Praxis

Möglichst immer reagieren

Online-Bewertungen sind eine Chance für die Apotheke und ihr Image

Von Emanuel Winklhofer | Es gibt Kundinnen und Kunden mit einem hypertrophierten und nicht aus­gelebten Aggressionspotenzial, die nur darauf warten, den kleinsten Anlass für eine Reklamation zu haben, um dann ihren Frust namentlich oder anonymisiert abzulassen. Einige Apothekenleitungen mussten bereits mit teils unqualifizierten und sehr frustrationsbeladenen Bewertungen bei Google oder in den sozialen Medien leidvolle Erfahrungen machen. Gerade in einer solchen Situation ist es wichtig, nicht mit Rechtfertigung zu reagieren, sondern einen sehr positiven, werbenden Text zu platzieren, der die meist emotionalen Angriffe in den Bewertungen relativiert und ins Leere laufen lässt.
Foto: Piman Khrutmuang/AdobeStock

Es gibt allerdings auch berechtigte Rezensionen (im positiven und negativen Sinn) bzw. Beiträge, bei denen uns Kunden einfach mitteilen, dass sie nicht hundertprozentig zufrieden sind oder, was sie besonders schätzen. Diese sollten wir sehr ernst nehmen und als eine Art kostenlose Unternehmensberatung werten. Nichts zu sagen und sich – bei negativer Erfahrung – eine andere Apotheke zu suchen, wäre für manche Menschen wohl der einfachere Weg. Beim Umgang mit negativen Online-Bewertungen ist es entscheidend, den Unterschied zwischen aggressiv-destruktiven Texten und echten, besorgten Äußerungen zu erkennen.

Auch auf positive Kommentare sollte eine Apothekenleiterin oder ein Apothekenleiter reagieren, um sehr wohl öffentlich zu zeigen, dass sie bzw. er sich für die Bewertungen interessiert und sie auch regelmäßig liest. Manchmal reicht ein „Super, vielen Dank für Ihre Zeilen, das freut uns alle sehr. Herzlich Ihr/e …“ oder einfach nur ein „Danke“.

Rezensionen und die entsprechenden Antworten lesen nicht nur (potenzielle) Kunden, sondern auch Kollegen, Mitarbeiterinnen, Bewerber und Geschäftspartner. Wichtige Elemente für den Text sind:

  • zunächst dem Verfasser für die Ehrlichkeit danken
  • Betroffenheit zeigen und den Kunden ernst nehmen
  • eventuell von einer „unglücklichen“ Situation sprechen („unglücklich“ schuldigt niemanden an)
  • sehr persönlich in der Ich-Form antworten
  • zu einem persönlichen, klärenden Gespräch einladen, um wieder die Basis für eine positive Geschäfts­beziehung zu finden.

Beispiele:

„Zum wiederholten Male kam ich in die Apotheke und wurde vom Apotheker, der an der Kasse stand, ignoriert und nicht bedient. Alleine diese Woche war ich jetzt zwei Mal dort. Immer dasselbe Szenario: Apotheker schaut die Kasse an, Hände in der Hose, sagt kein einziges Wort und man muss minutenlang warten. Nach ein paar Minuten wurde ich dann durch die weiblichen Kollegen gerettet, die immer ganz verwirrt sind, da sie dachten, dass ich schon vom Kollegen bedient werde und sich auch jedes Mal mehrmals entschuldigen. Ich muss dazu sagen, dass sich meine Bewertung nur auf den Apotheker bezieht!!! Absolute Katastrophe im Kundendienst! Seinen Kolleginnen würde ich 5 Sterne geben. Da ich aber nicht jedes Mal Minuten warten möchte bis ich befreit werde, muss ich leider eine andere Apotheke in Zukunft aufsuchen.“

Antwort vom Apothekeninhaber:

„Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihren Hinweis bei den Google Rezensionen. Es betrifft mich sehr, wenn Kunden nicht zu 100% zufrieden sind und deshalb will ich Ihnen persönlich antworten. Ich bin für die Äußerung sehr dankbar, denn ein reklamierender Kunde ist jemand, der uns die Chance gibt, uns zu verbessern. Der leichtere Weg besteht immer darin, nichts zu sagen und das Kundenverhältnis abzubrechen.

Es tut mir sehr leid, wenn das Verhalten meines approbierten Mitarbeiters bei Ihnen den Eindruck von Desinteresse erweckt hat. Mir als Apothekenleiter ist es besonders wichtig, dass Sie in allen Fragen rund um Ihre Gesundheit kompetent und zuvorkommend beraten werden und den besten Service vor Ort erhalten.

Ich weiß noch nicht, woran es lag, werde aber mit meinem Kollegen sprechen. Die momentane Situation der Pandemie ist weder für die Kunden noch für uns und auch für die Arztpraxen erfreulich. Und leider gibt es wohl auch auf unserer Seite größere Unzulänglichkeiten, die zu klären sind. Möglicherweise ist es ein Zeichen dafür, dass viele von uns an Grenzen gestoßen sind.

Ich lade Sie gerne zu einem persönlichen Gespräch mit mir ein, damit wir gemeinsam die Angelegenheit bereinigen und eine vertrauensvolle Basis für eine zukünftige Geschäftsbeziehung schaffen können.“

Oder die Reaktion auf eine Beratungssituation, bei der der Arzt zusätzlich gefragt werden sollte und dies wohl nicht geschehen ist.

Vorschlag:

„Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

vielen Dank für Ihren Hinweis bei den Google (Facebook etc.) Rezensionen. Es betrifft mich sehr, wenn Kunden nicht zu 100% zufrieden sind und deshalb will ich Ihnen persönlich antworten. Ich bin für die Äußerung sehr dankbar, denn ein reklamierender Kunde ist jemand, der uns die Chance gibt, uns zu verbessern. Der leichtere Weg besteht immer darin, nichts zu sagen und das Kundenverhältnis abzubrechen.

Es tut mir sehr leid, wenn es bei Ihnen so angekommen ist, als wären wir gleichgültig oder nachlässig. Mir als Apothekenleiter ist es besonders wichtig, dass Sie in allen Fragen rund um Ihre Gesundheit kompetent beraten werden und den besten Service vor Ort erhalten.

Die momentane Situation ist weder für die Kunden noch für uns und auch für die Arztpraxen erfreulich. Und leider gibt es auf allen Seiten manchmal Zeichen der Gereiztheit, was einfach nur ein Zeichen dafür ist, dass viele von uns an Grenzen gestoßen sind.

Ich lade Sie gerne zu einem persönlichen Gespräch mit mir ein, damit wir die Angelegenheit bereinigen und eine vertrauensvolle Basis für eine zukünftige Geschäftsbeziehung schaffen können.

Mit den besten Grüßen

Ihr/e Apothekenleiter/in“

Manchmal ist allerdings auch Vorsicht geboten! Es gibt wohl Menschen, die aus schlechten Bewertungen Profit schlagen: Sie bewerten in kürzester Zeit mehrere Apotheken quer durch die Republik und vergeben schlechte Noten. Ganz zufällig erhält man dann einige Tage darauf eine Mail mit dem Angebot einer Firma, die sich auf das Löschen negativer Bewertungen spezialisiert hat. Ein Schelm, wer Schlechtes denkt.

So ein Vorgehen kann man schnell erkennen, wenn man auf das Profil der bewertenden Person geht und so alle weiteren Rezensionen lesen kann. Kürzlich passiert in Köln. Die richtige Antwort vom Inhaber lautete: „Innerhalb von 50 Minuten acht Apotheken quer durch die Republik mit einem Stern zu bewerten, Respekt!“

Grundsätzlich gilt es zu beachten: es gibt eine freie Meinungsäußerung und hier handelt es sich möglicherweise nur um die Meinung eines einzelnen Menschen. Man darf sich darüber ärgern, muss es allerdings nicht. Oder man kann sich streiten. Auch hier gilt wieder: Was wollen Sie? Zustimmung oder Widerstand.

Warten Sie ein paar Stunden ab, bis sich der eventuelle Ärger gelegt hat, dann formulieren Sie einen sehr publikumswirksamen Text, der Sie zum emotionalen und kommunikativen Sieger der Situation macht. |

Autor

Emanuel Winkl­hofer, Apotheker, Trainer, Autor, Coach, Inhaber der Agentur für Kommunikation, www.winklho.de

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