Aus den Ländern

Löst eine neue Approbationsordnung die Personalnot?

Bayerische Kammerdelegierte diskutierten über aktuelle Herausforderungen

eda | Am Dienstag in der vergangenen Woche tagten die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK) ein letztes Mal in der aktuellen Besetzung. Nach vier Jahren wird es am 21. Juni 2022 die konstituierende Sitzung einer neu gewählten Standesvertretung im Freistaat geben. Aus Sicht der Apothekerschaft findet ein gesundheitspolitischer Abschluss und Neubeginn jedoch nicht statt. Es existieren Unwägbarkeiten, und über allem schweben die Sparpläne aus dem Gesundheitsministerium sowie der Fachkräftemangel. Kann eine neue Approbationsordnung diese aktuell herrschende Not lösen?

Die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer blicken erwartungsvoll nach Berlin. Gesundheits­politisch wird sich demnächst einiges bewegen für die Apothekerschaft. Vieles ist im Fluss: Die von der Großen Koalition angestoßene Digitalisierung – vor allem die Einführung der E-Rezepte – wird immer greifbarer.

Nach harten Verhandlungsmonaten könnten bald erste honorierte, pharmazeutische Dienstleistungen real werden. Darüber hinaus steht die Implementierung von Impfungen in Apotheken als Regelleistung an, und dann gibt es noch Corona-Regelungen und -Maßnahmen, die man am liebsten verstetigt hätte.

Foto: BLAK

Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer sowie der Bundesapothekerkammer

Doch damit nicht genug: Thomas Benkert, Präsident der BLAK und zugleich Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), berichtete der Vertreterversammlung von der Novellierung der Apothekerausbildung an den Hochschulen. Eine Woche zuvor, am 10. Mai, hatte die Mitgliederversammlung der BAK ein Positionspapier beschlossen, das die Zukunft des Pharmaziestudiums skizziert.

Das Dokument bzw. der Beschluss ist das Ergebnis jahrelanger Beratungen und Abstimmungen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der BAK, des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), des Verbandes der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, der Apothekengewerkschaft ADEXA sowie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft. Dem Positionspapier zufolge soll die Regelstudienzeit auf zehn Semester verlängert werden. Fächer wie die Klinische Pharmazie und Pharmakologie werden, zumindest anteilsmäßig, intensiviert. Interprofessionelle Lehrveranstaltungen sollen die Nähe zu den Medizinstudierenden schaffen. Weiterhin ist das Staatsexamen als Abschluss geplant, doch zusätzlich soll es nach den Vorstellungen der BAK auch eine eigenständige, wissenschaftliche Arbeit geben. Benkert und Kollegen hoffen, dass die Ausbildung der Approbierten dadurch noch attraktiver wird und sie für die Anforderungen in der öffentlichen Apotheke sowie Klinik bestens vorbereitet.

Als ein Nullsummenspiel sieht er die Novellierung jedoch nicht an. „Es wird Geld kosten“, so der BLAK- und BAK-Präsident. Eine zentrale Forderung ­gegenüber dem Bundesgesundheits­ministerium sei, dass weder die Zahl der Studienplätze noch die Betreuungsintensität der Studierenden verringert werden darf. Man sei zuversichtlich, dass die Politik den Novellierungsbedarf bei den Pharmazeutinnen und Pharmazeuten erkannt hat und gerade im Hinblick auf die Leistungen in der Corona-Pandemie die weiterentwickelten Lehrinhalte größtenteils mitträgt.

Foto: BLAK

Um die Attraktivität der Berufe in den Apotheken zu steigern, hat die AG Nachwuchs der BLAK im April 2022 die Dreharbeiten zu ersten Image-Videos abgeschlossen.

Offizin- und Klinikapotheker klagen über Fachkräftemangel

Für Prof. Frank Dörje, Delegierter sowie Leiter der Apotheke des Uni­versitätsklinikums Erlangen, ist die Novellierung der Approbationsordnung eine Herzensangelegenheit. Vor allem in seiner Funktion als Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) setzt er sich seit Jahren für sie ein.

Seine größte Sorge brachte er auf der Vertreterversammlung wiederholt zum Ausdruck: „Ich bin noch etwas mehr als fünf Jahre im Beruf. Ich will das noch erleben.“ Daher solle man „Gas geben“. In der Medizin hätte dieser Prozess mehr als zehn Jahre gedauert. Dörje hofft, dass eine größtenteils erneuerte Ausbildung die Attraktivität der pharmazeutischen Arbeitsplätze deutlich erhöht. Bei ihm in der Klinik gebe es aktuell null Bewerbungen auf freie Stellen. Dies würde ihm Sorgen machen.

Ein Gefühl, das Dörjes Kolleginnen und Kollegen in der ambulanten Versorgung mindestens genauso deutlich betrifft. Ein Apothekeninhaber äußerte die Bedenken, dass ein verlängertes Studium dazu führe, dass es ein Jahr lang keine neuen Arbeitskräfte auf dem Markt geben könnte.

Des Weiteren wurde berichtet, wie aussichtslos es sei, Filialleitungen zu finden. Selbstständige würden ­weder eine Nachfolge finden, noch könnten sie ihre Apotheken einem ­Filialverbund gegenüber veräußern. So würden sie weit über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten und ihren Betrieb dann für immer schließen müssen.

In weiteren Wortmeldungen wurde gemutmaßt, wie die Situation zum Dritten Prüfungsabschnitt aktuell aussieht. Nur 16 Leute hätten das Dritte Examen in München im vergangenen Jahr absolviert, so ein beängstigendes Gerücht. Dieser Fehlinforma­tion widersprach Prof. Franz Bracher aus der Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität. Aus seiner Sicht schlossen rund 60 Studierende das Zweite Examen erfolgreich ab. Bracher könne sich nicht vorstellen, dass es im Praktischen Jahr nachfolgend zu solch einer Ausdünnung kommen könnte.

Kein Kampf um die Köpfe!

Eine weitere Sorge der Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen Apo­theke ist der Umstand, dass durch die Schaffung neuer Berufsbilder für die Apotheker ein attraktiver Alternativmarkt für Arbeitskräfte entstünde. Pharmazierat Christian Bauer sprach es offen aus: „Apothekerinnen und Apotheker auf Station fehlen uns letztendlich in der Offizin.“ Doch insgesamt erkannten die Delegierten, dass sich Krankenhaus- und Offizinpharmazie gemeinsam den Herausforderungen stellen muss. Einen „Kampf um die Köpfe“ dürfe man nicht gegeneinander führen.

Um der Öffentlichkeit ein positives Bild der Apothekenberufe zu vermitteln, ist die BLAK in verschiedenen Bereichen aktiv. Die AG Nachwuchs hat die Dreharbeiten zu Image-Videos im April 2022 abgeschlossen. Der erste Clip beschreibt den Arbeitsalltag von PTA und wurde den Delegierten vorgeführt. Weitere Produktionen seien geplant.

Im November 2020 stellte Vizepräsidentin Dr. Sonja Mayer das Konzept der Bayerischen Ausbildungsapotheke vor. Die Mitglieder sollen im Rahmen von Zertifikatsfortbildungen befähigt werden, eine qualitativ hochwertige Aus- und Fortbildung in den Betrieben auf die Beine zu stellen. Erste Ausbildungsapotheken sind auf der Webseite der BLAK zu finden. Die AG habe mit dem Anlaufen des Konzepts ihre Aufgabe erfüllt und damit erfolgreich abgeschlossen, erklärte Thomas Benkert.

Absage an Sparpläne des BMG

Der Präsident der BLAK erteilte den Sparplänen aus dem Bundesgesundheitsministerium dagegen immer wieder eine klare Absage. Man wolle den bekanntgewordenen Gesetzentwurf mit der Erhöhung des Apothekenabschlags und der gleichzeitigen Senkung der Mehrwertsteuer abwenden.

Die Apotheken haben in der Corona-Pandemie bewiesen, wie systemrelevant sie sind. Die Ausnahmeregelungen, wie die erleichterten Arzneimittelabgaben, wurden zwar nun bis zum 25. November 2022 verlängert. Doch die ABDA fordere eine dauerhafte gesetzliche Verankerung, denn die erleichterten Reglungen hätten niemanden Geld gekostet. Darüber hinaus forderte Benkert eine klare Regelung für die Botendienstver­gütung. In Rezeptur und Defektur müsse es weiterhin erleichterte Herstellungsmöglichkeiten geben. Von Dokumentationspflichten und Aufbewahrungsfristen sollte in Notfallsituationen abgesehen werden können. |

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