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Management

Hand in Hand

Wie Inhaber und neu eingestellte Filialleiter effizient zusammenarbeiten

Bevor eine Filialleiterstelle vergeben wird, gibt es sowohl auf Inhaberseite als auch auf der Seite des zukünftigen Filialleiters einiges zu bedenken. Neben den Unterlagen, die einzureichen sind, müssen Zuständigkeiten, Kommunikationsregeln und Befugnisse geklärt werden, um die neue Arbeits­beziehung zu gestalten. Eine Stellenbeschreibung bietet die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. | Von Christine Weber und Anja Keck 

Die Gestaltung einer Filialleiterstelle ist, je nach Unternehmen, sehr unterschiedlich. Der Filialleiter hat die Verantwortung für die einwandfreie Apothekenleitung laut der gesetzlichen Vorgaben, seine Position kann jedoch bis hin zur eigenständigen Entwicklung der Filiale erweitert werden. Ein einheitliches Anforderungsprofil gibt es nicht. Um Missverständnisse zu vermeiden und die Filialleitung in ihrer Rolle zu stärken, sollten ihre Aufgabenbereiche und Entscheidungsbefugnisse im Vorfeld möglichst detailliert und konkret besprochen und schriftlich erfasst werden. So wird auch der Inhaber langfristig entlastet, da permanente Rückfragen entfallen.

Eine gemeinsame Basis finden

Um den Weg zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zu ebnen, ist es sinnvoll, die Erwartungen aneinander zu klären. Besonders die Kommunikationswege sollten eindeutig festgelegt werden. Welche Themen können per Telefon besprochen werden, wann lohnt es sich per E-Mail zu kommunizieren, um die Details zu verschriftlichen, und in welchem Rhythmus stehen persönliche Gespräche an?

Ohne Regeln der Zusammenarbeit sind Konflikte vorprogrammiert, dabei kostet ihre Festlegung nur wenige Minuten. Soll die Philosophie der Hauptapotheke und des Inhabers in der Filiale zum Tragen kommen? Wie gut kann der Filialleiter diese mit seinem eigenen Stil in Einklang bringen? Passen die Arbeitsweisen zusammen und bis zu welchem Grad müssen sie das überhaupt?

Nicht immer lassen sich Antworten auf diese Fragen im Vorhinein finden. Deshalb sollte ein regelmäßiger Austausch an festen Terminen, beispielsweise einmal im Monat, erfolgen. So wird gewährleistet, dass sich die Basis für die Zusammenarbeit und Zufriedenheit aller herausbilden und festigen kann.

Stellenbeschreibung strukturiert Zusammen­arbeit

In einer Stellenbeschreibung werden die Zuständigkeiten, Befugnisse und Pflichten einer Position klar definiert, ebenso wie die strategische Mitarbeit an den Unternehmens­zielen oder die Entwicklung der Unternehmenskultur. Sie dient dem reibungslosen Ablauf des Apothekenbetriebes, aber auch der klaren Abgrenzung bei Haftungsfragen.

Eine detaillierte, betriebsbezogene Stellenbeschreibung zu erstellen, braucht Zeit. Neben Steuerberatern bietet auch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe auf ihrer Homepage eine Checkliste für die Stellenbeschreibung von Filialleitern an, auf deren Grundlage eine zeitoptimierte Absprache möglich ist. Hin und wieder wird die Sorge laut, dass sich der Filialleiter zu stark an seiner Stellenanzeige orientieren könnte und dabei andere wichtige Bereiche übersieht. Aber die Vorteile einer Stellenbeschreibung überwiegen:

  • Effektives Arbeiten und Handeln für beide Seiten wird möglich, wenn permanente Routinefragen während des Apothekenbetriebes entfallen.
  • In außergewöhnlichen Situationen handlungsfähig zu bleiben, unterstützt eine positive Zusammenarbeit und damit ein gutes Betriebsklima.
  • Klare Absprachen vermeiden Versäumnisse, die in ungünstigen Fällen Bußgelder nach sich ziehen können.
  • Durch Delegation wird der Inhaber entlastet.
  • Der Filialleiter wird durch verantwortungsvolle Arbeit motiviert.
  • Die einheitliche Vermittlung der strategischen Ziele ans Team ermöglicht eine erfolgreiche Unternehmensent­wicklung.

Wer macht was?

Es geht im Grunde um eine einfache Sache, nämlich zu definieren: Wer macht was in den wichtigsten Verantwortungsbereichen? Dazu gehören:

  • delegierbare Verantwortlichkeiten laut Gesetzestext,
  • Personalverantwortung inklusive Planung, Ausbildung, Einstellung und Kündigung,
  • Einkauf inklusive Kalkulation, Verhandlungen und Sortimentsgestaltung,
  • Werbung und Marketing,
  • Anschaffungen und Instandhaltung,
  • Controlling mittels Kennzahlen,
  • Arbeitszeiten, Notdienste, Flexibilität und Erreichbarkeit,
  • Passwörter und Vollmachten.

Je nach Aufgabengebiet kann hinterlegt werden, ob die Entscheidungen vom Inhaber, vom Filialleiter oder gemeinsam getroffen werden. Zur Prüfung der Absprachen helfen zwei wichtige Fragen: Ist der Filialleiter in allen entscheidenden Situationen zum Wohle des Unternehmens handlungsfähig? Hat er alles, um sein Potenzial optimal für das Unternehmen einsetzten zu können? Zum jährlichen Mitarbeitergespräch kann die Stellenbeschreibung überarbeitet werden, je routinierter der Filialleiter wird, desto mehr Aufgabenbereiche wird er abdecken können. Es werden auch immer neue Tätigkeitsfelder hinzukommen, die es neu zu besprechen gilt. Grundsätzlich stellt allerdings ein Filialleiter, der die Möglichkeiten zum eigenverantwort­lichen Handeln hat und alle Befugnisse besitzt, um den ­reibungslosen Apothekenbetrieb zu sichern, eine große Entlastung für den Inhaber dar.

Wenn die Absprachen getroffen wurden und es endlich los geht mit dem Leiten der Filiale, kommt der Realitätscheck: Sind die Weichen passend gestellt worden? Gelingt es, das Tagesgeschäft, also die pharmazeutische Arbeit, zu meistern und darüber hinaus die Apotheke zu leiten?

Ein Tag in der Apotheke kann sehr vereinnahmend sein, insbesondere solange die Türen geöffnet sind. Das gilt sowohl für die Eingangstür zur Offizin als auch für die Bürotür zum „Chef“, falls es denn so etwas wie Bürozeit während der Öffnungszeiten für Filialleitungen gibt.

Ressourcen sinnvoll nutzen

Die Erfahrung zeigt: Ohne Zeit für die „Arbeit hinter der Arbeit“ macht sich schnell Frust breit, denn dann bleiben Dinge liegen. Abends länger bleiben? Wie viel ist mit der übertariflichen Bezahlung abgegolten und was könnte man über Arbeitszeit außerhalb der Öffnungszeit verabreden? Wie lässt sich diese effektiv gestalten? Hat die Filialleitung die passenden Ressourcen erhalten, um die Probleme des Alltags zu lösen? Das kann ein Budget sein, das ohne Rücksprache investiert werden kann, oder aber auch ein schnelles Kommunikationssystem für Rücksprachen, auf denen die Entscheidungen beruhen.

Dokumentieren Sie ihre Entscheidungen für sich in einem Logbuch, so fällt es Ihnen leichter, bei Rückfragen der oberen Leitung Auskunft zu geben und Transparenz zu schaffen.

Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen an die Erfordernisse des Alltags anpassen? Hilfreich ist es, festzuhalten, was gut funktioniert und was nicht. Analog zum Fehler- und Maßnahmenplan als wichtiges Instrument im „normalen Alltag“ des Qualitätsmanagements empfiehlt es sich festzuhalten, wo Veränderungen notwendig sind und welche Entscheidungen für Verbesserungen getroffen wurden. Am besten in der Folge auch noch, ob diese funktionieren und welche Schwierig­keiten noch bestehen.

Machen Sie einen festen regelmäßigen Termin mit dem Inhaber aus, bei dem Sie Fragen klären können, in Ruhe und ungestört. Zum Beispiel alle zwei Wochen eine Stunde. Sie werden merken, wenn Sie diese Termine nicht mehr regel­mäßig benötigen. Erst dann sollten Sie den Modus auf „nach Bedarf“ umstellen.

Was bleiben sollte, sind feste Termine mit dem Team – denn mit ihm arbeiten Filialleitungen gemeinsam fortlaufend an neuen Herausforderungen! Natürlich beobachten und er­fahren sie ständig viel darüber, was in ihrem Team vor sich geht, aber es braucht auch Zeit, dieses Wissen zu ordnen, zu besprechen und daraus Entscheidungen für das Team abzuleiten. Diese Zeit sollte eingeplant werden. Wie interaktiv die Teambesprechung gestaltet wird, ist eine individuelle Entscheidung.

Je interaktiver Sie eine Teamsitzung gestalten und je besser jeder Einzelne abgeholt wird, umso größer wird die Zufriedenheit mit den Entscheidungen sein und umso größer auch ihre Wirksamkeit. Vorausgesetzt es wird auch etwas entschieden, und zwar ganz konkret (wer, was, bis wann …).

Wie das geht? Seien Sie klar in Ihren Zielen und nehmen Sie sich in der Lösungsfindung zurück. In der Rolle des ermutigenden Zuhörers werden Sie auf bislang verborgenes Potenzial stoßen.

­Persönlicher Austausch als Informationsquelle

Eine Apotheke zu leiten ist ein vielfältiger und vor allen Dingen großer Blumenstrauß an Aufgaben. Sie alle allein zu bewältigen ist weder sinnvoll noch notwendig. Deshalb sollte sich eine Filialleitung der Hilfsmittel bewusst sein, auf die sie sich stützen kann. Informationsquellen sind der Newsletter der Apothekerkammer und Homepageinhalte, Verbandsneuigkeiten, Fort- und Weiterbildungen zu Sach- und Leitungsthemen, Dokumente (z. B. das Qualitätsmanagementhandbuch), ein papierbasiertes oder digitales betriebsinternes Kommunikationswesen (z. B. Apowiki, Apocollect), fertige Mitarbeiterschulungsangebote für das Pflicht(schulungs)programm und Ähnliches. Der persönliche Austausch ist eine besonders wertvolle Informationsquelle.

Haben Sie ein Netzwerk aus Kollegen, das Sie nutzen können? Spätestens jetzt lohnt es sich zu schauen, welche Kommilitonen möglicherweise Lust haben, mit Ihnen im fachlichen Austausch zu stehen. Hieraus haben sich viele Erfahrungsaustauschgruppen (Erfa-Gruppen) unter Inhabern gebildet. Für Sie als Filialleitung ist die Option genauso interessant! Möchte der Inhaber Sie vielleicht in eine solche Gruppe einbinden? Eine Frage, die Sie spätestens jetzt stellen sollten.

Manche Kammerbezirke helfen ihren Filialleitern gezielt auf die Sprünge und das mit großer Resonanz. Beispielsweise hat die Apothekerkammer Westfalen-Lippe 2016 die „Qualitätszirkel Filiale“ ins Leben gerufen, in denen Kollegen unkompliziert Anschluss finden. Mittlerweile sind über 90 Kolleginnen und Kollegen in drei sich regelmäßig austauschenden Zirkeln aktiv. Die Gruppen haben immer ein offenes Ohr für fachliche bis hin zu sehr persönlichen Fragen, es ist ein von Vertrauen und Vertraulichkeit geschützter Raum, der den Teilnehmern sowohl guttun als auch konkret nutzen soll. |

Aus der Praxis

Der Keck-Lifehack:
Die Kollegen, die eine Filialleitung übernehmen, sind in den allermeisten Fällen extrem motiviert und wollen es gut machen. Wenn sich die Arbeit auf dem Schreibtisch stapelt, weil alles, was nicht mit dem Kundenkontakt zu tun hat, „nebenbei“ erledigt werden muss, wenn sich Woche für Woche die Zahl auf dem Jahresarbeitszeitkonto zweistellig erhöht, dann verliert auch der engagierteste Approbierte nach einiger Zeit seine Energie. Wenn Sie Ihre Leitungsposition wirklich gut machen wollen, sichern Sie sich Pausen, Erholung und Freizeit. Dass es Ihnen gut geht, ist für das ganze System von großer Relevanz. Wenn Sie irgendwann ausgebrannt oder kernentnervt sind, verlieren alle: Sie, die Apotheke, das Team und der Inhaber. Achten Sie auf sich, es wird unter Umständen sonst niemand tun.

Der Weber-Lifehack:
Auf den Füllstand Ihrer eigenen „Batterien“ zu achten, beispielsweise indem Sie Arbeitszeit und Aufgabenverteilung passend organisieren, zählt in der Tat zu Ihren Aufgaben. Der Chef sollte Sie hierbei unterstützen.
Einen extra Energie- und Motivationsschub finden Sie möglicherweise in Ihrer persönlichen Weiterentwicklung zur Leitungspersönlichkeit. Schauen Sie sich in der wachsenden Zahl an Angeboten um: Was spricht Sie an, was tut Ihnen gut, was inspiriert Sie?
Gönnen Sie sich ab und zu eine Prise Abwechslung und einen Perspektivwechsel. Dann werden Sie noch besser erkennen können, wie Sie im Alltag am besten auf sich, Ihre Apotheke und Ihr Team achten können.

Autorinnen

Christine Weber ist Co-Initiatorin der Qualitätszirkel Filiale, Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie und Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

 

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin. Mehr unter www.anjakeck.de

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