schon seit Langem eingefordert haben,“ so Benkert. Und das ist es, was in seinen Augen den Beruf für den Nachwuchs interessant macht. Umfragen bei den jungen Approbierten zeigten, dass diese den Patienten einen pharmazeutischen Mehrwert bieten wollen, und dazu gehörten zwangsläufig die pharmazeutischen Dienstleistungen. „Wenn wir Nachwuchs für die öffentliche Apotheke gewinnen wollen, dann müssen wir diese jungen hoch motivierten Menschen dafür begeistern.“ Er ist davon überzeugt, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen zu eben dieser Begeisterung ein gutes Stück beitragen.

Apothekenleitung bietet Gestaltungsmöglichkeiten

Er wolle den Nachwuchs aber auch begeistern, Apothekenleiter zu werden. „Diese Funktion ist ‒ trotz aller Mühen und Probleme ‒ keine selbstgewählte Strafe. Sie ist die Chance, den Heilberuf Apotheker in seiner Apotheke mit Gestaltungsmöglichkeiten auszuüben, die man andernorts so nicht hat,“ erklärt Benkert. Er plädiert daher dafür, dem Nachwuchs Mut zu machen und ihm Zuversicht zu geben für eine Tätigkeit in der Apotheke ‒ sei es angestellt oder auch selbstständig. „Rufen wir ihnen zu: „yes, you can!“

Positive Entwicklung beim Thema Impfen

Die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen sei die logische Konsequenz einer etwa 30-jährigen Entwicklung, denn so lange habe es seit dem ersten Gedanken gedauert. Auch das Impfen in den Apotheken, dessen Umsetzung mit drei Jahren deutlich schneller umgesetzt wurde, gehört für Benkert zu den positiven Entwicklungen. Weder Impfungen noch Dienstleistungen wären bei den Ärzten auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Während das bei den Impfungen erwartbar gewesen ist, hat ihn das bei den Dienstleistungen überrascht. „Es ist bedauerlich, dass diese als Angriff auf die ärztliche Therapie­hoheit verstanden werden. Das sind sie nämlich keineswegs. Ich kann nur jedem empfehlen, sich in Sachsen oder Thüringen über das Modellvorhaben ARMIN zu informieren“, so Benkert. „Ein Baustein war das Medikationsmanagement, bei dem Apotheker und Arzt erfolgreich zusammengearbeitet haben. Und das muss unser Ziel sein ‒ die erfolgreiche, kollegiale Zusammenarbeit zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“

Und weil die Grundlage für all dies die pharmazeutische Kompetenz sei, sei man zum Pharmacon-Kongress nach Schladming gekommen, spann er den Bogen zurück zur Veranstaltung, die er daraufhin für eröffnet erklärte. |

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