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Onkologie
Gefährlicher Gegner: Pankreaskrebs
Wie das aggressive Karzinom bekämpft werden kann
Das Pankreaskarzinom ist ein bösartiger Tumor der Bauchspeicheldrüse. In circa 93% der Fälle handelt es sich um exokrine Tumoren, die im nicht hormonbildenden Teil der Bauchspeicheldrüse entstehen, während rund 7% als hormonproduzierende neuroendokrine Tumoren (NET oder auch Inselzellkarzinome) wachsen [1]. Die mit Abstand häufigsten exokrinen Tumoren sind die sogenannten duktalen Adenokarzinome, die ihren Ursprung in den Gängen des Pankreas haben [1]. Pankreaskarzinome sind zu rund 70% im Kopf (Caput), zu 20% im Körper (Corpus) und zu etwa 10% im Schwanz (Cauda) des Pankreas lokalisiert (Abb. 1) [2]. In Deutschland wird Bauchspeicheldrüsenkrebs jährlich bei etwa 8800 Männern und 8300 Frauen neu diagnostiziert, wobei die altersstandardisierten Erkrankungsraten seit Jahren ansteigen [3]. Damit machen Pankreastumoren 2 bis 3% aller bösartigen Neubildungen im Erwachsenenalter aus [4]. Frauen sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung im Mittel 75 Jahre und Männer 72 Jahre alt [3].
Wie entsteht Bauchspeicheldrüsenkrebs?
Die genaue Ursache für die Entstehung eines Pankreaskarzinoms ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Bei etwa 5% der Patientinnen und Patienten findet sich ein Verwandter ersten Grades, der ebenfalls an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist. Dabei ist nicht klar, ob für einen solchen familiären Bauchspeicheldrüsenkrebs die gemeinsamen Lebensgewohnheiten, die erbliche Veranlagung oder beides verantwortlich sind [4]. Was die Pathogenese betrifft, geht man davon aus, dass sich Bauchspeicheldrüsenkrebs mehrheitlich aus prämalignen Vorstufen des Epithels im Pankreasgang entwickelt (Pancreatic Intraepithelial Neoplasie, PANIN) [5]. Dabei ist die Progression von der Dysplasie hin zum Adenokarzinom durch eine Akkumulation (epi)genetischer Veränderungen gekennzeichnet [5]. Eine wichtige Rolle spielen die Proto-Onkogene KRAS (Häufigkeit: 75 bis 100%), HER2/neu (Häufigkeit: 65 bis 70%), AKT2 (Häufigkeit: 10 bis 20%) und MYB (Häufigkeit: 10%). Mutieren diese können sie zu krebsfördernden Onkogenen werden [6]. Häufig finden sich beim Pankreaskarzinom auch Mutationen in den Tumorsuppressorgenen TP53, SMAD4 und CDKN2A, die dadurch inaktiviert werden und so ihre krebsunterdrückende Funktion einbüßen [5].
Die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms ist mit Gewebeschädigung und Entzündungsreaktionen verbunden. Eine Forschungsgruppe der LMU München um Dr. Ivonne Regel hat kürzlich entdeckt, dass die Aktivierung des sogenannten TLR3/IRF3/IRF7-Signalwegs bei der Entstehung von Entzündungen in der Bauchspeicheldrüse und damit bei der Entwicklung von Bauchspeicheldrüsenkrebs eine wichtige Rolle spielt. Die Forscher schalteten den Signalweg in Pankreastumorzellen mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 genetisch aus. Die so veränderten Tumorzellen zeigten in Zellkulturexperimenten ein deutlich weniger aggressives Verhalten und neigten im Tiermodell viel weniger zur Metastasenbildung. Die spezifische Hemmung des TLR3/IRF3/IRF7-Signalwegs in den Zellen des Pankreaskarzinoms könnte damit ein neuer Ansatz für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs sein [7].
Welche Risikofaktoren gibt es und wie kann der Erkrankung vorgebeugt werden?
Es gibt einige Faktoren, die das Risiko für die betroffenen Patientinnen bzw. Patienten erhöhen, an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. Hierzu gehören [1, 3, 6]:
- Rauchen
- übermäßiger Alkoholkonsum
- Übergewicht (Adipositas)
- Diabetes mellitus
- chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (Lebenszeitrisiko ist 13- bis 45-fach erhöht) [8]
- Exposition gegenüber bestimmten Chemikalien wie aromatischen Aminen
- höheres Alter
- familiäre Prädisposition
- einige vererbte genetische Erkrankungen, z. B. hereditäre Pankreatitis, hereditäres Brust- und Eierstockkrebssyndrom, hereditäres non-polypöses kolorektales Karzinom (Lynch-Syndrom)
Aus einigen Risikofaktoren leiten sich allgemeine Empfehlungen zur Vorbeugung gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs ab. Es wird geraten, auf Tabakkonsum und exzessiven Alkoholkonsum zu verzichten. Übergewicht sollte vermieden werden und man sollte sich regelmäßig bewegen. Eine spezifische Diät oder eine medikamentöse Therapie, um das Risiko einer Erkrankung zu verringern, gibt es jedoch nicht [3].
Wie macht sich Bauchspeicheldrüsenkrebs bemerkbar?
Im frühen Stadium der Erkrankung verursacht das Pankreaskarzinom häufig gar keine Beschwerden. Die meisten Betroffenen entwickeln erst dann Symptome, wenn der Tumor bereits fortgeschritten ist. Dadurch verzögern sich die Diagnose und in der Folge auch die Therapie – ein Grund, weshalb die Patientinnen und Patienten in vielen Fällen eine ungünstige Prognose aufweisen [9]. Wenn Beschwerden auftreten, handelt es sich oft um allgemeine, unspezifische Symptome (Abb. 2). Mögliche frühe Krankheitszeichen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs sind zum Beispiel [9]:
- Schmerzen im Oberbauch oder Rücken
- Appetitmangel (Anorexie) und unbeabsichtigter Gewichtsverlust
- Übelkeit
- Gelbsucht (besonders bei Tumoren im Pankreaskopf)
- Fettstühle (schmieriger, klebriger oder glänzender Stuhl mit heller Farbe)
- Störungen der Insulinproduktion
Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann es zu unspezifischen Schmerzen und Verdauungsstörungen kommen, wenn der Tumor benachbarte Organe verdrängt oder in sie hineinwächst. Auch Wasseransammlungen im Bauchraum (Aszites), eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse sowie eine gestörte Blutgerinnung und die Bildung von Thrombosen sind mögliche späte Symptome eines Pankreaskarzinoms. Betroffene, die derartige Beschwerden über zwei bis vier Wochen aufweisen, ohne dass dafür eine andere Ursache bekannt ist, sollten zur Abklärung ihren Arzt aufsuchen [9].
Wie wird ein Pankreaskarzinom diagnostiziert?
Treten die oben genannten Symptome auf, dann führt der behandelnde Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese sowie eine umfassende körperliche Untersuchung durch [3, 6, 9, 10]. Ergibt sich daraus der klinische Verdacht eines Pankreaskarzinoms, dann ist eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens die diagnostische Methode der ersten Wahl. Liefert die Sonographie nur einen unklaren Befund, kann der Arzt eine Computertomographie mit Kontrastmittel oder alternativ dazu eine Magnetresonanztomographie veranlassen. Gegebenenfalls wird auch eine Endosonographie durchgeführt, das ist eine endoskopische Untersuchung, bei der eine Ultraschallsonde über Magen oder Dünndarm direkt an die Bauchspeicheldrüse herangeführt wird [3, 6, 9]. Weitere bildgebende Verfahren, die zur Diagnose eines Pankreaskarzinoms eingesetzt werden können, sind die endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) – eine endoskopische Untersuchung der Gallengänge, Gallenblase und des Bauchspeicheldrüsengangs – sowie eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Ergänzend zur bildgebenden Diagnostik können verschiedene Laboruntersuchungen erfolgen, durch die sich unter anderem das Carbohydrat-Antigen 19-9 (CA 19-9) und das carcino-embryonale Antigen (CEA) im Blutserum bestimmen lassen [3, 6, 9, 10]. Da diese Biomarker aber auch bei vielen gutartigen Erkrankungen und bei starken Raucherinnen und Rauchern erhöht sein können, werden sie vor allem zur Verlaufskontrolle bestimmt [11]. Gegenwärtig wird eine Reihe weiterer Substanzen auf ihre Eignung als Tumormarker für das Pankreaskarzinom untersucht, wobei sich die Forschung derzeit unter anderem auf die im Pankreaskarzinom überexprimierte microRNA (miRNA), die zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) und auf zirkulierende Tumorzellen (CTC) konzentriert [12]. Bei unklaren bildgebenden Befunden wird unter sonographischer Kontrolle eine Biopsie durch Feinnadelpunktion mit anschließender histologischer bzw. zytologischer Untersuchung durchgeführt [3, 6, 9, 10]. Bevor eine palliative Behandlung eingeleitet wird, ist diese Untersuchung verpflichtend [3, 10].
Die Klassifikation eines Pankreaskarzinoms erfolgt auf Basis der sogenannten TNM-Kriterien – Ausbreitung des Tumors (T), Lymphknotenbefall (N), Grad der Metastasierung (M) – die wiederum die Grundlage für die Stadieneinteilung der Union Internationale Contre le Cancer (UICC-Stadien) darstellen. Zum Zeitpunkt der Diagnose haben mindestens 50% der Patientinnen und Patienten bereits Fernmetastasen gebildet (UICC-Stadium IV), bei weiteren 30% der Betroffenen ist der Tumor lokal fortgeschritten, das heißt, es sind Metastasen in vier oder mehr regionären Lymphknoten, aber noch keine Fernmetastasen vorhanden (UICC-Stadium III) [13]. Lediglich 20% haben einen lokal begrenzten Befund und sind somit primär potenzielle Kandidaten für eine kurative Therapie [13].
Wie wird Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt?
Die Therapiewahl beim Pankreaskarzinom hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese sind das Stadium und die Lokalisation des Tumors, die allgemeine Gesundheit und eventuelle Vorerkrankungen der Patientin bzw. des Patienten. Auch die jeweilige Präferenz der Betroffenen ist ein Entscheidungskriterium [1]. In Abbildung 3 ist der empfohlene Algorithmus für die Behandlung eines Adenokarzinoms des Pankreas dargestellt [3]. Dabei gibt es prinzipiell verschiedene Therapieoptionen.
Operation
Die einzige Möglichkeit, die Krankheit zu heilen, ist die vollständige chirurgische Entfernung des vom Tumor befallenen Teils der Bauchspeicheldrüse und anderer Organe. Die Voraussetzungen dafür, dass primär eine Operation in Betracht kommt, sind jedoch die lokale Begrenzung des Tumors auf die Bauchspeicheldrüse (keine Fernmetastasen) sowie eine Lokalisation des Tumors, die eine chirurgische Entfernung im gesunden Gewebe ermöglicht, das heißt keinen Kontakt zu wichtigen Gefäßen wie z. B. dem Truncus coeliacus aufweist [3, 4, 14]. Zudem sollte die Patientin bzw. der Patient einen allgemeinen Gesundheitsstatus aufweisen, der einen solchen schwerwiegenden Eingriff erlaubt. Neben chirurgisch eindeutig entfernbaren (resektablen) Tumoren gibt es auch grenzwertig resektable Tumoren, bei denen die Blutgefäße zwar zum Teil umwachsen sind, aber prinzipiell nach der Resektion wieder rekonstruiert werden können. Hier muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob direkt eine Operation erfolgt oder zunächst eine neoadjuvante Chemotherapie zur Reduktion der Tumormasse durchgeführt wird [14]. Patientinnen und Patienten, deren Erkrankung zwar lokal fortgeschritten ist, die aber keine Fernmetastasen aufweisen, können nach einer Chemotherapie unter Umständen ebenfalls operiert werden. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose ist der Tumor nur bei einer Minderheit der Patienten (15 bis 20%) eindeutig chirurgisch entfernbar [3]. Weitere 5 bis 10% der Patientinnen und Patienten weisen einen grenzwertig resektablen Befund auf [15].
Im Rahmen der Operation werden – je nach Lokalisation des Tumors – entweder der Kopf, Körper, Schwanz oder mehrere Anteile der Bauchspeicheldrüse und die dazugehörigen Lymphabflussgebiete entfernt [4]. So werden bei Tumoren im Kopf der Bauchspeicheldrüse – neben dem betroffenen Teil des Organs − angrenzende Teile des Zwölffingerdarms, eventuell des Magens und des Gallengangs sowie die Gallenblase entfernt (Whipple-Operation) [4, 16]. Anschließend werden das restliche Pankreas sowie der verbliebene Gallengang und der Restmagen mit dem Dünndarm verbunden und somit die Magen-Darm-Passage wiederhergestellt [16]. Bei Karzinomen im Pankreaskorpus werden Pankreas und Zwölffingerdarm oder auch nur ein Teil der Bauchspeicheldrüse entfernt – je nach Ausbreitung des Tumors [3]. Ist der Schwanz des Pankreas betroffen, werden in der Regel nur der tumortragende Organteil und die Milz entfernt [17]. Der Erfolg einer solchen Operation wird danach beurteilt, inwieweit noch ein Resttumor (Residualtumor) nachweisbar ist [4]:
- R0: kein Residualtumor nachweisbar
- R1: mikroskopisch nachweisbarer Residualtumor
- R2: sichtbarer Residualtumor
- RX: Vorhandensein eines Residualtumors kann nicht beurteilt werden
Die Folgen einer Pankreas-Operation können – je nachdem wie umfangreich der Eingriff war – für die Betroffenen gravierend sein. So kann der Verlust des Pankreaskopfes und der Gallenblase zu einem Mangel an Verdauungsenzymen führen, der durch lebenslange Tablettengabe ausgeglichen werden muss. Zudem entwickeln die Patientinnen und Patienten einen Diabetes, wenn im Pankreas nicht mehr genügend Insulin produziert wird [16]. Wurde ein Teil des Magens entfernt, kann dies Verdauungsstörungen, z. B. das Dumping-Syndrom, zur Folge haben. Das ist eine Sturzentleerung der Nahrung aus dem Magen in den Dünndarm. Dadurch kann es zu einem Mangel an Vitaminen (B12, fettlösliche Vitamine) und Mineralstoffen (z. B. Eisen, Calcium, Magnesium) kommen, die dementsprechend substituiert werden müssen [16]. Der Verlust der Milz kann eine Abwehrschwäche gegen Bakterien verursachen, z. B. gegen Erreger von Lungen- und Hirnhautentzündung.
Chemotherapien
Patientinnen und Patienten mit einem Pankreaskarzinom, bei denen eine Operation nicht möglich ist, werden in der Regel palliativ mit Zytostatika behandelt. Als Monotherapie wird hier z. B. die Behandlung mit dem Pyrimidinanalogon Gemcitabin eingesetzt. Die Remissionsraten betragen in den meisten großen klinischen Studien zwischen 5 und 10% [3]. Im Vergleich dazu führt eine Kombinationstherapie aus Gemcitabin plus dem Nanopartikel-Albumin-gebundenen Paclitaxel (nab-Paclitaxel) zu einer signifikanten Erhöhung der Remissionsrate von 7% auf 23% (p < 0,001) und zu einer Verlängerung der Überlebenszeit um 1,8 Monate (8,5 Monate vs. 6,7 Monate; p < 0,001) [18]. Für eine solche Therapie sind aber nur Patientinnen bzw. Patienten in einem vergleichsweise guten Gesamtzustand geeignet [3]. Eine Alternative für Patientinnen und Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG-Status: 0 bis 1) ist das Therapieschema FOLFIRINOX, eine Kombination von Folinsäure, Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin. In einer Studie führte die Kombinationstherapie im Vergleich zu Gemcitabin zu einer Steigerung der Remissionsrate (31,6% vs. 9,4%; p < 0,001) sowie zur Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (6,4 vs. 3,3 Monate; p < 0,001) und der Gesamtüberlebenszeit (11,1 vs. 6,8 Monate; p < 0,001) [19]. Allerdings war auch die Rate der schweren Nebenwirkungen unter FOLFIRINOX deutlich höher [19].
Daneben können Chemotherapeutika beim Pankreaskarzinom auch adjuvant gegeben werden, um nach der Resektion des Tumors das Risiko eines Rezidivs zu reduzieren. Hier wird eine modifizierte FOLFIRINOX-Therapie, Gemcitabin, Gemcitabin plus Capecitabin oder eine Kombination aus 5-Fluorouracil und Folinsäure eingesetzt. Schließlich können Patientinnen und Patienten vor einer Operation auch mit einer neoadjuvanten Chemotherapie behandelt werden, um die Tumormasse zu reduzieren und so den chirurgischen Eingriff zu erleichtern oder überhaupt erst zu ermöglichen [3].
Radiotherapie
Die Strahlentherapie kommt bei der Therapie des Pankreaskarzinoms in der Praxis nur selten zum Einsatz [20]. Sie kann jedoch bei Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen, nicht operablen Stadium zur Schmerzlinderung durchgeführt werden [4]. Dies gilt insbesondere dann, wenn Metastasen Schmerzen verursachen, etwa in den Knochen. Die Wirksamkeit einer solchen Radiotherapie kann durch eine gleichzeitige Chemotherapie (Chemoradiotherapie) verbessert werden [3].
Kann Ernährung eine Chemotherapie beeinflussen?
Die Ernährung und das Mikrobiom spielen eine wichtige Rolle in der Prävention, Linderung und Heilung von vielen Krankheiten. Doch können bestimmte Inhaltsstoffe in Nahrungsmitteln, genauer Tryptophan, helfen das Überleben von Patienten mit einem metastasierten duktalen Pankreaskarzinom zu verlängern? Hinweise dafür liefert eine aktuelle Publikation im Nature Journal. So fand man heraus, dass Indol-3-Essigsäure (3-IAA), das von Darmbakterien aus Tryptophan gebildet wird, in Patienten angereichert war, die auf eine Chemotherapie ansprachen (Responder), im Vergleich zu den Patienten die nicht auf die Therapie ansprachen (Non-Responder). Eine Transplantation des Stuhls der Responder in humanisierte Mäuse, in Kombination mit dem Füttern von Tryptophan, verbesserten die Wirkung der Chemotherapie gegen das Pankreaskarzinom der Tiere. Die direkte Gabe von 3-IAA wirkte auch bei Stuhltransplantationen von Non-Respondern. Erklären lässt sich das möglicherweise dadurch, dass 3-IAA von der Myeloperoxidase oxidiert wird und dies in Kombination mit einer Chemotherapie Enzyme herunterreguliert, welche reaktive Sauerstoffspezies (ROS) abbauen. Folglich akkumulieren die ROS und beeinträchtigen letztendlich die Verbreitung der Krebszellen, indem sie die Autophagie verhindern - ein intrazellulärer Prozess, bei dem beschädigtes Zellmaterial abgebaut und dann wiederverwertet wird und der ein Mechanismus für das Überleben des Tumors ist. Dass die Ausbreitung von Tumoren durch die Nahrung beeinflusst werden kann, konnte bereits auch für andere Krebserkrankungen (z. B. bei Melanompatienten) gezeigt werden [29].
Erlotinib
Ein fortgeschrittenes Pankreaskarzinom lässt sich auch mit dem oralen Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib in Kombination mit Gemcitabin gezielt behandeln. Dadurch konnte in einer Phase-III-Studie an 569 Patientinnen und Patienten im Vergleich zur Monotherapie mit Gemcitabin eine signifikante Verlängerung der medianen Überlebenszeit (6,24 vs. 5,91 Monate; p = 0,038) erreicht werden [21]. Die Einjahresüberlebensrate lag unter der Kombinationstherapie mit 23% ebenfalls signifikant höher als unter der Monotherapie mit 17% (p = 0,023). Zudem konnte die Krankheitsprogression unter Erlotinib plus Gemcitabin gegenüber der Vergleichstherapie verzögert werden (progressionsfreies Überleben: 3,75 vs. 3,55 Monate; p = 0,004). Dabei profitierten besonders diejenigen Patientinnen und Patienten von der zusätzlichen Erlotinib-Gabe, die unter der Behandlung einen Hautausschlag entwickelten [21]. In nachfolgenden randomisierten Studien zur adjuvanten Therapie und beim lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom wurde der Zusatznutzen von Erlotinib jedoch nicht bestätigt [3].
Welche Therapieansätze werden aktuell erforscht?
In klinischen Studien werden aktuell verschiedene Optionen zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht, mit denen der Tumor beispielsweise immuntherapeutisch bzw. zielgerichtet bekämpft werden soll. Hierzu gehören unter anderem die nachfolgend beschriebenen Therapieansätze.
Zielgerichtete Therapie mit Nimotuzumab
Der monoklonale Antikörper Nimotuzumab ist gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) gerichtet. Dadurch kann der EGFR-Signalweg unterbrochen und das Wachstum der Tumorzellen gebremst werden [22]. In der Phase-III-Studie NOTABLE, die an 92 Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom durchgeführt wurde, konnte durch die zusätzliche Gabe von Nimotuzumab im Vergleich zur Monotherapie mit Gemcitabin das Gesamtüberleben (10,9 vs. 8,5 Monate; p = 0,025) und das progressionsfreie Überleben (4,2 vs. 3,6 Monate; p = 0,013) signifikant verlängert werden [23]. Dabei ist Nimotuzumab aufgrund seines Wirkmechanismus nur für Patientinnen und Patienten, die an einem Tumor mit dem Wildtyp des Proto-Onkogens KRAS erkrankt sind, eine wirksame Therapieoption [22].
Autologe T-Zelltherapie
Spezifisch angepasste T-Zellen könnten in einigen Fällen zukünftig ebenfalls eine Möglichkeit für die Behandlung des Pankreaskarzinoms darstellen. Im Rahmen einer Fallstudie erhielt eine 71-jährige, mehrfach vorbehandelte Patientin veränderte autologe T-Zellen, die eine bestimmte KRAS-Mutation (KRAS-G12D) der Tumorzellen erkannten [24]. Hierzu wurden der Patientin T-Zellen entnommen und vermehrt. Anschließend konnten die entsprechenden genetischen Veränderungen vorgenommen werden, so dass die T-Zellen einen spezifischen Rezeptor für KRAS-G12D auf ihrer Oberfläche exprimierten. Die Patientin erhielt dann eine einmalige Infusion mit 16,2 × 109 dieser genmodifizierten autologen T-Zellen [24]. Zuvor war sie mit Tocilizumab (600 mg) behandelt worden, um einen Zytokinsturm zu vermeiden. Nach der Zellinfusion wurde eine Interleukin-2-Hochdosistherapie durchgeführt. Einen Monat nach der Behandlung konnte eine partielle Response von 62% und nach sechs Monaten von 72% nachgewiesen werden. Von den zirkulierenden T-Zellen wiesen nach einem Monat 3,3% und nach sechs Monaten noch 2,4% die genmodifizierten Rezeptoren auf [24].
Onkolytisches Vaccinia-Virus
Eine weitere potenzielle Therapie gegen das Pankreaskarzinom ist der Einsatz eines modifizierten onkolytischen Vaccinia-Virus, das Krebszellen infizieren und sich in ihnen vermehren kann. Hierzu wird der genetische Code von zwei Proteinen des Vaccinia-Virus verändert, so dass sich das Virus inner- und außerhalb des Tumors besser verbreiten kann und zudem eine stärkere Immunantwort gegen den Krebs auslöst. Die so veränderten Viren werden injiziert und können sowohl zur Krankheitsbekämpfung als auch präventiv gegen mögliche Rezidive eingesetzt werden. Erste präklinische Versuche an Tiermodellen bestätigten, dass das Virus die Mikroumgebung des Tumors erfolgreich veränderte [25]. So war ein leichterer Zugang zu den Tumorzellen möglich. Zudem löste die Behandlung starke Anti-Tumor-Immunantworten aus [25].
Auf einen Blick
- Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine maligne Erkrankung des Pankreas, die meistens im hormonbildenden Teil der Bauchspeicheldrüse entsteht.
- Risikofaktoren sind unter anderem Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und Übergewicht.
- Die Symptome sind meist unspezifisch und treten häufig erst im späteren Verlauf auf, daher erfolgt die Diagnose oft erst spät.
- Die vollständige chirurgische Entfernung des tumorbefallenen Teils und anderer Organe ist bisher die einzige kurative Therapie.
- Als palliative Therapien kommen verschiedene Chemotherapien infrage, sowie der Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib in Kombination mit Gemcitabin.
- Aktuelle Forschungsansätze für neue Wirkstoffe sind eine zielgerichtete Therapie mit Nimotuzumab, der Einsatz von gentechnisch veränderten autologen T-Zellen und die Gabe von onkolytischen Viren.
Die Prognose ist meist ungünstig
Die Prognose für Patientinnen und Patienten, die an einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas erkrankt sind, ist oft ungünstig. So treten die Symptome der Erkrankung oftmals spät auf und sind meist unspezifisch, können also nicht eindeutig der Bauchspeicheldrüse zugeordnet werden. Dies führt dazu, dass die Diagnose meist auch erst spät gestellt wird und die Betroffenen sich dann bereits in einem fortgeschrittenen, nicht mehr kurativ zu behandelnden Krankheitsstadium befinden [14]. Zudem zeigt die Erkrankung einen aggressiven Verlauf, das heißt, der Tumor wächst schnell, bildet bereits frühzeitig Metastasen und viele erleiden trotz Operation ein Rezidiv [4]. Demgegenüber wachsen endokrine Pankreastumore langsamer und bilden erst spät Metastasen, so dass die Überlebenszeit hier länger ausfällt [26]. Das duktale Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse ist nach wie vor schwer zu behandeln und spricht auf Therapien, die bei anderen Krebsarten erfolgreich eingesetzt werden, kaum an. Ein Grund hierfür ist, dass das Stroma, also das stützende, lockere Bindegewebe in der Mikroumgebung des Tumors, eine physikalische und immunsuppressive Barriere für die Behandlung darstellt [22]. Darüber hinaus weisen die Tumorzellen nur wenige Merkmale auf ihrer Oberfläche auf, die sie für die T-Zellen des Immunsystems als „fremd“ kenntlich machen. Daher sprechen viele Unterarten des Pankreaskarzinoms auf moderne Immuntherapien, z. B. Checkpoint-Inhibitoren, nicht an [27]. Für Patientinnen und Patienten, die an einem Adenokarzinom des Pankreas erkrankt sind, beträgt die Fünf-Jahres-Überlebensrate nach einer Operation 20% [6]. Die Überlebensrate insgesamt liegt fünf Jahre nach Diagnosestellung bei 6 bis 8%, wobei die Betroffenen unter palliativen Maßnahmen im Durchschnitt sechs bis neun Monate überleben [6]. Hoffnung machen die in den vergangenen Jahren eingeführten neuen Chemotherapien und die verbesserte Chirurgie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms, insbesondere bei Patientinnen und Patienten in gutem Allgemeinzustand. Zudem werden immer wieder neue Therapieansätze auf gentherapeutischer und immunologischer Basis untersucht, so dass für die Zukunft weitere Fortschritte im Therapiemanagement des Pankreaskarzinoms möglich sind [4]. |
Literatur
[1] Pelaj P. Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). Information des Journal Onkologie, Stand: März 2022, www.journalonko.de/thema/lesen/bauchspeicheldruesenkrebs_pankreaskarzinom
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[3] Pankreaskarzinom. Onkopedia-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, Stand: Oktober 2018, www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/pankreaskarzinom/@@guideline/html/index.html
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[6] Pankreaskarzinom. Information des Doccheck-Flexikon, flexikon.doccheck.com/de/Pankreaskarzinom
[7] Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs.Information des Berufsverbands Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI), Stand: Juli 2022, www.internisten-im-netz.de/aktuelle-meldungen/aktuell/neue-erkenntnisse-zur-entstehung-von-bauchspeicheldruesenkrebs.html
[8] Beyer G, D’Haese JG, Ormanns S, Mayerle J. Chronische Pankreatitis und Pankreaskarzinom – Tumorrisiko und Screening. Dtsch Med Wochenschr 2018;143:895-906
[9] Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). Information des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Stand: Juli 2020, www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/bauchspeicheldruesenkrebs/index.php
[10] S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom. Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF, Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutschen Krebshilfe (DKH), Stand: Dezember 2021, AWMF-Registernummer: 032/010OL
[11] Laborchemische Diagnostik. Information des Klinikum Stuttgart, www.klinikum-stuttgart.de/kliniken-institute-zentren/zertifiziertes-pankreaskarzinomzentrum/klinische-schwerpunkte/pankreaskarzinom/laborchemische-diagnostik n.d.
[12] O’Neill RS, Stoita A. Biomarkers in the diagnosis of pancreatic cancer: Are we closer to finding the golden ticket. World J Gastroenterol 2021;27:4045-4087
[13] Belyaev O, Uhl W. Pankreaskarzinom – Pathologie, Ätiologie und diagnostisches Vorgehen. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2019;13:495-508
[14] Schindl M. Chirurgische Therapie des Pankreaskarzinoms. Universum Innere Medizin - Themenheft Gastroenterologie/ Chirurgische Therapie Des Pankreaskarzinoms 2019;5, www.medmedia.at/univ-innere-medizin/chirurgische-therapie-des-pankreaskarzinoms/
[15] Duktales Pankreaskarzinom. Information des Uniklinikums Leipzig, www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/vttg/Seiten/pankreaszentrum-duktales-pankreaskarzinom.aspx
[16] Welche Folgen kann eine OP an der Bauchspeicheldrüse haben? Information der Miomedia GmbH, Stand: Mai 2022, www.medpertise.de/bauchspeicheldruese-operation/folgen/
[17] Bauchspeicheldrüsenkrebs – Therapie.Information des ONKO-Internetportal, Stand: März 2017, www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/bauspeicheldruesenkrebs/therapie.html
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[21] Moore MJ, Goldstein D, Hamm J, et al. Erlotinib plus gemcitabine compared with gemcitabine alone in patients with advanced pancreatic cancer: a phase III trial of the National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. J Clin Oncol 2007; 25:1960-1966
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[23] Qin S, Bai Y, Wang Z et al. Nimotuzumab combined with gemcitabine versus gemcitabine in K-RAS wild-type locally advanced or metastatic pancreatic cancer: A prospective, randomized-controlled, double-blinded, multicenter, and phase III clinical trial. Journal of Clinical Oncology 2022;40:LBA4011
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[25] Marelli G, Dunmall LSC, Yuan M, Gioia CD et al. A systemically deliverable Vaccinia virus with increased capacity for intertumoral and intratumoral spread effectively treats pancreatic cancer. J Immunother Cancer 2021; 9:e001624
[26] Rühl R. Bauchspeicheldrüsenkrebs-Überblick. Information der pflege.de, www.pflege.de/krankheiten/krebs/bauchspeicheldruesenkrebs/
[27] Kalte Tumoren „entzünden“ – Bauchspeicheldrüsenkrebs immunologisch angreifbar machen. Information des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Stand: Januar 2022, dktk.dkfz.de/ueber-uns/news/kalte-tumoren-entzuenden-bauchspeicheldruesenkrebs-immunologisch-angreifbar-machen
[28] Fiebinger S. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Information der Medizin+ evidenzbasierte Medizin, https://medizin.plus/krankheiten/bauchspeicheldruesenkrebs
[29] Tintelnot J, Xu Y, Lesker T R et al. Microbiota-derived 3-IAA influences chemotherapy efficacy in pancreatic cancer. Nature 2023;615:168-174
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