Interpharm 2023

„Pille danach“ – keine Zeit verlieren!

Schnelle Einnahme ist wichtig für die Wirksamkeit

js | Auch wenn manche Frauen noch immer nicht wissen, dass es die „Notfallpille“ mittlerweile rezeptfrei gibt: Sie wird schon seit acht Jahren in Apotheken ab­gegeben. Die Beratungsgespräche dazu können herausfordernd sein, auch weil unterschiedliche Situationen auftreten können. Zum Beispiel wenn in der Apotheke ein Brief der Betroffenen von deren Partner vorgelegt wird, in dem nach dem Präparat verlangt wird. Würden Sie in dieser Situation eine „Pille danach“ ab­geben? Wie ein einfühlsames Gespräch gegenüber der Kundin gelingt, welche Fragen gestellt und welche medizinischen Informationen vermittelt werden müssen, erklärte Dr. Ute Koch in ihrem von der Aristo Pharma GmbH unterstützten Vortrag „Status quo Notfallpille: Beraten. Beraten. Beraten“.

In Deutschland stehen zwei verschiedene Wirkstoffe rezeptfrei zur Ver­fügung: Levonorgestrel 1,5 mg (z. B. Levonoraristo®, Pidana) und Ulipristal­acetat 30 mg (z. B. Ellaone®, Ulipristal Aristo®). Levonorgestrel ist ein synthetisches Gestagen und kann bis zu drei Tage (72 Stunden) nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden; der selektive Progesteron-Rezeptormodulator Ulipristalacetat bis zu fünf Tage (120 Stunden) danach. Koch gab einige Hinweise zur Beratung und den Unterschieden der Wirkstoffe.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Ute Koch

Unterschiedliche Mechanismen

Unter anderem ist es aufgrund der unterschiedlichen Wirkmechanismen von Levonorgestrel und Ulipristalacetat wichtig, dass der gleiche Wirkstoff wie zuvor abgegeben wird, falls eine zweite Tablette eingenommen werden muss, weil sich eine Kundin nach der Einnahme erbrochen hat. Ansonsten kann die Wirkung vermindert sein. Das trifft auch dann zu, wenn eine Frau innerhalb eines Zyklus zweimal die „Pille danach“ ein­nehmen muss.

Nimmt eine Patientin CYP3A4-Induktoren ein, sollte man nicht Ulipristal­acetat, sondern Levonor­gestrel abgeben, und zwar zwei Tabletten, falls die Frau keine Kupferspirale verwenden kann oder möchte. Während die Plasmaspiegel von Ulipristal­acetat durch CYP3A4-Indukoren um 90% gesenkt werden, sind es bei Levonor­gestrel nur 50%. Genaueres steht in der Fachinformation.

Schwanger werden kann eine Frau innerhalb des fertilen Fensters, das den Zeitraum von fünf Tagen vor dem Eisprung bis zu einen Tag nach diesem umfasst. Beide Wirkstoffe können den Eisprung nur verzögern oder hemmen. Falls die Ovulation schon stattgefunden hat, sind sie nicht mehr wirksam. Nach einer Zyklusauswertung erfolgt der Eisprung nur bei ca. 12% der Frauen genau am 14. Zyklustag, deshalb kann nicht vorhergesagt werden, wann dieser tatsächlich eingetreten ist. Man solle sich die Diskussion, wann der Eisprung war, sparen, erklärte Koch. Es sei wichtig die „Pille danach“ so schnell wie möglich einzunehmen, deshalb sollte man diese abgeben. Das gelte auch, wenn nicht die Patientin selbst sondern z. B. der Freund der Betroffenen vor dem HV steht.

Wie verhält man sich bei einer Gewalttat?

Koch fragte das Publikum, wie es sich verhalten würde, wenn sich im Laufe des Beratungsgesprächs eine Gewalttat herausstellen sollte. Nach Empfehlung der Bundesapothekerkammer (BAK) soll die „Pille danach“ abgegeben werden. Dem Opfer ist zu raten, sich in eine gynäkologische Nachbehandlung zu begeben. Außerdem empfiehlt die BAK den Hinweis zum Hilfetelefon: Gewalt gegen Frauen (Tel.: 08000 116 016 oder online via www.hilfetelefon.de) bzw. den Frauennotruf (www.frauen-gegen-gewalt.de) und den Hinweis auf die Möglichkeit der anonymen Spurensicherung vor Ort (www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/haeusliche-und-sexualisierte-gewalt/unterstuetzung-fuer-betroffene/anonyme-spurensicherung). Es sollte vor allem deshalb eine Abgabe erfolgen, weil Zeit der entscheidende Faktor bei der „Pille danach“ ist. |

 

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