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Wo liegt das Problem bei der Übermittlung von Chargennummern?
Gutachten des Apothekenrechtlers Prof. Dr. Hilko Meyer
Das Thema des Gutachtens des Apothekenrechtlers Prof. Dr. Hilko Meyer ist die anlasslose Übermittlung der Chargennummern abgegebener Arzneimittel an Krankenkassen bei der Abrechnung von E-Rezepten. Eine Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband sieht diese Übertragung als Regelfall bei der Übermittlung des Abgabedatensatzes vor – also nicht etwa nur im Einzelfall bei einem bestimmten Anlass.
Meyer sieht Widerspruch zum Sozialdatenschutz
Dazu stellt Meyer in seinem Gutachten fest, dass die Chargennummer dem Abrechnungsdatensatz für ein bestimmtes Arzneimittel eines bestimmten Patienten angefügt wird. Dadurch würden die Chargennummern Bestandteil personenbezogener Daten im Sinne der europäischen Datenschutzgrundverordnung und Sozialdaten im Sinne von § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Außerdem hätten sie den Charakter von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Speicherung und Nutzung von Sozialdaten sind nur für diejenigen Zwecke zulässig, für die sie erhoben werden. Dieser Zweck ist gemäß §§ 312 Abs. 1 Nr. 3, 346 Abs. 2, 352 Nr. 5 und 341 Abs. 2 Nr. 11 SGB V die Information des Versicherten, erklärt Meyer und verweist dazu auf Informationsmöglichkeiten in der elektronischen Patientenakte, die auf Wunsch des Versicherten bestehen.
Eine Übermittlung der Dispensierinformationen an die Krankenkassen sehe das Gesetz hingegen nicht vor, erklärt Meyer. Der diesbezügliche Schiedsspruch irre mit seinem Verweis auf § 350 Abs. 1 SGB V, denn dort sei von Dispensierinformationen keine Rede. Die betreffenden Daten seien keine Leistungsdaten der Krankenkassen. Meyer sieht auch keine Ausnahme für die Übermittlung der Chargennummern an die Krankenkassen zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht der Apotheke nach § 131a SGB V. Dabei geht es um Ansprüche der Krankenkassen gegenüber Arzneimittelherstellern bei Arzneimittelrückrufen. Im Sinne der Verfahrensökonomie gebe es zwar Ausnahmen für die Verwendung von Daten, die bereits zu anderen Zwecken bei demselben Verantwortlichen gespeichert sind, aber die Chargennummern fallen bei den Apotheken an und nicht bei den Krankenkassen. Außerdem sei die regelhafte Übermittlung der Chargennummern für die Mitwirkung der Apotheken nicht erforderlich, weil die Mitwirkung nur wenige Fälle betrifft und selbst dann keine personenbezogene Verknüpfung nötig ist. Ausschlaggebend sei schließlich die Zugriffsregelung in § 361 Abs. 1 Satz 2 SGB V, die den Zugriff zu Dispensierinformationen nur den Versicherten erlaube. Damit kommt Meyer zu dem Ergebnis, dass die regelhafte Übermittlung der Chargennummern abgegebener Fertigarzneimittel im Abrechnungsdatensatz dem Sozialdatenschutz widerspricht.
Alternative: Chargennummern in der Apotheke speichern
Daher empfiehlt Meyer, die Chargennummern strikt von der Übermittlung des Abgabedatensatzes zu trennen. Denkbar sei eine getrennte Erfassung und krankenkassenbezogene Speicherung im Warenwirtschaftssystem der Apotheke. Dann könne die Apotheke bei einem Rückruf die krankenkassenbezogenen Daten liefern. Diese Speicherung würde zusätzlichen Aufwand in der Apotheke erfordern, aber die Apotheke bleibe dann „Herr der Dispensierdaten“. Schließlich sähe Meyer es als strategischen Fehler der Apotheker an, die von den Krankenkassen zu honorierende Dienstleistung, den Patienten zu informieren, aus der Hand zu geben. |
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