Aus der Hochschule

Kampf gegen hartnäckige Bakterien

Pharmazeuten der Uni Halle suchen neue Wirkstoffe

Neuartige Wirkstoffe gegen anti­biotikaresistente Mykobakterien stehen im Zentrum eines neuen Forschungsprojekts am Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Ziel ist die Entwicklung von Hemmstoffen, die das Wachstum von Mycobacterium abscessus unterdrücken, das bei Mukoviszidose-Patienten zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt. Der Verein „Mukoviszidose e. V.“ fördert das Vorhaben mit rund 150.000 Euro.

Mukoviszidose ist eine unheilbare Erbkrankheit, bei der sich in den Organen zähflüssiges Sekret bildet, das diese irreparabel schädigt. Die Zahl von Mukoviszidose-Patienten, die sich mit dem Keim Mycobacterium abscessus infizieren, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. M. abscessus verursacht in den Lungen der Betroffenen ausgeprägte Gewebeschädigungen. „Therapieschemata gegen das Bakterium sind häufig unzureichend wirksam, da es von Natur aus gegen viele antibakterielle Stoffe resistent ist. Das hat häufig eine komplizierte Behandlung zur Folge, die langwierig und leider oft nicht erfolgreich ist“, sagt der Pharmazeut Dr. Adrian Richter von der MLU, der das neue Projekt leitet. Seine Arbeitsgruppe sucht deshalb nach Möglichkeiten, eine Infek­tion mit neuen Wirkstoffen gezielt behandeln zu können. Es wurde bereits ein Screening entwickelt, mit dem sich das Wachstum der Bakterien mittels Fluoreszenzmikroskopie genau beobachten lässt. Außerdem konnte das Team in Vorarbeiten aus rund 500 möglichen Verbindungen insgesamt drei Sub­stanzen identifizieren, die das Wachstum des Bakteriums deutlich hemmen, indem sie die Funktion zweier spezieller bakterieller Enzyme blockieren: die RNA-Polymerase, die für die Bildung von bakteriellen Proteinen wichtig ist, und die Gyrase B, die zur Vermehrung der Bakterien gebraucht wird. Das Ziel des Projekts ist es, die neuen Substanzen näher zu charakterisieren und sie auch im Mukoviszi­dose-Kontext zu untersuchen. Dazu gehört z. B., ihre Wirksamkeit an isolierten Bakterien von Mukoviszidose-Patienten zu testen. Außerdem werden sowohl Interaktionen und Synergien der neuen Substanzen mit etablierten antibakteriellen Wirkstoffen untersucht als auch das Zusammenwirken mit etablierten Wirkstoffen aus der Mukoviszidose-Therapie. Unterstützt wird das Team der MLU dabei von Forschenden um Prof. Dr. Florian Maurer vom Leibniz Lungenzentrum in Borstel, der dort das Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien leitet.

Foto: Uni Halle/Adrian Richter
Anders als andere Bakterien kann M. abscessus Makrophagen, die Fresszellen des Immunsystems, befallen und wird von ihnen nicht zersetzt. Im Bild sind die Bakterien rot eingefärbt und befinden sich in den Makrophagen, deren Zellkerne blau markiert sind.

Falls sich die Wirkstoff-Kandidaten gegen M. abscessus in den Versuchen als wirksam erweisen, könnten sie nach der im Projekt erfolgten präklinischen Untersuchung zu Medikamenten weiterentwickelt werden. Dazu wären groß angelegte klinische Studien nötig, in deren Rahmen die Wirksamkeit am Menschen erprobt wird. Bis aus den Substanzen der Forschenden also ein marktreifes Medikament werden könnte, wird es noch mehrere Jahre dauern. |

Dr. Adrian Richter, Institut für Pharmazie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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