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Interpharm 2023
Beispielhafte Antibiotika-Beratung
Wenn die Antibiose nach stationärer Therapie ambulant fortgeführt werden muss
Die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes lag 1992 noch bei 13,3 Tagen und heute – hauptsächlich aufgrund von Fallpauschalen – sank die Zahl der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im stationären Bereich auf 7,2 Tage. Haußmann betonte, dass die Dauer einer Antibiose oft länger als der Krankenhausaufenthalt ist. Warum ist das ein Problem? Der Fachmann gab hierzu ein Fallbeispiel: Einem Krankenhaus-Patienten wurde z. B. aufgrund einer Borreliose-Infektion oder wegen einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa Ceftriaxon intravenös verabreicht. Im Entlassbrief steht, der Hausarzt solle die Antibiose noch 10 bis 30 Tage (bei Borreliose) oder „mehrere Wochen“ (beim Pseudomonas-Infekt) ambulant fortsetzen. Eine intravenöse Weiterführung der Ceftriaxon-Therapie ist für den ambulanten Bereich ungeeignet. Eine orale Verabreichung des Arzneimittels ist nicht möglich. Die Arztpraxis fragt nun also in der Apotheke an, welche oralen Antibiotika bei Borreliose wirksam sind. Ein Blick in die entsprechende Leitlinie verrät: Doxycyclin, Amoxicillin, Cefuroxim(axetil) und Azithromycin sind geeignet. Um eine Infektion mit dem Bakterium P. aeruginosa zu behandeln, stehen Cephalosporine der dritten Generation bereit. Da Ceftriaxon und Cefepim injiziert werden müssen, bietet sich Ciprofloxacin in oraler Darreichung an. Das Beispiel zeigt, dass pharmazeutisches Wissen zur ambulanten Fortführung einer im stationären Bereich begonnenen Antibiotika-Therapie vonnöten ist, da invasive Darreichungsformen praktische Alternativen benötigen.
Achtung bei Ciprofloxacin
Haußmann stellte den fiktiven Fall eines Linienbusfahrers vor, der wegen eines unkompliziertem Harnwegsinfekts 500 mg Ciprofloxacin einmal täglich über sieben Tage verschrieben bekommt. Der Patient spielt regelmäßig Tennis und Squash, ist einem Feierabendbier nicht abgeneigt und wurde kürzlich am Auge operiert. Wie würden Sie beraten? Zuerst einmal ist hierbei die leberschädigende Wirkung von Gyrasehemmern zu berücksichtigen. Außerdem kann es unter dieser Arzneimittelklasse zu zentralnervösen Störungen kommen, die zu Schlafstörungen, Aufmerksamkeitsminderung, Nervosität und Verwirrtheit führen können. Eine Arbeit in der Personenbeförderung kann bei solchen Zuständen nicht verantwortungsbewusst ausgeübt werden. Da Gyrasehemmer Calcium-Räuber sind (Komplexierung), steigern sie die Aktivität Kollagen-abbauender Metalloproteinasen. Dadurch kann es bei sehnenbelastenden Sportarten wie Tennis oder Squash zu Sehnenschäden kommen. Auf solche Sportarten sollte auch noch mehrere Wochen nach der Einnahme des Gyrasehemmers verzichtet werden. Die kollagenschädigende Wirkung betrifft auch das Auge: Hornhautperforationen, Optikus-Neuropathie, Netzhautblutungen oder Netzhautablösungen können die Folgen einer Einnahme von Gyrasehemmern sein. Die kürzlich stattgefundene Augenoperation des Busfahrers gilt es hierbei zu beachten. Aufgrund der vielen Nebenwirkungen und des breiten Interaktionsprofils gab es zu den Risiken der Gyrasehemmer viele Rote-Hand-Briefe und Indikationseinschränkungen. Im April 2019 wurde die Zulassung für nicht schwerwiegende Infektionen zurückgenommen. Darunter fallen unter anderem Harnwegsinfekte, Pharyngitis, Tonsillitis, akute Bronchitis und Nasennebenhöhlen-Entzündungen. Was sollte jetzt also dem fiktiven Linienbusfahrer geraten werden? Es sollte mit dem Arzt Rücksprache gehalten werden, da, neben der Lebertoxizität, neurologischen Beeinträchtigungen, Sehnenproblemen und Kollagenschäden des Auges, Gyrasehemmer bei Harnwegsinfekten nicht zugelassen sind und hier nur im Off-Label-Use gegeben werden dürfen. |
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