Interpharm 2023

Individualisierte Medizin mit 3D-Druck

Welche Möglichkeiten diese Technologie bietet

js | Bisherige Herstellungsverfahren von festen Arzneiformen sind auf hohe Durchsätze optimiert und somit sind diese meist nicht auf die Genetik der Patienten abgestimmt. Der 3D-Druck ist ein Ansatz, der eine breite Anwendung von individualisierten, oralen Therapien ermöglichen könnte. Prof. Dr. Julian Quodbach, Universität Utrecht, Niederlande, erklärte in einer „kleinen Tour de France“ was es mit dem 3D-Druck auf sich hat, welche Möglichkeiten dieser bietet und welche Rolle er für Offizin- und Klinik­apotheken einnehmen könnte.

Zahnimplantate, an die Ohr-Form angepasste Hörgeräte, hochkomplexe Bauteile im Raketenbau, ein winziges Schloss gedruckt auf einer Bleistiftspitze – Der 3D-Druck wird bereits in einigen Bereichen angewendet. Dabei schafft er keine Objekte aus dem Nichts; das Prinzip ist es, das Material Schicht für Schicht aufzutragen. Es gibt eine ganze Bandbreite an Technologien, von denen allerdings nicht alle für die Pharmazeuten geeignet sind.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Prof. Dr. Julian Quodbach führte in einer „kleinen Tour de France“ durch die Technologien des 3D-Drucks.

30% weniger Nebenwirkungen

Der 3D-Druck ist eine Möglichkeit, die Medizin zu personalisieren. Das bedeutet, den richtigen Wirkstoff, in der richtigen Dosierung, zur richtigen Zeit (mit dem richtigen Freisetzungsprofil) zu verabreichen. Eine Personalisierung ist nicht für alle Wirkstoffe bedeutsam, aber für einige, z. B. solche, bei denen die Pharmakogenetik in der Metabolisierung relevant ist. In der PREPARE-Studie (Pre-emptive Pharmacogenomic Testing for Preventing Adverse Drug Reactions) [Swen JJ et al. Lancet 2023] wurden bei 3342 Probanden zwölf Enzyme genotypisiert. Die Behandlung wurde, wenn notwendig, angepasst (Kontrollgruppe: 3602 Probanden). Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer unerwünschten Arzneimittelwirkung wurde dabei um 30% reduziert. Das ist eine enorme Menge an Patienten. Würde man es schaffen diese 30% pauschal zu reduzieren, wäre das auch ein finanzieller Anreiz, denn die Kosten für Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkungen wie Krankenhauseinweisungen sind teuer. Um Darreichungsformen mit verschiedenen Größen und Dosierungen effizient herzustellen, ist eine Automatisierung – wie der 3D-Druck – notwendig. Dabei könnte ein Teil der Arzneimittel in der Apotheke, ein anderer in der Industrie hergestellt werden.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Die sieben verschiedenen Familien der Technologien des 3D-Drucks. Davon kommen pulverbasierte und extrusionsbasierte Verfahren für die Arzneimittelherstellung infrage.

Extrusionsbasierte Verfahren für Apotheken geeignet

Insgesamt gibt es sieben Familien der Technologien des 3D-Drucks. Für die Industrie sind pulverbasierte Verfahren geeignet, für die Herstellung vor Ort, wie z. B. in Apotheken und Klinken kommen extrusionsbasierte Verfahren infrage. Beispielsweise die Semi-Solid Extrusion, bei der ein halbfestes Material auf den Druck­untergrund aufgetragen wird. Die Druckertinte könnte dabei selbst in den Apotheken hergestellt werden. Mit dem 3D-Druck lassen sich feste Darreichungsformen in den unterschiedlichsten Formen und Geometrien drucken. Sogar das Drucken einer Fischgräte sei möglich, allerdings ist eine solche schlecht zu schlucken und man solle deshalb besser andere Formen wählen.

3D-Druck in Apotheken erst in einigen Jahren

Laut Quodbach wird es noch einige Jahre dauern, bis die Anwendung des 3D-Drucks apothekenreif ist. Es gibt bereits verschiedene Firmen, die das Equipment für öffentliche und Klinik-Apotheken herstellen. Allerdings sind dazu einige Hürden zu überwinden. So ist u. a. der GMP-Status (Good Manufacturing Practice) ein Problem und die Frage, wer für Fehler im Maschinencode oder Druckprozess haftbar ist, nicht geklärt. 2015 kam mit Spritam® in den USA bereits das erste 3D-gedruckte Medikament auf den Markt. Mittels Binder Jetting (ZipDose-Verfahren) wird das Levetiracetam-haltige Arzneimittel von Aprecia Pharmaceuticals gedruckt. |

 

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