Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Sesam öffne Dich

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Das Thema Öffnungszeiten und damit, was hierbei richtig und was eher falsch ist, ist im Handel eine „never ending story“. Wann soll geöffnet werden und wann kann man den Laden schließen? Nun bekam das Thema neuen Nährstoff, denn die Pandemie wurde genutzt, um Öffnungszeiten anzupassen. Bei den nicht systemrelevanten Geschäften war dies durchaus nachvollziehbar, denn hier schauten die Kunden sowieso permanent darauf, ob und wenn ja wann und unter welchen Bedingungen die Geschäfte geöffnet hatten. Hierbei war allerdings besonders ärgerlich, wenn versäumt wurde, die Homepage zu aktualisieren und die bislang gültigen Öffnungszeiten nachlesbar waren, aber nicht mehr galten. Manch Leser kann ein Lied davon singen, wie er vor verschlossenen Türen stand, obgleich er meinte, sich zuvor aktuell im Internet schlau gemacht zu haben. Dieses Phänomen kann auch auftreten, wenn man nicht auf der Seite des Geschäfts selbst schaut, sondern auf Sammelseiten, die nur so gut sind wie ihre Aktualisierungswellen.

Beim mittlerweile sogenannten systemrelevanten Einzelhandel, zu dem die Apotheken uneingeschränkt zählten und zählen, mussten die Kunden davon ausgehen, dass die Öffnungszeiten Bestand haben. Nun haben aber auch manche Apotheken die Pandemie genutzt, um die Öffnungszeiten anzupassen. Zum Teil war dies auch dem Umstand geschuldet, dass die in der Nähe befindlichen Arztpraxen von ihren bisherigen Sprechstunden abwichen, zum Teil auch, weil die dortige Besuchshäufigkeit teilweise drastisch zurückging, was sich in den Kundenzahlen der Apotheken niederschlug. Eine von den Rezepten der umliegenden Ärzte stark profitierende oder aber etwas negativer formuliert abhängige Apotheke synchronisiert demnach ihre Öffnungs­zeiten mit den Sprechstunden der Arztpraxen. Dies ist dann unproblematisch, wenn es mit den jeweils geltenden Vorschriften in Einklang steht und zudem schnell und für den Kunden gut auffindbar kommuniziert wird. Es ist auch vertretbar, wenn sich dies nicht zweimal die Woche ändert oder spontan angepasst wird. Dennoch sollte es gut überdacht sein, ob man nicht alles beim Alten belässt, weil Kunden es so gewohnt sind. Natürlich steht demgegenüber der Aufwand an Manpower und Zeit.

In der jetzigen Phase, in der die Bedeutung der Pandemie abgeflaut ist, kann über die Öffnungszeiten grundsätzlich nachgedacht werden. Hier sind Solitärlagen deutlich besser gestellt als Apotheken in Center-Lagen, denn dort bestimmt der Vertrag mit dem Betreiber, wann man zu öffnen hat und wann geschlossen ist.

Um sicherzugehen, was sinnvoll ist und was nicht, sind Kassenbonanalysen, ggf. Frequenzanalysen des Mikrostandortes insgesamt, aber auch Rücksprachen mit den unmittelbaren Nachbarn, wie es sich bei ihnen verhält, eine lohnende Investition, die auch nicht zu viel Zeit kosten dürfte. Oft scheuen Apothekeninhaber genau diesen Schritt, weil sich die Mannschaft ja schon an die Öffnungszeiten gewöhnt und das darum liegende Leben darauf ausgerichtet hat. Nicht selten ergeben sich genau aus diesen Analysen und Gesprächen mit dem Team aber schöne Optionen, die man nicht vermutet hatte und die ggf. die Öffnung aus Kunden- und Mit­arbeitersicht verbessert.

In einer Diskussionsrunde mit Wochenmarktbeschickern wollte die dafür verantwortliche Stadt die Standzeit um eine Stunde verlängern, weil viele Kunden dies gefordert hatten. Die Beschicker konterten, dass ihnen dies zu viel Zeit vor Ort in Summe wäre. Eine neuerliche Analyse der betroffenen Stadt zeigte deutlich auf, dass die frühen Stunden (also zum Tagesstart) weit weniger frequentiert wurden als früher. Es war reine Gewohnheit für die Beschicker, ein eingespielter Tagesablauf und eine liebgewonnene Routine, aber keine Kundenorientierung, darauf zu beharren, wie immer zu kommen und die Zeiten nicht anzupassen. Wenn Kunden in der Mittagspause den Markt aufsuchen wollten, um noch für den Abend und die nächsten Tage einzukaufen, baute schon die Hälfte der Beschicker ihre Stände ab oder hatte schon nicht mehr genügend Ware!

Es ist nichts frustrierender, als sein Geschäft zu öffnen und keiner kommt, deswegen ist die zunächst etwas langweilig anmutende Frage der Öffnungszeiten ein Dauerthema, das immer wieder, immer unvoreingenommen und im Zweifel mit der nötigen Änderungsbereitschaft versehen werden sollte. Man muss nicht jeden Schickschnack mitmachen, aber Kunden stimmen mit den Füßen ab und Apotheken merken dies unmittelbar in der Kasse. In der VWL nennt sich dies der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Das mag sich theoretisch anhören, tut aber, wenn es nicht kundengerecht vollzogen wird, auch in der Praxis richtig weh. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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