Interpharm 2023

Fallstricke bei den Cannabis-Rezepturen

Dynamische Entwicklung der Regularien erschwert den Überblick

cb | Seit dem Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes im März 2017 stellen sich viele Apotheken den Herausforderungen rund um die Herstellung und Abgabe Cannabinoid-haltiger Rezepturen. Über aktuelle Entwicklungen in diesem komplexen Themengebiet sprach Apotheker Dr. Andreas S. Ziegler in seinem Vortrag.

Abgabe von CBD-Produkten

Die einzige Möglichkeit zur rezeptfreien Abgabe von Cannabidiol (CBD) in der Apotheke besteht im Verkauf von Kosmetika mit synthetischem CBD, erläuterte Ziegler. Die Abgabe anderer Produkte, beispielsweise solcher mit CBD aus natürlichen Quellen oder von Präparaten zur oralen Anwendung, wäre nicht gesetzeskonform. Darüber hinaus können auch Hanfsamenöle sowie Extrakte aus Blättern, die keine Blüten oder Fruchtstände enthalten, mit einem THC-Gehalt < 0,2% abgegeben werden. Auch als Lebensmittel dürfen Cannabis-Produkte nicht in den Verkehr gebracht werden, da sie als neuartige Lebensmittel eine Zu­lassung benötigen. Legt der Kunde dagegen ein Grünes Rezept über das CBD-Fertigarzneimittel Epidyolex® oder über eine Rezeptur mit CBD-Reinstoff vor, wird dieses wie jedes andere Privatrezept behandelt.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Andreas S. Ziegler

Identitätsprüfung bei Blüten und Extrakten

Fallstricke lauern aber auch bei der Identitätsprüfung. Denn mit den beigepackten Schnelltests kann nicht sicher zwischen verschiedenen Kultivaren bzw. Extraktgruppen unterschieden werden. Sie sind daher nicht als gleichwertig mit der dünnschichtchromatografischen Prüfung laut Arzneibuch zu betrachten, weshalb eine Kombination mit anderen Testmethoden wie beispielsweise Farbreaktionen notwendig ist.

Zukünftige Probleme bei Vaporisatoren

Viele Vaporisatoren zur Inhalation der verdampften Cannabinoide sind in Deutschland schon lange auf dem Markt, jedoch auf Grundlage der alten europäischen Medizinprodukte-Richtlinie. Nach Ablauf der Übergangsregelung der EU-Medizinprodukteverordnung im Mai 2024 könnte jedoch ein Problem auf die Apotheken zurollen. Solche Vaporisatoren, bei denen kein QMS nach der neuen Medizinprodukte-Richtlinie erfolgt ist, dürfen dann nicht mehr abgegeben werden. „Ich weiß nicht, ob irgendjemand bereit wäre, die Zertifizierung zu machen“, vermutete Ziegler. Existieren keine als Medizinprodukte zertifizierten Vaporisatoren, können Heilberufler keine Geräte mehr verordnen bzw. empfehlen, und die Erstattungsfähigkeit als Hilfsmittel ginge verloren.

Problematisches Dronabinol-Konzentrat

Von Januar 2022 bis September 2022 waren 78% aller in Deutschland abgegebenen Cannabis-Verordnungen patientenindividuell in der Apotheke hergestellte Rezepturarzneimittel. Die Rezepturherstellung ist damit die tragende Säule für die Patientenversorgung mit qualitätsge­sicherten Cannabis-Präparaten. Seit Kurzem ist ein neues Dronabinol-Konzentrat auf dem Markt, bei dem der Hersteller (Spectrum Therapeutics) damit wirbt, dass die Dronabinol-­Lösung 25 mg/ml nach NRF 22.8. „schnell und einfach in nur 5 Schritten“ hergestellt werden kann. Dabei wird das bei Raumtemperatur flüssige Dronabinol-Konzentrat in das bereits volumenkorrekt vorgelegte stabilisierte Miglyol eingedrückt. Die empfohlene Ausgangsstoff-Prüfung für Dronabinol und Miglyol hält Ziegler bei diesem Produkt jedoch für sehr problematisch. Denn laut Hersteller soll sie am fertigen Produkt durchgeführt werden, obwohl sie gemäß Apothekenbetriebsordnung vor der Herstellung zu erfolgen hat, da sie die Voraussetzung für die Freigabe zur Verarbeitung ist. Außerdem stimmt die Menge nicht mehr, wenn vorgelegtes Miglyol rechtskonform vor der Verarbeitung für die Identifizierung entnommen werden würde, und die Wirkstoffkonzentration wäre dann leicht erhöht. Auch die Spezifikationsbreite des Herstellers für den Brechungsindex der Zubereitung ist gegenüber DAC/NRF um den Faktor 10 erhöht (0,146 vs. 0,012). Damit ist die vorgeschlagene Ausgangsstoffprüfung weder valide noch rechtskonform, betonte Ziegler. |

 

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