Arzneimittel und Therapie

Alarmzeichen Schwellungen und Pusteln

Die akute generalisierte exanthematische Pustulose wird meist durch Arzneimittel ausgelöst

Eine akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) tritt sehr selten auf, kann aber systemische Komplikationen hervorrufen und im schlimmsten Fall letal verlaufen. Sucht ein Patient mit Schwellungen im Gesicht und zahlreichen, etwa stecknadelkopfgroßen Pusteln Rat in der Apotheke, sollte er unverzüglich zum Dermatologen verwiesen werden. Nach Absetzen der verursachenden Noxe und adäquater Therapie kommt es meist zu einer Besserung der Beschwerden.

Kutane Arzneimittelexantheme treten häufig auf. Sie sind in den allermeisten Fällen nicht bedrohlich, jedoch ist in einigen wenigen Fällen ein schwerer Verlauf mit potenziell letalem Ausgang möglich. Zu den gefährlichsten Arzneimittelreaktionen der Haut gehören DRESS, AGEP und SJS/TEN (siehe Tab.). Warnsymptome einer schweren kutanen Arzneimittelnebenwirkung sind Gesichtsödeme, Bluteosinophilie, Ablösung der Epidermis (Blasen, Erosionen), Beteiligung von Schleimhäuten und Augen und Berührungsempfindlichkeit der betroffenen Hautflächen. Zu den häufigsten medikamentösen Auslösern gehören Allopurinol, Antibiotika und Antiepileptika.

Tab.: Gefürchtete Arzneimittelexantheme
Krankheitsbild
topische Erscheinung; Symptome
Zeitintervall nach Ersteinnahme
Jahresinzidenz
AGEP
(acute generalized exanthematous pustulosis)
großflächige, generalisierte Erytheme, Pusteln; häufig in Falten und Beugen; Fieber
< 3 Tage
Ein bis fünf Fälle auf eine Million
Mortalität < 5%
DRESS
(drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms)
Variables Haut­exanthem, Gesichts­ödem; ­Fieber, Lymph­knotenschwellung; Beteiligung innerer Organe
2 – 8 Wochen
Eine genaue ­Inzidenz der ­Erkrankung ist bisher nicht bekannt. Mortalität 2 – 10%
SJS / TEN
(Stevens-Johnson-Syndrom / toxische epidermale Nekrolyse)
makulöses Exanthem, epidermale Blasen, Nekrose, Abschälung der ­Epidermis, Allgemeinsymptomatik (Fieber, Fatigue)
4 – 28 Tage
6 Fälle auf eine Million
Mortalität 13 – 49%

AGEP extrem selten

Die akute generalisierte exanthematische Pustulose (acute generalized exanthematous pustulosis; AGEP) tritt mit einer Jahresinzidenz von ein bis fünf Fällen pro einer Million extrem selten auf. Charakteristische Zeichen sind das plötzliche Auftreten von disseminierten, flächigen Erythemen und Schwellungen im Gesicht und in den Körperfalten, auf denen sich Dutzende bis Hunderte etwa stecknadelkopfgroße, nicht follikulär gebundene Pusteln entwickeln. Diese können zu großflächigen Eiteransammlungen zusammenfließen. Ferner können Juckreiz und Schmerzen auftreten; häufig liegen Fieber und ein beeinträchtigtes Allgemeinbefinden vor. Auffallende Laborparameter sind Leukozytose, Neutrophilie und CRP-Erhöhung. Systemische Komplikationen sind möglich und betreffen Nieren und Leber. Die Mortalitätsrate liegt unter 5%. Auslöser der Erkrankung sind meist Arzneimittel, daneben spielen virale, bakterielle oder parasitäre Infektionen eine Rolle. Charakteristisch ist das rasche Auftreten innerhalb von zwei bis drei Tagen nach Einnahme eines neuen Arzneimittels sowie eine rasche Abheilung innerhalb weniger Tage nach Absetzen.

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Exantheme können vielfältige Ursachen haben. Auch an Arzneimittel muss gedacht werden.

Retrospektive Fallstudie

In einer US-amerikanischen retrospektiven Fallstudie wurden klinische Charakteristika, auslösende Noxen und der Krankheitsverlauf von 340 Patienten genauer untersucht. Rund die Hälfte von ihnen hatte während median zwei Tagen Fieber > 38 °C, bei rund 85% der Patienten lag eine Neutrophile und bei etwa der Hälfte eine Eosinophilie vor. Bei rund 85% der Betroffenen wurde die Einnahme eines Arzneimittels als Ursache der akuten generalisierten ­nexanthematischen Pustulose vermutet. Weitere mögliche Auslöser waren Infektionen, die intravenöse Applikation von Röntgenkontrastmitteln oder unbekannte Noxen. Die Krankheitssymptome traten im Mittel drei Tage nach der Einnahme eines Arzneimittels auf. Rund 8% der Betroffenen erfuhren eine akute Niereninsuffizienz mit erhöhten Kreatinin-Werten am vierten Tag nach Therapiebeginn.

Oft sind Antibiotika schuld

Bei rund der Hälfte der Patienten konnte die akute generalisierte exanthematische Pustulose auf die Einnahme eines Wirkstoffs zurückgeführt werden. Die häufigsten ursächlichen Arzneimittel waren Beta-Lactam-Antibiotika (in 41,7% aller Fälle), sonstige Antibiotika (bei 33,8%), Antikonvulsiva (bei 6,0%) und Calciumkanalblocker (bei 3,3%). Nach Absetzen der Arzneimittel bestand die Therapie in den meisten Fällen aus der topischen Applikation von Corticosteroiden, systemischen Corticoiden, Ciclosporin oder rein supportiven Maßnahmen. Die Gesamtmortalität nach 30 Tagen lag bei 3,5%; allerdings wurde kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Versterben und einer akuten generalisierten exanthematischen Pustulose vermutet. |

Literatur

Creadore A, et al A. Clinical Characteristics, Disease Course, and Outcomes of Patients With Acute Generalized Exanthematous Pustulosis in the US. JAMA Dermatol. 2022 Feb 1;158(2):176-183. doi: 10.1001/jamadermatol.2021.5390. Erratum in: doi: 10.1001/jamadermatol.2022.0056. PMID: 34985493; PMCID: PMC8733866.

Mockenhaupt, M. Akute, lebensbedrohliche Medikamentenreaktionen der Haut. Hautarzt 69, 364 – 375 (2018). https://doi.org/10.1007/s00105-018-4176-8.

Altmeyers Enzyklopädie; www.enzyklopaedie-dermatologie.de

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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