Gesundheitspolitik

Viel Wirbel um den Genesenenstatus

Lauterbach: Ich war nicht über die Entscheidung des RKI unterrichtet

cha | Für reichlich Verärgerung hatte gesorgt, als Mitte Januar der Genesenenstatus quasi über Nacht von 180 auf 90 Tage verkürzt wurde. Denn dadurch verloren Millionen Bürger ohne vorherige Ankündigung die Möglichkeit, an auf „2G“ begrenzten Veranstaltungen teilzunehmen oder ohne Test den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht sich hier keiner Schuld bewusst – er sei nicht informiert gewesen.
Foto: imago images/Political-Moments

Bundesgesundheitsminister Lauterbach gerät zunehmend unter Druck.

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ räumte Lauterbach zwar ein, dass es Kommunikationsprobleme mit dem Robert Koch-Institut (RKI), das für die Verkürzung des Genesenenstatus verantwortlich ist, gegeben habe. „Dass der Genesenenstatus jenseits der Quarantäneregeln quasi über Nacht auf drei Monate verkürzt wurde – davon war ich nicht unterrichtet“, betont Lauterbach. Der fachlichen Beurteilung stimme er gleichwohl zu und er würde Entscheidungen wie diese auch in Zukunft nicht stoppen. „Nur das Timing von solchen Entscheidungen und die Vorbereitung darauf müssen besser werden“, so Lauterbach. Man habe schon einen Weg gefunden, solche Probleme in Zukunft zu vermeiden.

Doch so einfach kann Lauterbach sich offenbar nicht seiner Verantwortung entziehen. Zudem nicht nur an der Kurzfristigkeit der Entscheidung Kritik geübt, sondern auch die fachliche Beurteilung angezweifelt wird. Denn die EU-Staaten einigten sich am vergangenen Dienstag auf neue Reise­regelungen. Danach ist nicht mehr entscheidend, von wo aus eine Reise startet, sondern ob ein gültiger Impf-, Test- oder Genesenennachweis vorliegt. Dass Letzterer 180 Tage lang gültig sein soll, steht im deutlichen Widerspruch zur Einschätzung des RKI. Hier hat Lauterbach nun die Flucht nach vorne angetreten und vergangenen Donnerstag im „Heute Journal“ angekündigt: „Wir werden in Kürze erneut versuchen, die drei Monate auch auf europäischer Ebene umzusetzen. (…) Es ist wissenschaftlich einfach richtig. Nach drei Monaten kann sich derjenige, der mit der Delta-Variante schon infiziert war, erneut mit der Omikron-Variante infizieren. Somit sind die drei Monate wissenschaftlich richtig. Das Robert Koch-Institut hat daher konsequent hier empfohlen.“

Aber die Opposition lässt Lauterbach nicht so einfach davonkommen. In der „Bild“-Zeitung äußerte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder: „Die Verwirrung um den Genesenenstatus reißt nicht ab: Die EU einigt sich mit Zustimmung Deutschlands nun auf eine Dauer von sechs Monaten, in Deutschland hingegen wurde der Genesenstatus über Nacht auf drei Monate verkürzt. Das passt nicht zusammen.“ Konkret forderte Söder: „Der Genesenenstatus sollte in Deutschland wieder sechs Monate gelten.“

Auch in den Publikumsmedien schlägt das Verhalten Lauterbachs hohe Wellen. Ob „Focus“, „Handelsblatt“ oder „Spiegel“ – die Berichterstattung hinterlässt deutliche Kratzer am Image des derzeit laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa beliebtesten Politiker Deutschlands. Es bleibt abzuwarten, ob und wie Lauterbach sich aus dieser misslichen Lage befreien kann. |

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