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Traditionelle Strukturen bremsen die Gleichstellung

Neue Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung

Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind bei der Ausbildung oder Weiterbildung stark zurück­gegangen. Defizite gibt es nach wie vor bei der klassischen Verteilung von Rollen in der Partnerschaft – und bei den damit verbundenen Erwerbsmodellen.
Foto: calypso77/AdobeStock

Analysen der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass Frauen bei der schulischen und der beruflichen Qualifika­tion sowie bei der Nutzung von Weiterbildungsangeboten längst das Level von Männern erreicht haben: soweit die gute Nachricht. Zahlen belegen aber auch, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen Ende 2020 immer noch rund 7 Prozentpunkte niedriger war als bei Männern.

Unbezahlte Sorgearbeit meist in weiblicher Hand

Die Forschenden erklären die Unterschiede mit eingefahrenen Rollenmodellen. Viele Tätigkeiten im familiären Umfeld, etwa die Betreuung von Kindern oder die Pflege älterer Angehöriger, ist nach wie vor eher eine weibliche als eine männliche Aufgabe. Es gibt sogar Hinweise auf Rückschritte als Folge der Corona-Pandemie. Zuvor hatten 62 Prozent der Mütter und 5 Prozent der Väter in Partnerschaften den größten Teil der Kinderbetreuung übernommen. Rund ein Drittel aller Paare erreichte in etwa einen Gleichstand bei der Sorgearbeit.

Zu Beginn der Pandemie, sprich Anfang 2020, waren viele Männer in Kurzarbeit oder im Homeoffice. Vorübergehend stieg die Zahl der Männer mit schwerpunktmäßigem Engagement in der Kinderbetreuung auf 13 Prozent, sank aber rasch wieder.

Daten vom Juni 2021 zeigen ein stärkeres Ungleichgewicht als vor der Pandemie. Insgesamt über­nahmen 7 Prozent der Väter, aber 71 Prozent der Frauen den Großteil der Kinderbetreuung.

Frauen in der Teilzeitfalle

Ein anderes, hinlänglich bekanntes Problem beschäftigte die Sozialforscher ebenfalls. 46 Prozent aller berufstätigen Frauen, aber nur 11 Prozent aller berufstätigen Männer haben 2019 in Teilzeit gearbeitet, um genug Zeit für die Familie zu haben. Und 60 Prozent aller Beschäftigten mit einem Minijob waren zum Zeitpunkt der Analyse Frauen. Ihnen drohen kurz- und mittelfristig niedrigere Stundenlöhne, weil sie langsamer Karriere machen als Männer, die nicht zurückstecken, meist weiter in Vollzeit arbeiten und rascher ein besseres Gehalt bekommen. Langfristig rutschen viele Menschen durch Minijobs in die Altersarmut.

Lösungen sind gefragt

Im Artikel nennen die Forschenden ein Bündel an Maßnahmen, um die Probleme anzugehen, unter anderem eine Abschaffung des Ehegattensplittings, mehr Einrichtungen zur Kinderbetreuung, stärkere Anreize für Männer, um in Elternzeit zu gehen, und eine Abkehr von der Überstunden­kultur, das heißt mehr Arbeitsplätze in „kurzer Vollzeit“. |

 

Literatur
Lott Y, Hobler D, Pfahl S, Unrau E. Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, WSI-Report 2022;72, www.wsi.de/de/faust-detail.htm?produkt=HBS-008259

Michael van den Heuvel

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