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KV Hessen läuft vor Gericht auf
Landessozialgericht weist Eilantrag gegen Dienstleistungs-Schiedsspruch zurück
Ende Mai 2022 hatte die Schiedsstelle ihre Entscheidung zu den pharmazeutischen Dienstleistungen getroffen. Die Kassenseite hat bekanntlich vor allem mit den Vergütungsregelungen ihre Probleme. Aber es gibt auch Ärztefunktionäre, die die ärztliche Therapiehoheit durch das neue Angebot der Apotheken angegriffen sehen. Besonders lautstark und polemisch waren die Stimmen aus Hessen. So machte zunächst der Hessische Hausärzteverband bei Patienten Stimmung gegen die Apotheken, die sich aus ihrer Sicht „ohne tiefere medizinische Kenntnisse und ohne ein entsprechendes Studium in die fundierten ärztlichen Therapien einmischten“. Die KV Hessen stimmte ein und schrieb unter anderem einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, in dem sie forderte, die Dienstleistungen zu stoppen.
Vor allem aber zog die KV Hessen vor Gericht. Das hatte schon der GKV-Spitzenverband getan. Doch die KV wollte noch mehr als die Kassen: Sie erhob im August 2022 nicht nur Klage, sondern begehrte auch einstweiligen Rechtsschutz. Denn die Klage gegen den Schiedsspruch hat keine aufschiebende Wirkung, die pharmazeutischen Dienstleistungen dürfen also trotz des laufenden Rechtsstreits angeboten und durchgeführt werden. Konkret beantragte die KV, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Schiedsspruch anzuordnen – hilfsweise sollte das Gericht bis zur Entscheidung über die Klage feststellen, dass der Schiedsspruch rechtswidrig ist. Ihre Argumentation lautete u. a., dass die KV durch die von ihr behaupteten Eingriffe in die Therapieentscheidung der Ärzte ihrem Sicherstellungsauftrag in Bezug auf die ambulante Versorgung nicht hinreichend nachkommen könne.
Schiedsspruch adressiert nicht die KV
Zum Jahresende hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg nun seine Entscheidung im Eilverfahren gefällt (Beschluss vom 15. Dezember 2022, Az.: L 4 KR 290/22 KL ER). Der Hauptantrag ist demnach bereits nicht statthaft, weil der angegriffene Schiedsspruch der KV Hessen gegenüber keinen Verwaltungsakt darstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme Entscheidungen von Schiedsstellen nach dem SGB V nur im Verhältnis zu den am Schiedsverfahren Beteiligten Verwaltungsaktqualität zu. Im Übrigen wirkten sie – wie die Regelungen der Normverträge, an deren Stelle sie treten – normativ. Und somit kann die KV nicht mit einem Anfechtungsantrag gegen sie vorgehen.
Fehlende Eilbedürftigkeit
Den Hilfsantrag der KV, vorläufig die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruchs insgesamt feststellen zu lassen, hält der Senat des LSG für unbegründet. Soweit sich die KV auf die Gesundheitsgefährdung von Patienten berufe, mache sie schon kein eigenes Recht geltend. Ob (und ggf. in welcher Intensität) der ihr obliegende Sicherstellungsauftrag durch den Schiedsspruch beeinträchtigt werde, könne im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dahingestellt bleiben – denn es fehle schon an der Eilbedürftigkeit. Die KV habe nicht einmal ein konkretes Konkurrenzverhältnis zwischen Apotheken und Kassenärzten ausreichend dargetan, monieren die Richter in ihrem Beschluss. Denn nicht bereits jede noch so geringe „Konkurrenz“ tangiere den Sicherstellungsauftrag. Die KV hätte zumindest konkret erklären müssen, in welchem Umfang sie die neuen pharmazeutischen Leistungen erwartet und in welchem Umfang ihre Mitglieder identische Leistungen in der Vergangenheit erbracht haben.
Warten auf die Entscheidungen in der Hauptsache
Gegen den Beschluss des LSG kann die KV nun Beschwerde beim Bundessozialgericht einlegen. Zudem steht noch die Entscheidung in der Hauptsache aus. Aus den bisherigen Ausführungen des Senats lässt sich erahnen, dass die KV es auch hier nicht leicht haben wird, mit ihren Argumenten durchzudringen. Übrigens: Beigeladen waren in dem Verfahren der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband. Selbst der GKV-Spitzenverband hatte den Antrag der KV Hessen für unzulässig, jedenfalls für unbegründet gehalten (der DAV sowieso). Der GKV-Spitzenverband hat mit seiner eigenen Klage auch eine etwas andere Stoßrichtung. Er greift zum einen die Dienstleistung „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ in ihrer Gesamtheit an. Zum anderen hält er die Vergütung der weiteren von der Schiedsstelle festgelegten Dienstleistungen für rechtswidrig. Auch hier ist das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg nun abzuwarten. |
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