Interpharm 2023

„Messen Sie die Massen“

„Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ in der Apotheke umsetzen

dab | Trotz antihypertensiver Behandlung hapert es bei einigen Patienten – etwa 40% – mit der korrekten Einstellung des Blutdrucks. Ein hilfreiches Werkzeug, um festzustellen, wie es um den Erfolg der Therapie bestellt ist, ist die pharmazeutische Dienstleistung „standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“. Wie diese in der Apotheke etabliert werden kann, er­läuterte die Apothekerin und AMTS-Ko­ordinatorin am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Uni Münster, Dr. Isabel Waltering, PharmD. Ihre Zuhörer motivierte sie, diese Dienstleistung breit anzubieten.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Isabel Waltering


Bluthochdruck kann langfristig End­organschäden etwa an der Niere oder dem Herzen nach sich ziehen. Daher ist eine effektive Therapie dieser häufigen Erkrankung so bedeutsam. Mit der pharmazeutischen Dienstleistung „standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ kann das Apothekenteam den Erfolg einer antihypertensiven Therapie überprüfen und gegebenenfalls an den Arzt zur Anpassung der Behandlung verweisen. Wie kann man konkret vorgehen, um diese Dienstleistung zu implementieren? Zur Umsetzung dienen die Arbeitshilfen der Bundesapothekerkammer (BAK), die auf der Internetseite der ABDA heruntergeladen werden können (www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen). Sie können auf die jeweilige Apotheke angepasst werden.

Auch darauf, welche Voraussetzungen nötig sind, ging Waltering ausführlich ein. So ist ganz praktisch für die Blutdruckmessung ein abgeschirmter, aufgeräumter Raum erforderlich. Für den Kunden sollten ein Stuhl und entsprechend hoher Tisch zur Verfügung stehen, sodass die Arme bei der Messung bequem abgelegt werden können. Der Kunde sollte eine aufrechte Haltung einnehmen und beide Füße auf den Boden stellen. Vor der Messung sollte er fünf Minuten in Ruhe sitzen – in dieser Zeit könnten bereits alle nötigen Unterlagen unterschrieben werden.

Auswahl des Blutdruck­messgeräts

Empfehlenswert für die Messung sind Oberarmmessgeräte mit Manschetten in verschiedenen Größen, die je nach Umfang des Oberarms eingesetzt werden können. Denn ist die Manschette zu klein, wird der Blutdruck überschätzt, ist sie zu groß, wird er unterschätzt. Eine Auflistung validierter Blutdruckmessgeräte findet man auf der Internetseite der Hochdruckliga (www.hochdruckliga.de/betroffene/blutdruckmessgeraete). Neben einem Oberarmmessgerät ist es ratsam, ein Gerät mit Stethoskop und ein Handgelenksmessgerät vorrätig zu haben, wobei man Letzteres nur bei einem Handgelenksumfang von bis zu 19,5 cm einsetzen kann. Ein Gerät mit Stetho­skop zu verwenden macht z. B. bei Patienten mit ausgeprägter Arteriosklerose Sinn, bei denen die Gefäße zu steif sind, als dass man ihren Blutdruck sicher mittels oszillometrischer Methode bestimmen kann. Auch bei anderen Personengruppen wie Schwangeren oder Diabetikern kann die oszillometrische Messung unzuverlässig sein, sodass sich die auskultatorische Messmethode als Alternative anbietet.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

In der Speakers Corner beantwortete Dr. Isabel Waltering im Nachgang die Fragen ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer.

Messergebnisse bewerten

Es werden jeweils drei Messungen im Abstand von ein bis zwei Minuten durchgeführt, wobei der Mittelwert der letzten beiden Messungen ermittelt wird. Die Ergebnisse werden in den Informationsbogen Bluthochdruck eingetragen, der ebenfalls auf der Internetseite der ABDA zu finden ist. Auf dem Bogen findet sich ein Schema, mit dem sich der gemessene Wert in Abhängigkeit vom Alter einordnen lässt. Liegen der systolische und der diastolische Wert dabei in zwei verschiedenen Kategorien, wird die höhere gewählt. Je nach Ergebnis wird der Patient aufgefordert, sich an seinen Arzt zu wenden oder weiterhin regelmäßig seinen Blutdruck zu kontrollieren. Was dabei „regelmäßig“ bedeutet, lässt sich nicht pauschal sagen und kommt auf die Einstellung des Blutdrucks und Schwankungen an. Bei einem gut eingestellten Patienten kann es laut Waltering eventuell ausreichen, den Blutdruck nur einmal pro Monat zu messen.

Wer hat Anspruch?

Welchen Patienten kann man nun diese Dienstleistung anbieten? Anspruchsberechtigt sind alle Versicherten – neben gesetzlich Versicherten auch Privatpatienten und Bewohner von Pflege- und Altenheimen – mit antihypertensiver Medikation ab zwei Wochen nach Behandlungs­beginn. Darunter fällt die Einnahme von Diure­tika, Betablockern, ACE-Hemmern und weiteren, aber beispielsweise nicht die Therapie mit Nitraten, Herzglykosiden oder Antiarrhythmika. Die Dienstleistung kann generell alle zwölf Monate erbracht werden, es sei denn, es ergibt sich eine Änderung bei der Verordnung der antihypertensiven Medikation. Dann kann sie auch zwei Wochen nach Rezepteinlösung erneut durchgeführt werden. Unter diese Änderungen fallen laut Waltering Dosis­anpassungen, Wechsel von Kombi- auf Monopräparate oder wenn der Kunde ein neues Generikum mit anderem Namen erhält.

Im Alltag und bei Aktionstagen

Ihren Vortrag schloss die Fachapo­thekerin für Arzneimittelinformation mit einem Appell an ihre Zuhörer: „Messen Sie die Massen.“ Dies ließe sich neben der Umsetzung im Apothekenalltag (z. B. im Rahmen anderer pharmazeutischer Dienstleistungen) auch bei Aktionstagen, etwa zum Welt-Hypertonie-Tag am 17. Mai, realisieren. |

 

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