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Beratung

Rundum gut behandelt

Mykosen der schwangeren und stillenden Frau

Pilzerkrankungen jeder Art stellen keine Seltenheit in der Apotheke dar. Kniffelig wird es erst, wenn die betroffene Frau berichtet, dass sie aktuell schwanger ist oder stillt. Welche Wirkstoffe Sie bedenkenlos bei Hautpilz abgeben können, welche Medizinprodukte bei Vaginalmykose nur nach ärztlicher Rücksprache verwendet werden dürfen und die Diskussion über die Existenz des Brustwarzensoors lesen Sie im Folgenden. | Von Marina Buchheit-Gusmão 

„Seit ich schwanger bin und regelmäßig schwimmen gehe, leide ich noch häufiger unter Fußpilz als sonst. Kann ich denn die gleiche Creme verwenden, die ich zuvor immer bei Ihnen gekauft habe?“, fragt Frau Müller ratlos. Mit diesem Schicksal steht die junge Frau nicht alleine da, denn: Mykosen, also durch Pilze hervorgerufene Infektionskrankheiten, sind aufgrund des allgemein heruntergefahrenen Immunsystems in der Schwangerschaft keine Seltenheit. Unterschieden wird zwischen endogenen Mykosen, die durch physiologisch auf dem Menschen vorkommende Pilze hervorgerufen werden, und exogenen Mykosen. Während etliche lokale Therapien möglich sind, gelten systemische Antimykotika in der Regel während der Schwangerschaft und Stillzeit als kontraindiziert. So ist bekannt, dass systemisch angewandte Azole die Plazentaschranke passieren und in hohen Dosen teratogen wirken. Allenfalls die besser untersuchten Wirkstoffe Fluconazol und Itraconazol können nach strenger Nutzen-­Risiko-Analyse möglichst nach dem ersten Trimenon unter ärztlicher Kontrolle mittels Ultraschalldiagnostik eingesetzt werden. Aufgrund der geringen oralen und lokalen Resorption ist die Anwendung von Amphotericin B (z. B. Ampho-­Moronal® Susp., verschreibungspflichtig) in der Schwangerschaft akzeptiert – bei lebensbedrohlichen Mykosen auch in parenteraler Form unter regelmäßiger Ultra­schalldiagnostik.

Hautpilz adé

Doch zurück zu Frau Müller. Nachdem sie im Beratungsgespräch die typischen Symptome des Fußpilzes (Tinea pedis) wie Jucken, Rötung und Schuppung, die von den Zehenzwischenräumen ausgeht, schildert, erfahren Sie in der Kundenkartenhistorie, dass sie zuletzt ein Terbinafin-haltiges Präparat bei Ihnen in der Apotheke erworben hat. Das zur Gruppe der Allylamine gehörende Antimykotikum hemmt die Ergosterol-Biosynthese auf Stufe der Squalenepoxidase und tötet den Pilz durch Ansammlung von Squalen. Ein kurzer Check auf der Homepage des Pharmakovigilanz – und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin (Embryotox) verrät Ihnen, dass Terbinafin in die Kategorie „grau“, also zu den Arzneimitteln, zu denen es widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse für die Verwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit gibt, eingeordnet wird. Zwar fällt die Resorption von Terbinafin nach dermaler Anwendung mit weniger als 5% relativ gering aus, und eine systemische Exposition ist nicht zu erwarten. Dennoch sollte die Anwendung nur nach strenger Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen (s. Tab. 1). Mittel der ersten Wahl bei Hautmykosen in der Schwangerschaft – und auch in der darauffolgenden Stillzeit – stellen die beiden ebenso in die Ergosterol-Biosynthese eingreifenden Azol-Antimykotika Clotrimazol und Micon­azol, sowie bei gesicherten Candida-Infektionen das Polyen-Antimykotikum Nystatin, das durch Komplexbildung mit Sterolen der Zytoplasmamembran deren Permeabilität erhöht und Kalium-Verlust zur Folge hat, dar. Alle anderen Antimykotika gelten als zweite Wahl (s. Tab. 1). So konnten in einer Untersuchung mit 5710 Schwangeren keine negativen Auswirkungen auf die Schwangerschaft oder die Gesundheit des Föten unter Clotrimazol gesehen werden. Da unter vaginaler Anwendung im ersten Trimenon Verdachtsmomente auf ein erhöhtes Spontanabort-Risiko aufkamen, raten die meisten Fachinformationen aus Sicherheitsgründen von einer Anwendung im ersten Trimenon ab. Während Clotrimazol bei dermaler sowie vaginaler Anwendung etwa zu 3 bis 10% resorbiert wird, fallen die Resorptionsraten von Miconazol (< 1%) und Nystatin (keine Resorption aufgrund der Molekülgröße zu erwarten) noch geringer aus. Neben dem Tragen von Badeschuhen und dem Tipp, die Füße gut zu trocknen sowie getragene Socken auszukochen und die Schuhe zu desinfizieren, sollte Frau Müller auch darauf hingewiesen werden, die Fußpilz-Therapie konsequent durchzuführen, um ein Übergreifen der Mykose auf andere Regionen, wie beispielsweise die Nägel, zu vermeiden.

Bei Nagelpilz kaum Therapieoptionen

Die Onychomykose betrifft sowohl Finger- als auch Zehennägel, wird in Europa vor allem durch Dermatophyten verursacht und hat keine Selbstheilungstendenz. Die aktuelle Leitlinie rät bei leichten oder moderat ausgeprägten Infektionen (weiße oberflächliche Onychomykose, maximal 40% der Nageloberfläche betroffen und/oder maximal drei von zehn Zehennägeln) nach der atraumatischen Nagelabtragung zu einer Lokaltherapie mit antimykotisch wirksamem Nagellack (Ciclopirox, Terbinafin oder Amorolfin), bei mittelschweren und schweren Onychomykosen in Kombination mit oral eingesetztem Fluconazol, Itraconazol oder Terbinafin. Nagelmykosen weisen laut Experten keine hohe Dringlichkeit einer Behandlung auf, deshalb sollte eine systemische Behandlung in der Schwangerschaft und Stillzeit generell vermieden werden. Da ausreichende Daten für die Anwendung von Terbinafin, Amorolfin und Ciclopirox in der Gravidität fehlen und da auch die lokale Nagellack-Therapie einer eindeutigen Diagnose bedarf und sich über mehrere Monate erstreckt, darf sie in Schwangerschaft und Stillzeit nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes erfolgen (s. Tab. 1). Nach Abhau ist eine lokale Therapie mit Bifonazol und Harnstoff dabei aus pharmazeutischer Sicht am ehesten geeignet [Abhau A. 2021]. Ein 2022 im Breastfeeding Medicine erschienener Artikel verweist zudem auf die Kombination einer Lokaltherapie mit Phototherapie als Therapie der Wahl während der Stillzeit, die sich aber bisher als relativ teuer und schwierig durchzuführen darstellt.

 

Vaginalmykosen ernst nehmen

Mit am häufigsten treten Mykosen bei Schwangeren im Genitalbereich auf: So erkrankt laut Embryotox etwa jede dritte Schwangere an einer Vaginalmykose und leidet an Juckreiz, Brennen, Rötung und nicht riechendem Ausfluss. Geschuldet ist dies der hormonell bedingten Verschiebung des pH-Werts in der Vagina, die eine veränderte Flora zur Folge hat und so das Wachstum von Candida-Spezies, meist Candida albicans, begünstigt. Aufgrund des antimykotisch wirksamen Fruchtwassers ist ein Aufsteigen der Vaginalmykose eher selten. Um eine Übertragung auf das Neugeborene während der Geburt und das damit erhöhte Risiko für Mundsoor und Windeldermatitis in den ersten Lebenstagen zu verhindern, wird empfohlen, in den letzten sechs Wochen der Schwangerschaft auch asymptomatische Candida-Kolonisationen zu behandeln. Zudem sind Vaginalmykosen peripartal mit einem erhöhten Risiko für Vaginalverletzungen, Wochenbettinfektionen und schlechtere Wundheilung assoziiert. Schwangere sollten bei Vaginalmykosen immer einen Arzt aufsuchen, um dort eine fundierte Diagnose zu erhalten. Leichtere Infektionen werden dann sowohl intravaginal als auch äußerlich behandelt. Bei der intravaginalen Anwendung sollten Präparate ohne Applikatoren verwendet werden, um ein mögliches Verletzungsrisiko während der Anwendung zu verringern. Am besten geeignet sind Vaginaltabletten oder Ovula, die sich ohne Applikator leicht applizieren lassen. Mittel der Wahl bei Vaginalmykosen in Schwangerschaft und Stillzeit ist Clotrimazol. Ebenso wie bei dermaler Anwendung kann bei vaginaler Applikation von einer Resorptionsrate von 3 bis 10% ausgegangen werden. Während aufgrund von einzelnen Verdachtsmomenten für ein möglicherweise erhöhtes Spontanabort-Risiko viele Fachinformationen eine Anwendung von Clotrimazol im ersten Trimenon in der Selbstmedikation kritisch sehen und auf den Arzt verweisen, rät die aktuelle Leitlinie hingegen insbesondere im ersten Trimenon zur lokalen Clotrimazol-Therapie, um das Risiko für Fehlbildungen und einen frühen Abort zu verringern. Die Anwendung von Nystatin ist ebenfalls möglich, scheint aber laut Embryotox während der Schwangerschaft weniger wirksam zu sein. Die orale Therapie mit Fluconazol in der Schwangerschaft ist umstritten. Aus Sicherheitsgründen sollte aufgrund eines möglicherweise erhöhten Fehl­bildungsrisikos eine orale Fluconazol-Therapie in der Frühschwangerschaft möglichst vermieden werden und auf lokale Therapien zurückgegriffen werden.

Laktobazillen nur in Absprache mit dem Arzt

Wie bereits beschrieben, ist das Risiko für Vaginalmykosen in der Schwangerschaft der pH-Wert-Verschiebung geschuldet. Um dieser entgegenzuwirken und die physiologische Scheidenflora zu unterstützen, können milchsäurehaltige und Laktobazillen-haltige Medizinprodukte eingesetzt werden (nachträglich eingefügter Hinweis: Ab Mai 2024 dürfen vaginale Präparate mit lebensfähigen Milchsäurebakterien nicht mehr als Medizinprodukt vertrieben werden, sie benötigen dann eine Zulassung als Arzneimittel). So konnte in einer Studie gezeigt werden, dass durch den vaginalen Einsatz von Lactobacillus plantarum die Wirksamkeit von Clotrimazol erhöht und Rezidive verhindert werden können. In einer anderen randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie an 80 Schwangeren konnte gezeigt werden, dass durch den oralen Einsatz von Laktobazillen, unter anderem Lactobacillus plantarum, die vulvovaginalen Symptome reduziert und das Wiederauftreten der Vaginalmykose verhindert werden kann. Es gilt zu beachten, dass Präparate, die Milchsäure enthalten, während der Schwangerschaft und Stillzeit ohne ärztlichen Rat eingesetzt werden dürfen. Für die Anwendung während der Schwangerschaft von Präparaten, die Milchsäurebakterien enthalten, setzten die Hersteller ausdrücklich die Rücksprache mit dem Arzt voraus (in der Ampeltabelle „Rot“ markiert). Während der Stillzeit dürfen sie hingegen auch ohne ärztliche Rücksprache eingesetzt werden.

Gesund im Mund dank Nystatin

Aufgrund der geringen Resorption ist bei Mundsoor Nystatin Mittel der ersten Wahl (s. Tab. 2). In tierexperimentellen Studien hat Miconazol in hohen oralen Dosierungen ein reproduktionstoxisches Potenzial gezeigt. Inwiefern das auf den Menschen übertragen werden kann, ist nicht bekannt. Aus Sicherheitsgründen sollten Miconazol-haltige Mundgele im ersten Trimenon der Schwangerschaft nicht angewendet werden, im zweiten und dritten Trimenon nur nach Nutzen-Risiko-Analyse durch den Arzt.

Zwar treten Mykosen in Form von seborrhoischer Dermatitis und Kleienpilzflechte (Pityriasis versicolor) bei Schwangeren relativ selten auf, sollen hier der Vollständigkeit halber dennoch aufgeführt werden. Zur Therapie stehen Econazol und Ketoconazol zur Verfügung (s. Tab. 2). Econazol ist Plazenta- und Muttermilch-gängig und hat in präklinischen Versuchen bei Nagetieren fetotoxische Effekte. In den entsprechenden Fachinformationen wird die Relevanz jedoch für den Menschen als gering eingestuft. Trotzdem sollte vor der Anwendung ein Arzt hinzugezogen werden. Ketoconazol ist in oraler Darreichungsform verschreibungspflichtig und ist während der Schwangerschaft und Stillzeit aufgrund der Plazenta- und Muttermilchgängigkeit sowie seinem teratogenen Potenzial kontraindiziert. Zwar ist bei lokaler Anwendung in Form von Shampoos nur von einer geringen Resorption auszugehen, dennoch verweist die Packungsbeilage darauf, das Shampoo in der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit dem Arzt zu verwenden.

Tab. 2: Rezeptfrei erhältliche Mykose-Fertig­arzneimittel (Auswahl)
Wirkstoff
Fertigarzneimittel (Beispiel)
Anwendungshinweise
Mund/Rachen-Therapeutika
Miconazol
Infectosoor® Mundgel
viermal täglich 2 ml
Nystatin
Adiclair® Mundgel
drei- bis sechsmal täglich 1 g, bei schweren Fällen alle zwei Stunden
Hautpilz, Fußpilz
Amorolfin
Loceryl® 0,25% Creme
einmal täglich abends
Bifonazol
Canesten® extra
einmal täglich abends
Clotrimazol
Canesten® Creme
zwei- bis dreimal täglich
Econazol
Epi-Pevaryl® 1% Creme
zweimal täglich
Miconazol
Miconazol acis® Creme
zweimal täglich
Naftifin
Exoderil® Creme, Gel
einmal täglich abends
Nystatin
Moronal® Salbe
ein- bis mehrmals täglich
Sertaconazol
Mykosert® Creme
ein- bis zweimal täglich
Terbinafin
Lamisil® Creme
ein- bis zweimal täglich
Kopfpilz
Econazol
Epi-Pevaryl® Pulver
ein Beutel vor dem Schlafengehen
Ketoconazol
Ketozolin®2% Shampoo
je nach Indikation einmal täglich bis zweimal wöchentlich
Nagelpilz
Amorolfin
Loceryl® Nagellack
einmal wöchentlich
Bifonazol und Harnstoff
Canesten® extra Nagelset Salbe
einmal täglich
Ciclopirox
Ciclopoli® gegen Nagelpilz
einmal täglich abends
Terbinafin
Terbinafin – 1 A Pharma® Nagellack
vier Wochen einmal täglich, danach einmal wöchentlich
Vaginalmykosen
Clotrimazol
KadeFungin®3 Vaginalcreme
dreimal täglich äußerlich, kein Applikator!
Nystatin
Biofanal®Vaginaltabletten
zwei Tabletten vor dem Schlafen einführen
Laktobazillen
Vagisan® Probioflora Milchsäure-Bakterien Vaginalkapseln
einmal täglich vor dem Schlafen einführen
vaginal angewandte Medizinprodukte zur Wiederherstellung der Scheidenflora
Milchsäure
KadeFungin® Milch­säurekur
einmal täglich vor dem Schlafen einführen
Milchsäure
Vagisan® Milchsäure Vaginalzäpfchen
einmal täglich vor dem Schlafen einführen

Schwer zu erkennen – Brustwarzensoor

Ungefähr jede fünfte Frau klagt im Laufe der Stillzeit über starke, brennende, stechende Schmerzen während dem Stillen, die von der Brustwarze in die Brust hineinstrahlen. Können andere Ursachen wie Milchstau, bakterielle Infek­tionen, Anlegeprobleme oder ein Vasospasmus der Brustwarze sicher ausgeschlossen werden, steht häufig die Diagnose einer Candida-Infektion der Brustwarze im Raum. Labordiagnostisch ist diese gar nicht so einfach nachzuweisen, da ein Candida-positiver Abstrich der Mamille aufgrund des physiologischen Vorkommens von Candida ssp. auf der Haut kein Nachweis für eine Infektion ist. Lactoferrin und andere immunologische Komponenten wiederum hemmen das Wachstum von Candida ssp. in der Muttermilch, sodass auch bei einem fehlenden Kultur-Nachweis der Muttermilch nicht per se eine Infektion ausgeschlossen werden kann. Inzwischen geht man davon aus, dass nur wenn der stechende Schmerz in Kombination mit einem weißen Belag (C. albicans) oder perlmuttartigem Glanz (andere Candida ssp.) der Brustwarze auftritt, tatsächlich von einem Brustwarzensoor ausgegangen werden kann. Durch den direkten Kontakt mit der Mutter können sich auch beim Kind Mundsoor (weiße, nicht abwischbare Beläge im Mund oder perlmuttartiger Glanz der Mundschleimhaut) sowie eine Windeldermatitis (gerötete, schuppende Haut) zeigen. Hebammen und Ärzte empfehlen, die Brustwarze viermal täglich äußerlich mit Miconazol-Creme einzureiben, gegebenenfalls in Kombination mit Nystatin- oder Clotrimazol-Salbe. Um einen Ping-Pong-Effekt zu vermeiden, muss der Säugling gleichzeitig z. B. mit Miconazol (ab dem vierten Monat zugelassen) behandelt werden. Falls eine lokale Therapie nicht ausreicht, wird zusätzlich orales Fluconazol über zwei bis drei Wochen verordnet. Auch hier muss das Baby weiterhin lokal mit Miconazol- oder Nystatin-haltigem Mundgel behandelt werden, da zwar über die Muttermilch etwa 18% des Fluconazols vom Säugling aufgenommen werden, die Dosis aber zu niedrig ist, um antimykotisch wirksam zu sein. Da sich Soorinfektionen als sehr hartnäckig erweisen können und oft nach kurzer Zeit erneut auftreten, ist es ratsam, Einmalstilleinlagen zu verwenden.
 

Literaturtipp

Gut beraten in Schwangerschaft und Stillzeit

Husten, Heuschnupfen oder Herpes sind in Schwangerschaft und Stillzeit mindestens genauso lästig wie unter normalen „Umständen“. Und doch ist alles anders. Physiologische Besonderheiten des Körpers Schwangerer und Stillender und gleichzeitig die Vulnerabilität des Ungeborenen oder Säuglings stellen besondere Anforderungen an die Auswahl des richtigen, unbedenklichen Arznei­mittels. Gerade im Bereich der Selbstmedikation ist der Informationsbedarf Schwangerer und Stillender groß – Ihre Beratungskompetenz ist gefragt! Dieses umfassende Handbuch ist der Schlüssel dazu:

  • Allgemeine Informationen zur Pharmakotherapie, zu ergänzenden Maßnahmen, Impfungen, Ernährungsfragen und Infektionen in Schwangerschaft und Stillzeit schaffen eine breite Wissensbasis.
  • Das Kernstück des Buches sind die Ampeltabellen mit ganz konkreten Empfehlungen zu Arzneimitteln aller Therapierichtungen. Alle wichtigen Indikationen der Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit sind dort abgebildet. Ausführliche Erörterungen der Einzelbewertungen flankieren die Tabellen.
  • Besondere Specials sind die Rubriken „Der ärztliche Rat“ mit Extratipps vom Gynäkologen und „Exkurs“ mit relevanten Hinweisen zur Anwendung von Rx-Arzneimitteln – und als ultimativ praktisches Tool: die beiliegende HV-Broschüre mit allen Ampeltabellen zum schnellen Nachschlagen für eine erstklassige Beratung!


Annette Abhau
Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit
Handbuch für die Beratung
kartoniert – HV-Broschüre mit Ampeltabellen, XXII, 666 Seiten 17,0 × 24,0 cm, 1. Auflage, 64,00 Euro ISBN: 78-3-7692-5032-9
Deutscher Apotheker Verlag 2021
 

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Es gibt ihn, es gibt ihn nicht …

Es gibt aber auch kritische Stimmen, was Soor-Infektionen der Brustwarze anbelangt. So schreibt die australische, auf Stillen und perinataler psychischer Gesundheit spezialisierte Forscherin Dr. Pamela Douglas in einem narrativen Review, dass es nur wenige Belege dafür gibt, dass die Brustschmerzen tatsächlich von Candida ssp. herrühren. Als kritisch sieht sie zudem die antimykotische Therapie, die zum Teil über lange Zeiträume erfolgt und so neben der weltweiten Resistenzförderung auch die mikrobielle Homöostase zwischen dem Mikrobiom der Brustwarze und dem Mikrobiom des Säuglingsmunds zerstört. Auch die Arbeitsgruppe um Jiménez et al. geht davon aus, dass häufig ohne wissenschaftlichen Beweis ein Brustsoor bei Frauen diagnostiziert wird. In ihrem Versuch mit 529 Frauen mit entsprechender Symptomatik, die neben einer Milchprobe auch einen Abstrich der Brustwarze sowie Biopsieproben der Brustwarze entnommen bekommen hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass Hefepilze bei Schmerzen in der Brust, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle spielen, sondern viel eher verschiedene Staphylokokken und Streptokokken verantwortlich sein dürften.

Ganz anderer Meinung ist hingegen Prof. Dr. Hans-Jürgen Tietz, Institutsleiter und Mikrobiologe der Mycoclinic in Berlin: Er geht davon aus, dass Mykosen der Brust eher unterdiagnostiziert sind [Blaschke-Hellmessen R, 2006 und Blaschke-Hellmessen R et al. 1991]. Um die falsch negativen Pilzkulturen in der Muttermilch zu vermeiden, empfiehlt er die Zugabe von Eisensulfat, welches Lactoferrin hemmt und so die Nachweisquote auf 8,5% erhöht. Am sichersten lässt sich eine Brustwarzen-Mykose jedoch mittels Polymerase-Chain-Reaction (PCR) nachweisen. Während die lokale Therapie mit Miconazol aufgrund der Wirkung gegen gram-positive Streptokokken das Mikrobiom bei Mutter und Kind potenziell stören kann, ist das bei der lokalen Anwendung von Nystatin nicht der Fall. |

Literatur

Aaron Denise M. Tinea pedis (Fußpilz). MSD Manual, Ausgabe für medizinische Fachkreise www.msdmanuals.com/de-de/profi/erkrankungen-der-haut/hautinfektionen-durch-pilze/tinea-pedis-fu%C3%9Fpilz, Stand: September 2021

Abhau A. Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit. Deutscher Apotheker Verlag 2021, 1. Auflage

Ang XY et al. Lactobacilli reduce recurrences of vaginal candidiasis in pregnant women: a randomized, double-blind, placebo-controlled study. J Appl Microbiol 2022;132(4):3168-3180, doi: 10.1111/jam.15158

Blaschke-Hellmessen R. Subpartale Übertragung von Candida und ihre Konsequenzen. Mycoses 2009, Vol. 41. https://doi.org/10.1111/j.1439-0507.1998.tb00598.x

Blaschke-Hellmessen R, Heuker J, Futschik M. Ergebnisse mykologischer Untersuchungen gespendeter Frauenmilch. Kinderärztl Praxis 1191;59:77-80

Cooke G et al. Treatment for recurrent vulvovaginal candidiasis (thrush). Cochrane Database Syst Rev 2022;1(1), doi: 10.1002/14651858.CD009151.pub2

Diagnose und Therapie von Candida Infektionen. S1 Leitlinie. Gemeinsame Empfehlungen der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMykG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). AWMF-Register Nr. 082/005. Stand: Juli 2020

Douglas P. Overdiagnosis and overtreatment of nipple and breast candidiasis: A review of the relationship between diagnoses of mammary candidiasis and Candida albicans in breastfeeding women. Womens Health (Lond). 2021;17, doi: 10.1177/17455065211031480

E-Mail-Korrespondenz mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Tietz bei der Autorin

Fachinformationen der genannten Präparate

Jiménez E et al. iménez et al 2017 Mammary candidiasis: A medical condition without scientific evidence? PLoS One 2017 12(7):e0181071, doi: 10.1371/journal.pone.0181071

Mändar R et al. Impact of Lactobacillus crispatus-containing oral and vaginal probiotics on vaginal health: a randomised double-blind placebo controlled clinical trial. Benef Microbes. 202318;14(2):143-152, doi: 10.3920/BM2022.0091

Mykose. Informationen der DocCheck Community GmbH. https://flexikon.doccheck.com/de/Mykose, Abruf am 13. Juni 2023

Onychomykose. S1-Leitlinie der Deutschen Dermatologische Gesellschaft. AWMF-Register-Nr. 013- 003, Stand: Mai 2022

Philip O. Anderson. Treatment of Nail Fungus While Breastfeeding. Breastfeeding Medicine.Oct 2022.779-780.http://doi.org/10.1089/bfm.2022.0205

Soor im Bereich der Mamille. Informationen des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation. www.stillen-institut.com/de/wunde-mamillen-in-der-stillzeit.html, Abruf am 22. Juni 2023

Tinea der freien Haut. S1-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft. AWMF-Register Nr. 013/002. Stand: Oktober 2008

Vulvovaginalcandidose. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG), Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG), AWMF-Registernr: 015/072, Stand: September 2020

www.embryotox.de, Informationen des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie, Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité – Universitätsmedizin

Autorin

Marina Buchheit-Gusmão, Pharmazeutin und Redakteurin. Sie hat mehrere Jahre in der öffentlichen Apotheke gearbeitet und ist Fachapothekerin ­sowohl für Allgemeinpharmazie als auch für Arzneimittelinformation.

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