Arzneimittel und Therapie

Sotrovimab im Duell gegen Molnupiravir

Risiko für Hospitalisierung und Tod bei COVID-19 ist unter Antikörper geringer

Noch bevor Sotrovimab (Xevudy®) im November 2022 offiziell auf den Markt kam, wurde der Antikörper mangels Wirkung gegen die neuen SARS-CoV-2-Varianten aus den Leitlinien gestrichen. In einer neuen Studie wurde nun zurückgeschaut und die Wirksamkeit des Antikörpers mit der von Molnupiravir (Lagevrio®) verglichen. Sotrovimab wirkte nicht nur besser, sondern half auch Geimpften und bei einer Omikron-BA.2-Infektion.

Mitte November wurde der monoklonale Anti-Spike-Antikörper Sotrovimab (Xevudy®) von GlaxoSmithKline auf den Markt gebracht. Die Zulassung erhielt der Antikörper aber schon am 17. Dezember 2021. Zunächst wurde das Mittel vom Bundesministerium für Gesundheit bevorratet. Nun kann das Präparat auch auf klassischem Wege bezogen werden. Indiziert ist der Antikörper für Risikopatienten (über zwölf Jahren mit einem Mindestgewicht von 40 kg) mit COVID-19-Erkrankung in der Frühphase. Bestellungen für das Präparat werden wohl aber kaum ausgelöst werden, denn mittlerweile wird der therapeutische Antikörper von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und auch der deutschen S3-Leitlinie „Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19“ nicht mehr zur Therapie empfohlen [1, 2]. Der Grund: Die Fähigkeit, neue Virusvarianten in Laborversuchen zu neutralisieren, fiel stark ab, z. B. um das 22-fache gegenüber der Omikron-BA.5-Variante [3].

Blick zurück

In Großbritannien wie auch hierzu­lande gehörte Sotrovimab neben Molnupiravir (Lagevrio®) zu den ersten erhältlichen Arzneimitteln gegen eine COVID-19-Erkrankung. Da beide in der Frühphase zum Einsatz kommen, wurde anhand der Zulassungsdaten priorisiert, welches Mittel eingesetzt wurde. Direkte Vergleichsstudien der Wirkstoffe fehlten jedoch. Zudem hat sich das klinische Umfeld seit den Zulassungsstudien grundlegend gewandelt: neue Virusvarianten treffen auf ein größtenteils geimpftes Patientenkollektiv. Wie beeinflussen diese geänderten Variablen die Wirksamkeit? Britische Wissenschaftlicher untersuchten diese Fragestellungen in einer Kohortenstudie anhand der elektronischen Patientenakten des National Health Service (NHS), dem staatlichen Gesundheitssystem Großbritanniens [4]. Im Zeitraum von Dezember 2021 bis Februar 2022 identifizierten die Studienautoren 3331 Patienten, die mit Sotrovimab, und 2689 Patienten, die mit Molnupiravir behandelt wurden. Das Durchschnittsalter aller Patienten lag bei 52 Jahren. 88% waren mindestens dreifach geimpft. Verschiedene Risikofaktoren waren der Beweggrund für die Behandlung mit den Arzneimitteln, z. B. eine Krebs­erkrankung, Organtransplantation oder Hypertonie. Von den insgesamt 6020 Patienten wurden 87 (1,45%) während des 28-tägigen Beobachtungszeitraums ins Krankenhaus aufgenommen bzw. sind an COVID-19 gestorben. Davon entfielen 32 (0,96%) auf die Sotrovimab-Gruppe und 55 (2,05%) auf die Molnupiravir-Gruppe.

Sotrovimab überzeugt

Die Wissenschaftler ermittelten daraus für Sotrovimab ein um 46% verringertes Risiko für einen Krankenhausaufenthalt oder Tod durch COVID-19 im Vergleich zu Molnupiravir (Hazard Ratio [HR] = 0,54; p = 0,005). Werteten die Wissenschaftler nur die Daten der geimpften Patienten aus, so errechneten sie ein um 47% reduziertes Risiko (HR = 0,53; p = 0,02). Somit scheint auch für Geimpfte immer noch ein Benefit zu bestehen.

Omikron-Überraschung

In dem untersuchten Zeitraum war Omikron-BA.1 die vorherrschende Variante. In einer explorativen Ana­lyse schauten die Autoren auch auf den Folgezeitraum von Februar bis Mai 2022, in dem die BA.2-Variante überwog. Sie errechneten für diese Monate ähnliche Werte für die Risikoreduktion durch Sotrovimab. Das überrascht, denn In-vitro-Versuche legten eine reduzierte Wirksamkeit des Antikörpers gegenüber BA.2 nahe [3]. Insgesamt bestätigt die Studie aber die Priorisierung der Therapeutika in der Vergangenheit und unterstreicht, wie wichtig Real-World-Daten in einer sich schnell wandelnden Pandemie sind. |
 

Literatur

[1] Agarwal A et a. A living WHO guideline on drugs for covid-19. BMJ 2020;370:m3379, doi: 10.1136/bmj.m3379

[2] Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19. S3-Leitlinie, Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI). AWMF-Registernummer: 113/001, Stand: September 2022

[3] Fachinformation Xevudy® 500 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung, Stand: Dezember 2021

[4] Zheng B et al. Comparative effectiveness of sotrovimab and molnupiravir for prevention of severe covid-19 outcomes in patients in the community: observational cohort study with the OpenSAFELY platform. BMJ 2022;379:e071932, doi: 10.1136/bmj-2022-071932

Apotheker Dr. Tony Daubitz

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