Deutscher Apothekertag 2022

Anträge des Deutschen Apothekertages 2022

1. Klimaschutz und Nachhaltigkeit

AK Hamburg, LAK Thüringen, LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg

Klimaneutralität und Nachhaltigkeitsprüfung von gesetzgeberischen Maßnahmen im Gesundheitswesen

Drucksache L 1 zu 1.1.1 – 1.1.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber/Verordnungsgeber auf, grundsätzlich alle Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Länder im Gesundheitswesen, aber auch in allen anderen Bereichen, auf deren Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zu prüfen.

Zusätzlich fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker das Bundesministerium für Gesundheit federführend auf, gemeinsam mit den Marktbeteiligten die benötigten Ressourcen zur Versorgung des deutschen Arzneimittelmarktes mit Arzneimitteln zu ermitteln und Verbesserungen zur Verwendung dieser Ressourcen einzuleiten.

Die pharmazeutische Industrie wird durch die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker aufgefordert, nachhaltige und umweltschonende Verpackungskonzepte zu entwickeln.

Begründung

Deutschland hat seine Klimaziele angehoben und verbindliche Emissionsziele für die Jahre bis 2045 beschlossen. Der Bundestag hat am 24. Juni 2021 dem von der Regierungskoalition vorgelegten verschärften Klimaschutzgesetz zugestimmt. Das sieht unter anderem vor, dass Deutschland statt bis 2050 nun schon bis 2045 Klimaneutralität erreicht. „Klimaneutral“ bedeutet dabei, dass nur noch so viel Treibhausgas ausgestoßen wird, wie von der Natur wieder aufgenommen werden kann.

Ein wichtiger Beitrag zu Erreichung dieser Ziele, wäre es aus Sicht der Apothekerschaft, künftig nicht nur die bürokratischen Auswirkungen und Kosten, sondern auch die CO2-Auswirkungen von Gesetzgebungsvorhaben von Bund und Ländern im Gesundheitswesen, sowie darüber hinaus auch allen anderen Gesetzesvorhaben, einer gesetzlich verankerten Umweltverträglichkeitsprüfung vor Erlass zu unter­ziehen.

In Deutschland ist der Gesundheitssektor für 5,2 Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Dabei ist der Exportanteil (z. B. durch Medizintechnik) noch nicht eingerechnet [Quelle: Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. (KLUG)].

Damit trägt der Gesundheitssektor und damit auch jede einzelne Apotheke eine wichtige Verantwortung zur Erreichung der gesetzten Ziele zur Klimaneutralität.

Pharmazeutische Erzeugnisse stellen einen der wesentlichen Bestandteile des Ressourcenkonsums im Gesundheitswesen dar. Daher forderte der 125. Deutsche Ärztetag (DÄT) 2021:

  • die Erforschung des Ressourcenkonsums zur Schaffung einer grundlegenden Wissens­basis,
  • die Stärkung der Arzneimittelproduktion in Deutschland für mehr Kontrolle über die Herstellungsverfahren,
  • die Anpassung von Verfallsdaten an die tatsächliche Haltbarkeit und
  • die partizipative Entscheidungsfindung zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten für eine bessere Compliance.

Umweltverträgliches Tertiär-Verpackungsmaterial mit der Möglichkeit von Recycling oder umweltschonender Entsorgung hilft zudem dabei, die Müllmengen zu reduzieren. Anreize, die zu weniger Müll führen, müssen entwickelt werden. Die Entwicklung von neuen Materialien und Konzepten muss ressourcenschonend sein und die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben berücksichtigen.

Übergeordnet zu den Maßnahmen auf Ebene des einzelnen Apothekenbetriebes, ist es wichtig ein grundsätzliches Bewusstsein vor allem beim Gesetzgeber, der durch seine Gesetzgebung den Apotheken nicht nur wirtschaftliche Lasten und Bürokratie, sondern auch umweltschädliche Pflichten zur Umsetzung auferlegt, zu schaffen.

Hier soll die gesetzlich verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung jedes Gesetzgebungsvorhabens dazu dienen, ein Bewusstwerden des Problems beim Gesetzgeber sicherzustellen, um die gesetzten Klimaziele nicht zu verfehlen.

Dem Gesetzgeber soll durch die verpflichtende Prüfung eine Verpflichtung zur Wissensgenerierung auferlegt werden. Er soll sich durch den Prüfauftrag der CO2-Auswirkungen von Gesetzesvorhaben bewusst werden. Entsprechende Kompensationen sollen dabei berücksichtigungsfähig sein, um CO2-Emissionen vor dem Hintergrund der beschlossenen Klimaziele rechtfertigen zu können. Durch eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung würde man die politische Rechtfertigungslast für treibhausgasschädliche Gesetzesvorhaben im Gesundheitswesen und allen anderen Bereichen erhöhen und so einen verantwortungsbewussteren Umgang auch für die nachfolgenden Generationen mit dem Thema vor dem Hintergrund einer Generationengerechtigkeit gewährleisten können.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

LAK Thüringen

Angaben zur Ökotoxikologie und zur Abbaubarkeit von Arzneimitteln als Teil der Zulassung

Drucksache 1.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass im Rahmen der Zulassung von Humanarzneimitteln die Umweltrisiken (Abbaubarkeit, Ökotoxikologische Daten u. a.) erfasst und ggf. Schutzmaßnahmen festgelegt werden müssen. Notwendige Studien und Untersuchungen zu Umwelteffekten und zur Abbaubarkeit sind zu definieren und die erhaltenen Ergebnisse durch das pharmazeutische Unternehmen zu veröffentlichen. Diese Informationen sind Fachkreisen und der Öffentlichkeit frei und in verständlicher Form zur Verfügung zu stellen. In allen relevanten Informationen zum Arzneimittel (z. B. Fachinformationen, Packungsbeilagen) sind dazu standardisierte Angaben zu machen. Des Weiteren ist mittelfristig eine Nachbewertung aller zugelassenen Altpräparate notwendig.

Das bewährte System der Pharmakovigilanz ist um eine „Ökopharmakovigilanz“ zu erweitern, die die fortlaufende Prüfung und Bewertung der Umweltaspekte umfasst. Aus Gründen der Effizienz und Ressourcenschonung ist eine Prüfung und Bewertung auf Wirkstoffebene erstrebenswert. Die seit 2006 bestehende Umweltprüfung bei der Zulassung (RL 2001/83/EG; EMA-Guideline) soll entsprechend weiterentwickelt oder ergänzt werden. Umweltrisiken müssen in die finale Nutzen-Risiko-Analyse mit eingehen. Ein Umweltklassifikationssystem soll es Fachkreisen ermöglichen, die am wenigsten umweltbelastenden Medikamente zu verabreichen, ohne dass dadurch die Therapiequalität eingeschränkt wird.

Begründung

Bei der derzeitigen Gesetzeslage werden für Humanarzneimittel Umweltrisiken weder systematisch erfasst noch nach klaren Kriterien bewertet. Darüber hinaus sind Pharmazeutische Unternehmer nicht verpflichtet, ihre Arzneistoffe überhaupt auf „Umweltrisiken“ zu prüfen und dazu durchgeführte Studien und Untersuchungen mit den erzielten Ergebnissen zu veröffentlichen. Das bedeutet, die „ökologische Bilanz“ eines Arzneistoffes hat keinen nachvollziehbaren Einfluss auf Art und Umfang bzw. auf mögliche Auflagen der Zulassung entsprechender Arzneimittel.

Persistente und mobile Chemikalien sind hochgradig problematisch für Ökosysteme und damit stark umweltrelevant. Gerade Arzneistoffe werden in großen Mengen eingesetzt und stellen als physiologisch aktive Substanzen, die aufgrund der Anwendung eine ausreichende Stabilität haben müssen und üblicherweise nicht im Körper verbleiben, neben anderen Stoffgruppen ein besonderes Problem dar. Spezielle Wirkmechanismen (z. B. Antiparasitika, Antimykotika, Antibiotika) beinhalten zudem ein großes Potenzial Ökosysteme zu beeinflussen. Metabolite und Transformationsprodukte können zusätzlich zu den ursprünglichen Wirkstoffen negative Umweltwirkungen haben, des Weiteren Kombinationen verschiedenster Substanzen. Besonders stark wasserlösliche Stoffe, zu denen eine große Menge Pharmaka und deren Abbauprodukte gehören, entziehen sich oft der Analytik, so dass große Wissenslücken bezüglich der Verbreitung und Umweltbeeinflussung bestehen. Auch bei Arzneistoffen muss deshalb die vollständige Abbaubarkeit bis zur mineralischen Stufe angestrebt werden.

Der Haupteintragspfad von Humanpharmaka ist das Abwasser, so dass in Deutschland bereits 269 Arzneistoffrückstände in verschiedenen Umweltkompartimenten nachgewiesen wurden [Quelle: UBA, 2019]. Dies stellt zunehmend eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit dar, da selbst Trinkwasser betroffen ist. Viele Pharmaka werden durch Kläranlagen weder abgebaut noch zurückgehalten [T. Reemtsma et al. (2016) Environ. Sci. Technol. 50, 10308 – 10315]. Auch der Ausbau der vierten Reinigungsstufe hilft nur bedingt.

Zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN, hier beispielhaft zu nennen: Ziel 3: Gesundheit und Wohlergehen, Ziel 6: Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen und Ziel 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion, sind langfristig eine Reduktion des Eintrages und die weitgehende Abbaubarkeit von Arzneimitteln notwendig.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

LAK Thüringen

Aufnahme umweltrelevanter und ökotoxikologischer Daten in die ABDA-Datenbank

Drucksache 1.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, ökotoxikologische und weitere umweltrelevante Daten von Arzneimitteln in die ABDA-Datenbank zu integrieren, um eine umfassende Information der Patientinnen und Patienten sowie von Akteuren des Gesundheitswesens, z. B. Arztpraxen, gewährleisten zu können.

Begründung

Die ABDA-Datenbank ist die Hauptinformationsquelle für Apothekerinnen und Apotheker, welche in der öffentlichen Apotheke tätig sind. Unser Berufsstand hat die Pflicht gegenüber den Patientinnen und Patienten sowie weiteren Akteuren im Gesundheitswesen, in erster Linie Ärztinnen und Ärzten, eine umfassende Beratung und Information zu Arzneimitteln anzubieten. Umweltrelevante und ökotoxikologische Aspekte werden zunehmend nachgefragt, können jedoch nicht zügig und kompetent beantwortet werden, weil die entsprechenden Informationen nicht in ausreichendem Maß und leicht zugänglich zur Verfügung stehen.

Anfang 2022 veröffentlichte die AMK Informationen zur Ökotoxizität von Diclofenac und gab Hinweise zum verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Arzneistoff [Quelle: AMK-Meldung 02/22]. Auch Veröffentlichungen zu Inhalationsarzneimitteln sind erschienen. Damit sind erste Schritte gemacht. Dies gilt es konsequent weiterzuführen. Die Umweltreinigungskosten allein durch Diclofenac belaufen sich auf 1,5 Mrd. Euro [Quelle: BDEW; Gutachten zur Umsetzbarkeit der Fonds-Lösung zur Finanzierung der Spurenstoffelimination in Kläranlagen;11/2021].

Der Schutz der Biodiversität und des Klimas gehört zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Apothekerinnen und Apotheker sollten dieser Verantwortung gerecht werden und einen aktiven Beitrag zum Artenschutz und damit zum Erhalt unserer Lebensgrund­lagen leisten.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand, AK Hamburg, Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit

Drucksache L 2 zu 1.4.1 – 1.4.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, dass

  • die Apothekerinnen und Apotheker als Teil des Gesundheitswesens sich dafür einsetzen, die Arbeit in den Apotheken klimafreundlich zu gestalten, ohne dass die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln beeinträchtigt wird und ohne dass dies zu negativen wirtschaftlichen Folgen oder bürokratischem Aufwand führt,
  • die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels adäquat in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Apothekerinnen und Apotheker und der übrigen Angehörigen der Apothekenberufe integriert werden,
  • die Apothekerinnen und Apotheker die Patientinnen und Patienten in geeigneter Weise informieren und beraten, welche Auswirkungen die Folgen des Klimawandels, z. B. Hitze, auf ihre Gesundheit und ihre Arzneimitteltherapie haben können,
  • sich die Berufsorganisationen der Apothekerinnen und Apotheker auf Bundes- und Landesebene dafür einsetzen, dass die Apothekerinnen und Apotheker als Teil des Gesundheitssystems, aber auch sie selbst ihren Beitrag zum Klimaschutz und damit Gesundheitsschutz leisten.

Begründung

Der Gesundheitssektor selbst ist ein auslösender Faktor für den Klimawandel und somit Mitverursacher gesundheitsschädlicher Faktoren. Daher muss das Gesundheitssystem und damit auch die Arbeit in den Apotheken klimafreundlicher gestaltet werden. Damit leisten sie einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele des Pariser Abkommens von 2015.

Apothekerinnen und Apotheker und pharmazeutische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken sind in besonderem Maße in Kontakt mit Menschen, die am meisten von den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels betroffen sein werden.

Es ist daher unerlässlich, dass die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere Hitze, auf die Gesundheit der Menschen und deren Arzneimitteltherapie in geeigneter Weise in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Apothekerinnen und Apotheker und der übrigen pharmazeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden. Nur so können sie ihre Patientinnen und Patienten sachgerecht über mögliche Auswirkungen der Folgen des Klimawandels auf ihre Gesundheit und ihre Arzneimitteltherapie informieren und beraten.

Die Berufsorganisationen auf Bundes- und Landesebene setzen sich berufspolitisch dafür ein, dass Apothekerinnen und Apotheker als Teil des Gesundheitssystems, aber auch sie selbst ihren Beitrag zum Klimaschutz im Sinne des Gesundheitsschutzes leisten.

Die eigene Apotheke klimaneutral zu gestalten kostet Geld, Investitionsmittel, sowie viel spezifisches Wissen. Deutschlandweit haben bereits mehrere Apotheken u. a. mithilfe von externen Dienstleistern klimaneutrale Apotheken geschaffen. Durch flächendeckende Konzepte, die am besten auch von einer unabhängigen Stelle (nicht aus der Privatwirtschaft) zur Gestaltung von klimaneutralen Apotheken beitragen, können diese Apotheken ihre Erfahrungen teilen und andere Apotheken in ihrem Prozess unterstützen.

Zur Erarbeitung des Konzepts können u. a. folgende Quellen herangezogen werden:

Da nicht alle Treibhausgasemissionen eingespart werden können, sollten als letzte Möglichkeit auch Kompensationsmodelle mitgedacht werden.

Die Apothekenbetriebsordnung, als wichtige Verordnung für den Apothekenalltag, ist aus Sicht der Antragsteller der erste Ansatzpunkt, um Änderungen für eine höhere Nachhaltigkeit des Apothekenbetriebs zu etablieren. Als erste Punkte sind hier die Notwendigkeit einer Klimatisierung des Arzneimittellagers und die chemische bzw. instrumentelle Identitätsbestimmung von Ausgangsstoffen für die Rezepturherstellung zu nennen. Hier werden Ressourcen vorgehalten und verbraucht, obwohl eindeutige digitale Identifizierungsverfahren möglich sind und in anderen Bereichen großflächig eingesetzt werden.

Durch den hohen Material- und Personalbedarf tragen Ausgangsstoffprüfungen dazu bei, dass individualisierte Zubereitungen z. T. ein Verlustgeschäft für Apotheken sind, und der Ressourceneinsatz pro Patientin/Patient sehr hoch bleibt. Zusätzlich zu einem hohen Aufwand, bleibt der Zusatznutzen von einer Überprüfung jeder einzelnen Packung in Apotheken unklar. Offizielle Rückrufe für „falsche Rezepturausgangsstoffe“, z. B. über die AMK sind uns nicht bekannt.

Damit weiterhin und ggf. mehr qualitativ hochwertige, individualisierte Zubereitungen wirtschaftlich hergestellt werden können und gleichzeitig der Ressourcenverbrauch reduziert werden kann, müssen wir als Apothekerinnen und Apotheker die Möglichkeit erhalten, bes­sere Prozesse etablieren zu können. Deshalb schlagen wir von der AG Nachhaltigkeit der LAKT ein Modellprojekt vor, welches die Umsetzbarkeit und Zuverlässigkeit von neuen, ressourcensparenden Identifizierungsmethoden untersucht.

Um dieses Vorhaben umsetzen und ein alternatives digitales Identifizierungsverfahren eta­blieren zu können, sind wir auf die Unterstützung der ABDA angewiesen. Für die Erprobung und ggf. die Anerkennung des Verfahren als gleichwertige Alternative zur Identifizierung von Ausgangsstoffen sind Anpassungen in der Apothekenbetriebsordnung und ggf. anderen Rechtsvorschriften notwendig. Gelingt dies, kann Apotheken ein rechtssicheres Arbeiten mit einer ressourceneffizienten, sicheren und kostengünstigen Methode in Zukunft ermöglicht werden.

Antrag angenommen

LAK Thüringen

Prüfung rechtlicher Vorgaben im Rahmen der Arzneimittelversorgung auf Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit

Drucksache 1.5

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die Einrichtung einer Arbeitsgruppe auf Ebene der ABDA, die die rechtlichen Vorgaben, insbesondere der Apothekenbetriebsordnung, dahingehend prüft, inwieweit sie durch nachhaltige und klimafreundliche Regelungen ersetzt werden können. Die Arbeitsgruppe soll innerhalb eines Jahres Vorschläge erarbeiten, mit dem Ziel, eine höhere Nachhaltigkeit des Apothekenbetriebs und der Arzneimittelversorgung zu erreichen.

Begründung

Wenn man als einzelne Apothekerin oder als einzelner Apotheker klima- und umweltverträglicher arbeiten möchte, wird schnell deutlich, dass viele Probleme systemisch bedingt und einem nachhaltigen Handeln regulatorische Grenzen gesetzt sind. Deshalb ist es wichtig zu prüfen, ob alle regulatorischen Vorgaben ihren begründeten Platz haben, oder ob diese Vorgaben zu Teilen erneuert und verbessert werden können.

Die Apothekenbetriebsordnung, als wichtige Verordnung für den Apothekenalltag, ist aus Sicht der Antragsteller der erste Ansatzpunkt, um Änderungen für eine höhere Nachhaltigkeit des Apothekenbetriebs zu etablieren. Als erste Punkte sind hier die Notwendigkeit einer Klimatisierung des Arzneimittellagers und die chemische bzw. instrumentelle Identitätsbestimmung von Ausgangsstoffen für die Rezepturherstellung zu nennen. Hier werden Ressourcen vorgehalten und verbraucht, obwohl eindeutige digitale Identifizierungsverfahren möglich sind und in anderen Bereichen groß­flächig eingesetzt werden.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

LAK Thüringen

Überprüfung und Etablierung von neuen, ressourceneffizienten Identifizierungsmethoden von Ausgangsstoffen

Drucksache 1.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, ein Modellprojekt zu ressourceneffizienten und kostengünstigen Identifizierungsmethoden von Ausgangsstoffen der AG Nachhaltige Apotheke (LAKT) zu unterstützen. Das Ziel des Projektes ist es, die bisher üblichen chemischen und analytischen Verfahren durch ein nachhaltiges Verfahren zur eindeutigen Identifikation von Ausgangsstoffen zu ersetzen.

Ziel ist es – bei überzeugender Sicherheit dieser Identifizierungsmethode - die rechtlichen Voraussetzungen für eine breite Anwendung dieser Methode in Apotheken zu schaffen.

Begründung

Durch den hohen Material- und Personalbedarf tragen Ausgangsstoffprüfungen dazu bei, dass individualisierte Zubereitungen z. T. ein Verlustgeschäft für Apotheken sind, und der Ressourceneinsatz pro Patientin/Patient sehr hoch bleibt. Zusätzlich zu einem hohen Aufwand, bleibt der Zusatznutzen von einer Überprüfung jeder einzelnen Packung in Apotheken unklar. Offizielle Rückrufe für „falsche Rezepturausgangsstoffe“, z. B. über die AMK sind uns nicht bekannt.

Damit weiterhin und ggf. mehr qualitativ hochwertige, individualisierte Zubereitungen wirtschaftlich hergestellt werden können und gleichzeitig der Ressourcenverbrauch reduziert werden kann, müssen wir als Apothekerinnen und Apotheker die Möglichkeit erhalten, bessere Prozesse etablieren zu können. Deshalb schlagen wir von der AG Nachhaltigkeit der LAKT ein Modellprojekt vor, welches die Umsetzbarkeit und Zuverlässigkeit von neuen, ressourcensparenden Identifizierungsmethoden untersucht.

Um dieses Vorhaben umsetzen und ein alternatives digitales Identifizierungsverfahren etablieren zu können, sind wir auf die Unterstützung der ABDA angewiesen. Für die Erprobung und ggf. die Anerkennung des Verfahrens als gleichwertige Alternative zur Identifizierung von Ausgangsstoffen sind Anpassungen in der Apothekenbetriebsordnung und ggf. anderen Rechtsvorschriften notwendig. Gelingt dies, kann Apotheken ein rechtssicheres Arbeiten mit einer ressourceneffizienten, sicheren und kostengünstigen Methode in Zukunft ermöglicht werden.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AK Hamburg

Aufhebung der Belegabgabepflicht (Bon-Pflicht)

Drucksache 1.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Bon-Pflicht in den Apotheken und im gesamten Einzelhandel sofort abzuschaffen.

Begründung

Seit dem 1. Januar 2020 herrscht Bon-Zwang in Deutschland. Nach dem „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, kurz Kassengesetz 2020, muss seit diesem Datum jeder Käufer im Einzelhandel – so auch in Apotheken – zwingend einen Bon bekommen. Dies soll Steuerstraftaten verhindern.

Mit der Menge der jährlich ausgedruckten Kassenbons könnte man 43 Fußballfelder bedecken. Hintereinander gelegt ergäben sie eine Länge von 2,2 Mio. Kilometern [Spiegel-Artikel vom 18.11.2019]. Müllberge, derer es nicht bedarf.

Die Bon-Pflicht in den Apotheken und im gesamten Einzelhandel mit der Verpflichtung zum Ausdruck jedes einzelnen Bons für den Kunden – unabhängig, ob verlangt oder nicht – widerspricht den heutigen Bestrebungen zu mehr Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in Industrie und Wirtschaft.

Die Bonpflicht ist deshalb aus Umweltsicht problematisch. Kassenbons werden aus Frischfaserpapier hergestellt, hierfür werden Ressourcen wie Holz, Wasser und Energie verbraucht. Aber damit nicht genug werden die Bons auch in Apotheken häufig auf so genanntem Thermopapier gedruckt. Thermopapier ist ein Spezialpapier, das ca. 0,5 bis 3 Prozent Farbentwickler enthält, der unter Temperatureinwirkung in einer chemischen Reaktion die Schwarzfärbung des Papiers auslöst. Als Farbentwickler wurden bis 2020 im wesentlichen Bisphenol A und Bisphenol S eingesetzt [FAQ Umweltbundesamt zur Bon-Pflicht vom 10.01.2020]. Unabhängig von der gesundheitlichen Gefährdung, die von den verwendeten Chemikalien ausgehen kann, macht der Einsatz des Thermopapiers auch eine Entsorgung der Bons energetisch aufwendiger und damit teurer. Denn laut Umweltbundesamt empfiehlt sich eine Entsorgung von Thermopapieren mit dem Restmüll, da weiterhin phenolhaltige Farbentwickler verwendet werden und der Verbraucher phenolhaltige nicht von phenolfreien Thermopapieren unterscheiden kann. Denn die enthaltenen Farbentwickler, wie Bisphenol S, können sich als kritische Inhaltsstoffe im Altpapier verteilen – und anschließend über Recyclingprodukte wie Toilettenpapier zurück zum Verbraucher und in die Umwelt gelangen.

Zudem ist die Notwendigkeit der Maßnahme infrage zu stellen. Kassensystemhersteller schätzen die zwingende Belegausgabe nicht als notwendig ein. Schon beim Start eines Verkaufs- oder Bestellvorgangs erfrage eine sogenannte Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) eine Transaktionsnummer. Mit der elektronischen Anfrage starte eine Transaktion, in deren Folge alle weiteren Buchungen des Kassensystems in der TSE aufgezeichnet würden.

Die Bestrebungen des Gesetzgebers, den Bürger im Rahmen der Belegausdruckspflicht als „Krücke“ zur Bekämpfung von Steuerstraftaten zu nutzen erscheint daher fragwürdig und aus Gründen des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung nicht gerechtfertigt. Daher gehört die Pflicht abgeschafft.

Antrag angenommen

Cynthia Milz, Ursula Funke und Kolleginnen und Kollegen

Digitale Antragsmappe und Geschäftsbericht

Ad-hoc-Antrag 1.7a

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, die Antragsunterlagen zum Deutschen Apothekertag und den Geschäftsbericht künftig ausschließlich in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Für eine ausreichende Stromversorgung im Sitzungssaal ist zu sorgen.

Antrag zurückgezogen

AK Hamburg, LAK Thüringen

Klimaneutrale Geschäftsstellen bis zum Jahr 2030

Drucksache 1.8

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, dass die Geschäftsstellen der 34 Mitgliedsorganisationen der ABDA, sowie die Geschäftsstellen der ABDA selbst mit all ihren Funktionen und Aufgaben (inkl. der Gremiensitzungen, sowie das Verwaltungshandeln) darauf hinwirken, bis 2030 ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern.

Begründung

Zum Erreichen der Klimaschutzziele muss jeder Sektor beitragen. Als Apothekerinnen und Apotheker sind wir als Teil des Gesundheitssektors besonders zur Klimaneutralität angehalten, denn Klimaschutz bedeutet Gesundheitsschutz. Untersuchungen haben gezeigt, dass ca. 5 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland vom Gesundheitssystem verursacht werden [Health Care Without Harm Europe https://noharm-europe.org/articles/press-release/europe/eu-healthcare-sector-major-contributor-climate-crisis].

Die Standesorganisationen haben eine Vorbildfunktion inne und können durch die Umsetzung der Klimaneutralität bis 2030 in ihren Geschäftsstellen einen ersten Schritt gehen und Verantwortung übernehmen. Durch die gesammelten Erfahrungen kann sie Apotheken bei deren Weg zur Klimaneutralität unterstützen.

Andere Gesundheitsorganisationen haben bereits erklärt, klimaneutral werden zu wollen. So hat z. B. KLUG die Initiative „Klimaneutraler Gesundheitssektor 2035“ ins Leben gerufen [https://gesundheit-braucht-klimaschutz.de/]. Des Weiteren hat sich die Bundesärztekammer in einer Erklärung des Vorstandes vom 20.08.2021 dazu bereit erklärt, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden [Beschlussprotokoll 125. Deutscher Ärztetag, Seite 224, Bundesärztekammer, 2021, https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/125.DAET/Beschlussproto- koll_125DAET2021_Stand_24112021.pdf].

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AK Westfalen-Lippe

Klimafreundliche An- und Abreise zum DAT

Ad-hoc-Antrag 1.8a

Antrag

Die Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die Mitgliedsorganisationen auf, Reisekosten, die durch An- und Abreise zum Deutschen Apothekertag (DAT) per Flugzeug entstehen, den Delegierten des DAT nicht mehr zu erstatten.

Die Mitgliedsorganisationen sollen auf die Delegierten einwirken, möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln an- und abzureisen.

Antrag zurückgezogen

Joachim Stolle, Anke Rüdinger, Anna Fredrich, Tina Töllner, Claudia Wolf, LAK Thüringen

Ressourcenverschwendung begrenzen

Drucksache L 3 zu 1.9.1 – 1.9.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die pharmazeutischen Unternehmer und Kosmetikhersteller auf, zukünftig die unaufgeforderte Zusendung von Werbematerialien, Aufstellern, Schaufensterdekorationen und ähnlichen Materialien zu unterlassen und alternative Konzepte zur umweltschonenderen Herstellung von notwendigen Proben zu entwickeln.

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der die Abgabe von Add-Ons auf apothekenpflichtige Arzneimittel verbietet.

Begründung

Täglich werden Apotheken mit diversen Materialien und Briefsendungen konfrontiert, die im Regelfall weder angefordert noch erwünscht sind. Dies ist eine unnötige Verschwendung von Ressourcen und belastet die Umwelt sowohl bei der Produktion als auch durch den Transport und die Entsorgung der Materialien.

Noch immer werden immens viele unnötige Zugaben und kostenlose Add-Ons von herstellenden Unternehmen verschiedener apothekenüblicher Produkte zu Marketingzwecken entwickelt und über die Apotheke verteilt. Dies dient praktisch allein der Verkaufsförderung und ist weder geeignet die Gesundheit der Patientinnen und Patienten nachhaltig zu verbessern noch spielt der nachhaltige und schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen dabei eine Rolle. Die Herstellung dieser Zugaben verschwendet unnötig Ressourcen und schafft in der Regel schwer zu recycelnden Müll, der nicht oder nur mit hohem Aufwand wiederverwertet werden kann. Diesen schwer zu überwindenden Problemen steht nur ein kurzfristiger und durch die Kundinnen und Kunden nur am Rande wahrgenommener Nutzen gegenüber. Daher appelliert der Deutsche Apothekertag an die herstellenden Unternehmen, diese Praxis einzuschränken bzw. vollständig auf sie zu verzichten.

Bestimmte Proben, wie z. B. zur Testung von Kosmetika zur Therapieunterstützung bei Hauterkrankungen, sollten in Abgabeformen bereitgestellt werden, deren ökologischer Fußabdruck minimiert ist, d. h. nur unter geringem Ressourcenverbrauch hergestellt und im besten Fall vollständig abgebaut werden können.

Daher appelliert der Deutsche Apothekertag wiederholt an die herstellenden Unternehmen, diese Praxis einzuschränken bzw. vollständig auf sie zu verzichten. Da diese Appelle bisher nicht in ausreichendem Maße Gehör fanden, fordern die Delegierten den Gesetzgeber auf, entsprechende rechtliche Maßnahmen in die Wege zu leiten, um die Unternehmen zu einem verantwortlichen und nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu animieren, ggf. zu verpflichten.

Mit dem Verzicht auf Add-Ons und der umweltschonenderen Herstellung notwendiger Proben sollen zwei Ziele erreicht werden: Zum einen wird die Apotheke damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel und die Umweltverschmutzung mit der Reduktion von Abfällen und dem Einsparen von Energie gerecht. Zum anderen soll die Patientin oder der Patient die Apotheke verstärkt als Ort der Ausübung von heilberuflicher Arbeit wahrnehmen und nicht als Abgabestelle für Add-Ons.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Hamburg

Ernennung eines Nachhaltigkeitsbeauftragten

Drucksache 1.10

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, dass die ABDA eine Nachhaltigkeitsbeauftragte bzw. einen Nachhaltigkeitsbeauftragten der ABDA ernennt. Er/Sie soll klimarelevante Probleme (in Zusammenhang mit Nachhaltigkeit) für den Berufsstand erkennen und die ABDA erkennbar nach innen und außen in Fragen der gesundheitlichen und pharmazeutischen Herausforderungen der Klima- und Umweltkrise vertreten.

Begründung

Um den sich stellenden Fragen in Bezug auf Klima, Umwelt und soziale Gerechtigkeit umfassend zu begegnen ist die Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen (Ökonomie, Ökologie, Soziales) zu betrachten. Um der Fragestellung in der ABDA angemessen zu begegnen, ist die Benennung dieser Position erforderlich. Diese Position dient als interner Ansprechpartner für alle Mitgliedsorganisationen der ABDA (Kammern und Verbände) als zentrale Anlaufstelle, wenn es um die Ausgestaltung von nachhaltigen Apotheken z. B. im Rahmen der Klima­neutralität, geht. Dadurch können Zeit und Energie effizient gespart, Informationen gebündelt, sowie verschiedene Akteure vernetzt werden. Des Weiteren kann die/der Nachhaltigkeitsbeauftragte die Interessen der Pharmazie im Nachhaltigkeitsnetzwerk vertreten.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

LAK Thüringen

Sozial- und Umweltstandards für Rabattverträge einführen

Drucksache 1.11

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber, auf, es den gesetzlichen Krankenkassen, ggf. durch eine Änderung der Vergabeverfahren, zu ermöglichen, in Rabattverträgen mit pharmazeutischen Unternehmen weitergehende Ausschreibe- bzw. Vergabekriterien zu vereinbaren. Die gesetzlichen Krankenkassen werden aufgefordert, sich selbst zu verpflichten, nur noch Rabattverträge mit pharmazeutischen Herstellern abzuschließen, die für alle Herstellungsschritte ihrer Arzneimittel, die Einhaltung anerkannter Sozial- und Umweltstandards verbindlich und nachprüfbar zusichern.

Begründung

In einer Pressemitteilung der AOK Rheinland aus dem Februar 2021 heißt es: „Versorgungssicherheit und Umweltschutz waren zwei Gründe, warum die AOK-Gemeinschaft im Herbst 2020 fünf Antibiotika-Wirkstoffe erstmals gesondert ausgeschrieben hatte. Nicht nur der Preis sollte eine Rolle spielen, sondern auch die Lieferkette sowie der Umwelt- und Arbeitsschutz.

Doch mehrere Hersteller gingen gegen die Ausschreibung vor und erhielten vor der Vergabekammer des Bundes Recht. Deshalb konnte die AOK von fünf ausgeschriebenen Antibiotikawirkstoffen nur für zwei Wirkstoffe den vollständigen Zuschlag erteilen.“ (PM der AOK Rheinland vom 25.02.2021) [https://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2021/index_24331.html]

Mittlerweile verpflichtet das Lieferkettengesetz ab dem 1. Januar 2023 auch zur Offenlegung der Bezugsquellen der Arzneimittelbestandteile und kann als gesetzliche Grundlage zur Nachvollziehbarkeit der oben genannten Thematik herangezogen werden.

Die Hauptversammlung der Apothekerinnen und Apotheker will Krankenkassen wie z. B. die AOK Rheinland unterstützen, die mit der Ausschreibung von Rabattverträgen ihre Verantwortlichkeit in einem weiteren Rahmen definieren und die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards einfordern.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

 

2. Sicherstellung der Versorgung

Geschäftsführender ABDA-Vorstand, AK Nordrhein, AK Westfalen-Lippe, Joachim Stolle, Anke Rüdinger, Anna Fredrich, Tina Töllner, Claudia Wolf

Ordnungsrechtlicher Rahmen

Drucksache L 4 zu 2.1.1 – 2.1.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber auf, sichere und verlässliche ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen für die inhabergeführten öffentlichen Apotheken in Deutschland zu gewährleisten.

Hierzu gehört auch die Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Apotheken, die insbesondere nicht durch Ertragsabschöpfungen im Rahmen eines GKV-Finanzierungsgesetzes gefährdet werden darf. An den bestehenden Regelungen zum Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie der freien Apothekenwahl ist zwingend festzuhalten und gegebenenfalls nachzuschärfen.

Arzneimittel sind beratungsbedürftige und sensibel zu handhabende Güter, die im Umgang besondere Ausbildung sowie Vorsicht, Umsicht und Information erfordern. Der Trivialisierung von Arzneimitteln ist entschieden entgegenzuwirken, insbesondere muss die Apothekenpflicht als wesentliches Instrument des Verbraucherschutzes aufrecht erhalten bleiben. Dies sollte auch zu einer Überprüfung der Anforderungen bei der Abgabe apothekenpflich­tiger Arzneimittel im Wege des Fernabsatzes führen, insbesondere in solchen Fällen, in denen diese mit telemedizinisch erstellten Verschreibungen unmittelbar oder auf digitalen Plattformen verbunden werden.

Bei allen Regelungen im Bereich des Apothekenwesens muss das Ziel berücksichtigt werden, zum Wohle der Patienten die Arzneimittelversorgung unter allen Umständen über die Apotheken vor Ort zu sichern und zu stärken, damit auch künftig die Menschen wohnortnah und flächendeckend versorgt werden können.

Zudem spricht sich die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker dafür aus, die auf dem deutschen Arzneimittelmarkt zielenden Aktivitäten der kapitalgesteuerten Großkonzerne einer kontinuierlichen rechtlichen Überprüfung zu unterziehen, um struktur- und patientenversorgungsgefährdende Entwicklungen frühzeitig wahrzunehmen und erforderliche gesetzgeberische Gegenmaßnahmen einzufordern.

Begründung

Das System der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch die inhabergeführten öffentlichen Apotheken in Deutschland hat sich seit Jahren bewährt. Insbesondere unter den Rahmenbedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie haben die öffentlichen Apotheken sich in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, anderen Waren des Nebensortiments und Dienstleistungen, wie z. B. bei der Durchführung von Schnelltests zur Detektion von Infektionen außerordentlich bewährt. Durch technische Fortschritte, die Digitalisierung und die Einführung des elektronischen Rezepts stehen die Apotheken aber auch vor besonderen Herausforderungen. Bewährt haben sich die Bindung des Arzneimittels an den Vertriebsweg Apotheke, eigenverantwortlich, frei- und heilberuflich von Apothekerinnen und Apothekern geführte Apotheken, flankiert durch einheitliche Abgabepreise und eine Fokussierung auf den Leistungs- anstelle eines Preiswettbewerbs. Diese Instrumentarien sind zu stärken. Auf ihre Einhaltung ist konsequent zu achten.

Dabei ist einerseits das hohe Gesundheitsschutzniveau für Patienten zu wahren, und andererseits sind für inhabergeführte öffentliche Apotheken existenzgefährdende Marktverhältnisse zu verhindern.

Mit der Apothekenpflicht und dem Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie dem einheitlichen Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel unterhält der Gesetzgeber ein Ordnungssystem, das diese Ziele im Zusammenwirken all seiner Elemente erreicht, sie aber verfehlt, wenn einzelne Elemente infrage gestellt oder beseitigt werden.

Durch die Digitalisierung und damit zusammenhängender neuer Geschäftsmodelle wie Plattformen, Schnelllieferdienste und Telemedizin besteht die Gefahr der Aushöhlung dieser tragenden Fundamente des Apothekenrechts.

Nach § 8 S.2 ApoG sind Umsatz- oder Gewinnbeteiligungen am Apothekenbetrieb untersagt. Dies gilt auch für zur Verfügung gestellte „virtuelle Schaufenster“. Zudem sollen teilnehmende Apotheken eine pauschale Monatsgebühr für die Übermittlung von E-Rezepten zahlen, was einen Verstoß gegen das Makelverbot in § 11 ApoG darstellt. Provisionen von apothekenfremden Plattformanbietern stellen einen „virtueller Fremdbesitz“ dar und sind damit unzulässig.

Auch unter Berücksichtigung des Schutzgedankens des § 7 ApoG, wonach der Apotheker wirtschaftlich vollständig unabhängig agieren soll, ist eben gerade nicht gewollt, dass irgendwelche Verträge, unabhängig von deren Umfang, sich auf den Umsatz der Apotheke beziehen.

Angesichts der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation ihrer Gesundheitssysteme (Artikel 168 AEUV) und der diese Grundvorgabe berücksichtigenden EU-Richtlinien und -Verordnungen sowie EuGH-Rechtsprechung obliegt es dem deutschen Gesetzgeber, diese gesundheitspolitischen Wertungen und Grundentscheidungen zu treffen. Möglichen Versuchen von Marktbeteiligten aus anderen Mitgliedstaaten oder gar Drittstaaten, unter Berufung auf Binnenmarktprinzipien diese Vorgaben zu beeinträchtigen, ist daher entschieden entgegenzutreten.

Es ist Aufgabe und Verpflichtung des Staates, das Primat der öffentlichen Apotheken vor Ort in Abgrenzung zum Versandhandel sicherzustellen und zu unterstützen, wenn er für eine optimale Arzneimittelversorgung Sorge tragen will. Er hat dabei auch einer Trivialisierung des Arzneimittels entgegenzuwirken, die zwangsläufig entsteht, wenn, beispielsweise durch Versandhandel, Plattformökonomien und Preisdumping, es im Hinblick auf Vertrieb und Liefervorgang von einem beliebigen Konsumgut nicht mehr unterscheidbar ist. Patienten, die den besonderen Charakter des Arzneimittels nicht mehr erkennen, nehmen auch die Medikation nicht mehr als Risikoprozess wahr, für den sie erforderlichen Rat suchen, annehmen und dauerhaft befolgen. Der Schutzgedanke für die Gesundheit der einzelnen Patienten, welcher die Verschreibungs- und Apothekenpflicht rechtfertigt, wird in jüngerer Zeit durch bestimmte Internetanbieter und Plattformen gefährdet, wo durch simples Anklicken einiger Fragen ohne eingehende Einzelfallprüfung sowohl eine ärztliche Verschreibung als auch das entsprechende Arzneimittel angefordert werden können.

Antrag angenommen

LAK Hessen

Wiederherstellung der Arzneimittelsicherheit bei kritischen Wirkstoffen

Drucksache 2.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, Fertigarzneimittel mit Arzneistoffen, die ein kritisches Risikoprofil ausweisen, wie Schmerzmittel (z.B. Tramadol) und Schlafmittel (z.B. Zolpidem) mit Suchtpotenzial, sowie z. B. Antibiotika mit deren Resistenzproblematik aus Verbraucherschutzgründen vom Versandhandel auszunehmen.

Begründung

Durch die diversen Onlineplattformen, auf deren per Fragebogen Verschreibungen ausgestellt werden, ist nicht nur der Zugang zu Lifestyle-Arzneimitteln erheblich trivialisiert worden, sondern es werden auch immer häufiger verschiedene Klassen von Antibiotika angeboten.

Um die Arzneimittelsicherheit bei solchen kritischen Substanzen langfristig zu erhalten und unnötige Resistenzen zu verhindern, muss der Gesetzgeber/Verordnungsgeber geeignete Maßnahmen ergreifen, wie eine Ausweitung der Ausnahmen von Arzneimitteln im Versandhandel durch Ergänzung des § 17 Abs. 2b Apothekenbetriebsordnung. Aus Verbraucherschutzgründen und zum Wohle der Menschen sollten derartige Wirkstoffe nur nach direkten Arzt-Patienten-Kontakt verordnet werden dürfen.

Antrag nach redaktioneller Änderung in den Ausschuss verwiesen

Sächsischer Apothekerverband e. V.

Flächendeckende Versorgung sichern

Drucksache 2.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, unverzüglich organisatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung insbesondere in ländlich geprägten Regionen aufrechtzuerhalten und damit den staatlich übertragenen Versorgungsauftrag der öffentlichen Apotheken langfristig zu sichern.

Begründung

Bereits seit Jahren beobachten Apothekerkammern und -verbände einen stetigen Rückgang von Betriebsstätten. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wird es absehbar auch in Orten und Ortsteilen, in denen die Apotheke eine der letzten verbliebenen Versorgungseinrichtungen ist, keine Apothekenbetriebsstätte mehr geben. Neben den demografischen Faktoren wird dafür auch der ordnungsrechtliche Rahmen als Ursache gesehen, insbesondere die Gleichbewertung in Bezug auf Auflagen und Anforderungen sowohl an große, häufig innerstädtische Betriebe als auch an kleine, häufig ländlich gelegene Betriebsstätten.

In Sachsen ist die Anzahl der Betriebsstätten in den Jahren 2010 bis 2021 effektiv um 61 gesunken. Nur 14 dieser Betriebsstättenschließungen fanden in den drei Ballungsräumen Chemnitz, Dresden oder Leipzig statt, die anderen 47 in den 10 Landkreisen.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

Bayerische LAK

Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur in der Energie- und Wirtschaftskrise

Drucksache 2.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die Bundes­regierung auf, die für die Arzneimittelversorgung relevanten Betriebe, zu denen im Wesentlichen große Bereiche der pharmazeutischen Industrie, insbesondere aber auch die Apotheken vor Ort zählen, in Zeiten der Energie- und Rohstoffknappheit besonders zu berücksichtigen und zu unterstützen, um Versorgungs- und Lieferengpässe zu vermeiden, damit der Bevölkerung weiterhin alle lebensnotwendigen Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Begründung

Es steht zu befürchten, dass künftig bedingt durch Wirtschaftskrise, Inflation und Ausfällen bei den Lieferketten nur noch in begrenztem Ausmaß Gas, Öl und Rohstoffe, ebenso wie Energie zur Verfügung stehen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die energieintensive pharmazeutische Industrie von der Versorgung mit diesen Rohstoffen und von der Energieversorgung abgekoppelt wird, da sie zur Sicherstellung der Produktion lebenswichtiger Arzneimittel dringend benötigt wird. Nur beispielhaft sei die Insulin-Produktion genannt, die zu den energieintensivsten Herstellungsverfahren in der pharmazeutischen Industrie zählt. In gleicher Weise wären von einer Abtrennung von Energie und Gas die Herstellungsverfahren weiterer Hilfs- und Wirkstoffe sowie Vorprodukte betroffen. Damit würden die Lieferketten unterbrochen und lebensnotwendige Medikamente könnten nicht oder nicht mehr hergestellt werden und fehlen in der Versorgung.

Auch Apotheken sind durch Energieengpässe insoweit betroffen, als für den ordnungsgemäßen Ablauf der erforderlichen Prozesse in der Apotheke energieintensive Geräte, wie Klimaanlagen, Kühlschränke, Kommissionierauto­maten u. v. m. betrieben werden müssen. Die Apotheken müssen deshalb zwingend durch entsprechende Fördermaßnahmen entlastet werden.

Nachdem das über die Arzneimittelpreisverordnung rechtlich fixierte Apothekenhonorar in den letzten Jahren nicht angepasst wurde, schlagen die gestiegenen Energiekosten unmittelbar auf das Betriebsergebnis der Apotheken durch und tragen dazu bei, dass für die flächendeckende Versorgung unverzichtbare Apotheken nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können und im Extremfall endgültig schließen müssen.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AK Saarland, LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg

Re-Lokalisierung der Her­stellung von Wirkstoffen und Arzneimitteln

Drucksache L 5 zu 2.5.1 – 2.5.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Produktion von (lebenswichtigen) Wirkstoffen und Arzneimitteln unter hohen Umweltschutz- und Sozialstandards wieder verstärkt in der EU stattfindet. Damit soll vor allem die Einhaltung von Umwelt- und Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Produktion sichergestellt und gleichzeitig die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln verbessert werden.

Begründung

Seit Jahren steigt die Zahl der gemeldeten Lieferengpässe für Arzneimittel. Die Anzahl der nicht verfügbaren Rabattarzneimittel hat sich von 4,7 (2017) über 9,3 (2018) auf 18,0 (2019) Mio. Packungen innerhalb von zwei Jahren fast vervierfacht. Betroffen ist somit jedes 36. Arzneimittel (18,0 von 652 Mio. auf rosa Rezept verordneten Packungen insgesamt) [Faktenblatt ABDA „Lieferengpässe bei Arzneimitteln“ Stand: Dezember 2020]. Die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Probleme in den weltweiten Lieferketten haben die Lieferengpässe weiter verstärkt.

Deutschland und Europa sind, auch was die Arzneimittelversorgung anbelangt, von wenigen Produktionsstätten in Asien abhängig, wobei die meisten Produktionsstätten im diktatorischen China liegen. Der Ukraine-Krieg führt vor Augen, wie fragil das derzeitige bestehende weltweite Handelsnetz ist und in welcher Geschwindigkeit sicher geglaubte Grundsätze in Wegfall geraten. Es wird Deutschland und Europa aber nicht möglich sein, im Falle eines (absehbaren) Konfliktes mit einer kommunistischen Diktatur die Arzneimittelversorgung aufrechtzuerhalten. Oberstes Anliegen muss daher sein, wesentliche Herstellungsschritte für (lebenswichtige) Arzneimittel wieder in die EU zurückzuverlagern.

Die Arzneimitteltherapie kann durch die Lieferengpässe nicht mehr gewährleistet werden, was je nach Erkrankung zu schweren gesundheitlichen Folgen führen kann. Für die Apotheke vor Ort bedeuten Lieferengpässe einen hohen Arbeitsaufwand für die Sicherstellung der Arzneimitteltherapie und die Dokumentation sowie die Gefahr einer Retaxation.

Auch wegen der dort oft anzutreffenden niedrigen Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards werden Arzneimittel, aber vor allem Arzneistoffe, in Indien und China produziert. Im Sinne einer nachhaltigen Arzneimittelproduktion müssen alle drei Dimensionen berücksichtigt werden: Ökonomische Argumente wie Preisdruck, Rabattverträge dürfen nicht zulasten der Umwelt und der Arbeitsbedingungen in den Vordergrund rücken.

Der Generikaverband progenerika gibt an, dass „regulatorische Auflagen in Deutschland, z. B. im Bereich Umwelt“ unter anderem dazu geführt haben, dass die Produktion in Asien stattfindet [Arzneimittel-Lieferengpässe: Mehr Produktion in Europa? (abgerufen am 12.05.2022)].

Sanofi hat im Januar 2021 angekündigt, mit EUROAPI die Arzneistoffproduktion in Europa zu fördern [SANOFI unveils EUROAPI as the name of the new industry leading European API* company and appoints Karl Rotthier as its future Chief Executive Officer (abgerufen am 12.05.2022)]. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, muss dennoch weiter beobachtet und bewertet werden.

Antrag abgelehnt

AK Saarland

Re-Lokalisierung der Herstellung von Wirkstoffen und Arzneimitteln

Drucksache 2.5.1

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Produktion von (lebenswichtigen) Wirkstoffen und Arzneimitteln unter hohen Umweltschutz- und Sozialstandards wieder verstärkt in der EU stattfindet.

Begründung

Seit Jahren steigt die Zahl der gemeldeten Lieferengpässe für Arzneimittel. Die Anzahl der nicht verfügbaren Rabattarzneimittel hat sich von 4,7 (2017) über 9,3 (2018) auf 18,0 (2019) Mio. Packungen innerhalb von zwei Jahren fast vervierfacht. Betroffen ist somit jedes 36. Arzneimittel (18,0 von 652 Mio. auf rosa Rezept verordneten Packungen insgesamt) [Faktenblatt ABDA Lieferengpässe bei Arzneimitteln“ Stand: Dezember 2020]. Die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Probleme in den weltweiten Lieferketten haben die Lieferengpässe weiter verstärkt.

Deutschland und Europa sind, auch was die Arzneimittelversorgung anbelangt, von wenigen Produktionsstätten in Asien abhängig, wobei die meisten Produktionsstätten im diktatorischen China liegen. Der Ukraine-Krieg führt vor Augen, wie fragil das derzeitige bestehende weltweite Handelsnetz ist und in welcher Geschwindigkeit sicher geglaubte Grundsätze in Wegfall geraten. Es wird Deutschland und Europa aber nicht möglich sein, im Falle eines (absehbaren) Konfliktes mit einer kommunistischen Diktatur die Arzneimittelversorgung aufrecht zu erhalten. Oberstes Anliegen muss daher sein, wesentliche Herstellungsschritte für (lebenswichtige) Arzneimittel wieder in die EU zurück zu verlagern.

Antrag angenommen

LAV Baden-Württemberg e. V., LaK Baden-Württemberg

Arzneimittel-Produktions­standort Europa fördern

Drucksache 2.5.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich für eine Förderung des Produktionsstandortes Europa für Arzneimittel aus. Damit soll vor allem die Einhaltung von Umwelt- und Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Produktion sichergestellt und gleichzeitig die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln verbessert werden.

Begründung

Die Herstellung von Arzneimitteln ist ein komplexer, nach außen hin wenig transparenter und globaler Prozess. Häufig stehen ökonomische Interessen im Vordergrund. Auch unabhängig von der Corona-Pandemie kam es regelmäßig zu Lieferengpässen von Arzneimitteln, die die Arzneimittelversorgung teilweise zu einer großen Herausforderung machte. Durch die Corona-Pandemie und teilweise Export-Verbote wurde diese Problematik weiter verschärft.

Vernachlässigt werden dabei die Menschen hierzulande, deren Arzneimitteltherapie durch die Lieferengpässe nicht mehr gewährleistet werden kann, was je nach Erkrankung zu schweren gesundheitlichen Folgen führen kann. Für die Apotheke vor Ort bedeuten Lieferengpässe einen hohen Arbeitsaufwand für die Sicherstellung der Arzneimitteltherapie und die Dokumentation sowie die Gefahr einer Retaxation.

Auch wegen der dort oft anzutreffenden niedrigen Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards werden Arzneimittel, aber vor allem Arzneistoffe, in Indien und China produziert. Im Sinne einer nachhaltigen Arzneimittelproduktion müssen alle drei Dimensionen berücksichtigt werden: Ökonomische Argumente wie Preisdruck, Rabattverträge dürfen nicht zulasten der Umwelt und der Arbeitsbedingungen in den Vordergrund rücken. Der Generikaverband progenerika gibt an, dass „regulatorische Auflagen in Deutschland, z. B. im Bereich Umwelt” unter anderem dazu geführt haben, dass die Produktion in Asien stattfindet [Arzneimittel-Lieferengpässe: Mehr Produktion in Europa? (abgerufen am 12.05.2022)].

Sanofi hat im Januar 2021 angekündigt, mit EUROAPI die Arzneistoffproduktion in Europa zu fördern [SANOFI unveils EUROAPI as the name of the new industry leading European API* company and appoints Karl Rotthier as its future Chief Executive Officer (abgerufen am 12.05.2022)]. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, muss dennoch weiter beobachtet und bewertet werden.

Antrag angenommen

Joachim Stolle, Anke Rüdinger, Anna Fredrich, Tina Töllner, Claudia Wolf

Lieferengpässe

Drucksache 2.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber auf, die systematische Erfassung von Lieferengpässen durch öffentliche Apotheken und deren Nutzung durch das BfArM zu ermöglichen. Hierbei sollten die Apotheken über eine Schnittstelle ihrer Warenwirtschaftssysteme Arzneimittel, die seit mehr als zwei Wochen nicht über den pharmazeutischen Großhandel bezogen werden können, an die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker melden, welche diese Informationen regelmäßig gesammelt an das BfArM weiterleitet. Das Meldesystem sollte so konfiguriert sein, dass es die Arbeit in der Apotheke nicht zusätzlich belastet.

Begründung

Die Meldungen über Nichtlieferbarkeiten seitens der pharmazeutischen Unternehmer an das BfArM erfolgen derzeit freiwillig basierend auf der im Pharmadialog erklärten Selbstverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen. Diese spiegeln oft nicht die tatsächliche Liefersituation wieder. Durch regelmäßige Meldungen aus den Apotheken ist es möglich, Lieferschwierigkeiten schneller und genauer zu detektieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um gemeinsam mit allen am Prozess Beteiligten, die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Die systematische Erfassung von Lieferengpässen soll zudem dazu dienen, notwendige Weichenstellungen durch die Politik für die Zukunft zu befördern.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

Joachim Stolle, Anke Rüdinger, Anna Fredrich, Tina Töllner, Claudia Wolf

Versorgung sichern

Drucksache 2.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die pharmazeutischen Unternehmer auf, gemeinsam mit den Apothekerinnen und Apothekern nach Lösungen für eine zuverlässige Versorgung der deutschen Bevölkerung mit derzeit von einer Kontingentierung betroffenen Arzneimitteln zu suchen.

Begründung

Kontingentierungen von Arzneimitteln führen regelmäßig in den Apotheken zu Situationen, in denen Patientinnen und Patienten nicht oder nur mit einem enormen Aufwand mit den benötigten (ärztlich verordneten) Arzneimitteln versorgt werden können. Dies beeinflusst in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch die Arzneimitteltherapiesicherheit, da Versorgungsschwierigkeiten zu einem Vertrauensverlust der Patientinnen und Patienten in ihre Arzneimittel führen können.

Im Interesse einer qualitativ hochwertigen flächendeckenden Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Arzneimitteln sollte gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden, die eine Kontingentierung von Arzneimitteln unnötig macht.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand, AK Saarland, LAK Baden-Württemberg, LAV Baden-Württemberg e. V.

Verstetigung der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungs­verordnung und des Rezepturprivilegs der Apotheken für Desinfektionsmittel als Biozidprodukt ohne EU-Zulassung

Drucksache L 6 zu 2.8.1 – 2.8.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber und die Bundesregierung auf, einzelne Regelungen der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung über den 25. November 2022 wie nachfolgend beschrieben als dauerhafte Regelungen auch außerhalb der Pandemie zu verlängern:

1. Den Apotheken wird bei der Auswahl der abzugebenden Arzneimittel ein größerer Entscheidungsspielraum eingeräumt.

2. Im Rahmen des Entlassmanagements ist die Verordnung von Packungen mit dem größten Packungsgrößenkennzeichen möglich.

3. Den Apotheken ist bei der Verwendung von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen die Abrechnung ihres tatsächlichen Einkaufspreises gestattet, wenn der in der Hilfstaxe vereinbarte maßgebliche Einkaufspreis (Abrechnungspreis) beim Einkauf nicht erreicht werden kann.

4. Im Apothekengesetz wird für eventuelle zukünftige Krisenlagen dauerhaft eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, die es den zuständigen Behörden ermöglicht, Abweichungen von den Vorschriften des Apothekengesetzes zum Entlassmanagement sowie der Apothekenbetriebsordnung zur Apothekenleitung, zum Personaleinsatz, zur Beaufsichtigung des Personals, zu den Räumlichkeiten, zur Prüfung von Ausgangsstoffen und Behältnissen, zur Qualität der Ausgangsstoffe und Behältnisse, zur Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, zum Erwerb von Arzneimitteln durch Apotheken, zum Botendienst, zur Dokumentation und zur Dienstbereitschaft zu gestatten.

Zudem spricht sich die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker dafür aus,

5. sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Herstellung von Desinfektionsmitteln in Apotheken auch nach der Corona-Pandemie als Regelleistung aufrechterhalten bleibt.

Begründung

Austausch von verordneten Arzneimitteln, wenn diese bzw. die hiernach abzugebenden Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig sind (Vorschlag Nr. 1)

Ziel der Verstetigung der Regelungen gemäß § 1 Absatz 3 der SARS-CoV-2-Arzneimttelversorgungsverordnung ist es, den Apotheken mehr Flexibilität bei der Auswahl der abzugebenden Arzneimittel zu verschaffen und damit mehr Geschwindigkeit in die Versorgung der Versicherten zu bringen. Dies gelingt, indem bei Lieferengpässen nicht vorrangig auf die Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Großhandels, sondern primär auf die Abgabemöglichkeit in der Apotheke abgestellt wird.

Wenn immer möglich, sollte die Patientin/der Patient schon bei Vorlage des Rezeptes in der Apotheke versorgt werden können und nicht gezwungen sein, die Apotheke ein zweites Mal aufzusuchen. Deshalb sollte der Apotheke die Möglichkeit eingeräumt werden, ein wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten bzw. des rabattbegünstigten Arzneimittels abzugeben, wenn das verordnete Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig ist sowie ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel nach Rücksprache mit dem Arzt und Dokumentation auf der Verordnung oder bei gesetztem Aut-idem-Kreuz ein wirkstoffgleiches oder pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel nach Rücksprache mit dem Arzt abzugeben.

Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen, haben die Ausnahmeregelungen nicht die wirtschaftlichen Effekte der Austauschregelungen gemäß § 129 Absatz 1 SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V vermindert. Ganz im Gegenteil werden die Rabattverträge nach § 130a Absatz 8 in nahezu unverändertem Ausmaß durch die Apotheken bedient. Dasselbe gilt für die Abgabe von preisgünstigen Arzneimitteln (§ 129 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 1) sowie von preisgünstigen Importen nach § 129 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 2 SGB V.

Damit entbehren die bürokratischen Anforderungen, die mit dem Nachweis einer nicht gegebenen Lieferbarkeit von Rabatt- bzw. preisgünstigen Arzneimitteln verbunden sind, ihrer Grundlage. Es ist weder den Versicherten noch den Apotheken zuzumuten, auf nochmalige Rückfragen beim Arzt oder noch ausstehende Lieferungen des pharmazeutischen Großhandels zu warten, um die Versorgung durchzuführen, wenn die Wirtschaftlichkeit der Versorgung auch ohne diese Hindernisse gewährleistet ist.

Verordnung der größten Packungsgröße im Entlassmanagement (Vorschlag Nr. 2)

In der Vergangenheit hat sich häufig gezeigt, dass Packungen bis zum kleinsten Packungsgrößenkennzeichen nicht verfügbar sind. Die Verstetigung der Ausnahmeregelung gemäß § 1 Absatz 2 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung zielt demnach auf eine realistische Abbildung der Marktgegebenheiten und den aus Versichertensicht zentralen Aspekt eines reibungslosen Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung, ohne dass hierbei Hürden im Sinne von Rückfragen bei Klinikärzten bis hin zum Ausstellen neuer Rezepte zu überwinden wären.

Preisberechnung bei Verwendung von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen (Vorschlag Nr. 3)

In der Vergangenheit hat sich erwiesen, dass der Abrechnungspreis für parenterale Zubereitungen entsprechend der Anlage 3 der Hilfstaxe wegen der jeweiligen Apothekeneinkaufspreise im Markt für die in den Zubereitungen verwendeten Fertigarzneimittel nicht realisierbar war. In der Folge kam es zu teilweise hohen wirtschaftlichen Verlusten in der Apotheke.

Es ist deshalb sachgerecht, wenn dauerhaft entsprechend der Ausnahmeregelung nach § 1 Absatz 5 SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung bei Nichterzielbarkeit des in der Hilfstaxe vereinbarten Abrechnungspreises der tatsächlich erzielbare Einkaufspreis der Apotheke maßgeblich ist. Die Krankenkassen können die im Einzelfall in Ansatz gebrachten tatsächlichen Einkaufspreise aufgrund der ihnen in den Sätzen 7 bis 12 von § 129 Absatz 5c SGB V zugesprochenen Auskunftsrechte überprüfen, weswegen ihnen durch die Regelung keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen.

Erweiterung der Ermächtigungsgrundlagen für Ausnahmeregelungen in Krisenlagen (Vorschlag Nr. 4)

Die grundsätzliche Verstetigung der in § 2 SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung geregelten Möglichkeit von Ausnahmen von Vorschriften des Apothekenrechts ist sinnvoll, um die Versorgung aus der öffentlichen Apotheke auch unter Krisenbedingungen aufrechtzuerhalten. Dabei steht die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Versorgung in einem Spannungsfeld mit den ordnungspolitisch grundsätzlich zu befürwortenden Rahmenbedingungen, die das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung für den Betrieb von Apotheken aufstellen. Ausnahmen sollten daher nur unter eindeutig definierten und objektivierbaren Voraussetzungen greifen und zeitlich befristet sein. Darüber hinaus bedarf es der Erlaubnis von Ausnahmen durch die zuständigen Behörden, um zu vermeiden, dass aus rein wettbewerblichen Gründen unter Bezugnahme auf eine vermeintliche Krisensituation einzelnen Betriebserlaubnisinhaber Vorteile gegenüber anderen Betriebserlaubnisinhabern ermöglicht werden. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, sollte den zuständigen Behörden ein möglichst flexibler Handlungsspielraum eröffnet werden, um auf die Vielschichtigkeit etwaiger Krisensituation angemessen reagieren zu können.

Herstellung von Desinfektionsmitteln in öffentlichen Apotheken (Vorschlag Nr. 5)

Die öffentlichen Apotheken haben während der Pandemie kontinuierlich ihre Leistungsfähigkeit in vielen Bereichen auch mit der Übernahme kurzfristiger Aufgaben und Dienstleistungen unter Beweis gestellt. Während der Pandemie hat sich gezeigt, dass die Regelungen der EU-Biozidverordnung eine ausreichende Versorgung mit Händedesinfektionsmitteln nicht in jedem Fall gewährleisten können. Danach dürfen Biozidprodukte EU-weit auf dem Markt nur bereitgestellt und verwendet werden, wenn sie gemäß der EU-Verordnung Nr. 528/2012 (EU-Biozidverordnung) zugelassen wurden.

Abhilfe schaffen kann hier ein etabliertes Rezepturprivileg der Apotheke, welches es erlaubt, dass Apotheken Desinfektionsmittel nach Rezeptur der WHO ohne Biozidzulassung herstellen und in Verkehr bringen dürfen.

Ein erhöhtes Risiko für Mensch, Tier und Umwelt geht damit nicht einher, da durch die WHO Rezepturen, die qualitativ hochwertige Herstellung in der Apotheke und die Beratung bei der Abgabe für die sichere Anwendung der Produkte Sorge getragen wird.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AV Westfalen-Lippe e. V.

Botendienst durch Personal der Apotheke

Drucksache 2.9

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, in § 17 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 ApoBetrO den Begriff „Bote“ durch den Begriff „Personal“ zu ersetzen. Damit wird klargestellt, dass die Zustellperson in einem weisungsgebundenen Anstellungsverhältnis zur Apotheke stehen muss. Zugleich sollen dadurch solche Konstellationen unterbunden werden, in denen ein externer Dienstleister die Zustellung im Auftrag übernimmt. Ziel ist es, eine qualifizierte Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten und abzusichern. Erreicht wird damit zugleich eine Stärkung der Präsenzapotheke.

Begründung

Gegenwärtig drängen vermehrt Unternehmen auf den Markt, die die Möglichkeit zur Bestellung von Arzneimitteln unter anderem über eine App bei der Apotheke der Wahl verbunden mit einem sich anschließenden Bring-Service bewerben. Dabei sind sowohl hinsichtlich des Auftretens gegenüber den Kunden als auch hinsichtlich der Abrechnung/Kosten gegenüber den Apotheken verschiedene Konzepte zu beobachten. Das primäre Ziel all dieser Unternehmen ist jedoch dasselbe: man möchte – insbesondere wirtschaftlich – an der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung partizipieren. Das wiederum beeinflusst, zumindest aber berührt das durch §§ 7, 8 ApoG konturierte Leitbild der Unabhängigkeit und Eigenverantwortung des Apothekenleiters und damit auch dessen Versorgungsauftrag (§ 1 ApoG).

Es steht zu erwarten, dass der Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen massiv über den Preis, nicht dagegen über die Qualität erfolgen wird. Für den Bereich der Abgabe von Arzneimitteln und damit den Versorgungsauftrag der Apotheken (§ 1 Abs. 1 ApoG) führt dies zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Versorgung, denn ein solcher Preiswettbewerb wird – noch zumal im Bereich preis-unelastischer, weil preisgebundener Rx-Arzneimittel – maßgeblich zulasten der Vergütung, Ausbildung, Einweisung und Überwachung des (externen) Zustellpersonals erfolgen.

Dagegen kann auch nicht etwa die zwischenzeitliche Einführung der Botendienstpauschale (§ 129 Abs. 5g SGB V) eingewandt werden. Im Gegenteil: Die Botendienstpauschale wurde im Rahmen des VOASG verstetigt, um den Botendienst als qualitätsgesicherte Versorgungsform der Vor-Ort-Apotheken zu stärken. Wenn nun aber die Pauschale letztlich abgerechnet wird, um die Geschäftstätigkeit Dritter, welche von der Apotheke, wenn überhaupt, nur äußerst bedingt beeinflusst und gesteuert werden kann, zu finanzieren, dann widerspricht dies der Intention des Gesetzgebers.

Wie eingangs vorgeschlagen, ist daher dem drohenden Qualitätsverlust in der Botendienst-Versorgung in geeigneter, angemessener und verhältnismäßiger Weise dadurch zu begegnen, dass in § 17 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 ApoBetrO der Begriff „Bote“ durch den Begriff „Personal“ ersetzt und so klargestellt wird, dass für die Sicherstellung einer zuverlässigen und qualitätsgesicherten Zustellung nicht jegliches Rechtsverhältnis, das eine Leistungsbestimmung ermöglicht, ausreicht. Vielmehr wird durch die vorgeschlagene Änderung sichergestellt, dass das Rechtsverhältnis, aus dem sich das Weisungsrecht des Apothekeninhabers gegenüber dem Boten ergibt, ein besonders qualifiziertes, weil arbeitsrechtliches Rechtsverhältnis ist. Nur dadurch kann der Notwendigkeit zu einer unmittelbaren Weisungserteilung und Informationsweitergabe und letztlich einer unmittelbaren, gesicherten Einflussnahme auf das Zustellpersonal Rechnung getragen werden. Ferner besteht auch nur im Rahmen eines solchen Rechtsverhältnisses die Möglichkeit zur Ergreifung arbeitsrechtlicher Maßnahmen, was wiederum ein wichtiges Element der Qualitäts­sicherung darstellt.

Zugleich ermöglicht die vorgeschlagene Beschränkung auf das Personal der Apotheke eine trennscharfe Abgrenzung des Botendienstes zum Versandhandel, der seinerseits anderen Voraussetzungen unterliegt. Der Botendienst durch apothekenfremdes Personal führt hingegen zwangsläufig zu einer Verwässerung dieser Abgrenzung und erschwert somit eine sachgerechte Einordnung.

Bereits in ihrer Stellungnahme vom 10.09.2020 zum Entwurf des VOASG hatte die ABDA eine zum vorliegenden Antrag identische Forderung erhoben. Zu einer Berücksichtigung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ist es jedoch nicht gekommen. In Ansehung der nun vermehrt auftretenden Lieferdienste, hinter denen nicht selten zudem die Geschäftsidee der Schaffung einer ganzen Plattformlösung steht, ist das Anliegen daher erneut aufzunehmen und zu verfolgen.

Der vorliegende Antrag verkennt dabei keinesfalls, dass die geforderte Änderung des § 17 Abs. 2 ApoG in der Regel zu einer Erhöhung der Betriebsausgaben/Lohnkosten führen wird. Dies ist jedoch hinzunehmen, um den „Markenkern“ der Vor-Ort-Apotheke als qualitätsgesicherte Einrichtung – auch und gerade in Abgrenzung zum Versandhandel mit Arzneimitteln – zu erhalten. Zugleich trägt die Änderung dem durch §§ 7, 8 ApoG konturierten Leitbild und dem Versorgungsantrag gem. § 1 Abs. 1 ApoG Rechnung.

Antrag angenommen

Joachim Stolle, Anke Rüdinger, Anna Fredrich, Tina Töllner, Claudia Wolf

Optimierung der Arzneimittelbevorratung für den Nacht- und Notdienst

Drucksache 2.10

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker befürwortet die Erarbeitung einer Leitlinie der Bundesapothekerkammer, in der verbindliche Empfehlungen für die Lagerhaltung der Apotheken in Nacht- und Notdiensten gegeben werden.

Begründung

In regelmäßig angestoßenen, zum Teil öffentlich geführten Diskussionen wird die vermeintlich uneinheitliche Bevorratung der Apotheken zur Begründung von Forderungen nach ergänzenden Versorgungsmodellen herangezogen. Statt mit bestückten Abgabeautomaten außerhalb öffentlicher Apotheken oder einem begrenzten Dispensierrecht für diensthabende Ärzt:innen kann diese hypothetische Problematik von den Apotheker:innen selbst sehr einfach durch eine Standardisierung der Lagerhaltung in Nacht- und Notdiensten gelöst werden.

Eine solche Leitlinie kann den Ärzt:innen in den Zeiten des Nacht- und Notdienstes als Hilfestellung zur Verordnung von in jeder diensthabenden Apotheke verfügbaren Arzneimitteln dienen und versachlicht zugleich die Diskussionen zu diesem Thema. Darüber hinaus dient eine solche Maßnahme auch dem Patient:innen- und Verbraucherschutz, da auf diese Weise das bewährte 4-Augen-Prinzip in der Arzneimittelversorgung auch zu Zeiten des Nacht- und Notdienstes vollumfänglich aufrechterhalten wird.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

AK Westfalen-Lippe

Erleichterungen bei der Rezeptbelieferung im Notdienst

Drucksache 2.11

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, den Apotheken während des Notdienstes – zusätzlich zur gebotenen Verstetigung der erweiterten Austausch- und Abgabemöglichkeiten der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung und des § 17 Abs. 5a Apothekenbetriebsordnung – mehr Möglichkeiten einzuräumen, verordnete Arzneimittel und Medizinprodukte auszutauschen, wenn diese nicht in der Apotheke vorrätig sind, hierzu im Einzelnen:

  • die Abgabe eines pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittels (aut-simile) auch ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt, sofern dieser nicht erreichbar ist und die unverzügliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich ist sowie
  • die Abgabe von vergleichbaren Verband­stoffen einer anderen Firma

Begründung

Im Notdienst verordnete Arzneimittel und Medizinprodukte dienen in erster Linie der Akutversorgung der Patient:innen. In vielen Fällen ist eine sofortige Abgabe für die Behandlung erforderlich. Gleichzeitig besteht während der Notdienstzeiten oftmals keine Möglichkeit, den verordnenden Arzt für eine Rücksprache zu erreichen. Daher ist es sachgerecht, im Einzelfall die Abgabe eines pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Arzneimittels auch ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt zu ermöglichen.

Die Möglichkeit, vergleichbare Verbandstoffe einer anderen Firma abzugeben, dient ebenfalls der verbesserten Versorgung der Patienten.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Westfalen-Lippe

Abgabe von Dauermedikamenten in Ausnahmefällen ohne ärztliche Verschreibung zur Vermeidung von Therapieunterbrechungen

Drucksache 2.12

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber/Verordnungsgeber auf, den Apotheken in dringenden Fällen außerhalb der Praxisöffnungszeiten und im Notdienst die Abgabe von Dauermedikamenten an chronisch kranke Patient:innen ohne Vorlage einer ärztlichen Verschreibung zu ermöglichen, um eine Therapieunterbrechung zu vermeiden.

Begründung

Haben Patient:innen es versäumt, sich rechtzeitig um ein Folgerezept für ihre Dauermedikamente zu kümmern, wenden sie sich hilfesuchend an die Apotheke, wenn ihr Arzt bzw. ihre Ärztin nicht erreichbar ist (z. B. Freitagnachmittag oder Samstag). Einigen Patient:innen, vor allem im ländlichen Bereich, ist es nur unter erschwerten Bedingungen möglich, die weiter entfernte Notdienstpraxis aufzusuchen. Handelt es sich hierbei um Patient:innen, die regelmäßig ihre Stammapotheke aufsuchen und deren Medikation dort in ihrer Kundendatei hinterlegt ist, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese Personen in der Apotheke mit den dringend benötigten Dauermedikamenten zu versorgen. Eine Therapieunterbrechung durch z. B. Nichteinnahme von notwendigen Herz- oder Blutdruckmedikamenten, weil die Notdienstpraxis aufgrund eines zu hohen Aufwands nicht aufgesucht wird, gefährdet die Gesundheit dieser Patient:innen.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Hamburg, LAK Rheinland-Pfalz

Schutz notdiensthabender Apothekerinnen und Apotheker

Drucksache 2.13

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, geeignete Maßnahmen zum Schutz von notdiensthabenden Apothekerinnen und Apothekern vor bedrohlichen und belästigenden Anrufen zu ergreifen und umzusetzen.

Begründung

Den Apotheken obliegt gemäß § 1 ApoG die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dabei sind die Apotheken laut § 23 ApBetrO zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet und werden lediglich zu bestimmten Zeiten von der Pflicht zur Dienstbereitschaft befreit.

Die ständige Dienstbereitschaft einer entsprechenden Anzahl von Apotheken im Bundesgebiet gewährleistet als Teil der Daseinsvorsorge die qualifizierte und wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Menschen in unserem Land rund um die Uhr – Tag für Tag und ebenso Nacht für Nacht, wochen-, sonn- und feiertags bzw. nachts. So haben jede Nacht bundesweit rund 1300 Vor-Ort-Apotheken Nacht-/Notdienst. Etwa 20.000 Menschen suchen jede Nacht eine notdiensthabende Apotheke auf. Damit ist der Notdienst der Vor-Ort-Apotheke ein wesentlicher Faktor für eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.

Rund 160.000 Menschen arbeiten in öffentlichen Apotheken. Etwa ein Drittel davon sind approbierte Apothekerinnen und Apotheker. Ihnen obliegt die Leistung des Notdienstes. Etwa 74 Prozent von ihnen sind Frauen.

Zu der Verpflichtung, Notdienste zu leisten, zählt auch die Verpflichtung der telefonischen Erreichbarkeit der notdiensthabenden Apotheke. Diese soll z. B. Ärzten oder Patienten die Möglichkeit gewährleisten, nach der Vorratshaltung eines Arzneimittels zu fragen oder andere Beratungsfragen rund um eine mögliche Arzneimitteltherapie zu klären.

Apothekerinnen und Apotheker sehen sich im Notdienst immer wieder und in letzter Zeit zunehmend mit belästigenden und bedrohenden Anrufen, die gezielt zu Zeiten des Nacht-/Notdienstes erfolgen, konfrontiert.

Die Bandbreite der Anrufer ist dabei breit und umfasst etwa:

  • eindeutig sexuelle Belästigungen am Telefon,
  • „politische“ Anrufe und Beschimpfungen/Bedrohungen durch Corona-Leugner/Impfgegner oder auch
  • Anrufer, die penetrant mehrfach in Folge anrufen, ohne pharmazeutisches/gesundheitliches Anliegen.

Entsprechende Anrufe sind für die betroffenen Menschen in den Vor-Ort-Apotheken sehr belastend und verletzend. Sie greifen den Menschen in seiner Würde und Integrität an und führen Sinn und Zweck der telefonischen Erreichbarkeit im Notdienst im Interesse des Allgemeinwohles ad absurdum. Auch kann sich keine notdiensthabende Apothekerin und kein notdiensthabender Apotheker diesen Anrufen entziehen – da die telefonische Erreichbarkeit verpflichtend ist. Damit missbrauchen die Täter gezielt besonders wunde Punkte unseres Gemeinwesens.

Diese Taten verschärfen zudem die Lage der Apotheken, Notdienste personell abzudecken, da die Bereitschaft/Motivation der Mitarbeiter sinkt, Notdienste in der Befürchtung solcher Anrufe zu übernehmen. Dies gefährdet die Funktionalität des Notdienstes und damit einen wesentlichen Teil der Daseinsvorsorge.

Die Zunahme dieser Anrufe im apothekerlichen Notdienst spiegelt eine allgemeine Verrohung der Sitten und des zwischenmenschlichen Respekts wider. So wird andernorts etwa von zunehmenden Übergriffen z. B. auf Rettungssanitäter oder Polizisten berichtet; Ärzte melden ausfällige Patienten in ihren Praxen. Besonders tragische Ereignisse, in denen Menschenleben zu beklagen sind, schaffen es in die Medien. Dies zeigt: Die Täter belassen es nicht immer nur bei Worten; Beschwichtigungen sind daher fehl am Platz. Ein „es wird schon gut gehen“ ist hier nicht angebracht.

Die Allgemeinwohlbindung der Vor-Ort-Apothekerschaft ist keine Einbahnstraße. Indem der Gesetzgeber diese Allgemeinwohlbindung – zu Recht – an die Apothekerschaft adressiert, übernimmt er selbst jedoch auch die Aufgabe eines Schutzgaranten: Er hat Voraussetzungen zu schaffen, die es der Vor-Ort-Apothekerschaft ermöglichen, ihrer besonderen Verantwortung gerecht zu werden – und er hat Hemmnisse und Gefahrenpotenziale, welche der Vor-Ort-Apothekerschaft drohen, zu beseitigen. Der Gesetzgeber kann sich mithin nicht darauf zurückziehen, betroffene Apothekerinnen und Apotheker einfach an die Polizei zu verweisen. Die Vergangenheit und die anhaltenden belästigenden Anrufe haben gezeigt, dass dies allein nicht ausreicht.

Aufgabe der Standesvertretungen ist es deshalb, jede Art von Missbrauch des apothekerlichen Notdienstes sehr ernst zu nehmen und den Bundesgesetzgeber aufzufordern, geeignete Schutzmaßnahmen für diejenigen Menschen zu übernehmen, die Nacht für Nacht für die qualifizierte Arzneimittelversorgung der Menschen in unserem Land einstehen.

Unser Ziel ist es, der Vor-Ort-Apothekerschaft auch im Notdienst denjenigen Schutz und Beistand des Gesetzgebers zu verschaffen, den sie verdient. Eine geeignete Maßnahme wäre es daher aus unserer Sicht, entsprechende Anrufe während des Notdienstes in Apotheken durch Erweiterung oder Schaffung einer entsprechenden Rechtsnorm gezielt unter Strafe zu stellen.

Diese würde auch eine deutlich wirksamere Abschreckung der Täter bewirken können.

Antrag angenommen

AK Schleswig-Holstein, AV Schleswig-Holstein e. V.

Zentralisierung der Notfalldepots

Drucksache 2.14

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die Verpflichtung zur Vorratshaltung bestimmter Arzneimittel in Apotheken (ApBetrO §15(2)) zu überarbeiten. Die Bereitstellung von z. B. Botulismus-Antitoxin, Digitalis-Antitoxin, Diphtherie-Antitoxin und Schlangengift-Immunserum durch die Apotheken bzw. die Apothekerkammern ist nicht mehr praktikabel, zielführender wäre eine deutschlandweit zentral koordinierte Vorratshaltung an ausgewählten Krankenhäusern der Maximalversorgung.

Begründung

Aktuell schreibt die Apothekenbetriebsordnung in § 15 (2) vor, dass bestimmte Arzneimittel „entweder in der Apotheke vorrätig gehalten werden oder kurzfristig beschafft werden können“. Für einige selten benötigte Sera und Antidote haben die Apothekerkammern organisatorische Vorkehrungen getroffen, damit diese Aufgabe erfüllt werden kann. Das bedeutet aber immer noch, dass deutschlandweit 17-mal Sera und Antidote gelagert werden, die zum Teil schwer zu beschaffen sind, die sehr teuer sind, und die sehr selten gebraucht werden, so dass sie regelhaft verfallen. So sind im 10-Jahres-Zeitraum von 2011 bis 2020 in Deutschland insgesamt 117 Fälle mit Diphtherie erfasst worden, die die Referenzdefinition des Robert Koch-Instituts erfüllten. Von diesen 117 Fällen präsentierten sich lediglich acht als respiratorische Diphtherie, bei denen eine Antitoxin-Gabe indiziert wäre. Ein Einsatz im ambulanten Bereich und damit eine Anforderung über eine öffentliche Apotheke ist für die meisten dieser Arzneimittel ohnehin sehr unwahrscheinlich, da ein solcher Fall i. d. R. stationär (notfall)medizinisch versorgt würde und ein realistischer Bedarf im Krankenhaus ist.

Es erscheint daher effizienter, auch die Vorratshaltung in einigen wenigen Krankenhäusern der Maximalversorgung zu organisieren und im Bedarfsfall einen schnellen Transport des benötigten Arzneimittels zu veranlassen. Selbstverständlich müsste die Vorratshaltung angemessen vergütet werden.

Antrag abgelehnt

AK Sachsen-Anhalt

Erweiterung der Verpflichtung zur bedarfsgerechten Bereitstellung von Fertigarzeimitteln an Krankenhausapotheken

Drucksache 2.15

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die in § 52b AMG geregelte Verpflichtung der pharmazeutischen Unternehmer, eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen zu gewährleisten, auch auf Krankenhausapotheken zu erweitern.

Begründung

§ 52b AMG (Arzneimittelgesetz) verpflichtet pharmazeutische Unternehmer und vollversorgende Arzneimittelgroßhandlungen, zugelassene Fertigarzneimittel angemessen und kontinuierlich bereitzustellen, damit der Bedarf der Patienten gedeckt ist. Konkret müssen pharmazeutische Unternehmer im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten. Diese vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken gewährleisten. Da Krankenhausapotheken den Großteil ihres Bedarfs direkt von den pharmazeutischen Unternehmern beziehen, profitieren sie von dieser Regelung nicht. Um die Lücke zu schließen und eine Versorgung der Krankenhausapotheken sicherzustellen, bedarf es einer Erweiterung der Bereitstellungsverpflichtung auf Krankenhausapotheken.

Antrag angenommen

AK Sachsen-Anhalt

Sanktionierung von Verstößen gegen § 52b AMG

Drucksache 2.16

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die nicht ordnungsgemäße Meldung von Lieferengpässen durch pharmazeutische Unternehmer mit Sanktionen zu versehen.

Begründung

§ 52b AMG (Arzneimittelgesetz) verpflichtet pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhändler zugelassene Fertigarzneimittel angemessen und kontinuierlich bereitzustellen, damit der Bedarf der Patienten gedeckt ist. Daneben werden zur Abwendung oder Abmilderung von drohenden Lieferengpässen Informationspflichten für pharmazeutische Unternehmer statuiert:

1. Pharmazeutische Unternehmer müssen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit Krankenhäuser im Falle der ihnen bekannt gewordenen Lieferengpässe bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur stationären Versorgung umgehend informieren (§ 52b Abs. 3a AMG).

2. Auf Anforderung des BfArM haben pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhandlungen zur Abwendung oder Abmilderung eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses eines Arzneimittels Daten zu verfügbaren Beständen, zur Produktion oder zu Absatzmengen sowie Informationen zu drohenden Lieferengpässen des jeweiligen Arzneimittels mitzuteilen (§ 52b Abs. 3e AMG).

3. Pharmazeutische Unternehmer übermitteln dem BfArM regelmäßig Daten in elektronischer Form zu verfügbaren Beständen, zur Produktion und zur Absatzmenge von Fertigarzneimittel, die auf der Liste der versorgungsrelevanten Arzneimittel aufgeführt sind (§ 52b Abs. 3f AMG).

Bislang sind nur Verletzungen der Meldepflicht nach § 52b Abs. 3e AMG bußgeldbewehrt. Die Selbstverpflichtung der pharmazeutischen Industrie zur freiwilligen Meldung von Lieferengpässen an das BfArM war bislang nicht ausreichend, um die Versorgungssituation in Deutschland zu stabilisieren.

Gerade die Engpasssituationen bei Tamoxifen und Actilyse haben deutlich gemacht, dass ein verpflichtendes, frühzeitig anspringendes Meldesystem für Lieferengpässe bzw. drohende Lieferengpässe essenziell ist und schnell umfassende Informationen über noch bestehende Kontingente in den Handelsstufen benötigt werden. Je früher und umfassender man über Engpassszenarien informiert ist, desto besser kann man ihnen entgegensteuern.

Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, alle Verstöße gegen Melde- und Informationspflichten nach § 52b AMG auch rechtlich zu sanktionieren. Hierfür bietet sich ein Ordnungswidrigkeitentatbestand an, nach welchem die pharmazeutischen Unternehmer bei einem Verstoß ein Bußgeld zu zahlen hätten.

Antrag angenommen

AK Schleswig-Holstein, AV Schleswig-Holstein e. V.

Grippeimpfung

Drucksache 2.17

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber und die Bundesregierung auf, die in der Verordnung des BMG zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern vom 10. März 2021, BAnz AT 11.03.2021 V2, getroffene Regelung, dass Versicherte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoff mit aktueller von der Weltgesundheitsorganisation empfohlener Antigenkombination haben, unbefristet zu verlängern.

Begründung

Nach dieser Verordnung bleibt der Anspruch auf einen Influenza-Hochdosis-Impfstoff nach § 20i Absatz 1 SGB V unberührt; eine Verordnung des Influenza-Hochdosis-Impfstoffs gilt als wirtschaftlich. Diese Verordnung sollte am 31.03.2022 außer Kraft treten, wurde aber durch die erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern vom 24. Februar 2022, BAnz AT 24.02.2022 V1, bis zum 31.03.2023 verlängert. Sie sollte unbefristet verlängert werden.

Zur Bestellung der Grippeimpfstoffe hat der Arzt verbindliche Bestellungen auf einem Rezept bei der von ihm gewählten Apotheke aufzugeben. Es soll dessen ärztlicher Therapiefreiheit ggf. in Abstimmung mit dessen Patienten überlassen bleiben, ob er für Patienten ab 60 Jahren einen hochdosierten tetravalenten Impfstoff, einen standarddosierten tetravalenten Impfstoff oder einen zellbasierten tetravalenten Impfstoff bestellt. STIKO-Empfehlungen sollen in dieser Hinsicht als „Empfehlungen“ und nicht als „Verpflichtungen“ betrachtet werden.

Durch diese unbefristete Verlängerung soll sichergestellt werden, dass alle Anspruchsberechtigten ein individuell passendes Angebot einer Impfung gegen das Grippevirus erhalten.

Antrag angenommen

AK Westfalen-Lippe

Erweiterung der Privilegierung der Apotheke hinsichtlich der Herstellungserlaubnispflicht bei der Impfstoffherstellung

Drucksache 2.18

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Privilegierung der Apotheke hinsichtlich der Herstellungserlaubnispflicht auf das Abpacken/Umpacken, Kennzeichnen und Rekonstituieren von Impfstoffen zu erweitern.

Begründung

Gem. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG sind Apotheken im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs bei der Herstellung von Arzneimitteln von der Herstellungserlaubnispflicht befreit. Soweit es sich um die Herstellung von Impfstoffen handelt, greift die zugunsten der Apotheken geltende Ausnahme von der Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG ausdrücklich nicht, § 13 Abs. 2a AMG.

Die aktuelle gesetzliche Regelung steht im Widerspruch zu dem Praxiserfordernis, die Herstellung von Impfstoffen in Apotheken zu ermöglichen. Es besteht daher der Korrekturbedarf, die arzneimittelrechtliche Rechtslage an die Praxiserfordernisse anzupassen.

Im Rahmen der Lieferung von Covid-19-Impfstoffen durch Apotheken, bei der ein Abpacken von Impfstoffen für erforderlich erachtet wurde, wurden auf Veranlassung des Bundesministeriums für Gesundheit in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer bereits Ausnahmegenehmigungen vom Erfordernis einer Herstellungserlaubnis erlassen. Rechtsgrundlage für die Ausnahmegenehmigungen ist § 4 Abs. 3 MedBVSV. Aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Vorschriften sind Ausnahmegenehmigungen jedoch nur befristet möglich.

Die Praxis hat gezeigt, dass es einer dauerhaften Privilegierung der Apotheke bei der Herstellung von Impfstoffen bedarf. Hinsichtlich einer praxisgerechten Lösung ist die Privilegierung entsprechend § 14 Abs. 14 AMG auf das Abpacken und Kennzeichnen sowie das Zubereiten von Impfstoffen zu erweitern.

Durch eine Beschränkung oder Streichung der Rückausnahme von der Erlaubnispflicht in § 13 Abs. 2a AMG lässt sich eine Privilegierung der Apotheken hinsichtlich der Herstellungserlaubnispflicht bei der Herstellung von Impfstoffen erreichen.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Bundesweites Medikations­management

Drucksache 2.19

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber auf, Patient:innen einen Rechtsanspruch auf ein interdisziplinäres, sektorübergreifendes Medikationsmanagement – aufbauend auf den Erfahrungen aus dem Modellprojekt ARMIN – einzuräumen. Dafür sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den beteiligten Professionen ermöglichen, diese Leistungen qualitativ hochwertig zu erbringen und die auch wirtschaftliche Anreize für eine entsprechende Erbringung setzen.

Begründung

Modellvorhaben nach § 63 SGB V wie ARMIN haben eine gesetzlich befristete Laufzeit von max. acht Jahren. Eine Verlängerung ist ausgeschlossen. Eine begleitende wissenschaftliche Evaluation ist gesetzlich vorgeschrieben, um auf Basis der Ergebnisse zu entscheiden, ob das getestete Modellvorhaben für die Regelversorgung geeignet ist.

Die wissenschaftliche Evaluation des Modellvorhabens ARMIN hat eindeutig gezeigt, dass ein von Apotheker:in und Arzt/Ärztin gemeinsam umgesetztes Medikationsmanagement erhebliche gesundheitliche Vorteile für Patient*innen erzielt. Auch Machbarkeit und Akzeptanz konnten belegt werden. Eine Überführung in die Regelversorgung ist deshalb geboten. Die Evaluation hat außerdem gezeigt, dass die elektronische Kommunikation mit Datenaustausch zwischen Ärzt:innen und Apotheker:innen dringend erforderlich ist und zukünftig auf Basis der Gematik-Anwendungen ermöglicht werden muss. Weiterhin sollten zusätzlich zu Stammapotheke und Hausarzt/-ärztin weitere Leistungserbringer:innen, ambulant und stationär, eingebunden werden.

Um dies zu erreichen, müssen einerseits gesetzliche Regelungen getroffen und andererseits auch technische und finanzielle Rahmenbedingungen für die Leistungserbringer:innen geschaffen werden, um dies entsprechend umzusetzen zu können.

Ein solches interdisziplinäres Medikationsmanagement würde die pharmazeutischen Dienstleistungen, vor allem die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, für die Patient:innen sinnvoll ergänzen, die eine kontinuierliche Betreuung benötigen.

Antrag angenommen

AK Nordrhein

Apothekenpflicht für pharmazeutische Dienstleistungen

Drucksache 2.20

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber, die durch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) implementierten pharmazeutischen Dienstleistungen der Apothekenpflicht zu unterstellen.

Begründung

Mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) wurde der Anspruch der Patient:innen auf pharmazeutische Dienstleistungen gesetzlich festgeschrieben. Dabei handelt es sich um Leistungen, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen.

Diese pharmazeutischen Dienstleistungen umfassen insbesondere Maßnahmen der Apotheken zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie (§ 129 Abs. 5e SGB V).

Vor-Ort-Apotheken werden dafür gesondert vergütet, weil dies erklärtermaßen für einen fairen Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken sorgen soll. Damit dieser Zweck erreicht wird, muss feststehen, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen nur exklusiv durch Vor-Ort-Apotheken erbracht werden dürfen. Diese sollten dafür am besten apothekenpflichtig sein. Das heißt, dass die Tätigkeiten vor allem an die Institution Apotheke gebunden sind und nicht von externen Anbietern erbracht werden können.

Die Apothekenpflicht ist eine derzeit nur auf Arzneimittel bezogene Verkaufsbegrenzung. Apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen nur in Apotheken und dort nur durch pharmazeutisches Personal (z. B. Apotheker, PTA) an den Endverbraucher abgegeben werden.

Die wichtigen neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sollten – zur Verstetigung der Erbringung in den Vor-Ort-Apotheken – einer Apothekenpflicht ausdrücklich unterworfen werden.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Nordrhein

Sicherstellung eines professionellen und konstruktiven interprofessionellen Dialogs zur Erfüllung des gesetzgeberischen Ziels der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL)

Drucksache 2.21

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker lädt die Ärzteschaft ein, daran mitzuwirken, den zur Erfüllung des gesetzgeberischen Ziels der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) notwendigen professionellen und konstruktiven interprofessionellen Dialog sicherzustellen.

Begründung

Den Wunsch, die größten Defizite in der Versorgung von Patientinnen und Patienten in drei wichtigen Bereichen zu beseitigen, hat der Gesetzgeber mit dem VOASG klar normiert. Durch das Schiedsverfahren wurden pDL definiert, die unzureichende Arzneimitteltherapiesicherheit bei Menschen mit Polymedikation, die mangelhafte Adhärenz vieler Patientinnen und Patienten und vor allem bei schwierig anzuwendenden Arzneimitteln, und die Lücken bei der Vorsorge und Bekämpfung von Volkskrankheiten zu verbessern.

Auch in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung wird darauf hingewiesen, dass Apothekerinnen und Apotheker ein Plus an medizinischer Behandlungsqualität, bessere Arzneimittelsicherheit und weniger Fehlmedikationen schaffen. Sinnvoll vernetzt mit Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Gesundheitsberufen ist diese pharmazeutische Kompetenz vor Ort unverzichtbar. Im Interesse der Patientinnen und Patienten muss die flächendeckende regionale Gesundheitsversorgung durch eine stärkere Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe auf Augenhöhe geprägt sein.

Sachlich falsche und manchmal im Ton grenzüberschreitende Äußerungen der Ärzteschaft beschädigen dieses Ziel.

Die Apothekerschaft ist gesprächs- und dialogbereit. Dazu gehört neben dem Dialog zur Weiterentwicklung der Inhalte und Prozesse von pDL mit der Politik auch die Etablierung kontinuierlicher und belastbarer Dialogkanäle zwischen den Berufsorganisationen.

Im Sinne der gemeinsamen Heilberuflichen Verantwortung zum Wohl der Versorgung der Patientinnen und Patienten ist auch die Ärzteschaft in der Verantwortung, aktiv daran mitzuwirken, dass das gesetzgeberische Ziel der Zusammenarbeit der an der Patientenversorgung beteiligten Leistungserbringer professionell und konstruktiv gestaltet wird.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AV Westfalen-Lippe e. V.

Rezeptur/Defektur in Abgrenzung zu § 21 Abs. 1 AMG

Drucksache 2.22

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, für eine sinn- und zweckentsprechende Klarstellung oder Änderung der Gesetzeslage betreffend das Rezeptur- und Defekturprivileg zu sorgen. Ziel muss es sein, die de lege lata bestehenden, gravierenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die durch verschiedene gerichtliche Entscheidungen offen zutage getreten sind. Ursache für diese Rechtsprechung war häufig ein konkurrierendes Marktverhalten zwischen Herstellern von zugelassenen Fertigarzneimitteln und Herstellern von nahezu anwendungsfertigen Arzneistoffen, die durch die Apotheke z. B. nur noch umzufüllen und sodann unter dem Rezepturprivileg, d. h. ohne Zulassung nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz abzugeben sein sollten.

Da zudem zu befürchten steht, dass die beschriebenen Interessengegensätze zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern künftig häufiger auftreten werden, so etwa im Bereich von Cannabisextrakten, besteht dringender Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber hat dabei in besonderem Maße die Sicherheit der Arzneimittelversorgung und die hierfür maßgebliche Rolle der Apotheken zu berücksichtigen. Unabdingbar ist in jedem Fall ein klarer und verlässlicher Ordnungsrahmen.

Begründung

Ein DAT-Antrag zum Thema wurde bereits durch den LAV Baden-Württemberg zum Apothekertag 2018 (Drs 2.4.1) gestellt. Begründet wurde der Antrag damals u. a. unter Hinweis auf eine „Reihe von verfehlten gerichtlichen Entscheidungen, welche den Anwendungsbereich der Rezeptur/Defektur in der Apotheke in bedenklicher Weise einschränken, als dass ein qualifizierter Herstellungsschritt in der Apotheke gefordert wird, um eine patientenindividuelle Herstellung als Rezeptur bzw. Defekturarzneimittel zu qualifizieren“. Infolgedessen komme es, so der damalige Antrag weiter, „zu erheblicher Rechtsunsicherheit in der Apotheke“.

Der Antrag wurde durch die Hauptversammlung angenommen, woraufhin die ABDA mit Datum vom 14.12.2018 das Anliegen unter Übernahme der Begründung des DAT-Antrages im Rahmen einer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) eingebracht hat. Bereits jedoch im GSAV-Regierungsentwurf vom 01.02.2019 (BR-Drs. 53/19) findet sich keinerlei Hinweis mehr auf das ABDA-Anliegen, das auch im weiteren Gesetzgebungsprozess nicht wiederaufgenommen wurde, sodass das Anliegen letztlich „versandet“ ist.

Nicht „versandet“ ist indessen die vom damaligen DAT-Antrag als verfehlt bezeichnete Rechtsprechungslinie. Im Gegenteil: Verschiedene Instanzgerichte haben diese fortgesetzt und die Zulassungspflicht für industriell hergestellte Fertigarzneimittel (FAM) bejaht, sofern die Apotheke ihrerseits keine wesentlichen Herstellungsschritte mehr bis zur Abgabe vornehmen müsse und daher auch kein Rezepturarzneimittel selber anfertige. Beispielhaft hingewiesen sei auf die beiden in Sachen Opiumtinktur ergangenen Entscheidungen des LG Düsseldorf, Urteil v. 09.06.2021, Az. 12 O 193/20 und des LG Hamburg, Urteil v. 04.02.2021, Az. 312 O 112/20. Mit der Abgabe eines voreingestellten Cannabisextrakts, welcher einen definierten Gehalt an THC (bspw. 25 mg/ml) aufwies und in dieser Verdünnung bereits vom Rohstoffhersteller bezogen wurde, hat sich das OLG Düsseldorf befasst (Urteil v. 02.08.2018, Az. 15 U 21/18). Sämtliche Entscheidungen können sich wiederum auf höchstrichterliche Urteile unterschiedlicher Fachgerichtsbarkeiten stützen, so etwa den Bundes­gerichtshof (BGH) in Zivilsachen (Urteil v. 23.06.2005, Az. I ZR 194/02), den BGH in Strafsachen (Urteil v. 04.09.2012, Az. 1 StR 534/11) sowie das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 09.03.1999, Az. 3 C 32.98).

Ganz ungeachtet dessen, ob man diese Rechtsprechung (insbes. auch aus pharmazeutischer Sicht) für teilweise zu weitgehend, wenig überzeugend, oder gar gänzlich für falsch hält: Sie ist „in der Welt“ und seit dem DAT-Antrag 2018 durch weitere Entscheidungen bekräftigt worden. Daraus folgt die Notwendigkeit zu einer eingehenden Analyse der facettenreichen Konstellationen und komplexen Rechtsfragen, um den Gesetzgeber sodann gezielt und im Sinne der Apotheken für eine Klarstellung und, soweit nötig, Änderung der Gesetzeslage mit dem Ziel einer schlüssigen Gesamtlösung zu sensibilisieren. Ein weiteres „Versandenlassen“ wäre mit Blick auf die Risiken – neben wettbewerbsrechtlichen Klagen und aufsichtsrechtlichen Maßnahmen drohen der Apotheke, die ein zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes FAM abgibt, u. a. auch strafrechtliche Sanktionen (§ 96 Ziff. 5 AMG) – nicht zu rechtfertigen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die bisherigen Gerichtsentscheidungen nur Rechtswirkungen zwischen den am Verfahren Beteiligten entfaltet haben, denn das gilt nicht nur nahezu für jede gerichtliche Entscheidung, sondern ist darüber hinaus kein Argument gegen die aus diesen Entscheidungen resultierende Rechtsunsicherheit und damit auch kein solches gegen die für alle anderen Apotheken gleichermaßen bestehenden Risiken.

Rezeptur (§ 7 ApBetrO) und Defektur (§ 8 ApBetrO) sind integrale Bestandteile apothekerlichen Tuns und gewährleisten die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. Es ist daher dafür Sorge zu tragen, dass Rezeptur und Defektur soweit als möglich für die Apotheke erhalten bleiben. Unverkennbar bedarf es aber auch – und hieran fehlt es u. E. derzeit – einer trennscharfen und praktikabel umsetzbaren Grenzziehung zum zulassungspflichtigen FAM, das im Voraus für eine unbestimmte Anzahl von Patienten im industriellen Maßstab und mithilfe industrieller Methoden standardisiert hergestellt wird und für das ein zeit- und kostenintensives Zulassungsverfahren zu durchlaufen ist.

(Einzel-)Rezepturen werden demgegenüber speziell auf den Bedarf eines einzelnen, konkreten Patienten abgestimmt und unterliegen keiner Zulassungspflicht (vgl. https://www.abda.de/apotheke-in-deutschland/was-apotheken-leisten/luecken-schlies-sen/rezepturarzneimittel/). Sinn und Zweck ist also ein völlig anderer, und auch die Gefahrenbeurteilung weicht daher erheblich voneinander ab: Während das FAM aufgrund der seriellen Massenfertigung und des unbestimmten Anwenderkreises zu einer (erheblichen) Risikostreuung führt, zeichnet sich die Rezeptur durch eine Überschaubarkeit des Risikos (Defektur) bzw. durch eine Risikobegrenzung auf einen konkreten Patienten (Einzel-Rezeptur) aus. Insbesondere auch die Rechtsprechung folgert daraus, dass die FAM-Herstellung und die Rezeptur eigenen Voraussetzungen unterliegen, wobei es nach derzeitiger Sichtweise maßgeblich darauf ankommen soll, wo die wesentlichen Herstellungsschritte im Fall eines arbeitsteiligen Vorgehens stattfinden – in der Apotheke oder beim industriellen Hersteller. Ob diese Auffassung in den rechtlichen Grundlagen, insbesondere im Wortlaut des § 21 AMG eine ausreichende Stütze findet und ob sie zu stets sachgerechten Ergebnissen kommt, wird u. a. zu analysieren und zu diskutieren sein. Klar scheint indessen, dass nicht jede Tätigkeit im Rahmen der Herstellung das Rezepturprivileg und damit zugleich eine Befreiung von der Zulassungspflicht auszulösen vermag (z. B. das bloße Abpacken von Groß- in Kleingebinde i.S.v. § 4 Abs. 14 AMG; insoweit auch ablehnend Kloesel/Cyran/Wesser, Kom. z. ArzneimittelR, A. 1.0 § 4 Anm. 3t und Anm. 3y). Daraus folgt vor allen Dingen, dass Herstellungsvorgänge, die ersichtlich darauf ausgelegt sind, durch eine Einbeziehung der Apotheke das Zulassungsverfahren zu umgehen, keine Anerkennung finden werden.

Letzteres scheint künftig durchaus eine Herausforderung zu sein. Bereits jetzt sind u. E. die ersten Versuche zu beobachten, vermeintliche Markt- bzw. Produktlücken unter Einbeziehung der Apotheke für entsprechend beworbene, unternehmerische Zwecke auszunutzen. Die Apothekerschaft ist dabei gut beraten, derlei Umgehungskonstruktionen nicht dadurch die Hand zu reichen, dass sie völlig untergeordnete, einfachste Tätigkeiten unter dem Deckmantel des Rezepturprivilegs für die Industrie vornimmt. Denn die in den zurückliegenden Jahren zu Recht immer wieder befürchtete Banalisierung des Arzneimittels würde dann um die Trivialisierung des Apothekerberufs ergänzt.

Eine schlüssige Gesamtlösung hätte über die hier angerissenen (schwierigen) Abgrenzungsfragen hinaus eine systemkonforme, friktionsfreie Einordnung zu leisten. Beispielhaft sei auf die im Einzelfall bestehende Möglichkeit eines Antrags auf Entscheidung über die Zulassungspflicht durch das BfArM (§ 21 Abs. 4 AMG) oder aber auf das Institut der Standardzulassung (§ 36 AMG) hingewiesen.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AV Nordrhein e. V.

Abgabe von Cannabis nur durch Apotheken

Drucksache 2.23

Antrag

Bei einer Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken durch den Gesetzgeber stellt sich auch die Frage des Vertriebsweges. Dabei ist auch eine Abgabe über Apotheken in der politischen Diskussion. Für Apothekerinnen und Apotheker ergibt sich hier ein erheblicher heilberuflicher Zielkonflikt. Einerseits gehören Drogen zu Genusszwecken nicht in die Apotheke. Andererseits muss bei einer Legalisierung auch ein sicherer Vertriebsweg zur Verfügung stehen, der die Konsumentinnen und Konsumenten schützt.

Grundsätzlich denkbar wäre die Abgabe in Apotheken nur unter klaren Vorgaben. Dazu gehört auch, dass eine Beteiligung der einzelnen Apotheke freiwillig ist. Es bräuchte Abgaberegeln, die ein hohes Schutzniveau insbesondere für junge Menschen sicherstellt und im Apothekenalltag praktisch umsetzbar sind. Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker stellt dazu fest, die Abgabe in Apotheken kommt für die Apothekerschaft nur in Frage, wenn dies exklusiv über Apotheken stattfindet. Parallele kommerzielle Abgabestellen in lizenzieren Geschäften lehnen wir ab.

Begründung

Die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken wird derzeit kontrovers diskutiert. Sollte die Politik sich für eine Legalisierung entscheiden, darf eine kontrollierte und flächendeckende Abgabe von Cannabis nur qualitätsgesichert über die öffentlichen Apotheken organisiert werden. Die großen gesundheitlichen Risiken dieser Droge – ganz besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – sind bekannt und die Apotheken als heilberufliche Beratungsinstanz prädestiniert, auch auf die Gesundheitsgefahren, insbesondere hinsichtlich des Drogenkonsums, hinzuweisen. Grundsätzlich müssen bei einer politisch gewollten Freigabe im Sinne eines aktiven Verbraucher- und Gesundheitsschutzes genaueste Abgaberegeln eingehalten werden, um Schaden abzuwenden. Rein kommerzielle und fachlich nicht qualifizierte Abgabestellen neben den Apotheken würden qualitativ nicht ausreichend sein.

Cannabis darf nur kontrolliert und ausschließlich in heilberuflicher Verantwortung über Apotheken abgeben werden.

nach redaktioneller Änderung ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

Sven Lobeda et al.

Sicherstellung der Versorgung der medizinischen Cannabinoidtherapie und Erhalt der Kostenübernahme durch die GKV

Ad-hoc-Antrag 2.23a

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber und die gesetzlichen Krankenkassen auf, die Versorgung der medizinischen Cannabinoidtherapie im Rahmen einer möglichen Legalisierung sicherzustellen und zu erhalten.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

AK Berlin

Hinweis auf Augentropfen­verpackungen (1)

Drucksache 2.24

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die pharmazeutischen Unternehmer und Medizinproduktehersteller auf, für Zubereitungen zur Anwendung am Auge eine einheitliche Kennzeichnung (z. B. im Sinne eines einheitlichen Piktogramms) für die Verträglichkeit mit harten und weichen Kontaktlinsen in der Gebrauchs- bzw. Produktinformation und auf der Verpackung anzubringen.

Begründung

Auf Verpackungen von Augentropfen und -suspensionen gibt es derzeit keine einheitliche Kennzeichnung der für Apotheker:innen und Patientinnen und Patienten oftmals wichtigen Information, wie die Produkte mit dem Tragen von harten und weichen Kontaktlinsen kompatibel sind. Die Informationen sind oftmals schwer auffindbar, weil sie an unterschiedlichen Stellen in Gebrauchsinformationen und in der ABDA-Datenbank abgebildet werden (oftmals z. B. unter „Allgemeine Hinweise zur Anwendung“ oder „Art und Dauer der Anwendung“). Um an dieser Stelle die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen, sollten die Hersteller von Augentropfen eine einheitliche und leicht zu erfassende Kennzeichnung direkt auf der Verpackung anbringen. Auch eine struk­turierte Aufnahme dieser Information in die ABDA-Datenbank wäre hier hilfreich.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AK Berlin

Hinweis auf Augentropfen­verpackungen (2)

Drucksache 2.25

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert, die Information, ob Augentropfen mit harten und weichen Kontaktlinsen verträglich sind, als strukturierte Information an einer dezidierten Stelle in die ABDA-Datenbank aufzunehmen.

Begründung

Auf Augentropfenverpackungen gibt es derzeit keine einheitliche Kennzeichnung der für Apotheker:innen und Patientinnen und Patienten oftmals wichtigen Information, wie die Produkte mit dem Tragen von harten und weichen Kontaktlinsen kompatibel sind. Die Informationen sind oftmals schwer auffindbar, weil sie an unterschiedlichen Stellen in Gebrauchsinformationen und in der ABDA-Datenbank abgebildet werden (oftmals z. B. unter „Allgemeine Hinweise zur Anwendung“ oder „Art und Dauer der Anwendung“). Um an dieser Stelle die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen, sollte diese Information in der ABDA-Datenbank als strukturierte Information hinterlegt sein. Auch eine einheitliche Kennzeichnung (z. B. durch ein Piktogramm) auf Augentropfenverpackungen wäre hier hilfreich.

Antrag angenommen

AK Berlin

Verbot emotionalisierter Werbung für Arzneimittel zur Anwendung bei Kindern

Drucksache 2.26

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, im Heilmittelwerbegesetz Einschränkungen für an Verbraucherinnen und Verbraucher gerichtete Werbung für Arzneimittel auf OTC-Arzneimittel vorzusehen, soweit diese Arzneimittel zur Anwendung an Kindern vorgesehen sind. Dabei sollte ein Verbot emotionalisierter Werbegestaltung erwogen werden, da diese zu einem Überkonsum anregen kann, und eine Einschränkung von Werbung in Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige.

Begründung

Im Mai 2022 präsentierte die Techniker Krankenkasse die Ergebnisse einer von ihr beauftragten Studie zu Kindermarketing für Arzneimittel (Effertz, T: Kindermarketing von Arzneimitteln, Dezember 2021). In dieser Studie zeigte der Autor auf, dass ein wichtiges Charakteristikum von Werbung für bei Kindern angewen­deten Arzneimittel in der dominant genutzten Dual-Messaging-Strategie liege, die sowohl Kinder als auch deren Eltern anspreche. Arzneimittel würden dabei als Instrument der Fürsorglichkeit präsentiert, das ein intaktes Familienleben gewährleiste und die Eltern-Kind-Beziehung verbessere. Gleichzeitig werde Kindern vermittelt, dass Arzneimittel Spaß, Vergnügen und Lebensfreude wiederherstellen würden. Die gedankliche Verknüpfung von Fürsorgehandlungen der Eltern mit konkreten Arzneiprodukten im Krankheitsfall werde gefördert. Dabei sind gerade Kinder weniger in der Lage als Erwachsene, das in der Werbung präsentierte Ausmaß und die Geschwindigkeit des Eintritts einer Arzneimittelwirkung korrekt zu kontextuieren.

Der Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern im Rahmen der Selbstmedikation sollte eine ausreichende und objektive Information zugrunde liegen. Die öffentliche Apotheke ist der qualifizierte und niedrigschwellige Ansprechpartner für Entscheidungen zur Selbstmedikation und zur Unterstützung der Abwägung, ob eine Erkrankung noch für die Selbstmedikation geeignet ist oder ärztlicher Abklärung bedarf. Der in der Werbung festgestellten Verknüpfung positiver emotionaler Erlebnisse mit der Gabe und Einnahme von Arzneimitteln kommt hingegen keine Bedeutung zu. In anderen Feldern wurde eine erhöhte Empfänglichkeit von Kindern und Jugendlichen für Werbung gezeigt. Ausgehend hiervor wurde beispielsweise die Werbung für Tabakprodukte verboten, wenn sie für die Welt von Jugendlichen typische Inhalte zeigt. Die Koalition in der Bundesregierung erwägt Einschränkungen für an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel, die ebenfalls Vorbild sein könnten. Eine zu häufige, zu schnelle oder unnötige Einnahme von Arzneimitteln birgt Risiken, sowohl direkt durch die Anwendung der Arzneimittel als auch indirekt durch eine Verhaltensprägung. Daher ist es angemessen, Kindermarketing für Arzneimittel einzuschränken.

Antrag abgelehnt

AK Nordrhein

Entwicklung Aktionsplan Fachkräftemangel

Drucksache 2.27

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, einen Aktionsplan Fachkräftemangel durch die ABDA zu entwickeln.

Begründung

Der Fachkräftemangel gehört zu den größten Herausforderungen zur Erfüllung des gesetzlichen Sicherstellungsauftrags der Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland.

Das betrifft sowohl die vielfältigen und sich ständig weiterentwickelnden heilberuflichen Tätigkeiten als auch die Existenz der inhabergeführten Apotheken. Die Gründe für den Personalmangel sind multikausal und umfassen praktisch alle Lebensphasen. Von Erfahrungen in Schule und Berufspraktikum, über die Berufs- und Studienwahl bis hin zum Einstieg, Verbleib und Wiedereintritt in die berufliche Tätigkeit.

Die Apothekerkammern und Apothekerverbände der Länder sowie die ABDA arbeiten auf vielfältiger Weise an der Bewältigung dieser Herausforderung. Die Dimension der Herausforderung macht eine konzertierte strategische Bearbeitung sowie Ressourcenbündelung im Sinne eines Aktionsplans notwendig. Federführend durch die ABDA ist ein solcher Aktionsplan zu erarbeiten, der gemeinsam getragene Ziele und Maßnahmen enthält. Deren konzertierte Umsetzung auf Bundes- und Landesebene durch die Mitgliedsorganisationen ist ein bedeutender Schritt zur Bewältigung der Herausforderungen des Fachkräftemangels.

Die Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit weist den Apothekerberuf bereits seit mehreren Jahren nachweislich als sogenannten Engpassberuf aus. Die Dimension des Fachkräftemangels betrifft letztlich aber alle in der Apotheke tätigen Berufsfelder.

Diese Herausforderungen macht auch der Fachkräftereport 2021 des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) deutlich. 85 Prozent der Unternehmen befürchten negative Konsequenzen. „Fehlende Fachkräfte bleiben nicht folgenlos. Dies gilt für die betroffenen Unternehmen, aber auch für die Volkswirtschaft als Ganzes. Es stehen Wachstums- und Wohlfahrtspotenziale ebenso wie öffentliche Einnahmen auf dem Spiel, wenn Personalknappheiten die an sich mögliche Produktion und das Dienstleistungsangebot beschränken.

An der Spitze der erwarteten Folgen steht aus Sicht der Unternehmen die Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft (61 Prozent). Dies ist in der Regel das Resultat, dass viele Betriebe kurzfristig auf Personalengpässe reagieren müssen, um Aufträge abzuarbeiten, Lieferfristen einzuhalten und Geschäftszeiten und Dienstleistungsangebote aufrecht erhalten zu können.“

Die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission des NRW-Landtags „Zukunft von Handwerk und Mittelstand“ aus dem Jahre 2021 verdeutlicht die gesamtgesellschaftlichen Gefahren des Fachkräftemangels, der sich zum größten Wachstumshemmnis des Handwerks und der Wirtschaft insgesamt entwickelt. „Der Bedarf wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, wenn es um die Umsetzung gesellschaftspolitischer Zielsetzungen wie Klimaschutz, Klimafolgenanpassung, Ressourceneffizienz oder Modernisierung der Infrastruktur geht. Die Erreichung ambitionierter Ziele steht und fällt mit der Verfügbarkeit von Fachkräften, auf die es bei deren Umsetzung ankommt.“

„Wenn wir bei der Nachwuchs- und Fachkräfteversorgung nicht schnellstmöglich gegensteuern, droht nicht nur ein Scheitern der Energiewende, sondern auch ein massiver Wirtschaftseinbruch, ein Verlust an Wertschöpfung und Wohlstand“, sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags.

Antrag angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Novellierung der EU-Arzneimittelrichtlinie

Drucksache 2.28

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die EU-Kommission auf, bei der bevorstehenden Novellierung des EU-Arzneimittelrechts an der Rechtsform der bestehenden Richtlinie festzuhalten und diese nicht durch eine Verordnung zu ersetzen.

Die Überarbeitung der Vorschriften muss sich an dem übergeordneten Ziel ausrichten, die flächendeckende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung in Europa sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere die Vermeidung von Lieferengpässen und die Stärkung der legalen Versorgungskette.

Die bewährte Legaldefinition des Humanarzneimittels, auf deren Grundlage im deutschen Arzneimittelrecht die Herstellung von Rezepturen und Defekturen in Apotheken zulassungs- und erlaubnisfrei möglich ist, sollte im Grundsatz beibehalten werden. Auch sollte die gegenwärtige Packungsbeilage aus Papier nicht zugunsten erweiterter elektronischer Direktinformation seitens der pharmazeutischen Unternehmer abgeschafft, sondern allenfalls durch behördlich kontrollierte zusätzliche Informationswege ergänzt werden.

Die Hauptversammlung fordert die Beteiligten am späteren europäischen Gesetzgebungsverfahren (insbesondere die Bundesregierung und das Europäische Parlament) auf, diese Ziele zu unterstützen.

Begründung

Gemäß Artikel 168 Absatz 7 AEUV sind die Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik und die Organisation des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung zuständig. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass dies auch den Erlass von Vorschriften zur Organisation von Diensten im Gesundheitswesen wie den öffentlichen Apotheken umfasst, und dass den Mitgliedstaaten insofern ein Wertungsspielraum zusteht. Eine unionsrechtliche Zuständigkeit besteht demgegenüber für Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel (Artikel 168 Abs. 4 Buchstabe c) AEUV) und zur Förderung des Binnenmarkts unter Wahrung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus (Artikel 114 AEUV). Auf dieser Grundlage hat der europäische Gesetzgeber den bestehenden Gemeinschafts­kodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG) und die Verordnung (EG) 726/2004 zum zentralen Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur erlassen. Die bestehende Richtlinie harmonisiert den „Lebensweg“ des Arzneimittels von der Zulassung über die Herstellung bis zur Großhandelsebene, ferner die behördliche Überwachung und die Pharmakovigilanz. Die Regulierung des Einzelhandels mit Arzneimitteln überlässt die Richtlinie hingegen den Mitgliedstaaten.

Die EU-Kommission hat angekündigt, Vorschläge zur Überarbeitung dieser Rechtsakte vorzulegen. Auch wenn sie dies noch nicht ausdrücklich konkretisiert hat, ist vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus anderen Rechtsgebieten – insbesondere dem Medizinprodukterecht und dem Tierarzneimittelrecht – davon auszugehen, dass zu den von ihr in Erwägung gezogenen Optionen auch ein Rechtsformwechsel von der Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten erst in ihr nationales Recht umgesetzt werden muss, hin zu einer direkt in allen Mitgliedstaaten geltenden Verordnung gehört. Ein solch gravierender Einschnitt in das historisch bewährte Regulierungssystem (das deutsche Arzneimittelgesetz geht bis auf das Jahr 1961 zurück, die erste europäische Arzneimittelrichtlinie stammt aus dem Jahr 1965) würde alle Rechtsanwender:innen vor enorme Herausforderungen stellen. Die praktischen Erfahrungen vor allem mit der neuen EU-Medizinprodukteverordnung belegen, dass diese Herausforderungen zu gravierenden Versorgungsstörungen führen können. Der europäische Gesetzgeber hat das Inkrafttreten dieser Verordnung mehrfach verschieben müssen, weil die vorgesehenen europäischen Datenbanksysteme noch nicht funktionsfähig waren, weil nicht genügend Benannte Stellen für die erforderlichen Konformitätsbewertungsverfahren zur Verfügung standen und weil viele der neuen Vorschriften in der Praxis wegen vieler offener Fragen und ausstehender europäischer Konkretisierungen noch nicht angewendet werden konnten. Derartige Entwicklungen müssen im besonders wichtigen und sensiblen Humanarzneimittelbereich unbedingt vermieden werden. Eine zielgerichtete Überarbeitung bestimmter Artikel in der bestehenden Richtlinie bedeutet für alle Beteiligten deutlich weniger Aufwand als eine Ablösung durch eine komplett neu zu erstellende Verordnung.

Im Zuge von Konsultationen haben Studiendienstleister im Auftrag der EU-Kommission einige konkrete Überlegungen in den Raum gestellt, die bestimmte Inhalte der Richtlinie betreffen. So wurde z. B. gefragt, ob die Legaldefinition des Humanarzneimittels (die im deutschen Arzneimittelgesetz dem „Fertigarzneimittel“ entspricht) insofern geändert werden sollte, als der bisherige Bezug auf das industrielle Zubereitungsverfahren gestrichen würde. Offenbar könnten auf diese Weise neue, hochinnovativ personalisierte Herstellungsverfahren erfasst werden. Eine solche Änderung würde aber darüber hinausgehend bedeuten, dass auch die rezeptur- oder defekturmäßige Herstellung in Apotheken – die nach Rechtsprechung des EuGH bislang nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt – grundsätzlich zulassungs- und erlaubnispflichtig würde, wenn nicht andere Ausnahmetatbestände („formula officinalis“/„formula magistralis“) einschlägig sind. Diese Tatbestände sind bisher aber einschränkender formuliert als die Rezeptur- und Defekturvorgaben des deutschen Arzneimittelrechts. Falls also eine Änderung des Humanarzneimittelbegriffs erforderlich sein sollte, wäre eine zielgerichtete Erweiterung um die fraglichen Arzneimittelkategorien gegenüber einer allgemeinen Ausweitung vorzugswürdig.

Weiterhin wird diskutiert, ob die gedruckte Packungsbeilage in ihrer heutigen Form zwingend beibehalten werden sollte. Als Alternative wird erwogen, elektronische Informationsmöglichkeiten zu etablieren, die z. B. durch aufgedruckte 2D-Codes auf den Arzneimittelpackungen aufrufbar wären. Eine solche Änderung wäre nachteilig für viele Patient:innen, die aus den unterschiedlichsten Gründen keinen Zugang zu elektronischen Medien haben oder mit ihnen nicht sachgerecht umgehen können (aktuellen Umfragen zufolge betrifft dies weit mehr als 20 Prozent der über 60-Jährigen). Die Packungsbeilage stellt für sie neben dem persönlichen Kontakt zu Ärzt:innen und Apotheker:innen die maßgebliche Informationsquelle dar. Ein denkbarer ersatzweiser Ausdruck in Apotheken würde diese hingegen erheblich belasten. Zudem ist bei jeglichen elektronischen Informationen, die seitens der pharmazeutischen Hersteller direkt für Patient:innen bereitgestellt werden, auf eine strikte behördliche Kontrolle Wert zu legen. Ein europäisches Gesetzgebungsverfahren, mit dem vor ca. zehn Jahren derartige Möglichkeiten der direkten Patienteninformation geschaffen werden sollten, scheiterte aufgrund der fundamentalen Meinungsunterschiede zwischen den beteiligten Gesetzgebungsorganen. Hieraus sollte man lernen.

Antrag angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Wahrung der Zuständigkeit und der Handlungsspielräume der EU-Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich

Drucksache 2.29

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert das Europä­ische Parlament, den Deutschen Bundestag, die Bundesländer und die Bundesregierung auf, Bestrebungen zur Änderung der bestehenden Zuständigkeitsverteilung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich eine klare Absage zu erteilen.

Begründung

Artikel 168 Absatz 7 AEUV enthält eine historisch bewährte Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich: Letztere sind demnach für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik und die Organisation des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung zuständig. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass dies auch den Erlass von Vorschriften zur Organisation von Diensten im Gesundheitswesen wie den öffentlichen Apotheken umfasst, und dass den Mitgliedstaaten insofern ein Wertungsspielraum zusteht.

Nach mehrjähriger Diskussion hat die „Konferenz zur Zukunft Europas“ Im Frühjahr 2022 Empfehlungen beschlossen, wonach die Bereiche Gesundheit und Gesundheitsversorgung im Wege einer Änderung der europäischen Verträge zu einer geteilten Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten werden sollten. Eine solche Änderung hätte im Gesundheitsbereich revolutionären Charakter: sofern und soweit die EU gesetzgeberisch harmonisierend tätig würde, verlören die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu einer eigenständigen, ggf. abweichenden Regulierung. Angesichts der fundamental wichtigen Bedeutung eines funktionierenden Gesundheitssystems für alle Bürger, die zumal in Deutschland grundrechtlich untermauert und mit Gewährleistungspflichten des Staates verbunden ist, verbieten sich derartige Übergriffe in die bestehende nationale Zuständigkeit mit unabsehbaren Folgen.

Antrag angenommen

 

3. Pharmazeutische Kompetenz

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker

Drucksache 3.1

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Verordnungsgeber auf, die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) unverzüglich auf der Basis der Ergebnisse des Runden Tisches „Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker“ zu überarbeiten. Die Weiterentwicklung der Ausbildung darf weder zu einer Reduktion der Betreuungsintensität noch zu einer Absenkung der Zahl der Studienplätze führen.

Begründung

Die Aufgaben- und Tätigkeitsschwerpunkte der Apothekerinnen und Apotheker haben sich seit dem Inkrafttreten der derzeit gültigen AAppO im Jahr 2001 deutlich gewandelt und machen eine Novellierung erforderlich. Inhaltliche und zeitliche Anpassungen sind unbedingt notwendig, um den aktuellen Anforderungen an den Beruf gerecht zu werden. So führen die Fortschritte in der Pharmazie und der Medizin zu neuen therapeutischen Ansätzen in der Arzneimitteltherapie. Diese erfolgen in immer kürzerer Zeit. Ebenso bedingt die Polymedikation einen viel stärkeren Bedarf an wissenschaftlich fundierter Begleitung der Patient:innen durch Apotheker:innen. Seit einigen Jahren stehen daher bei der pharmazeutischen Beratung nicht mehr nur das Arzneimittel im Mittelpunkt, sondern viel stärker die Patient:innen mit dem Ziel, deren Arzneimitteltherapiesicherheit weiter zu verbessern. Aber auch bei anderen pharmazeutischen Aufgaben, wie der Entwicklung, Prüfung und Herstellung von Arzneimitteln sowie den pharmazeutischen Dienstleistungen, haben sich in den letzten 20 Jahren die Anforderungen an die Arbeit der Apotheker:innen so deutlich geändert, dass sich dies in der Ausbildung widerspiegeln muss. Daher hat die Bundesapothekerkammer im November 2019 beschlossen, die Novellierung der AAppO anzustreben.

Bundesapothekerkammer, pharmazeutische Hochschullehrer:innen und die Berufsfachverbände der Apothekerinnen und Apotheker haben ein gemeinsames Positionspapier „Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker“ erarbeitet. Dieses soll als der Vorschlag des Berufsstandes dem Bundesministerium für Gesundheit als Auftakt für das Novellierungsverfahren übermittelt werden.

Die Novellierung der AAppO soll zeitnah erfolgen, damit die Ausbildung schnell den aktuellen Anforderungen angepasst werden kann. Gleichzeitig ist damit das Ziel verbunden, die Ausbildung zukunftsorientiert und attraktiv für den potenziellen Berufsnachwuchs zu gestalten. Dies ist ein wichtiger Baustein, um auch künftig ausreichend Nachwuchs an Apothekerinnen und Apotheker auszubilden und die ordnungsgemäße flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.

Die Novellierung der Ausbildungsordnung darf auch nicht dazu führen, dass die Betreuungsintensität während der universitären Ausbildung reduziert wird, da dies die Qualität der Ausbildung verschlechtern würde. Gleichermaßen darf auch die Zahl der Studierenden nicht reduziert werden, da dies die angespannte Arbeitsmarktsituation ‒ Stichwort „Engpassberuf Apotheker:in ‒ verschärfen würde.

Antrag angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Erhöhung der Studienplätze im Fach Pharmazie

Drucksache 3.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber in Bund und Ländern, auf, die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Zahl der Studienplätze im Fach Pharmazie im gesamten Bundesgebiet in den nächsten fünf Jahren so zu erhöhen, dass der Bedarf an Apotheker:innen im Arbeitsmarkt gedeckt werden kann.

Begründung

Die demografische Entwicklung des Berufsstands der Apotheker:innen und die Zunahme von Teilzeitstellen führt zu einem deutlich erhöhten Bedarf an Apotheker:innen, um die erforderlichen Arbeitszeitäquivalente personell ausfüllen zu können. Unabhängig davon werden aufgrund der zunehmenden Komplexität der Aufgaben zuzüglich Apotheker:innen benötigt.

Die Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit weist den Apothekerberuf bereits seit mehreren Jahren nachweislich als sog. Engpassberuf aus. Nach einer Analyse der ABDA fehlen etwa 1000 bis 1300 Apotheker pro Jahr, um den Bedarf zu decken. Dies bedingt zwingend eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze im Fach Pharmazie.

Das Pharmaziestudium ist eine notwendige Investition in die Bildung, die Fähigkeiten und das Wertschöpfungspotenzial der Apotheker:innen mit einem hohen „return on investment“ für die gesamte Gesellschaft. Neben der Wertschöpfung durch ihre persönliche Arbeit hängen im Wirtschaftsleben bis zu 20 und mehr Arbeitsplätze direkt von der Tätigkeit einer Person mit der Approbation als Apotheker:in ab.

Antrag angenommen

AK Berlin

Änderung der Muster­weiterbildungsordnung (§ 2 Absatz 2 Nr. 3)

Ersatz der Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren und Homöopathie“ durch „Phytopharmazie und Naturheilverfahren“

Drucksache 3.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, dass die Zusatzbezeichnung gem. § 2 Absatz 2 Nr. 3 der Musterweiterbildungsordnung („Naturheilverfahren und Homöopathie“) gestrichen wird und durch eine Zusatzbezeichnung „Phytopharmazie und Naturheilkunde“ ersetzt sowie den Apothekerkammern empfohlen wird, diese Änderungen der Musterweiterbildungsordnung in ihre Landesweiterbildungsordnungen zu übernehmen.

Begründung

Die sachgerechte Beratung zu Arzneimitteln ist zentraler Bestandteil des gesetzlichen Versorgungsauftrags der deutschen Apothekerinnen und Apotheker. Die öffentliche Apotheke genießt aufgrund der wissenschaftlichen Ausbildung das hohe Vertrauen der Bevölkerung in kompetente und objektive Beratung.

Die Bundesapothekerkammer und die Landesapothekerkammern sind insbesondere für die wissenschaftliche Qualität der Berufsausübung ihrer Mitglieder zuständig. Durch die Erlaubnis zum Führen des Titels „Apotheker:in für Naturheilverfahren und Homöopathie“ durch die Landesapothekerkammern wird suggeriert, dass die Homöopathie eine wissenschaftlich anerkannte und evidenzbasierte Arzneimitteltherapie ist.

Da Homöopathika als apothekenpflichtige Arzneimittel in Apotheken vertrieben werden, sollte Wissen über diese Mittel, insbesondere über die wissenschaftliche Bewertung, rechtliche Stellung sowie die Grenzen des Einsatzes auch bei Apothekerinnen und Apotheker vorhanden sein. Dies wird ausreichend durch die Verankerung in Anlage 14 zu § 18 Absatz 3 der AAppO (Inhalte des zweiten Staatsexamens) sowie der praktischen Ausbildung im dritten Ausbildungsabschnitt vermittelt.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

AK Berlin

Einheitliches Portal der Bundesapothekerkammer für Fort- und Weiterbildungen

Drucksache 3.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, dass ein einheitliches Portal über alle Fort- und Weiterbildungen der Kammern und darüber hinaus der von Kammern akkreditierte Fortbildungen für Apothekerinnen und Apotheker von weiteren Anbietern und Institutionen aufgebaut, betreut und für alle Kammermitglieder zugänglich gemacht wird.

Begründung

Mit der Pandemie hat sich die Inanspruchnahme und Verfügbarkeit von Online-Fort- und Weiterbildungen drastisch erhöht. Damit einhergehend werden auch vermehrt bundesweit offene Fort- und Weiterbildungen angeboten und wahrgenommen. Um möglichst alle verfügbaren Angebote transparent für alle Apothekerinnen und Apotheker, aus der öffentlichen Apotheker genauso wie Apothekerinnen und Apotheker aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung zugänglich zu machen, wird ein einheitliches Portal bei der Bundesapothekerkammer benötigt.

Antrag abgelehnt

LAK Rheinland-Pfalz

Vergabe von Fortbildungspunkten

Drucksache 3.5

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, die bundeseinheitliche Fortbildungsrichtlinie dahingehend zu ändern, dass Prüfer von

  • Staatsexamensprüfungen,
  • Weiterbildungsprüfungen und
  • Pseudo Customer

für ihre Prüfungstätigkeit Fortbildungspunkte von ihrer zuständigen Landeskammer gutgeschrieben bekommen. Dies setzt natürlich ebenfalls eine Änderung der kammerindividuellen Fortbildungsrichtlinie voraus.

Begründung

Die Prüfertätigkeit ist in der aktuellen Fortbildungsrichtlinie nicht berücksichtigt. Kollegen, die sich ehrenamtlich als Prüfer oder Pseudo Customer engagieren, haben ein nicht unerhebliches Pensum an qualifizierter pharmazeutischer Vorbereitung in Form eines Selbststudiums, um eine gute strukturierte und auf den Prüfling zugeschnittene Prüfung durchzuführen.

Prüfer und Pseudo Customer investieren vor der eigentlichen Prüfung eine erhebliche Zeit in diese Tätigkeit, die ihnen für den Besuch akkreditierter Fortbildungsveranstaltungen nicht mehr zur Verfügung steht. Dies für die eigene apothekerliche Fortbildung nicht honoriert zu bekommen ist ungerecht und schadet der Attraktivität dieses Ehrenamtes.

Antrag angenommen

AK Saarland

Ausbildung PTA-Beruf

Drucksache 3.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, die Attraktivität der Ausbildung des Berufs der pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten durch Umstellung auf eine dreijährige duale Ausbildung mit entsprechender Ausbildungsvergütung deutlich zu erhöhen.

Begründung

Die PTA sind als Arbeitskräfte in der öffentlichen Apotheke unersetzlich. Der eklatante Mangel an PTA in der Apotheke zeigt aber, dass nicht nur die Attraktivität des Berufes selber, sondern bereits die Attraktivität der Ausbildung zur PTA deutlich nachgelassen hat. Dies insbesondere auch dadurch, dass die angehenden pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten während der Ausbildung keine Vergütung erhalten. Bis dato sind alle Versuche des Berufsstandes gescheitert, dieses Ziel zu erreichen. Wenn aber der PTA-Beruf eine Zukunft haben will, muss bereits die Ausbildung deutliche Anreize setzen. Dies ist nur möglich, wenn während der Ausbildung den angehenden pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird.

Die mangelnde Auslastung der bestehenden PTA-Schulen bzw. die mangelnde Qualität der Bewerber:innen zeigen deutlich, dass insoweit eine substantielle Abkehr von der bisherigen Ausbildung erforderlich ist. Dies gerade im Vergleich zur/zum MTA: Seit dem 1. Januar 2019 erhalten MTA (Radiologie, Labor, Funktions­diagnostik) in der Ausbildung im Rahmen der Regelungen des Krankenhausfinanzierungs­gesetzes (KHG) eine Ausbildungsvergütung. Jugendliche mit einem Ausbildungswunsch „in Naturwissenschaften“ sehen bei einem Vergleich der Ausbildung von PTA zu z. B. MTA deutlich die monetären Aspekte. Da die Aufnahme des PTA-Berufes in das KHG unrealistisch ist, kann allein der Übergang zu einer dualen Ausbildung (wie auch bei dem PKA-Beruf) sicherstellen, dass zukünftig mehr und qualifiziertere Schulabgänger:innen wieder den PTA-Beruf erlernen.

Die jetzige zweijährige Schulausbildung (mit sich anschließender sechsmonatiger praktischer Ausbildung in der Apotheke) kann (lehrer- und raumneutral) dahingehend novelliert werden, als zukünftig ein zweiwöchiger Schulbesuch mit einer einwöchigen betrieblichen Berufsausbildung alternieren.

Antrag abgelehnt

LAK Brandenburg

Finanzierung einer PTA-Ausbildungsvergütung

Drucksache 3.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber auf, eine Grundlage zu schaffen, dass PTA während der schulischen Ausbildung eine Ausbildungsvergütung bekommen.

Begründung

Für die Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung ist ausreichend und qualifiziertes Personal in der Apotheke notwendig. Im Vergleich zu anderen Gesundheitsfachberufen wie z. B. der Pflegefachkraft, der MTLA oder der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten ist der Wettbewerbsnachteil der PTA auszuräumen und die Finanzierung einer Ausbildungsvergütung gesetzlich zu regeln, um somit die Attraktivität der PTA-Ausbildung zu steigern. Die Erreichung einer solchen finanziellen Gleichstellung mit den vorgenannten Gesundheitsfachberufen hat dabei innerhalb der bestehenden Ausbildungsstruktur (schulische Ausbildung) zu erfolgen und darf andere Finanzierungskonzepte (Schulgeld) nicht ersetzen oder gefährden.

Antrag angenommen

Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Arzneimitteltherapiesicherheit in Pflegeeinrichtungen verbessern

Drucksache 3.8

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, mit geeigneten Maßnahmen und Regelungen die Arzneimitteltherapiesicherheit in stationären Pflegeeinrichtungen zu verbessern. Deutliche Verbesserungen der Arzneimitteltherapiesicherheit können z. B. durch die kontinuierliche Beratung und Schulung von Pflegepersonal im Hinblick auf die Arzneimitteltherapie Hochbetagter sowie die Medikationsberatung bei Pflegeheimbewohner:innen erreicht werden. Diese zusätzlichen Leistungen der Apotheken, die erhebliche Einsparungen bei den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen erwarten lassen, müssen angemessen vergütet werden. Bei der zukünftigen Weiterentwicklung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) ist darauf zu achten, dass auch Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf pDL haben.

Begründung

Die Arzneimitteltherapie von Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen wird häufig nur unzureichend hinterfragt und begleitet. Eine an die Veränderung des Gesundheitszustands Hochbetagter angepasste Arzneimitteltherapie erfolgt häufig erst dann, wenn z. B. durch ein Sturzgeschehen eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist. Das in der täglichen Versorgung in Pflegeeinrichtungen eingesetzte Personal ist häufig aufgrund seiner Ausbildung oder aufgrund von Arbeitsüberlastung nicht in der Lage, einen Zusammenhang zwischen der Verschlechterung des körperlichen Zustands Hochbetagter und deren Arzneimitteltherapie herzustellen. Apotheker:innen könnten durch gezielte Schulung und Beratung der Pflegenden sowie durch Beratung der Bewohner:innen und ihrer Angehörigen einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der AMTS und der Lebensqualität vieler Bewohner:innen leisten.

Nach dem Schiedsspruch zur Regelung pharmazeutischer Dienstleistungen besteht ein entsprechender Anspruch u. a. auf die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation für Versicherte in der ambulanten, häuslichen Betreuung. Für Versicherte mit Polymedikation, die in stationären Pflegeeinrichtungen versorgt werden, besteht kein Anspruch auf diese oder eine vergleichbare Leistung – obwohl gerade dort ein in besonderem Maße entsprechender Bedarf besteht – Heimbewohner:innen werden mehrheitlich mit fünf oder mehr unterschiedlichen Wirkstoffen gleichzeitig behandelt.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg

OTC-Arzneimittel

Drucksache 3.9

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, das Themenfeld rund um die OTC-Arzneimittel und die Rolle der Apotheke in der Selbstmedikation mit OTC-Arzneimitteln stärker als bislang in ihre Kommunikations-, Presse- und Kampagnenarbeit einzubinden. Die Apotheke vor Ort ist dabei als die bevorzugte Beratungs- und Abgabestelle für OTC-Arzneimittel in den Fokus zu rücken.

Begründung

OTC-Arzneimittel sind wirksame und damit beratungsbedürftige Arzneimittel. Die fachlich beratende Unterstützung durch pharmazeutisches Personal bei Patientenwünschen in der Selbstmedikation ist unabdingbar und eine Art „Königsdisziplin“ in der Apotheke vor Ort.

Durch den Zugang zu wirksamen OTC–Arzneimitteln, verbunden mit einer professionellen Beratung, steht der Bevölkerung direkt vor Ort eine niederschwellige Therapieoption bei vielen Beschwerden und Erkrankungen zur Verfügung. Gleichzeitig können durch den direkten Kontakt und das Gespräch mit pharmazeutischem Personal in der Apotheke auch ein Fehlgebrauch verhindert, Interaktionen zu einer bestehenden Therapie vermieden und wenn nötig zu einem Arztbesuch angeraten werden.

Nicht zuletzt spielen OTC–Arzneimittel und mit ihnen die Leistungen der Apotheke auch in der Medikationsanalyse, die als pharmazeutische Dienstleistung nach § 129 Abs. 5e SGB V vereinbart wurde sowie beim bundeseinheitlichen und elektronischen Medikationsplan nach § 31a SGB V, eine wesentliche Rolle.

Aus diesen Gründen ist die Apotheke vor Ort der ideale Ansprechpartner bei Beratung und Abgabe dieser Arzneimittel.

Dies soll in der Außenkommunikation der ABDA deutlich gemacht und offensiv nach außen getragen werden.

Antrag angenommen

LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg

Testung von symptomatischen Personen

Drucksache 3.10

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetz­geber/Verordnungsgeber auf, das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie die Coronavirus-Testverordnung so anzupassen, dass Apotheken in die Lage versetzt werden, auch symptomatische Personen testen zu dürfen.

Begründung

Die Pandemie hat gezeigt, dass Apotheken in der Lage sind ein qualitativ hochwertiges und flächendeckendes Netz aus Teststellen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Apotheken bieten ein niederschwelliges Testangebot auch am Wochenende an.

Nach der derzeitigen TestV ist es Apotheken nur gestattet asymptomatische Patienten zu testen. Gerade in den Omikron Wellen war das ambulante ärztliche System teilweise überlastet und nicht in der Lage, alle symptomatischen Patienten (vor allem diejenigen mit leichten Symptomen) zu testen. Oftmals wurde deshalb an die Apotheken verwiesen.

Diese gelebte partnerschaftliche Praxis soll mit diesem Antrag einen gültigen rechtlichen Rahmen bekommen.

Antrag angenommen

AK Westfalen-Lippe

Beschränkung von Teststellen

Ad-hoc-Antrag 3.10a

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die Durchführung der Bürgertestungen auf SARS-CoV-2 im Rahmen der Herbststrategie auf heilberufliche Testeinrichtungen zu beschränken. Die bewährte hohe Qualität der heilberuflichen Berufsausübung sowie auch ihre flächendeckende Verfügbarkeit garantieren eine kosteneffiziente und zielgerichtete Testung der Anspruchsberechtigten.

Antrag angenommen

AK Berlin

Gesundheitslots:innen für Apotheken

Drucksache 3.11

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, ein Konzept zur Fortbildung für Apothekenberufe zu entwickeln, mit denen diese als Gesundheitslots:innen im Sinne des Koalitionsvertrages in der Apotheke tätig sein und damit die Apotheke als Gesundheitszentrum stärken können.

Begründung

Im Koalitionsvertrag sind Gesundheitslots:innen als Mitarbeiter:innen von Gesundheitskiosken beschrieben. Darunter sind weniger Gesundheitslots:innen zur Unterstützung gesundheitsförderlichen Arbeitens in Betrieben zu verstehen als vielmehr Case-Manager:innen, die in Modellvorhaben Patientinnen und Patienten zu Leistungen informieren, Maßnahmen koordinieren und regionale Leistungserbringer vernetzen, um eine optimale Gesundheitsversorgung sicherzustellen und modernes Schnittstellenmanagement beispielsweise auch zur Pflegebetreuung zu betreiben.

Derartige Lots:innen sollten in Apotheken angestellt sein, um die bereits vorhandene Arzneimittelkompetenz um den Bereich der Gesundheits- und Therapiekoordination zu erweitern. Die Apotheken als Gesundheitskompetenzzentrum unterstützen damit die Intention des Gesundheitskiosks des Koalitionsvertrages. Es ist zu prüfen, welche Apothekenberufe mit welchen Zusatzfortbildungen zu Gesundheitslots:innen fortgebildet werden können und wie sich dieser Berufsbereich in das Apothekenwesen integrieren lässt. Damit lässt sich ggf. auch eine Aufwertung beispielsweise der PKA oder ein neuer Kompetenzbereich für PTA erreichen.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

Anke Rüdinger, Kerstin Kemmritz und Kolleginnen und Kollegen

Etablierte Strukturen der ambulanten Gesundheits­versorgung stärken – keine Finanzierung unnötiger und teurer Parallel-Strukturen (Gesundheitskioske)

Ad-hoc-Antrag 3.11a

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Bundesminister für Gesundheit und die Bundesregierung auf, die in Deutschland vorhandenen und hocheffizient arbeitenden ambulanten Strukturen der Gesundheitsversorgung, zu denen u. a. Arztpraxen, Apotheken und ambulante Pflegeeinrichtungen sowie der ÖGD zählen, nachhaltig zu stärken, statt die ohnehin knappen finanziellen Ressourcen gesetzlicher Krankenkassen und der Kommunen für den Aufbau und die Unterhaltung von Parallel-Strukturen wie Gesundheitskiosken einzusetzen.

Viele der Leistungen, die künftig in Gesundheitskiosken erbracht werden sollen, werden schon heute durch bereits vorhandene Strukturen der ambulanten Gesundheitsversorgung unter Einbindung von Apotheken erbracht oder können kurzfristig durch diese erbracht werden.

Antrag angenommen

LAK Hessen

Berufung einer ApothekerIn in die Ständige Impfkommission (STIKO)

Drucksache 3.12

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Bundesminister für Gesundheit und die obersten Landesgesundheitsbehörden auf, in der nächsten Berufungsperiode eine/n Apotheker/-in in die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut zu berufen.

Begründung

Sowohl durch die Impfungen gegen Grippe und COVID-19 in Apotheken als auch durch die galenisch anspruchsvoller werdenden Impfstoffe sind pharmazeutische Kompetenzen eine essenzielle Bereicherung der STIKO bei der Erarbeitung von Empfehlungen mit einem hohen Praxisbezug.

Antrag angenommen

Maximilian Buch, Dr. Karl Sydow, Dr. Michael Ermisch, Dr. Marc Oppermann, Dr. Kerstin Kemmritz, Dr. Friederike Bach, Simon Hübner, Petra ten Haaf, Dr. Björn Wagner, dr. Otto Quintus Russe

Beratungen zur Schutzimpfungsrichtlinie

Ad-hoc-Antrag 3.12a

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, eine Teilnahme der Apothekerinnen und Apotheker über die Bundesapothekerkammer an den Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen der Schutzimpfungsrichtlinie gemäß eines Teilnahmerechtes im Sinne des § 11 Absatz 5 der Geschäftsordnung des G-BA zu erwirken.

Antrag angenommen

 

4. Digitalisierung

AK Berlin

Opt-out Verfahren für die elektronische Patientenakte

Drucksache 4.1

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass für alle Patientinnen und Patienten zukünftig initial durch die Krankenkasse eine elektronische Patientenakte angelegt wird.

Begründung

Die elektronische Patientenakte (ePA) ist nach Vorstellung des Bundesgesundheitsministers die Kernanwendung eines digitalen Gesundheitswesens. Der Verbreitungsgrad der ePA ist jedoch aufgrund komplexer und umständlicher Initialisierungsprozesse weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Bundesregierung spricht sich daher für ein Opt-out Verfahren der ePA im Rahmen des Koalitionsvertrages aus. Das Opt-out Verfahren wird aber auch von führenden Akteuren im Gesundheitswesen unterstützt und gefordert. Nicht zuletzt hat sich die Ärzteschaft auf dem 126. Ärztetag für ein Opt-out Verfahren für die ePA ausgesprochen. Die ePA ist insbesondere im Hinblick auf eine zukünftig von der Patientin oder dem Patienten zur Verfügung gestellte Datenbasis für verordnete und/oder eingenommene Arzneimittel ein essenzieller Bestandteil der Arzneimitteltherapiesicherheit. Daher ist ein Opt-out Verfahren auch von der Apothekerschaft zu unterstützen.

Antrag angenommen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand

Zukunft der Telematik­infrastruktur und weiterer Anwendungen

Drucksache 4.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, die Digitalisierung der öffentlichen Apotheken weiter voranzutreiben. Zugleich wird der Gesetzgeber aufgefordert, den öffentlichen Apotheken weitere honorierte digitale Anwendungen zu ermöglichen.

Begründung

Hier gilt es insbesondere die Zukunft der Telematikinfrastruktur (TI) aktiv mitzugestalten und die Transformation hin zur TI 2.0 eng zu begleiten. Zielstellung der TI muss es sein, eine vertrauenswürdige, zuverlässige und performante technische Basis zur Verfügung zu stellen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Dabei muss der Fokus sämtlicher Überlegungen der Gematik auf den fachlichen Anforderungen der heilberuflichen Prozesse liegen, dem Dogma folgend: „Die Technik folgt den Prozessen.“

Maßstab für die öffentlichen Apotheken ist der Nutzen der TI 2.0 für die Optimierung der Arzneimittelversorgung sowie der Versorgung mit pharmazeutischen Dienstleistungen.

Für die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V., den Deutschen Apothekerverband e. V. (DAV) sowie für die Bundesapothekerkammer (BAK) steht die Vernetzung ihrer pharmazeutischen Kernkompetenzen im Gesundheitswesen an vorderster Stelle. Der DAV als Gesellschafter der Gematik übernimmt hierzu eine stark gestaltende Rolle. Dies soll auch für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Umwandlung der Gematik in eine staatliche Agentur gelten.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der TI macht die Hauptversammlung der Apothekerinnen und Apotheker deutlich, dass sie die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung digital unterstützter, honorierter (pharmazeutischer) Dienstleistungen in der Apotheke für zweckmäßig und erforderlich hält.

Antrag angenommen

AK Westfalen-Lippe, AV Westfalen-Lippe e. V.

Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte zur Einlösung des elektronischen Rezepts

Drucksache 4.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Mehrheitsbeteiligung an der Gematik GmbH dafür einzusetzen, dass möglichst kurzfristig das Einreichen von elektronischen Rezepten (E-Rezept) zulasten der GKV zusätzlich zum Ausdruck des E-Rezept-Tokens und zur Übertragung über die E-Rezept-App der Gematik auch über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ermöglicht wird.

Begründung

Das E-Rezept ist einer der aktuell wesentlichen äußeren Indikatoren für das Ankommen der Digitalisierung im Verordnungs- und Abgabeprozess von Medikamenten. Der zentrale technische Baustein – der E-Rezept-Token – jedoch wird in der derzeitigen Phase der E-Rezept-Einführung sowie in den kommenden Jahren im Wesentlichen noch als Papierausdruck transportiert werden. Das ist eine Situation, die dem Vorhaben der Digitalisierung des Verordnungs- und Abgabeprozesses diametral entgegensteht.

Hürden für einen vollständig digitalen Prozess sind der Einsatz NFC-fähiger Smartphones und NFC-fähiger eGK einschließlich der erforderlichen PIN. Die Ausstattung der Versicherten mit eGK dieses Typs sowie die Herausgabe der PIN durch die Krankenkassen wird sukzessive erfolgen. Eine flächendeckende Ausstattung in einem absehbaren oder durch Regelungen vorgegebenen Zeitraum ist nicht erkennbar. Erschwerend kommt zurzeit die eingeschränkte Verfügbarkeit von elektronischen Chips hinzu. Auch die inzwischen in einem ersten Fall kommunizierte Möglichkeit der kartenlosen Nutzung der E-Rezept-App über einen Onboarding-Prozess für die spezifische Krankenkassen-App lässt derzeit die bestehenden Hürden nicht kleiner erscheinen.

Der Einsatz der eGK zur Authentisierung der Apotheken zur Abgabe der Verordnung setzt hingegen auf geübten Prozessen auf. Versicherte sind es seit Langem gewohnt, ihre eGK (nicht nur) beim Arztbesuch mitzuführen. Dieser Vorgang wird in die Apotheke verlängert. Hier könnte der/die Versicherte die Apotheke durch Stecken der eGK zum Abruf des E-Rezepts aus dem Fachdienst authentisieren. Auf diese Weise wird die eGK als Medium zentraler Bestandteil eines papierlosen Verordnungs- und Abgabeprozesses. Die Hürden der Nutzung werden abgeräumt, Digitalisierung konsequent und spürbar und der Ausdruck des Tokens zum tatsächlichen Ausnahmefall. Die letzten Schritte zur Einführung dieser Lösung sind überschaubar und in verhältnismäßig kurzem Zeitraum zu realisieren.

Das technische Konzept liegt vor. Hier bedarf es lediglich der Kommentierung des Konzepts durch die Gesellschafter der Gematik sowie der Umsetzungsplanung, Beauftragung und der Abstimmung mit der Industrie.

Antrag angenommen

AK Berlin

Refinanzierung von KIM- und TIM-mail-Adressen

Drucksache 4.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, in § 376 SGB V in Verbindung mit § 379 den gesetzlichen Rahmen auch für die Refinanzierung von KIM- und TIM-mail-Adressen sowie deren laufende Kosten für Apotheken zu schaffen.

Begründung

Im Zuge des Aufbaus der sicheren Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen kommt auch der sicheren und schnellen Kommunikation zwischen den Beteiligten eine immer wichtigere Bedeutung zu. Hier müssen auch die Apotheken eingebunden werden, um an der gemeinsamen Nutzung der elektronischen Patientenakte sowie der Änderung bzw. Nachfrage zu elektronischen Verordnungen und weiterer Elemente zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit teilnehmen zu können. Die für die Beantragung und Nutzung der dafür benötigten KIM- und TIM-Adressen bzw. Softwareapplikationen entstehenden Aufwendungen müssen den Apotheken erstattet werden. Dazu ist die bestehende Finanzierungsvereinbarung im § 376 SGB V entsprechend zu erweitern.

Antrag einstimmig angenommen

AK Berlin

Unlesbare Data-Matrix-Codes vermeiden

Drucksache 4.5

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die zuständigen Behörden auf, die Einhaltung von Artikel 6 der Delegierten Verordnung 2016/161 (EU) über die Druckqualität des zweidimensionalen Barcodes konsequenter zu kontrollieren, um zu vermeiden, dass Arzneimittel an Apotheken ausgeliefert werden, die schlecht bis gar nicht auslesbare Data-Matrix-Codes enthalten.

Begründung

Die Überprüfung der Sicherheitsmerkmale ist ein elementarer Bestandteil des securPharm-Systems und ein wichtiger Baustein, den Apotheken zur Fälschungssicherheit von Arzneimitteln leisten. Zukünftig sollen die Daten auch direkt aus dem securPharm-Code in die elektronische Patientenakte einspielbar sein. Beides erfordert, dass der Scan-Prozess in Apotheken reibungslos und fehlerfrei durchgeführt werden kann. Eine mangelhafte Druckqualität ist hierbei eine erhebliche Einschränkung und muss durch adäquate Kontrollen durch die Hersteller vermieden werden. Wenn trotz der regulatorischen Vorgabe dennoch mangelhafte Packungen sogar in größeren Mengen in den Handel geraten, dann liegt der Schlüssel in einer effizienteren Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden.

Antrag abgelehnt

Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Unabhängige Beratungs­kompetenz für digitale Medizinprodukte

Drucksache 4.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, eine unabhängige Beratung für Nutzer:innen digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA), digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) und digitaler Versorgungsanwendungen (DiVA) sicherzustellen und diese Aufgabe den Vor-Ort-Apotheken als Einrichtungen des Gesundheitswesens, die flächendeckend einen niederschwelligen Zugang gewährleisten können und hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießen, zu übertragen.

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, die Beratungskompetenz des pharmazeutischen Personals in Bezug auf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), digitale Pflegeanwendungen (DiPA) und digitale Versorgungsanwendungen (DiVA) gezielt zu fördern, damit Apotheken die unabhängige Beratung von Menschen, die diese Medizinprodukte nutzen, künftig sicherstellen und als Dienstleistung gegenüber gesetzlichen Krankenkassen oder anderen Kostenträgern abrechnen können.

Begründung

Als Medizinprodukte im Markt befindliche Applikationen/Programme, die z. B. zur Überwachung und Behandlung von Erkrankungen, Verletzungen und zum Einsatz bei Behinderungen und Pflegebedürftigkeit bestimmt sind, werden zukünftig eine zunehmende Rolle im Gesundheitswesen spielen. Bestimmte DiGA können bereits jetzt vom Arzt verordnet werden und sind ggf. durch die GKV erstattungsfähig. Die Verordnung erfolgt in diesen Fällen auf Muster-16-Verordnungsblättern. Zu diesem Zweck erhalten DiGA eine PZN.

Patient:innen/Nutzer:innen solcher Medizinprodukte sollen künftig die Möglichkeit erhalten, sich in Apotheken unabhängig und umfassend zu diesen Anwendungen persönlich beraten zu lassen. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Apotheken diese wichtige Aufgabe wahrnehmen und gegenüber gesetzlichen Krankenkassen oder sonstigen Kostenträgern abrechnen können.

Um die Beratungskompetenz der Apotheken in diesem wachsenden Markt auszubauen, ist es darüber hinaus erforderlich, dass entsprechende Fort- und/oder Weiterbildungsangebote, ggf. auf der Basis von Curricula oder Empfehlungen der Bundesapothekerkammer, zur Verfügung stehen.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Berlin

Bewerbung von Apps durch Krankenkassen einschränken

Drucksache 4.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, das Heilmittelwerbegesetz dahingehend nachzuschärfen, dass Krankenkassen nicht die Möglichkeit eröffnet wird, einzelne Apps, die nicht als DiGa gelistet sind, in einem bestimmten Indikationsgebiet zu bewerben.

Begründung

Die Anzahl an Apps, die – mutmaßlich auf der Basis von Selektivverträgen – durch die Krankenkassen beworben werden, die nicht als DiGa gelistet sind, wächst stetig (z. B. „7 Mind“ im Indikationsgebiet Mental Health, Stressabbau oder „Caterna“ bei Amblyopie). Solche Apps, die zumeist nicht das Prüfverfahren des BfArM durchlaufen haben, sind in ihrem Status somit vergleichbar zu OTC-Arzneimitteln – Letztere dürfen von Krankenkassen aus guten Gründen nicht beworben werden. Im Sinne des Verbraucherschutzes und um für Patientinnen und Patienten eine klare Abgrenzung zwischen Apps mit einem nachgewiesenen positiven Versorgungseffekt (vgl. https://www.bfarm.de) und zahlreichen anderen Anwendungen, die keinerlei Nutzen nachweisen müssen, zu erzielen, sollte eine Bewerbung derlei Anwendungen deutlicher eingeschränkt werden, um die Orientierung an evidenzbasierter Behandlung im solidarisch finanzierten Gesundheitssystem nicht noch weiter aufzuweichen.

Antrag angenommen

5. Rahmenbedingungen der Berufsausübung

AV Westfalen-Lippe

Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung des DAT

Ad-hoc-Antrag 5a

Antrag

Anträge, die unter dem bisherigen Abschnitt 5 „Berufsausübung“ und Abschnitt 3 „Kompetenz“ einsortiert sind, sollen bei künftigen Deutschen Apothekertagen als erstes („Berufsausübung“) und zweites („Kompetenz“) behandelt werden.

Antrag zurückgezogen

Geschäftsführender ABDA-Vorstand, AV Nordrhein e. V., AK Nordrhein, Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V., LAV Niedersachsen e. V., AK Schleswig-Holstein, AV Schleswig-Holstein e. V., AK Saarland, AK Hamburg

Zukunft der Honorierung öffentlicher Apotheken

Drucksache L 7 zu 5.1.1 – 5.1.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, nach vielen Jahren endlich eine sachgerechte Erhöhung des Apothekenhonorars vorzunehmen. Maßnahmen mit gegenteiliger Wirkung sind abzulehnen.

Begründung

Der Fixzuschlag pro verschreibungspflichtigem Fertigarzneimittel wurde zuletzt zum 1. Januar 2013 über eine Novellierung der AMPreisV um 0,25 Euro auf 8,35 Euro angehoben. Das derzeitige Apothekenhonorar besteht somit seit fast einem Jahrzehnt völlig losgelöst von steigenden Personal- und Sachkosten sowie der Inflationsentwicklung. Auch für steigende bürokratische Zusatzaufwände infolge staatlicher Vorgaben erfolgte kein finanzieller Ausgleich des Mehraufwandes. Die zwischenzeitlich erfolgten Anhebungen einzelner Sonderentgelte sind nicht geeignet, diese generellen Kostensteigerungen auszugleichen. Entsprechendes gilt für Sonderentgelte für neue, zusätzliche Leistungen, wie die diversen Leistungen der Apotheken in der Corona-Pandemie, sowie die neu eingeführten pharmazeutischen Dienstleistungen.

Die Leistungsfähigkeit der Apotheken hat sich über die Jahre hinweg gezeigt. Gerade während der Corona-Pandemie konnten die öffentlichen Apotheken noch mehr als sonst zeigen, welchen Wert sie weit über die Versorgung mit Arzneimitteln hinaus für die Gesellschaft haben. Apotheken waren in der Lage, kurzfristig zusätzliche Aufgaben zu übernehmen – sei es die Durchführung von Corona-Schnelltests, die Ausstellung von Impfzertifikaten und zuletzt die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten in der Apotheke gegen das Coronavirus zu impfen. Bei all diesen vergüteten Leistungen darf jedoch nicht in den Hintergrund geraten, dass es sich bei diesen Zahlungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie größtenteils um Zahlungen für den zusätzlichen entstandenen Arbeitsaufwand handelte – diese Zusatzhonorare können also nicht als sachgerechte Anpassung des Apothekenhonorars betrachtet werden.

Zur langfristigen Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung müssen Vergütungsmodelle nachhaltig und dauerhaft angepasst werden.

Seit 2008 nimmt die Zahl der Apotheken kontinuierlich ab und lag Ende des ersten Quartals 2022 bei 18.362. Tendenziell ist die Zahl der Apotheken in Deutschland seit einigen Jahren rückläufig. Seit 2018 sinkt die Zahl der öffentlichen Apotheken jährlich sogar um mehr als 300 Apotheken.

Dies zeigt deutlich, dass die ständig steigenden Kosten durch das aktuelle Apothekenhonorar nicht gedeckt werden können. Ohne eine Anpassung kann eine Situation herbeigeführt werden, in denen eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln – und damit der gesetzliche Sicherstellungsauftrag – nicht mehr vollständig gewährleistet werden kann.

Der Gesetz- und Verordnungsgeber steht auch aus einem weiteren Grund in der besonderen Verantwortung, das Apothekenhonorar anzupassen: Diverse Kostensteigerungen der letzten Zeit sind Folge staatlicher Einflussnahme. Zu nennen sind hierbei insbesondere die deutliche Erhöhung des Mindestlohns und die politisch geförderten Gehaltssteigerungen in Pflegeberufen, die auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zu Apothekenberufen stehen. Hinzu kommt der ökologisch und wirtschaftlich motivierte Wandel der Energieversorgung sowie die Mehrkosten infolge von krisenbedingten Produktionsausfällen, Lieferkettenunterbrechungen und Inflation.

Als Instrumentarien kommen in erster Linie eine Erhöhung des Apothekenzuschlags nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung, daneben aber auch weitere Komponenten der Apothekenvergütung in Betracht.

Zu denken ist hierbei an eine

  • Anpassung des Festzuschlags (z. B. von 3 Prozent auf 5 Prozent zzgl. 10 Euro)
  • Anhebung der Botendienstpauschale
  • Anhebung der BtM-Dokumentations­vergütung

Zur Reduzierung erneuten Anpassungsbedarfs sollte eine Dynamisierung durch Bezugnahme auf einen geeigneten Index vorgenommen werden.

Alle Maßnahmen mit gegenläufiger Wirkung, wie z. B. eine Erhöhung des Apothekenrabatts gefährden die Versorgung und sind abzulehnen.

Antrag einstimmig angenommen

AK Schleswig-Holstein, AV Schleswig-Holstein e. V.

Mitarbeiterpakt

Drucksache 5.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Honorierung der Apotheken zu erhöhen, um damit die Gehälter der angestellten Apotheker:innen, pharmazeutisch-technischen Assistenten:innen und Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten:innen im Rahmen eines zwischen ADEXA und ADA vereinbarten Mitarbeiterpaktes in den Vor-Ort-Apotheken deutlich anzuheben und zu refinanzieren.

Begründung

In öffentlichen Apotheken hat der Fachkräfte- und Personalmangel ein bedrohliches Ausmaß angenommen. So meldete allein der Kammerbereich Westfalen-Lippe kürzlich über 1000 unbesetzte Stellen. Vor-Ort-Apotheken konkurrieren bei Apotheker:innen, PTA und PKA vor allem mit der pharmazeutischen Industrie dessen finanzielle Möglichkeiten bereits bei den Einstiegsgehältern außerhalb der Reichweite öffentlicher Apotheken liegen. Daher ist es zwar sehr erfreulich, dass die ADEXA und der ADA sich in 2021 auf ein deutliches Plus beim pharm. Personal geeinigt haben. Ein Hauptproblem besteht aber nach wie vor darin, dass Apotheken anders als andere Unternehmen in Deutschland, gestiegene Kosten z. B. infolge höherer Gehälter oder gestiegener Inflation nicht einfach durch Preissteigerungen an Kunden weitergeben können, da die Bindung an die Arzneimittelpreisverordnung dies kaum möglich macht. Nach ersten Berechnungen der Treuhand Hannover wirken sich 10.000 Euro Erhöhung der Personalkosten mit rund 80.000 Euro negativ auf den Firmenwert einer Apotheke aus. Jede von den Inhabern zu finanzierende Gehaltsanpassung mindert somit dauerhaft die Verkaufbarkeit und somit die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Fortbestands der eigenen Apotheke.

Über die Arzneimittelpreisverordnung hat der Gesetzgeber einen direkten Einfluss auf die Honorierung der Apotheken und ist damit hauptverantwortlich für die für Gehaltszahlungen und die dadurch entstehenden Lohnnebenkosten zur Verfügung stehenden Finanzmittel. Da die Vor-Ort-Apothekeninhaber:innen ein hohes Eigeninteresse haben, als attraktive Arbeitgeber ihre Mitarbeiter:innen dauerhaft in ihren Betrieben zu halten, indem sie u. a. attraktive und konkurrenzfähige Gehaltsbänder anbieten können, binden sich die Inhaber, die im Zuge dieses Mitarbeiterpaktes dauerhaft zur Verfügung gestellten Mittel unter Berücksichtigung der Lohnnebenkosten 1:1 an ihre Mitarbeiter:innen weiterzugeben. Analog zum Nacht- und Notdienstfonds oder dem Dienstleistungsfonds soll in analoger Weise ein Mitarbeiterfonds ins Leben gerufen werden, der durch einen festzulegenden Aufschlag analog dem NNF- oder Dienstleistungsaufschlag in der Arzneimittelpreisverordnung verankert wird. Dieser Aufschlag ist an die Tarifanpassungen in öffentlichen Apotheken zu koppeln.

Da es um eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken geht, sollen analog zum NNF nur Vor-Ort-Apotheken aus diesem Mitarbeiterfonds Gelder erhalten.

Die Tarifautonomie bleibt erhalten, da der Gesetzgeber nur die finanziellen Rahmenbedingungen schafft, wie die Gelder an die Mitarbeiter verteilt werden, regeln die Tarifparteien ADEXA und ADA.

Antrag angenommen

Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Apothekenabschlag nach § 130 SGB V als Nettobetrag festschreiben

Drucksache 5.3

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, den Rabatt nach § 130 Absatz 1 SGB V als Nettobetrag festzuschreiben.

Begründung

Die aktuelle Regelung sieht Rabatte, die die Krankenkassen von den Apotheken erhalten, als Bruttobeträge vor. Seit Jahrzehnten werden sporadisch öffentliche Diskussionen über die Absenkung des Umsatzsteuersatzes auf Arzneimittel geführt. Zuletzt war die allgemeine Senkung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel auf den reduzierten Satz von 7 Prozent in einem bekannt gewordenen Entwurf des Koalitionsvertrages von SPD, FDP und Grünen vorgesehen. Es ist davon auszugehen, dass diese Diskussion auch in Zukunft weitergeführt werden wird.

Antrag angenommen

AV Nordrhein e. V.

Ausgleich der Verluste aufgrund der Einführung des E-Rezeptes

Drucksache 5.4

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apo­thekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die mit der Einführung des E-Rezeptes verbundenen Verluste auszugleichen.

Begründung

Durch die Einführung des E-Rezeptes ist aufgrund von Erfahrungswerten aus dem europäischen Ausland nicht auszuschließen, dass bis zu 10 bis 15 Prozent der Rezepte in den ausländischen Versandhandel fließen werden. Das wäre mit so erheblichen finanziellen Einbußen bei den öffentlichen Apotheken verbunden, dass viele Apotheken das betriebswirtschaftlich nicht verkraften. In der Folge würde sich die ohnehin schon hohe Zahl an Apothekenschließungen noch weiter beschleunigen und die flächendeckende Versorgungsstruktur gefährden.

Um den Sicherstellungsauftrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die Vor-Ort-Apotheken zu gewährleisten, muss zwingend ein finanzieller Ausgleich eingeführt werden.

Antrag in den Ausschuss verwiesen

AK Berlin

Vereinbarung für die Vergütung von Einträgen in der elektronischen Patientenakte

Drucksache 5.5

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die gesetzlichen Krankenkassen auf, unverzüglich Verhandlungen für die Vergütung von Leistungen nach § 346 Absatz 2 SGB V zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung arzneimittelbezogener Daten in der elektronischen Patientenakte aufzunehmen. Die ABDA setzt sich zeitgleich dafür ein, dass die notwendigen Abrechnungsformalien und technischen Voraussetzungen in den Apotheken schnellstmöglich verfügbar gemacht werden.

Begründung

Nach § 346 SGB V haben u. a. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und Apothekerinnen und Apotheker für die Unterstützung der Patientinnen und Patienten bei der Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) einen Vergütungsanspruch. Für die Ärzteschaft ist eine solche Vergütung bereits im Rahmen des Bundesmantelvertrages-Ärzte mit Einführung der ePA geregelt worden. Bis zum 01.01.2021 ist nach § 346 Abs. 4 SGB V eine entsprechende Vereinbarung mit dem GKV-Spitzenverband für die Unterstützung von arzneimittelbezogenen Einträgen durch die Apotheken festzulegen. Die ePA entwickelt sich weiter und arzneimittelbezogenen Einträge sind bereits mit dem Roll-out der ePA 1.0 möglich. Etwaige Leistungen werden derzeit bereits unentgeltlich von Apothekerinnen und Apothekern erbracht und eine entsprechende Vergütungsregelung ist daher mehr als überfällig.

Antrag angenommen

AK Berlin

Vergütung arzneimittel­bezogener DiGA-Einträge in die elektronische Patientenakte

Drucksache 5.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die Unterstützung der Versicherten durch Apotheken bei der Verarbeitung arzneimittelbezogener Daten im Rahmen der Verwendung einer Digitalen Gesundheitsanwendung in die elektronischen Patientenakte in § 346 Absatz 4 SGB V ergänzend aufzunehmen.

Begründung

Der neue Leistungsbereich der Digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a SGB V hat enormes Entwicklungspotenzial und erste DiGA mit einem konkreten Arzneimittelbezug, bspw. im Anwendungsgebiet der Hypertonie oder Diabetes sind bereits gelistet oder befinden sich im oder kurz vor dem Fast-Track-Verfahren. Nach § 346 SGB V haben Apotheken für die Unterstützung der Patientinnen und Patienten bei der Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) einen Vergütungsanspruch. Insbesondere bei DiGA mit einem Arzneimittelbezug ist die Unterstützungsleistung der Apotheke zum Eintrag von Daten in die ePA zu unterstützen. Hierzu bedarf es einer Erweiterung der Vergütungsregelung nach § 346 Absatz 4 SGB V hinsichtlich arzneimittelbezogenen DiGA-Einträgen.

Antrag angenommen

AK Berlin

Onboarding-Tätigkeiten als Dienstleistung von Apotheken

Drucksache 5.7

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) derart zu erweitern, dass auch sogenannte „Onboarding-Tätigkeiten“ als Dienstleistungen der Apotheken vergütet werden.

Begründung

Nicht erst die Erstellung und Benutzung digitaler Impfzertifikate in den Apotheken hat gezeigt, dass die Etablierung und Installation digitaler Anwendungen einige Versicherte vor große Herausforderungen stellt und aufgrund fehlender Digitalkompetenz von den Betroffenen alleine nicht oder nur schwer geleistet werden kann. Für einen erfolgreichen Start der Nutzung des E-Rezeptes oder auch der elektronischen Patientenakte ist ein ebenso erfolgreiches Onboarding, also die Installation und Ersteinrichtung der nötigen Software, notwendig. Die Apotheken sind dabei sowohl mit ihrer Digitalkompetenz als auch mit ihrer niedrigschwelligen Erreichbarkeit bestens für eine derartige Leistung geeignet. Um dieses Onboarding auch als eigene pharmazeutische Dienstleistung abrechnungsfähig zu machen, ist eine Erweiterung des § 129 Absatz 5e SGB V notwendig, damit diese dann von der Selbstverwaltung weiter definiert werden kann.

Antrag nach redaktioneller Änderung angenommen

AK Nordrhein

Weiterentwicklung der Ver­gütung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL)

Drucksache 5.8

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber, zur Sicherstellung der mit der Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) verbundenen gesetzgeberischen Ziele auf:

a) Die Vergütung für bereits bestehende pDL regelmäßig anzupassen

b) Einen finanziellen Spielraum für weitere pDL zu schaffen

Begründung

Die neu eingeführten honorierten pDL sind neuer und wichtiger Baustein zur Bewältigung der großen Herausforderungen zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Vor-Ort-Apotheken bauen entsprechende niedrigschwellige und qualifizierte Angebote zur Prävention und Sicherstellung von Arzneimitteltherapiesicherheit auf und aus. Sie investieren in Fortbildung, Qualitätssicherung, in IT-gestützte Beratungsinstrumente und Personal.

Die gedeckelte Finanzierung in Höhe von 150 Mio. Euro kann nur ein erster Schritt sein. Es bedarf einer Anpassung der Vergütung durch Einführung einer Dynamisierung des Honorars. Die Belastungen der Apotheken, durch sie nicht steuerbare gesamtwirtschaftliche Zusatzkosten führen sonst dazu, dass die vom Gesetzgeber gewollten Effekte nicht nachhaltig erzielt werden können.

Antrag nach redaktioneller Änderungen angenommen

LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg, AK Schleswig-Holstein, AV Schleswig-Holstein e. V.

Sicherstellung der Versorgung mit saisonalen Grippeimpfstoffen

Drucksache L 8 zu 5.9.1 – 5.9.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Vergütung der Apotheke für die Beschaffung, Vorratshaltung und Versorgung der Ärzte mit saisonalen Grippeimpfstoffen finanziell auskömmlich zu gestalten und geeignete Maßnahmen zu treffen, um für die finanzielle Rückerstattung nicht genutzter saisonaler Grippeimpfstoffe an Apotheken Sorge zu tragen. Die Höhe des Rückerstattungsanspruchs soll sich nach dem jeweiligen Einkaufspreis des Impfstoffs und der Anzahl nicht abgegebener Grippeimpfstoffe richten. Zur Durchführung soll die Beleihung des Nacht- und Notdienstfonds erweitert werden.

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich zudem dafür aus, Daten über die Höhe der Apotheken entstehenden Aufwände bei der Bestellung saisonaler Grippeimpfstoffe durch ABDA / DAV zu erheben. Auf dieser Datenbasis sind ABDA / DAV aufgefordert, im Lichte der Entscheidung der gemeinsamen Schiedsstelle gem. § 129 Abs. 8 SGB V zu pharmazeutischen Dienstleistungen, Verfahren 2 AP-31-21, nach der für eine Apothekerin/einen Apotheker ein Ansatz von 1,17 Euro je Minute und für qualifiziertes oder geschultes Personal der Apotheke ein Ansatz 0,87 Euro je Minute gelte, gegenüber dem Verordnungsgeber (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) bzw. der Bundesregierung eine entsprechende Anhebung der Honorierung zu fordern, die auch die übernommenen finanziellen Risiken bei Bestellung der sog. Hochdosisimpfstoffe abbildet.

Begründung

Die Impfquoten sind in Deutschland seit Jahren zu niedrig. Die Steigerung der Impfquote gegen die saisonale Grippe seit Jahren ein angestrebtes Ziel.

Die mit Inkrafttreten des Pflegebonusgesetzes vom 30.06.2022 erfolgte Übernahme der Grippeschutzimpfung in Apotheken in die Regelversorgung, ist zu begrüßen. Im Zuge der erfolgreich betriebenen und evaluierten Modellprojekte konnten die Apotheken belegen, dass ihr niederschwelliges Impfangebot zur Erhöhung der Influenza-Impfquote beitragen konnte. Im gleichen Zug bedarf es eines zur Sicherstellung der Versorgung mit Impfstoffen finanziellen Risiko- und Lastenausgleichs für die Apotheken.

Die Bedarfsermittlung und Versorgung mit Grippeimpfstoffen stützt sich maßgeblich auf die Vorbestellungen der Ärztinnen und Ärzte in Apotheken. Die aus dem Abgabe- und Verwendungsrisiko resultierenden finanziellen Nachteile im Falle der Nichtverwendung, treffen ausschließlich die Apotheke. Der Sicherstellungauftrag zur Durchführung der Schutzimpfungen liegt hingegen bei verantwortlichen staatlichen Stellen zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bzw. den gesetzlichen Krankenkassen nach § 20 i SGB V. Hier bedarf es eines Ausgleichs.

Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit bei der Beschaffung bestimmter Grippeimpfstoffe und Mengen im Rahmen des Sprechstundenbedarfs, die zeitlich gestreckte Auslieferung der Grippeimpfstoffe, Doppelbestellungen von Ärztinnen und Ärzten sowie nicht wahrgenommene Impftermine führen seit Jahren immer wieder dazu, dass nicht alle an Apotheken gelieferte Impfstoffdosen zur Verimpfung an Arztpraxen abgegeben werden konnten.

Weil die jeweiligen Verfalldaten der bezogenen Impfstoffe bereits überschritten sind oder eine Verimpfung in der kommenden Grippesaison aufgrund der für jede Grippesaison erforderlichen Stammanpassung des Impfstoffes nicht in Betracht kommt, verbleiben die Beschaffungs- und Entsorgungskosten dieser Impfstoffe bei den Apotheken (Aus der Begründung des Referentenentwurfs zur Verordnung über die Rückerstattung nicht genutzter saisonaler Grippeimpfstoffe vom 30.09.2021).

Hinzu kommt, dass versicherte Personen über 60 Jahre grundsätzlich nur mit hochdosiertem Grippeimpfstoff geimpft werden sollen. Dieser Impfstoff ist erheblich teurer und erhöht das finanzielle Risiko der Apotheke bei Nichtabnahme durch die bestellende Ärztin/den bestellenden Arzt. Mit dem am 11. Mai 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wurde die Vergütung der Abgabe saisonaler Grippeimpfstoffe durch die Apotheken an Ärzte in der AMPreisV geregelt. Danach kann die Apotheke nach § 3 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AMPreisV einen Zuschlag von 1 Euro je Einzeldosis, höchstens jedoch 75 Euro je Verordnungszeile zzgl. Ust. berechnen. Diese Vergütung ist für den Aufwand der Apotheke bei der Beschaffung, Vorratshaltung und Belieferung der Grippeimpfstoffe nicht kostendeckend und steht darüber hinaus nicht im Verhältnis zum der Apotheke verbleibenden Abnahme-/Verwendungsrisiko (wirtschaftliches Risiko). In der Konsequenz ziehen sich vermehrt Apotheken aus der Versorgung mit Grippeimpfstoffen im Sprechstundenbedarf zurück. Damit das Ziel einer Steigerung der Impfquote gegen die saisonale Grippe erfolgen kann, ist es nach Auffassung der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker dringend erforderlich, diesem Umstand entgegenzuwirken und durch eine Anpassung der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AMPreisV eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten.

Mit der Verordnung über die Rückerstattung nicht genutzter saisonaler Grippeimpfstoffe (Grippeimpfstoffrückerstattungsverordnung) vom 01.10.2021 hat der Verordnungsgeber für die Saison 2020/2021 diesen Lastenausgleich aus Haushaltsmitteln des Bundes vollzogen.

Dieses unter Beleihung des Deutschen Apothekerverbandes e. V. mit der Abwicklung bewährte Verfahren gilt es in geeigneter Weise und unter Berücksichtigung der zuständigen öffentlichen Kostenträger über die pandemische Lage nationaler Tragweite hinaus zu verstetigen.

Antrag angenommen

AK Westfalen-Lippe

Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln – Erstattung des Arbeitsaufwandes durch die Krankenkassen

Drucksache 5.10

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, die Krankenkassen dazu zu verpflichten, den zusätzlichen Arbeitsaufwand zur Versorgung der Versicherten bei nicht verfügbaren Arzneimitteln zu honorieren.

Begründung

Die Arbeitsbelastung in den Apotheken ist in den letzten Jahren aufgrund nicht verfügbarer Arzneimittel erheblich gestiegen. Um die Versorgung der Versicherten sicherzustellen, erbringen Apotheken mit der Recherche nach vorhandenen Arzneimitteln zusätzliche Leistungen, die gesondert honoriert werden müssen. Eine Ursache ist die Verpflichtung der Apotheken, Rabattverträge der gesetzlichen Krankenkassen umzusetzen, welche die Krankenkassen zum Zwecke der Kostenersparnis geschlossen haben.

Antrag angenommen

AV Westfalen-Lippe e. V.

Verblistern als honorierte Regelversorgung

Drucksache 5.11

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker spricht sich dafür aus, neben der Abgabe von Fertigarzneimitteln als reguläre Versorgungsform von Patienten grundsätzlich und insbesondere bei Patienten im Rahmen der ambulanten Pflegedienst- und Heimversorgung auch die Abgabe von patientenindividuellen neuverblisterten bzw. gestellten Arzneimittel (im Folgenden unter dem Begriff „Verblistern“ zusammengefasst) durch den Berufsstand und die ABDA anzuerkennen.

Sie befürwortet, das Verblistern – als eine in allen Arbeitsschritten durch Pharmazeuten qualitätsgesicherte Herstellung – als gesondert honorierte Regelversorgung gegenüber Politik, Krankenkassen und Öffentlichkeit zu propa­gieren.

Begründung

Das Verblistern von Arzneimitteln ist im Apothekenalltag bereits seit Jahren angekommen. Dem tragen auch die BAK-Leitlinie sowie seit 2012 die Apothekenbetriebsordnung Rechnung (vierte Verordnung zur Änderung der ApoBetrO, neu eingefügt § 11a „Tätigkeiten im Auftrag“ und § 34 „Patientenindividuelles Stellen oder Verblistern von Arzneimitteln“). Setzten sich zunächst überwiegend heimversorgende Apotheken mit dem Thema Verblistern auseinander, wenden sich heute zunehmend ambulante Pflegedienste und auch Patienten selbst mit der Bitte an Apotheken, das wöchentliche Verblistern zu übernehmen. Das Ziel ist in allen Fällen gleich: Die Arzneimittelversorgung soll für Patienten, pflegende Angehörige und Pflegefachkräfte einfacher, ressourcenschonender und sicherer gestaltet werden.

Dieser steigenden Nachfrage und der faktischen hohen Bedeutung für die Arzneimitteltherapiesicherheit wird jedoch bislang weder im berufspolitischen Diskurs, noch in der öffentlichen Darstellung Rechnung getragen. Deshalb gilt es, das Verblistern als qualitätsbasierte pharmazeutische Tätigkeit für eine höhere Arzneimitteltherapiesicherheit herauszustellen und als honorierte Regelleistung der Apotheke für Patienten/Kunden wahrnehmbar zu machen. Auch in der Honorierung spiegeln sich die Relevanz und die Komplexität des Gesamtvorgangs Verblistern nicht wider. Bislang wird das Verblistern als von den ambulanten Pflegediensten und Heimen in die Apotheke ausgelagerte Dienstleistung von diesen nach Gebührenordnung abgerechnet. Diese besondere Dienstleistung jedoch muss dort kostendeckend honoriert werden, wo sie erbracht wird: in der Apotheke vor Ort.

Mit der Verabschiedung des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes und dem Abschluss des Schiedsverfahrens gehören die erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, die pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten sowie bei oraler Antitumortherapie zum Leistungskatalog der pharmazeutischen Dienstleistungen. Ziel ist die sicherere Ausgestaltung der ambulanten Arzneimittelversorgung.

Damit jedoch ist die Anerkennung des Verblisterns als Bestandteil der Regelversorgung auch als Ergänzung für die bereits geregelten pharmazeutischen Dienstleistungen nur folgerichtig.

Die Apotheke erkennt im Gespräch mit dem Patienten Probleme wie mangelnde Adhärenz, sie detektiert mögliche Ursachen und erarbeitet ggf. im Austausch mit dem behandelnden Arzt Lösungen. Diese allerdings müssen auch durch den Patienten, insbesondere durch alleinlebende ältere Patienten, pflegende Angehörige oder ambulante Pflegedienste im Alltag umgesetzt werden. Andernfalls droht die intensive Medikationsberatung in vielen Fällen ins Leere zu laufen. Hier führen die nach definiert hohem pharmazeutischem Standard patientenindividuell verblisterten Arzneimittel die Medikationsberatung konsequent fort und leisten somit einen weiteren Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit der Patienten. Eine vom Apotheker unter Berücksichtigung festgelegter Kriterien ausgelöste Regelleistung Verblistern muss daher das Ziel der verfassten Apothekerschaft sein. Das Verblistern als anerkannte, honorierte Regelversorgung, fördert damit die qualitätsgesicherte Verlängerung des selbstbestimmten Lebens außerhalb der kostenaufwendigeren Heimversorgung. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist dies dringend geboten.

Antrag abgelehnt

AV Westfalen-Lippe e. V., AK Westfalen-Lippe, Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Honorar für Inkasso des Herstellerabschlages

Drucksache L 9 zu 5.12.1 – 5.12.2

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, festzuschreiben, dass die Apotheke nicht für den Ausfall der Herstellerrabatte (bedingt z. B. durch Insolvenzen des Herstellers oder des Abrechnungszentrums) haftet.

Darüber hinaus fordert sie den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, gesetzlich festzuschreiben, dass das Inkasso der Herstellerabschläge nach § 130a SGB V, das die Apotheken derzeit unentgeltlich erbringen, in angemessener Höhe zu vergüten ist.

Begründung

Gem. § 130a Abs. 1 Satz 1 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) erhalten die Krankenkassen von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag. Pharmazeutische Unternehmer sind wiederum verpflichtet, den Apotheken den Abschlag innerhalb von 10 Tagen zu erstatten, vgl. § 130a Abs. 1 Satz 3 u. 5 SGB V. Die Regelung des § 130a SGB V legt die originäre Verpflichtung pharmazeutischer Unternehmer fest, Krankenkassen einen Rabatt zu gewähren. Einzig aus „Praktikabilitätserwägungen“ ist die Apotheke mit einer „Vorleistungspflicht“ zwischengeschaltet, woraus ein Haftungsrisiko für diese erwächst. Hieraus folgt, dass bei einer Unfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers den entsprechenden Rabatt zu erstatten (z. B. in einem Insolvenzverfahren), die Apotheken lediglich Inhaber eines womöglich nicht realisierbaren Anspruchs gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer sind.

Es sollte selbstverständlich sein, dass in einem so gelagerten Fall die Krankenkassen keinen Anspruch auf den Herstellerrabatt haben. Dennoch werden bei einem Ausfall des herstellenden Unternehmens einfach die Konten der Apotheken belastet. Dass die Apotheken hierdurch das Ausfallrisiko tragen sollen, ist in keiner Weise akzeptabel.

Derzeit erbringen die Apotheken bzw. von den Apotheken beauftragte und bezahlte dienstleistende Unternehmen diese mit hohem Aufwand verbundene Leistung für die gesetzlichen Krankenkassen ohne jegliche Vergütung. Nutznießerinnen der in diesem Zusammenhang geleisteten Arbeit sind ausschließlich die gesetzlichen Krankenkassen, erbracht bzw. bezahlt wird die Leistung aber von den Apotheken. In einer von Inflation, Fachkräftemangel und steigenden Arbeitskosten geprägten Zeit wird das eklatante Missverhältnis, in dem der Aufwand für die erbrachte Leistung und ihre fehlende Vergütung stehen, zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung für den Apothekensektor.

Eine Vergütung dieser Leistung muss gesetzlich festgeschrieben werden. Bei der Höhe der Vergütung ist es sachgerecht, wenn sich der Gesetzgeber an den Kassenärztlichen Vereinigungen zugestandenen Verwaltungskosten für die Abrechnung nach § 11 Coronavirus-Testverordnung orientiert.

Antrag angenommen

AK Berlin

Abschaffung der Sonderstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen in der GKV

Drucksache 5.13

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die aufgrund des in § 34 Absatz 3 Satz 2 SGB V gesetzlich verankerten Wissenschaftspluralismus bestehende Sonderstellung für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen aufzuheben. Für Arzneimittel der Alternativmedizin sollten die gleichen Anforderungen gestellt werden wie für jedes andere Arzneimittel, um als Regelleistung der GKV und ergänzend im Rahmen von Satzungsleistungen erstattet zu werden.

Begründung

Mit der Fassung des SGB V wurde festgelegt, dass die Ausrichtung der Gesundheitsleistungen am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Leistungen der besonderen Therapierichtungen nicht ausschließt. Der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze sei dabei unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der Qualitätssicherung Rechnung zu tragen (BT-Drucksache 11/3480 - Bericht Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung – S. 49; 24.11.1988).

Die generelle Vorgabe des § 2 Absatz 1 Satz 2, wonach Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen nicht ausgeschlossen sind, wird in § 34 Absatz 3 Satz 2 erneut aufgegriffen und festgelegt, dass bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln deren besonderer Wirkungsweise Rechnung zu tragen ist. Dieser Vorgabe liegt erkennbar der Gedanke zugrunde, dass die angenommene besondere Wirkungsweise der Alternativmedizin sich einer Bewertung nach den Maßstäben der Naturwissenschaft verschließe. Jedoch gibt es keine wissenschaftlich medizinischen Gründe, die für diese Sonderstellung sprechen; wenn ein Mittel eine positive Wirkung vermittelt, sollte dieser Effekt in klinischen Studien nachweisbar sein. Bis heute fehlt es jedoch an Wirksamkeitsbelegen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen.

Für die Homöopathie etwa führt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen auf ihrer an Laien gerichteten Informationsseite aus: „Trotz vieler groß angelegter und aussagekräftiger Studien ist für kein homöopathisches Mittel eine Wirksamkeit über Placebo hinaus nachgewiesen. Für das behauptete Wirkprinzip gibt es keine plausible naturwissenschaftliche Grundlage“ (https://www.gesundheitsinformation.de/glossar/homoeopathie.html).

Wiederholt wurde hingegen beschrieben, dass aufgrund alternativer Heilmethoden indizierte medizinische Methoden nicht oder zu spät in Anspruch genommen werden und daraus ein Schaden der Betroffenen resultiert (https://www.aerzteblatt.de/archiv/212881/Alternative-Medizin-Keine-Alternative-bei-Krebs).

Auch die Apotheken haben sich explizit zur evidenzbasierten Medizin bekannt: Im Perspektivpapier „Apotheke 2030“ wurde festgelegt, dass die öffentlichen Apotheken ihre Patientinnen und Patienten grundsätzlich evidenzbasiert versorgen. Zugleich erkennen sie deren Wünsche und Bedürfnisse hinsichtlich der Therapie an und beraten sie empathisch, frei von Zwang und unabhängig von Interessen Dritter.

Es ist jedoch im Sinne der Solidargemeinschaft der GKV nicht hinnehmbar, dass allein aufgrund einer mit einem angenommenen Wissenschaftspluralismus begründeten Privilegierung Beitragsgelder für diese Therapien und Arzneimittel verwendet werden, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden können, selbst wenn die relative Höhe der Ausgaben begrenzt ist. Mit einer Streichung der Sonderstellung würde die grundsätzliche Möglichkeit zur Erstattung durch die GKV nicht aufgehoben, es würde jedoch die Forderung eines Wirknachweises im Sinne der evidenzbasierten Medizin etabliert.

ohne Abstimmung Übergang zum nächsten Antrag

AK Saarland, AV Westfalen-Lippe e. V., AK Westfalen-Lippe, Thüringer Apothekerverband e. V., Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V.

Gesetzlicher Rahmen für Retaxationen

Drucksache L 10 zu 5.14.1 – 5.14.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, Regelungen dahingehend zu treffen, dass

1. Gesetzliche Krankenkassen im Rahmen von Verstößen gegen Rabattverträge (§ 130 a SGB V) aufgrund eines Abgabe- oder Abrechnungsfehlers der Apotheke, der zu keiner Beeinträchtigung der berechtigten Interessen des Versicherten geführt hat, nur in den Fällen und in der Höhe eine Rechnungskürzung aussprechen dürfen, in denen einer Krankenkasse ein nachzuweisender wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.

2. Patientinnen und Patienten im Rahmen des Entlassmanagements mit den notwendigen Arzneimitteln in ausreichender Menge versorgt werden können, indem dem/der Apotheker:in ein größerer Handlungsspielraum ohne Retaxgefahr eingeräumt wird.

3. Krankenkassen bei Rabattvertragsänderungen eine „Friedenspflicht“ für einen Übergangszeitraum sicherstellen.

4. Es den Krankenkassen untersagt ist, kommerziell tätige dienstleistende Unternehmen in Beanstandungsverfahren für Arzneimittelverordnungen auf der Basis einer Erfolgsbeteiligung einzubinden.

5. Apotheken die Möglichkeit eingeräumt wird, Abgabe- und/oder Abrechnungsfehler im Rahmen eines der Retaxation nachgelagerten Einspruchsverfahrens zu heilen.

Sie spricht sich dafür aus, eine bundesweite Medienkampagne durchzuführen, die auf das Problem der unrechtmäßigen Nullretaxationen wegen fehlender Dosierungsangaben auf dem Rezept hinweist, um Politik, Patienten und Ärzteschaft gleichermaßen aufzuklären und dieses Vorgehen der Kassen zu beenden.

Begründung

Die Gesetzlichen Krankenkassen „missbrauchen“ Verstöße von Apotheken gegen bestehende Rabattverträge bzw. gegen Abgabe- und/oder Abrechnungsregeln dazu, die Bezahlung von Rezepten zu verweigern, obwohl die jeweilige Apotheke ihrer gesetzlichen Leistungspflicht nachgekommen ist. Im Ergebnis versorgen die Apotheken die Versicherten auf eigene Kosten, obwohl der Gesetzlichen Krankenkasse durch den Verstoß gegen Abgabe- und/oder Abrechnungsfehler bzw. gegen Rabattverträge nur ein geringer oder sogar überhaupt kein wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist.

Im Einzelnen:

Rabattverträge:

Die Gesetzlichen Krankenkassen können mit Arzneimittel herstellenden Unternehmen Rabattverträge abschließen. Im Rahmen dieser Rabattverträge gewähren die herstellenden Unternehmen den Gesetzlichen Krankenkassen bestimmte Rabatte und werden im Gegenzug zu (exklusiven) Lieferanten der Gesetzlichen Krankenkasse. Die Höhe der gewährten Rabatte wird dabei nicht öffentlich bekanntgegeben. Zielsetzung von Rabattverträgen ist u. a., die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung zu erhöhen.

Im Rahmen der Rezeptbelieferung ist die Apotheke angehalten, vorrangig ein Rabattarzneimittel abzugeben. Verstöße gegen bestehende Rabattverträge führen nachweislich zu einem wirtschaftlichen Schaden der betroffenen Gesetzlichen Krankenkasse. Im Rahmen des Nachteilsausgleichs ist der Gesetzlichen Krankenkasse aber nur der tatsächlich entstandene Schaden zu ersetzen. Eine Null-Retaxation führt insoweit zu einer unberechtigten Bereicherung der Gesetzlichen Krankenkasse.

Abgabe- und/oder Abrechnungsfehler:

Abgabe- und/oder Abrechnungsfehler der Apotheken führen immer wieder zu Null-Retaxationen durch die Gesetzliche Krankenkassen. Abgabe- und/oder Abrechnungsvorschriften erfüllen einen legitimen Zweck. Dieser legitime Zweck muss betroffenen Apotheken aber die Möglichkeit einräumen, im Rahmen von Retaxationen nachgelagerten Einspruchsverfahren diese Abgabe- und/oder Abrechnungsfehler heilen zu können, um einen Zahlungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse auszulösen.

Trotz zahlreicher Versuche und Bemühungen (bspw. § 6 Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V) ist es in den zurückliegenden Jahren im Rahmen der Selbstverwaltung zwischen den Krankenkassen und den Apothekerverbänden nicht flächendeckend gelungen, die Retaxationspraxis sach- und interessengerecht zu begrenzen. Nun ist der Gesetzgeber berufen, eine angemessene Regelung verbindlich vorzugeben, um so grob unbillige Ergebnisse zu unterbinden. Eine solche Regelung wäre nicht zuletzt dazu geeignet, das Vertrauen in ein vertragspartnerschaftliches Miteinander zwischen den Krankenkassen und den Apotheken zu befördern, was letztlich der Arzneimittelversorgung und damit dem Patienten zugutekäme.

Fehlerhaft bzw. unvollständig oder gar nicht ausgestellte Entlassrezepte gefährden regelmäßig die Versorgung der Patient:innen nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Kleinste formale Fehler führen zur Nullretaxation seitens der Krankenkassen und die Apotheken laufen Gefahr, die Kosten nicht erstattet zu bekommen. Die Rezeptprüfpflicht ist von der Apotheke teilweise auch inhaltlich nicht erfüllbar (korrekte Arztnummer/Betriebsstättennummer). Vor allem am Freitagnachmittag oder Samstag ist die adäquate Versorgung des/der Patienten/-in dann nicht möglich, wenn sowohl die verordnende Ärztin/der verordnende Arzt im Krankenhaus als auch die Hausärztin/der Hausarzt telefonisch nicht mehr erreichbar ist. Auch ist den Patientinnen/den Patienten nicht zumutbar, erneut die Klinik aufzusuchen, um das Rezept korrigieren zu lassen.

In diesen Fällen wäre Folgendes wünschenswert:

  • Abgabe der kleinsten im Handel verfügbaren bzw. der nächstgrößeren Packung, wenn die Packungsgröße N1 nicht im Handel oder zu dem Zeitpunkt nicht lieferbar ist. Der maximale Verordnungsbereich N1 kann nicht immer eingehalten werden.
  • Abgabe eines dringend benötigten Arzneimittels (z. B. Antibiotikum) aufgrund eines vorgelegten Entlassbriefes, auf dem Wirkstoff, Dosierung und ggf. Anwendungsdauer vermerkt ist, falls die Patientin/der Patient kein Entlassrezept erhalten hat.
  • Heilungsmöglichkeit rein formaler Fehler seitens der Apotheke, um Nullretaxationen durch die Krankenkassen zu vermeiden.
  • Keine Beanstandung formaler Fehler (z. B. fehlende Arztnummer) bei der Ausstellung eines Entlassrezeptes von den Krankenkassen bei den Abrechnungen mit den Apotheken.

Außerdem sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass Krankenhaus-ärztinnen/Krankenhausärzte auch größere Packungen als N1 verordnen dürfen, wenn die Packungsgröße N1 für den Bedarf von 3 Tagen nicht ausreicht. Beispiel: Novaminsulfon N1 (10 Stück) ist nicht ausreichend für den Bedarf von 3 Tagen bei einer Dosierung von 3 × tgl. 2 Tbl.), es wird eine Packung mit 20 Stück benötigt. Erkennt die Apothekerin/der Apotheker anhand der Dosierungsangabe, dass die verordnete Menge nicht ausreicht, sollte er die benötigte Menge abgeben und abrechnen dürfen.

Rabattvertragsänderungen haben oft zur Folge, dass das Warenlager einer Apotheke kurzfristig umstrukturiert werden muss und so gegebenenfalls die Lieferfähigkeit abnimmt. Dadurch wird insbesondere die Versorgungssicherheit für den Fall gefährdet, dass die neuen Ausschreibungsgewinner nicht ad hoc lieferfähig sind.

Ist das neue Rabattarzneimittel nicht verfügbar und das bisherige Rabattarzneimittel aufgrund der Rahmenvertraglichen Bestimmungen nicht abgabefähig, so muss die Patientin/der Patient zusätzlich auf ein weiteres Arzneimittel umgestellt werden. Das kann zu einer Verringerung der Compliance und somit zur Gefährdung der Patientensicherheit führen.

Die Rabattverträge sollten seitens der Krankenkassen derart ausgestaltet werden, dass sich alter und neuer Rabattvertrag um einen Monat überschneiden. In diesem Fall könnten die bisherigen Rabattarzneimittel noch abgegeben werden, während man in der Apotheke das Warenlager parallel auf den/die neue/n Rabattarzneimittel umstellt.

Alternativ wäre eine nachgelagerte einmonatige Friedenspflicht vorstellbar, die Apotheken von Beanstandungen freistellt.

Es kommt auch vermehrt zu Nullretaxationen durch Kassen wegen fehlender Dosierungsangaben auf dem Rezept – obwohl die Apotheken ihre öffentlich-rechtliche Leistungspflicht vollumfänglich erfüllt haben und den Kassen keinerlei Vermögensnachteile entstanden sind. Durch diese unrechtmäßigen Nullretaxationen demoralisieren die Kassen die Apothekerinnen und Apotheker. Solche Retaxationen verunsichern massiv und machen den Berufsstand zunehmend mürbe, sodass letztlich die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährdet wird.

Es ist eine Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, um eine angemessene mediale Aufarbeitung durchzuführen, über diese Missstände zu informieren und so den Druck auf Kassenseite zu erhöhen, unrechtmäßige Nullretaxationen zu beenden.

In der Beanstandungspraxis der einzelnen Krankenkassen sind erhebliche Unterschiede zu erkennen. Unverkennbar ist u. a. die Tendenz, dass externe Dienstleister, die von Krankenkassen mit der Abrechnungsprüfung beauftragt wurden, häufiger und leichtfertiger Beanstandungen aussprechen als Krankenkassen, die ihre Abrechnungsprüfung im eigenen Hause durchführen. Bei einigen dieser externen Abrechnungsdienstleister ist eine ausgeprägte Kreativität bei der Prüfung auf zuvor allgemein nicht beachtete Sachverhalte festzustellen. Derartige häufig ungerechtfertigte Taxbeanstandungen verursachen erheblichen Arbeitsaufwand, der angesichts des Fachkräftemangels aufseiten der Apotheken und aufseiten der gesetzlichen Krankenkassen nicht vertretbar ist.

Darüber hinaus ist im Bereich der für Krankenkassen tätigen Abrechnungsdienstleister in den vergangenen Jahren ein verstärktes Engagement von gewinnorientierten Privatunternehmern und Finanzinvestoren zu beobachten. Die Kürzung der Rechnungen von Apotheken für erbrachte Versorgungsleistungen hat sich offenbar zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt.

Die Befugnis der Krankenkassen zur Retaxation hat ausschließlich der Kontrolle und Sicherstellung einer korrekten Abrechnung zu dienen. Sie ist nicht als ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung gedacht und darf nicht zum Gegenstand externer kommerzieller Interessen werden.

Antrag angenommen

AK Saarland, AK Bremen, AK Berlin, LAK Brandenburg, AK Mecklenburg-Vorpommern, Sächsische LAK, LAK Thüringen

Entbürokratisierung

Drucksache L 11 zu 5.15.1 – 5.15.6

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker

fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf

  • Apotheken von bürokratischen Hürden zu entlasten,
  • gemeinsam mit allen betroffenen Berufsgruppen des Gesundheitssystems einen interdisziplinären Aktionsplan zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen zu erstellen und die dort gesetzten Ziele zum Bürokratieabbau konsequent in die Normgebung einfließen zu lassen,

fordert die Bundesregierung auf

  • einen sektorübergreifenden runden Tisch im Gesundheitswesen zu initiieren, um u. a. unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit, der Patientinnen und Patienten, des GKV Spitzenverbandes, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesärztekammer, des Deutschen Apothekerverbandes und der Bundesapothekerkammer einen Maßnahmenkatalog zur deutlichen Reduzierung des Bürokratieaufwandes und zur Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung der Bevölkerung zu erstellen,

fordert die gesetzlichen Krankenkassen dazu auf

  • den Versicherten ein automatisches, schnelles und patientenfreundliches Verfahren zur Zuzahlungsbefreiung zu ermöglichen bzw. zu implementieren.

Sie spricht sich dafür aus

  • eine Arbeitsgruppe „Entbürokratisierung im Apothekenwesen“ einzurichten, die bis zum nächsten Apothekertag Vorschläge zum Büro­kratieabbau in Form eines Maßnahmen­katalogs erstellt,
  • die bürokratischen Belastungen der Apotheken systematisch zu erfassen und zu bewerten, sowie gezielt Maßnahmen zu ergreifen, die einen Bürokratieabbau befördern und eine weitere Bürokratisierung verhindern.

Begründung

Entgegen der politischen Willensbekundung, flächendeckend Arbeitsvorgänge zu entbürokratisieren, werden immer mehr bürokratische Hürden mit zweifelhaftem Nutzen aufgebaut wie z. B.:

  • Präqualifizierung: Im Jahr 2011 wurde das Präqualifizierungsverfahren etabliert und in § 126 SGB V aufgenommen. Im Rahmen der Präqualifizierung müssen vielfach Unterlagen eingereicht werden, die bereits im Rahmen der Betriebserlaubniserteilung für Apotheken durch die jeweils zuständigen Behörden geprüft werden. Auch führen gut gemeinte Regelungen wie das Vorhalten einer behindertengerechten Toilette als Voraussetzung für die Abgabe vereinzelter Hilfsmittel dazu, dass Apotheken die entsprechenden Hilfsmittel nicht abgeben können. Folge ist, dass die/der auf die Hilfsmittelversorgung angewiesene Kundin/Kunde nicht versorgt werden kann. Da der GKV-Spitzenverband nicht bereit ist, das Präqualifizierungsverfahren zu entbürokratisieren, ist der Gesetzgeber gefordert (Anm.: Das SGB V befähigt den GKV-Spitzenverband dazu, die genauen Rahmenbedingungen für die Hilfsmittelversorgung festzulegen. Entsprechende Anforderungen an die Leistungserbringenden werden daher in den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands veröffentlicht. Neben diesen Empfehlungen definiert der Kassenverband die für die verschiedenen Hilfsmittelgruppen einzureichenden Nachweise in einem ergänzenden Kriterienkatalog. Diese beiden Dokumente dienen den Präqualifizierungsstellen als Grundlage für die Überprüfung der Leistungserbringenden).
  • Hilfsmittelversorgung allgemein: Die Pluralität der Gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland führt dazu, dass Apotheken bzw. deren Verbände mit jeder einzelnen Krankenkasse Hilfsmittelversorgungsverträge abschließen müssen, um die Patienteninnen/die Patienten mit Hilfsmittel versorgen zu können. Dies führt zu einer nicht mehr überschaubaren Anzahl an Hilfsmittelversorgungsverträgen mit zum Teil sehr kleinteiligen Regelungen. Da die Gesetzlichen Krankenkassen nicht bereit sind, kassenübergreifende und vor allem inhaltlich „schlanke“ Verträge zu schließen, ist der Gesetzgeber gefordert.
  • securPharm: Eine tatsächlich im Bereich der öffentlichen Apotheken nicht bestehende Problematik wurde zum Anlass genommen, europaweit ein System einzuführen, um Patienteninnen/Patienten vor Arzneimittelfälschungen zu schützen. Der securPharm e. V. ist dabei die deutsche Organisation für die Echtheitsprüfung von Arzneimitteln und verantwortlich für den Betrieb des Systems zur Echtheitsprüfung gemäß den europarechtlichen Vorgaben. Im Ergebnis wurde ein Bürokratiemonster in einem Bereich erschaffen, in dem es nachweisbar keine Arzneimittelfälschungen gibt. Dies bestätigt auch der „Statusbericht 2022“ des securPharm e. V. Dieser spricht zwar davon, dass sich das securPharm-System im Betriebsjahr 2021 „aus technischer Sicht ein weiteres Mal als schnell und zuverlässig erwiesen (hat)“. Zu dem eigentlichen Zweck des securPharm-Systems, nämlich der Aufdeckung von Arzneimittelfälschungen, werden keine Ausführungen gemacht was darauf schließen lässt, dass es in der Vertriebskette der öffentlichen Apotheke in Deutschland keine Arzneimittelfälschungen gibt. Wenn das Ergebnis allerdings so eindeutig ist, muss der deutsche Gesetzgeber auf EU-Ebene dafür eintreten, das securPharm-System wieder abzuschaffen bzw. auf den Bereich zu begrenzen, in dem es tatsächlich zu Arzneimittelfälschungen kommt, nämlich dem Arzneimittelversandhandel.
  • Abgabevorschriften Arzneimittel: Die aufgrund gesetzlicher Vorgaben getroffenen Regelungen zur Abgabe von Arzneimitteln führen zu einem erheblichen Mehraufwand in Apotheken. Gerechtfertigt wird diese „Regelungswut“ mit daraus angeblich resultierenden Einsparungen für die Krankenkassen. Die im Rahmen der Bewältigung der Corona-Pandemie erlassene Arzneimittelversorgungsverordnung mit den daraus resultierenden Abgabeerleichterungen haben aber gezeigt, dass zahlreiche Abgaberegelungen entbehrlich sind. Auswertungen haben bewiesen, dass trotz dieser Abgabeerleichterungen den Gesetzlichen Krankenkassen kein finanzieller Schaden entstanden ist. Die Apothekerschaft hat gezeigt, verantwortungsbewusst mit den neuen entbürokratisierten Regelungen umzugehen. Die für den Apothekenalltag maßgeblichen Abgabeerleichterungen sind zu perpetuieren.

Dieser Entwicklung müssen Initiativen und Maßnahmen entgegengesetzt werden, die überschießende Regulierungen abbauen und bürokratischen Aufwand auf das notwendige Maß beschränken.

Interdisziplinärer Aktionsplan

Der zunehmende Fachkräftemangel bei gleichzeitig stark alternder Bevölkerung führt erkennbar zu einer starken Mehrbelastung in allen Gesundheitsberufen (Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte, Therapeuten und weitere Leistungserbringer). Gleichzeitig sorgen verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen und nicht zuletzt die Digitalisierung im Gesundheitswesen für einen erheblichen Zuwachs an Bürokratisierung, oft ohne Mehrwert für Patientinnen und Patienten. Beispiele sind Auswüchse der Datenschutzgrundverordnung, Medizinproduktebetreiberverordnung, die teilweise gut gemeinten Regelungen im Bereich der Arzneimittelverschreibung, die jedoch zu bürokratischen Folgen führen, die der Gesetzgeber nicht erkannt oder nicht berücksichtigt hat.

Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Pflegekräfte und andere Gesundheitsberufe haben schon heute immer weniger Zeit für die eigentlich wichtigen Arbeiten mit den Patientinnen und Patienten. Es muss daher unbedingt vermieden werden, weitere bürokratische Hürden aufzubauen und es ist höchste Zeit, die bereits bestehende Überbürokratisierung abzubauen. Nur so können die Gesundheitsberufe sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen und nur so kann der so dringend benötigte Nachwuchs motiviert werden.

Obwohl einzelne Berufsgruppen schon seit Längerem immer wieder Kritik üben und versuchen, den Gesetzgeber im Sinne eines Bürokratieabbaus zu beeinflussen, ist der Erfolg gering und in der Praxis nicht spürbar. Auf einen „geglückten“ Bürokratieabbau folgen gefühlt drei neue „Bürokratiemonster“. Diese Situation muss daher im Rahmen eines ernst gemeinten, zielführenden und interdisziplinären Aktionsplans analysiert und gelöst werden. Denn das Gesundheitssystem Deutschlands ist längst an den Grenzen seiner bürokratischen Belastbarkeit angekommen.

Runder Tisch

Derzeit wird sektorenübergreifend oft deutlich mehr Arbeitszeit für Dokumentationsaufgaben, Kostenvoranschläge, Genehmigungen, Arztbriefe, Präqualifizierungsanforderungen usw. verwendet als für den direkten Kontakt mit Patientinnen und Patienten, was die Arbeit der Heilberuflerinnen und Heilberufler stark belastet. Viele Probleme sind sektorenübergreifend und belasten nicht nur die gute Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen, sondern auch eine effiziente Versorgung der Versicherten. Nicht nur im wichtigen Bereich der Arzneimittelversorgung, sondern auch bei den Hilfsmitteln wird die Situation durch überbordende Bürokratie immer unerträglicher und die für die Versorgung der versicherten Personen zur Verfügung stehende Zeit immer geringer.

Die Erstellung eines sektorenübergreifenden Maßnahmenkatalogs unterstützt dabei die Bundesregierung bei dieser auch im Koalitionsvertrag fixierten Aufgabe und fördert zudem das gegenseitige Verständnis der einzelnen Berufsgruppen für gemeinsame Probleme und ihre Lösung.

Zuzahlungsbefreiung der GKV-Versicherten

Eine Zuzahlungsbefreiung zu beantragen, stellt eine hohe bürokratische Hürde und einen immensen Aufwand für die gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten dar. Die Apotheken unterstützen hier durch Ausdruck einer Zuzahlungsübersicht, dies setzt jedoch voraus, dass alle Verordnungen zulasten der GKV in derselben Apotheke eingelöst werden. Anderenfalls müssen verschiedene Apotheken aufgesucht oder aber die Zahlungsbelege eigenständig gesammelt werden.

Zu Zeiten der Pandemie, hoher Inflation und unter Berücksichtigung des „durchschnittlichen“ Alters von Versicherten, die eine Befreiung beantragen können, kommt es einem Anachronismus gleich, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine für viele unzumutbare Hürde der Beleg-Sammelei aufrechterhalten und einfordern. Die Krankenkassen sollen sich der heute technischen und digitalen Möglichkeiten bedienen und für ihre Versicherten eine schnelle, unkomplizierte und zugleich moderne Art der Zuzahlungsbefreiungsbeantragung etablieren. Im Normalfall sollte diese „Serviceleistung“ sogar mit einer Bringschuld seitens der gesetzlichen Krankenversicherungen - im Sinne ihrer Versicherten – verbunden sein.

AG Entbürokratisierung

Die zunehmende Bürokratie und die für Verwaltungstätigkeiten aufzuwendende Zeit belastet nicht nur die Apotheken immer stärker. Die Kosten für die Verwaltungsarbeit steigen von Jahr zu Jahr und belasten nicht nur die wirtschaftliche Situation der Apotheken, sondern auch die immer knapper werdende Ressource Arbeitszeit. Alle bisherigen Aktivitäten und Ankündigungen für Initiativen sind erfolglos bzw. folgenlos geblieben (DAT-Antrag 2021 DS 4.11).

Daher bedarf es jetzt der Entwicklung eines Maßnahmenplanes, um im Rahmen der Selbstverwaltung aktiv werden zu können sowie umsetzbare Forderungen auch an die Bundesregierung und/oder die Krankenkassen stellen zu können. Dazu ist eine gezielte Auseinandersetzung mit den Prozessen in der Apotheke auch unter Berücksichtigung von Schnittstellen in andere Bereiche des Gesundheitssystems nötig.

Erfassung und Bewertung der bürokratischen Belastungen

Der Apothekerberuf ist heute mehr denn je von Bürokratie geprägt. Dies verhindert ein wirklich sinnvolles Arbeiten für die Patientinnen und Patienten und macht die Berufsausübung in der öffentlichen Apotheke immer unattraktiver für den pharmazeutischen Nachwuchs. Ein allgemeines Klagen über Bürokratisierung wird aber nicht reichen, um Gesetzgeber und Vertragspartner zu einem Sinneswandel zu bringen. Es gilt daher, bürokratische Belastungen systematisch zu erfassen und die entsprechenden Zahlen, z. B. im Rahmen einer Studie, auszuwerten bzw. in einem Panel zu veröffentlichen. Dabei sollten sowohl gesetzgeberische Maßnahmen (Beispiel: Dosierung auf dem Rezept), als auch bestehende oder zukünftige Verträge genau auf ihre mögliche Bürokratiebelastung für die Apotheken untersucht und vor diesem Hintergrund auch bewertet werden.

Antrag angenommen

AK Saarland, LAK Brandenburg, AK Berlin, Berliner Apotheker-Verein, Apotheker-Verband Berlin (BAV) e. V., AK Mecklenburg-Vorpommern, Sächsische LAK, LAK Thüringen, AK Westfalen-Lippe, AV Westfalen-Lippe e. V., AK Nordrhein, AV Nordrhein e. V., LAV Baden-Württemberg e. V., LAK Baden-Württemberg

Abschaffung der Präqualifizierung für Apotheken

Drucksache L 12 zu 5.16.1 – 5.16.5

Antrag

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber und die gesetzlichen Krankenkassen auf, das Präqualifizierungserfordernis von Apotheken für die Abgabe von Hilfsmitteln abzuschaffen.

Für den Fall, dass eine vollständige Abschaffung der Präqualifizierung nicht erreicht wird, fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, gesetzlich festzuschreiben, dass Apotheken für die Versorgung Versicherter gesetzlicher Krankenkassen mit apothekenüblichen Hilfsmitteln, für die keine handwerkliche Zurichtung erforderlich ist, ohne Präqualifizierungszertifikat die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Versorgung erfüllen und dass die Präqualifizierung für die Versorgung mit apothekenüblichen Hilfsmitteln im Rahmen der Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung an die Räume und Ausstattung automatisch als erfüllt gilt.

Begründung

Seit Anfang 2011 müssen sich Apotheken, die sich an Hilfsmittelverträgen beteiligen, zunächst präqualifizieren. Im Rahmen des Präqualifizierungs-Verfahrens wird nachgewiesen, dass sich die Apotheke für die Versorgung mit Hilfsmitteln eignet (u. a. behindertengerechter Zugang, Beratungsraum etc.). Ist diese Überprüfung durch die Präqualifizierungsstelle positiv ausgefallen, bekommt die Apotheke eine Bestätigung, die von jeder Krankenkasse anzuerkennen ist. Festgelegt ist dies in § 126 SGB V.

Immer mehr Apotheken scheuen den Aufwand der Präqualifizierung und verzichten auf die Abgabe von Hilfsmitteln. Dies gefährdet die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten, vor allem im ländlichen Raum.

Die Präqualifizierung soll im Ergebnis sicherstellen, dass die leistungserbringenden Personen zur ordnungsgemäßen und fachgerechten Ausführung ihres Berufs befähigt sind und die räumlichen und sachlichen Voraussetzungen dafür erfüllen. Dies mag für die leistungserbringenden Personen, die keiner behördlichen Überwachung unterliegen, zutreffend sein. Apotheken unterliegen aber demgegenüber der staatlichen Überwachung und müssen per Gesetz die in der Apothekenbetriebsordnung geforderten Voraussetzungen erfüllen.

Mit der Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis ist daher sichergestellt, dass jede Apotheke die Voraussetzung für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln erfüllt. Zumal zahlreiche im Rahmen der Präqualifizierung einzureichende Unterlagen Bestandteil der Apothekenbetriebserlaubnis sind und dort geprüft werden (z. B. Approbation, Mietvertrag, Skizze über Grundriss, …).

Darüber hinaus erwerben Apothekerinnen und Apotheker im Rahmen ihres Studiums sowie der sich daran anschließenden Praxisphase umfassende Kenntnisse auch in der Auswahl und Anwendung von Hilfsmitteln und anderen Medizinprodukten, zu denen Applikationshilfen für Arzneimittel wie Spritzen, Kanülen oder Inhalationshilfen ebenso gehören wie Kleinsthilfsmittel, die keine weitere Zurichtung erfordern wie Augen-Okklusionspflaster, Inkontinenzhilfen, Lanzetten, Bandagen, Fußpolster und einfache Einlagen usw.

Im Rahmen der staatlich regulierten regelmäßigen Apothekenüberwachung sowie der Vorgaben zur Erteilung einer Apothekenbetriebserlaubnis unterliegen Apotheken bereits einer Kontrolle, die durch die Vorgaben einer Präqualifizierung zu doppeltem bürokratischem Aufwand führt.

Anstelle aufwendiger Nachweisverfahren sollte die Erlaubnis zum Betreiben einer Apotheke als Grundlage für die Versorgung mit in der Apotheke relevanten Hilfsmitteln ausreichend sein.

Das Erfordernis einer Präqualifizierung ist nicht erforderlich und abzuschaffen.

Antrag angenommen

Fotos: DAZ/Alex Schelbert

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